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12.11.2001
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MONOSTARS

Stop always making friends - just enjoy the indifference.

Monostars
Wenn es um neuere deutschsprachige Bands geht, denkt jeder sofort an Hamburg und Berlin und an mit der lokalen Szene eng verbundene Labels wie Kitty Yo, What's So Funny About oder L'Age D'Or. Und wenn eine Band aus München Deutschpop mit Elektronikeinflüssen macht, wird sie ständig mit den Absolventen entsprechender Schulen verglichen bzw. an ihnen gemessen. "Das war schon so, als wir vor Jahren angefangen haben und das ist auch heute noch so, obwohl wir zu diesen Bands eigentlich überhaupt keine musikalischen Bezüge haben außer vielleicht, daß wir mal die selben Vorbilder hatten", meint Monostar Norbert Graeser und erklärt, daß es keine Münchner Szene gibt, der sie sich zugehörig fühlen könnten oder wollten: "Aus München kommen Sachen wie Lou Bega oder Schrammelbands wie Glow, die zwar alle Festivals spielen aber irgendwie total langweilig sind oder unerheblich."

Ein klein wenig scheint sich das in letzter Zeit zu ändern. Nach und nach schlagen die innovativen Satelliten aus der bayrischen Provinz im Gravitationszentrum ein. "Mit Hausmusik ist ein Label nach München gezogen, das immer sehr konspriativ gearbeitet hat und durch Freundschaft entstanden ist und das Musik vertreibt, die eben nicht darauf abzielt, in die Hitparaden zu kommen." Und zu allseits beachteten und alteingesessenen Formationen wie FSK oder den Sportfreunden Stiller haben sich Bands wie The Notwist oder Couch aus dem Ländlichen dazugesellt. Das ist gut für München, aber nicht entscheidend für die Monostars, die den musikalisch intellektuellen Austausch nur mit ein zwei befreundeten Bands und Sideprojekten betreiben und sich auch bei ihrer neuen Platte ganz auf die eigenen Ressourcen konzentrieren.

Ziemlich lang haben sich die vier mit ihrer aktuellen Veröffentlichung Zeit gelassen und sind dabei merklich erwachsener geworden. Während das 99er Album "Passagen" noch ein sehr demokratisches Konzept verfolgte und die verschiedenen Instrumente gleichberechtigt nebeneinander stellte, versuchte man hier pointierter vorzugehen und Hierarchien zuzulassen. So werden die ziemlich melodiösen und unaufdringlichen Klangteppiche, die so typisch für den Sound der Monostars sind, neuerdings sozusagen auch von Solostimmen betreten. "Lenz und Mark haben viel alleine gefrickelt und programmiert und dadurch sind die Stücke nicht wie bei 'Passagen' von der Beteiligung der Personen her extrem ausgewogen." Entsprechend ist deutlich mehr Sampling und Sequencing zu hören, die freundlichen analogen Moogs, die auf "Passagen" noch für lustige Poppigkeit sorgten, sind sphärischeren digitalen Sounds gewichen und Gitarre, Baß, Schlagzeug und Stimme haben die Omnipräsenz vergangener Tage aufgegeben.

Was unverändert geblieben ist, ist die Art und Weise, wie die Monostars ihre Stücke schreiben - nämlich gemeinsam: Die Songs basieren auf Ideen, die beim Zusammenspiel im Übungsraum entstehen. "An diesen Grundtracks basteln dann alle dran rum. Es kommen zwar Songwriter-Sachen raus, aber im Prinzip entsteht alles durch eine eigene Dynamik", erklärt Graeser. Und so was braucht Muße. "Das wichtigste für die Platte war eigentlich, daß wir uns einen Harddiskrekorder angeschafft und dann beim Proben alles mitgeschnitten haben. Das Material kann man sich dann gleich anhören und vor allem wenn es gut ist, auch gleich weiterverwenden. Und so haben wir über zwei Jahre die Sachen gesammelt."

Monostars
Das Ergebnis ist jetzt unter dem Titel "Stop Making Friends" bei What's So Funny About erschienen und wird dieser Tage quer durch die Republik auch live zu Gehör gebracht. Neben sechs gewohnt stimmigen Popsongs sind ein paar keyboardlastige Instrumentaltracks und elektronische Experimente mit verfremdeten Stimmen darauf enthalten. Etwas aus dem Rahmen fällt das letzte Stück, "Precious", das eigentlich für einen Soundtrack und im englischen Idiom geschrieben wurde.

Die übrigen Lieder sind mit intelligenten deutschen Texten versehen, die dem Zuhörer den nötigen Spielraum lassen, selbst zum Protagonisten der inneren Handlung avancieren zu können. Wo andere die Stereotype zwischenmenschlicher Katastrophen und persönlicher Niederlagen herbeizitieren, gelingt das hier jedoch auf eine wesentlich dezentere Art und Weise. Ausgehend von distanzierten, fast sachlich-analytischen Betrachtungen der alltäglichen Umwelt des Großstadtbewohners, findet immer wieder eine Maßstabstransformation hin zum kleinteiligen, persönlichen statt, die neue Perspektiven eröffnet. Nicht umsonst tragen die Songs Titel wie "Aussichtsturm", "Luftbilder", oder "Peripherie". Wer das allerdings als Diskurspop bezeichnet, hat nichts verstanden oder alles mißverstanden (ist sowieso so'ne alberne Worthülse). Die Texte haben durchwegs sympathisch einfache Aussagen und wo sie politisch werden, entbehren sie nie der nötigen ironischen Distanz. "Hey, Hey Homeboy... meine Wurzeln vermißte ich nie / a man is not a tree."

Weitere Infos:
www.monostars.de
Interview: -Dirk Ducar-
Fotos: -Pressefreigaben-
Monostars
Aktueller Tonträger:
Stop Making Friends
(What's So Funny About/Indigo)
 

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