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06.08.2003
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MONTA

Alleingang!

Monta
Monta kennt ihr nicht? Kennt ihr doch, denn hinter diesem Namen verbirgt sich ein gewisser Tobias Kuhn, seines Zeichens Vorsitzender der Musikkapelle Miles, die an dieser Stelle schon des Öfteren gar nicht mal soooo negativ erwähnt wurde. Gleich der erste Track seines 6-Track-Solo-Debüts "Always Altamont", betitelt "Is It Over", wirft die Frage auf, ob Brian Wilson nicht vielleicht doch einen unehelichen Sohn hat, der in München lebt. Und auch die folgenden Stücke sind bester Singer/Songwriter-Pop, bei dem der Inhalt wichtiger ist als die Form. Okay, die - dann doch ziemlich wilde - Computer-Punkrock-Nummer "Millions", die schwer nach Miles-Demo klingt, hätte es in diesem Zusammenhang nicht gebraucht, aber dafür entschädigt der Hidden Track zum Schluss: Eine erstklassige Coverversion von Depeche Modes "Shake The Disease".

"Meine Solosachen sind Songs, die ich nicht mit Miles machen wollte, weil ich dafür stehen will und dafür verantwortlich sein will. Und nur ich alleine. Es gibt Songs, die man einfach nicht teilen kann", erklärte Tobias Gaesteliste.de die Idee hinter dem Soloabstecher am Rande des Miles-Auftritts beim Westend-Festival in Dortmund. Dort war es auch, wo wir den jungen Herrn aus München - im August als Support der Bright Eyes, im September mit Virginia Jetzt! unterwegs - zum Blind-Date baten.

* Black Rebel Motorcycle Club "Stop!" ("Take Them On, On Your Own", Virgin, 2003)

Tobias [nach wenigen Sekunden]: Die neue Black-Rebel-Single! Die hab ich neulich im Atomic Cafe aufgelegt, ich habe ja zusammen mit der Nina ein Auflege-Team, TNT Mogadischu. Da spielen wir unsere Lieblingsmusik, aber später ist es dann wie eine Schulklassen-Party... Ich bin wirklich gespannt auf deren neue LP. Ich habe sie zweimal gesehen, und beim ersten Mal war ich echt angetan. Beim zweiten Mal habe ich dann festgestellt, dass man eine Band zu einer Platte nie mehr als einmal sehen sollte, denn wenn's gut war, sollte das ein einmaliges Erlebnis bleiben.

* Depeche Mode "People Are People" ("Some Great Reward", Mute, 1984)

Tobias [nach zwei Sekunden]: Ja, geil! Depeche Mode habe ich immer gut gefunden, aber ich war nie ein richtiger Fan. Erst durch meine Freundin habe ich The Smiths und Depeche Mode wiederentdeckt. Ich habe sie leider nie live gesehen, aber ich kenne einige Live-Videos. Ich kenne keine Band, deren Frontman so eine Dynamik hat und bei der man echt eine Gänsehaut bekommt, weil der Sound so fett ist und diese euphorische Schwermütigkeit dich so mitreißt. Mein Lieblingslied ist natürlich "Shake The Disease", und dann "Never Let Me Down Again".

* Weakerthans "Plea From A Cat Named Virtute" ("Reconstruction Site", Burning Heart, 2003)

Tobias: [nach erstaunlich kurzer Zeit, angesichts der Tatsache, dass der Song noch unveröffentlicht ist]: Die neue Weakerthans? Finde ich wahnsinnig gut! Ist auch eine Band, die ich noch nicht so lange kenne. Die letzte Platte kommt - was sie ausdrücken, wie die Qualität der Songs ist, was die mit ihren Texten sagen, was das für Typen sind - aus der gleichen Ecke wie Bright Eyes oder Pedro The Lion. Das war gestern [beim ersten Tag des Westend-Festivals] mein Highlight. Live schon fast eine Spur zu perfekt, aber trotzdem sehr gut.

