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13.06.2000
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HEATHER NOVA

Die Lust am Wunder

Heather Nova
Heather Nova's aktuelles Album heißt "Wonderlust" - eine Wortspielerei aus dem Begriff Wanderlust, den es auch im angelsächsichen gibt, und eben dem Wörtchen Wunder, was dort Wonder heißt. Heather mag sowas. Kleine, unscheinbare Schlenker, die man zunächst übersieht.

"Ich mag es, ein wenig außerhalb meiner Liga tätig zu sein", umschreibt sie das. Das äußert sich dann z.B. in der überraschenden Wahl ihrer Cover-Versionen - von Nick Cave über Peter Gabriel bis Bruce Springsteen ist alles drin, ihrer Arbeit an Soundtracks oder aber z.B. darin, das bereits zweite Live-Album ihrer Karriere zu veröffentlichen. Das erste war ihre erste offizielle Veröffentlichung, "Blow". Warum jetzt? Warum überhaupt? Immerhin werden doch gemeinhin Live-Alben dann herausgebracht, wenn kein neues Material vorliegt bzw. wenn es kein neues mehr geben kann (weil sich die Band aufgelöst hat, der Künstler verstorben oder zum Islam konvertiert ist, Weihnachten vor der Tür steht o.ä.)? "Für mich gibt es verschiedene Gründe", erläutert Heather, "zum Einen habe ich jetzt eine Band, die sehr gut zusammenarbeitet. Es ist für mich die ultimative Zusammenstellung von Leuten und ich mag einfach, was auf der Bühne mit denen passiert. Und auch geht es für mich nicht darum, eine Live-Scheibe zu veröffentlichen, nur weil ich etwas veröffentlichen muß - ganz und gar nicht. Live-Musik ist für mich genauso wichtig, wie im Studio zu sein."

Daß das stimmt, kann man schon daran erkennen, daß Heather sich überhaupt bemüht, für ein Live-Album Promotion zu machen. "Ich verbringe soviel Zeit auf Tour - 18 Monate mit jeder Platte - und ich denke, daß ein Live-Gig etwas einfängt, was du im Studio einfach nicht erreichen kannst. Es ist diese Energie, die da zwischen Dir, dem Publikum, der Musik entsteht. Das ist was ganz besonderes. Das führt dazu, daß ich persönlich die Songs besser finde, wenn ich sie oft live gespielt habe. Sie wachsen sozusagen in ihre Arrangements herein, sodaß sie sich nachher natürlicher anfühlen. Und weil es keine Overdubs gibt, ist alles nett und direkt. Das ist für mich ein wichtiger Teil des gesamten Prozesses." Das mit den sich verändernden Songs kann man sehr schön an dem Stück "Sugar" erkennen. Dieses befindet sich sowohl auf "Blow", wie auch auf "Wonderlust". "Ja, wir haben zunächst gezögert, das Stück auf die Platte zu nehmen - weil es so lang ist - aber dann sagte ich mir, daß dies die beste Version ist, die ich bisher von dem Song gespielt habe und daß es deswegen unbedingt mit drauf muß. Wie gesagt: Ich mag es, wenn die Stücke sich verändern." Was wohl auch der Grund ist, daß Heather's Stücke live immer deutlich von den Studioversionen abweichen. "Ja, aber man muß da aufpassen, man darf nicht zu selbstverliebt agieren. "Winterblue" ist z.B. mein Lieblingstrack. Man kann sich darin verlieren und ich könnte ihn ewig spielen. Aber das heißt ja nicht, daß das Publikum das auch will. Es kommt also auf die richtige Balance an."

Heather Nova
Die Scheibe ist nicht - wie öfters - ein Zusammenschnitt der besten Bits und Pieces einer Tour, sondern ein komplettes Konzert aus dem Kölner E-Werk. Was hat denn zu dieser Auswahl geführt? "Ich denke, da war ein wirklich tolles Publikum an dem Abend. Und ich bin ziemlich vom Publikum abhängig, weil ich mich sehr darauf einstelle, was vom Publikum zurückkommt. Und je mehr ich empfange, desto mehr kann ich zurückgeben. Und das war gut an diesem Abend." Interessanterweise konnte man an diesem Abend beobachten, daß Heather mittlerweile zu einem Mainstream-Act geworden war. Das Publikum an jenem Abend war nämlich genau die Mischung, die ansonsten wohl zu Phil Collins oder Tina Turner gegangen wäre. Insofern wurde alles dankbar aufgenommen. "Wirklich? Das war mir gar nicht bewußt. Ich kann ja nicht während des Konzertes hören, was die Leute miteinander bereden. Es ist aber gut, weil ich mich immer über ein neues Publikum freue. Mir war aber nicht bewußt, daß sich dieses verändert hat." Mittlerweile hat Heather ja auch einen solchen Status erreicht, daß kleinere Club-Konzerte nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. "Ich liebe es in kleinen Clubs zu spielen", meint sie dann auch fast wehmütig, "ich mag es, wenn du praktisch mitten im Publikum spielst, wenn es zu heiß im Raum ist. Das ist viel intimer. Aber es ist schwierig, weil du soviel mehr Konzerte spielen müßtest um dieselben Leute zu erreichen." Ist "Wonderlust" denn auch so eine Art Resume des bisherigen Schaffens? "Gewissermaßen ja, weil meine nächste Scheibe ein wenig anders sein wird - mehr Soul, weniger Rock. Nichts gravierendes aber anders halt. Ich habe schon alle Stücke geschrieben - nun ja, eigentlich fast zu viele - und wir werden jetzt demnächst mit den Aufnahmen beginnen. Mit meiner Tour-Band übrigens. Darauf freue ich mich schon."

Neben den eigenen Sachen macht Heather ja auch immer wieder mal Auftragsarbeiten, wie z.B. die Soundtrackbeiträge für "The Craft" und "Gloomy Sunday" - was für den Film-Fan Heather eine ganz besondere Sache ist. "Ja, wie gesagt, ich arbeite ja gerne mal außerhalb meines Bereiches. Für "The Craft" war es eine Coverversion des Peter Gabriel-Songs "The Touch". Bei "Gloomy Sunday" war das allerdings noch interessanter. Hast Du den Film gesehen? Großartig, nicht? Ich war fasziniert von der Schauspielerei. Bevor ich meine Version von "Gloomy Sunday" einspielte, konnte ich einen Rohschnitt des Filmes sehen. Das war sehr faszinierend, weil mich die Atmosphäre sehr inspiriert hat." Wird dieses Hobby fortgesetzt? "Wenn es wieder solch ein interessantes Angebot gibt, auf jeden Fall. Zunächst aber nehme ich erstmal meine neue Scheibe auf." Bis diese fertig ist, kann man Heather noch auf einigen Festivals im Sommer bewundern. Eine "richtige" Tour gibt's dann zur neuen CD.

Heather Nova im Audio-Interview

Weitere Infos:
www.heathernova.org
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
Heather Nova
Aktueller Tonträger:
Wonderlust
(V2/Zomba)
 

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