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09.12.1999
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COUNTING CROWS

Zugvögel

Counting Crows
Nun ist es ja einige Zeit her - 3 satte Jahre nämlich - seit das letzte Studioalbum der gezählten Krähen, "Recovering The Satellites", erschien. Da dieses nun nicht eben den durchschlagenden Erfolg des Debut's "August & Everything After" wiederholen konnte und als nächstes Lebenszeichen die Live-Doppel-CD "Across The Wire" erschien, hätte man ja auf die Idee kommen können, die Band aus dem Kalifornischen sei gar ausgebrannt.

Doch: Weit gefehlt! Mit "This Desert Life" legt das Quintett nun plötzlich ein überraschend ausgereiftes, in weiten Teilen perfektes Album vor, daß sich wieder auf die Tugenden besinnt, die man dem Erstling damals bereits andichtete: Überlegtes Songwriting, elaborierte Arrangements, organische Spielfreude und ein sympathisch hausbackener Sound, der diesmal gar an die besseren Zeiten der BAND erinnert. Gitarrenspieler Dan Vickrey klärt uns über die Zusammenhänge auf: "Wir brauchen eigentlich immer ziemlich lange, um mit einer Platte fertig zu werden", meint er, "und die Live-Scheibe brachten wir deshalb heraus, weil wir die gelungene Tour dokumentieren wollten und weil wir oft gebootlegged werden. Dieses Mal kam bei der Aufnahme noch ein besonderer Faktor hinzu. Als wir die letzten Scheiben aufgenommen hatten, hatten wir alle Songs bereits fertig. Jetzt waren wir von der Idee besessen, ohne Songs ins Studio zu gehen." Das hört sich jetzt heroischer an, als es ist, denn "Studio" bedeutet bei den Crows nach wie vor "Wohnzimmer". "Ja richtig", gibt Dan zu, "es ist mehr Equipment, welches wir im Wohnzimmer zusammengetragen haben. Wir wohnen nun zwar nicht alle zusammen, aber sind doch immer verfügbar. So konnten wir uns die Zeit nehmen, die wir brauchen." Nach dem Überraschungserfolg des ersten Albums war "Satellites" ja eher ein Rock-Album. Was war denn diesmal der Ansatzpunkt? "Nun, wir hatten ja einiges an Routine dazugewonnen. Mit "Satellites" sind wir z.B. 18 Monate getourt. Auch hatten wir ja Erfahrung mit der Studioarbeit. Der Ansatzpunkt war also, uns von den Songs lenken zu lassen und die Möglichkeiten des Studios besser auszunutzen." So bilden denn vielschichtige Gitarrensounds, ganze Orchester-Arrangements und vor allem der verstärkte Einsatz des Pianos, auf dem Adam Duritz viele Stücke auch schrieb, die Basis von "Desert Life". Die Tracks selbst gerieten hierbei ziemlich lang - was durch die Vorgehensweise erklärlich ist. Aber: Ist das in unserer heutigen, schnellebigen Zeit mit kurzen Aufmerksamkeitsspannen nicht eine Gefahr? "Mag sein", räumt Dan ein, "das nehmen wir aber in Kauf. Nehmen wir z.B. einen Song wie "Mrs. Potter's Lullabye". Der gebietet geradezu, so lang zu sein. Ich denke auch, daß wir das das vom Publikum goutiert wird. Wir spielen eh niemals einen Song immer gleich. Ein gutes Beispiel ist "Mr. Jones", der in der CD-Version begann, dann eine Zeitlang akustisch gespielt wurde und den wir jetzt als Rockstück spielen. Songs leben. Und dem tragen wir Rechnung."

Zudem verleiht diese Vorgehensweise der Scheibe etwas Zeitloses, denn in den opulenten Soundlandschaften findet der Hörer immer wieder neue Details - auch inhaltlicher Natur. Nach wie vor schreibt Adam Duritz höchst persönlich gefärbte Songs über real existierende Charaktere (Mrs. Potter, Amy etc.), die insbesondere auch ein Ohr für die weibliche Kundschaft übrig haben. Den Vogel schießt Duritz hierbei mit dem Song "I Wish I Was A Girl" ab: "Da geht es darum", erklärt Dan, "daß Adam in einem fiktiven Gespräch mit seiner Freundin sagt: 'Ich wäre gern ein Mädel, um mit Dir mal von Mädel zu Mädel reden zu können' - was, wie ich finde, ein schönes Konzept ist." Bei soviel überlegter Ernsthaftigkeit und ausgelebtem Einfühlungsvermögen darf natürlich auch ein wenig derber Spaß nicht fehlen. So endet die Scheibe denn mit einem merkwürdigen Hidden-Track, der so gar nicht zu den anderen Stücken passen will. "Na das ist ja der Grund, warum es ein Hidden Track ist", meint Dan, "außerdem wollten wir etwas von dem Feeling rüberbringen, wie es bei den Aufnahmen herrschte. Deswegen finden sich auch die Albereien und Gags am Ende der Platte." Unter'm Strich jedenfalls legen Adam und die Jungs mit "This Desert Life" (eine Anspielung auf den Wohnort der Band und die thematische Ambivalenz des Albums) das bisher definitive Counting Crows Album vor.

Weitere Infos:
www.countingcrows.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Pressefreigabe-
Counting Crows
Aktueller Tonträger:
This Desert Life

 

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