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27.07.2001
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CHRIS WHITLEY

Countdown to Simplicity

Chris Whitley
Das neue Album von Chris Whitley heißt "Rocket House". Wer dem allerdings irgendwelche Bedeutung zumessen wollte, kann sich das sparen. "Der Titel kommt von einer Zeichnung, die meine Tochter Trixie machte", erläutert Chris dies. Inhaltlich habe dies gar nichts zu bedeuten, denn diese neue Scheibe - die erste produzierte seit langer Zeit pragmatischen Schmachtens mit low budget Live-Scheiben - ist ganz anders entstanden als alle anderen.

"Bisher hatte ich immer alle Stücke geschrieben und ausgearbeitet, bevor ich ins Studio ging", beschreibt Chris den Prozeß, "dieses Mal wollte ich das Studio mit einbeziehen. Diese Scheibe entstand zusammen mit meinen Freunden, Tony Mangurian, der auch produzierte, dem Keyboarder Steve Barber, Trixie, die auf zwei Stücken singt und einigen Gästen wie DJ Logic, Bruce Hornsby und Dave Matthews. Wir haben die Stücke ausgehend von irgendwelchen Riffs und Beats und mit dem Computer erarbeitet. Es war ein sehr organischer Prozeß." Moment mal, das widerspricht sich doch? "Die Arbeit mit dem Computer kann ganz schön langwierig sein", räumt Chris ein, "aber ich kenne die Möglichkeiten des Computers, auch wenn ich selbst nicht damit arbeite. Und die Leute, mit denen ich arbeite sind große Könner auf ihrem Gebiet. Nimm DJ Logic z.B., das hat nichts mit einem normalen DJ zu tun, der Mann ist ein Künstler. Den Song 'Solid Iron Heart' schrieb ich z.B. kurz vorher und spielte ihn sofort mit DJ Logic in einem Take live ein. Das nenne ich organisch." Auf seinen letzten Scheiben, und den je nach Tagesform qualitativ stark schwankenden Touren, stand nach wie vor Whitley's eigentümliches, virtuoses Gitarrenspiel im Zentrum. Nicht so diesmal: Die Gitarrenparts sind durch Effekte und per Computer in ihrem Wesen so verändert, daß sie kaum noch als solche zu erkennen sind. "Auf 'Something Shines' ist sogar keine Gitarre drauf", meint Chris, "als ich letzens in den USA mit der ehemaligen Rhythmusgruppe von Soul Coughing tourte, wurde mir klar, daß mich das Gitarrenspiel wie ich es betrieb, langweilte. Ich wollte die Gitarre anders klingen lassen, einfacher, delikater, tiefer, texturaler - wie auch immer man es nennen will."

Zusätzlich zum neuen klangtechnischen Ansatz kam auch inhaltlich ein anderer. "Die Texte schrieb ich manchmal erst bei den Aufnahmen", erklärt Chris, "sie sind sehr ambivalent. Manchmal ist mir das noch nicht zur genüge gelungen. Ich möchte noch unkonkreter werden. Und simpler. Manchmal höre ich nur einen Groove und eine Stimme - in diese Richtung möchte ich weiter machen." Ein weiteres Neues Element ist der poppige Ansatz in einigen der neuen Tracks. "Say Goodye" hört sich ja fast an wie Duran Duran auf Acid. "Das liegt daran, daß ich diesmal erstmalig mit anderen zusammen komponiert habe", sagt Chris, "Steve und Tony schrieben an einigen Songs mit. Ich mag das Ergebnis sehr." Inwieweit ist dieser neue Stil denn von aktueller Musik beeinflußt? "Ich lasse mich weniger von Musik inspirieren, sondern davon, ob sich etwas richtig anfühlt oder nicht. Privat höre ich vorwiegend ältere Sachen, heute Abend z.B. Duke Ellington und John Coltrane." Der neue Chris Whitley wird nach einigen Support-Shows für größere Acts im Oktober auch mit neuer Band zu uns kommen.

Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Pressefreigabe-
Chris Whitley
Aktueller Tonträger:
Rocket House
(ulftone/edel)
 

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