* Phillip Boa & The Voodooclub "I Dedicate My Soul To You" ("Fine Art In Silver – The Singles Collection", Motor, 1997)

Tobias: Psychedelic Furs? Es klingt sehr danach, wegen der tiefen Stimme und der melodischen 80er-Wave-Atmospähre...

GL.de: Die 80er sind nicht verkehrt. Ein Künstler hier aus Dortmund...

Tobias: Oh... Phillip Boa! Ich bin sehr froh, dass ich Phillip Boa kennen gelernt habe. Ich habe ja auf seinem letzten Album Gitarre und Bass gespielt. Den Kontakt hatte O.L.A.F. [Opal, Produzent sowohl von Miles als auch von Boa] hergestellt. Boa wollte halt nicht mit Studiomusikern arbeiten, und Olaf weiß ja, dass ich gut Gitarre und Bass spiele, und hat mich dann vorgeschlagen. Das war schon etwas strange, weil ich Boa halt schon mit 15 in Würzburg in der Music Hall gesehen habe, wo Throw That Beat im Vorprogramm waren. Ich habe ihn als unglaublich netten Menschen kennen gelernt, obwohl ja immer alle sagen, er sei arrogant. Es ist unglaublich, wie sich Mythen bilden. Vermutlich, weil es auch eine Zeit gegeben hat, in der er diesen Mythos gepflegt hat. Wie er sich als Künstler versteht, das halte ich nach wie vor für etwas Einzigartiges in Deutschland, und ich denke, dass er nun wieder auf einem guten Weg ist.

* My Bloody Valentine "Soon" ("Loveless", Creation Records, 1991)

Tobias: Jesus And Mary Chain, oder? Ah, My Bloody Valentine! Oh, oh, oh! Das müsst ihr rausnehmen, das ist mir jetzt peinlich! Für mich: Kevin Shields, Brian Wilson, John Lennon und Trent Reznor - die Visionäre! Das reicht (lacht).

* The Beach Boys "Heroes & Villians" ("Smile", Bootleg, 1968)

Tobias: Ich glaube, ich habe inzwischen alle Beach-Boys-Platten zu Hause, aber trotzdem höre ich sie im im Moment sehr wenig. Die Beach Boys sind auch unter dem Aspekt des mathematischen Songwritings sehr wichtig, und davon will ich ja derzeit gerade loskommen.

* Virginia Jetzt! "Weiterziehen" ("Wer hat Angst Vor Virginia Jetzt!", Motor, 2003)

Tobias: Virginia Jetzt! Das ist mein Lieblingslied von der Platte! Ich mag die Band auch gerne, aber das, was sie in ihren Texten sagen, bedeutet mir nichts. Für mich hat das keine Tiefe. Das ist alles schön, und das ist genau das Problem. Musikalisch sind die unheimlich gut, und Thomas ist ein toller Songwriter, aber es berührt mich trotzdem nicht wirklich.

GL.de: Ist das für dich denn ein Maßstab bei deinen eigenen Songs, dass sie die Leute berühren sollen bzw. sogar müssen?

Tobias: Das hat sich gewandelt bei mir. Bei der gelben Miles-Platte und auch bei Teilen der roten ging es in erster Linie um die Musik und die Arrangements. Es ging weniger darum, dass ich textlich etwas mitzuteilen hatte. Das hat sich vor drei Jahren dann geändert. Wenn ich jetzt auf der Bühne stehe, habe ich zum ersten Mal das Gefühl: Ich weiß, warum ich da stehe, und ich habe auch etwas zu sagen Dieses Gefühl habe ich seit ungefähr zweieinhalb Jahren. Das ist der Grund, warum ich weiter Musik mache und auch denke, dass ich das machen muss. Wenn dieses Gefühl nicht mehr da wäre, könnte ich aufhören. Deshalb bin ich sehr glücklich, dass das jetzt bei Miles wie bei meinen Solosachen nicht der Fall ist.

Weitere Infos:
www.rewika.de/release.php?id=19
www.miles-music.com
Interview: -DJs Wohlfeld & Bluhm-
Foto: -Pressefreigabe-
Monta
Aktueller Tonträger:
Always Altamont EP
(Blickpunkt Pop/Rewika/EFA)
 

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