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11.08.2003
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KOSHEEN

"Wir wollen auf die Mainstage!"

Kosheen
Kosheen sind momentan wohl eine der Bands, die man leicht missverstehen kann. Hört man sich das erste Album "Resist" oder die Hit-Singles "Hide U" und "Catch" an, könnte man auf die Idee kommen, es handele sich um eine Dance- bzw. Drum'n'Bass-Band. Hat man dagegen einmal ein Konzert von Sängerin Sian Evans, Gitarrist Markee Substance und Bassist Darren Decoder gesehen, kommt einem eher das Wort "Rock" in den Sinn. Das neue Album, "Kokopelli", wird noch für zusätzliche Verwirrung sorgen, klingt es doch zugleich frisch, düster, hell und einfach neu. Markee Substance stand Gaesteliste.de Rede und Antwort, um einige Dinge ein für alle Mal richtig zu stellen.

Markee: "Es ist auf jeden Fall eine Weiterentwicklung für uns, besonders im Vergleich zum vorigen Album. Die neue Platte orientiert sich eher an einer Live-Show und im Grunde daran, wohin wir mit Kosheen eigentlich wollten. Als wir mit der Band angefangen hatten, hatten wir schon eine ungefähre Vorstellung von dem, wohin wir musikalisch wollten. 'Resist' war da eher noch ein Überbleibsel von dem, was wir vorher gemacht hatten, 'Kokopelli' hingegen kommt schon dem eigentlichen, dem wahren Kosheen-Sound viel näher." Wie anfangs erwähnt, spiegelt vor allem die Live-Show den eigentlichen Charakter der Band wider. Live bieten Kosheen eine eindrucks- und kraftvolle Show, die einfach jeden im Publikum mitreißt. Inwieweit sind denn die Bühnen-Erfahrungen in den Songschreibe-Prozess eingeflossen? "Teilweise wurde der Sound natürlich durch die Shows beeinflusst, aber wir hatten eigentlich vom ersten Tag den Plan, so zu klingen wie wir es jetzt tun, und wir haben die bewusste Entscheidung getroffen, dass das neue Album gitarrenlastiger werden sollte. Irgendwo im Hinterkopf hatten wir beim Arrangieren der neuen Songs sicherlich auch den Live-Aspekt, also wie wir die Songs live am besten präsentieren können."

Was auf "Kokopelli" direkt auffällt, ist der Fokus auf Sians Gesang, sie singt viel selbstbewusster und eindringlicher als zuvor, desweiteren sind die Songs an sich komplexer und besser durchdacht - und wie bereits erwähnt, auch mit deutlich größerem Hang zur Gitarre. Das dürfte Kosheen helfen, vom Drum'n'Bass-Image wegzukommen. Markee: "Auf jeden Fall! Wir haben für unsere erste Platte sehr viel gute Presse bekommen, und dafür sind wir auch sehr dankbar, aber sehr oft haben wir uns auch missverstanden gefühlt. Wenn wir z.B. einen Artikel gelesen haben, in dem steht, dass wir eine Drum'n'Bass-Band sind, dann muss ich dazu klar sagen: Wir sind keine verdammte Drum'n'Bass-Band! Wir waren auch nie eine, werden aber immer noch sehr oft als eine abstempelt. Hoffentlich wird das neue Album einigen Leuten den Kopf gerade rücken. 'Hide U' war zwar ein recht großer Drum'n'Bass-Hit und wir dachten anfangs, dass es sich positiv für uns auswirken würde, aber nach einiger Zeit mussten wir leider feststellen, dass genau das Gegenteil eingetroffen ist und es uns nahezu auf einem Level festgehalten hat, auf dem wir eigentlich nicht sein wollten. Wir wollten nicht als eine Dance-Band abgestempelt werden. Wir sind sowas wie eine futuristische Rock-Band - wir mischen elektronische Elemente mit Gitarren, wodurch wir weitere Aspekte in unsere Musik einbringen können. Wir sind auf unserem eigenen Pfad, mit unserer eigenen Musik, und das scheinen viele Leute einfach nicht begreifen zu können, denn sie wollen uns entweder als Dance- oder als Rock-Band abstempeln, wir sind aber genau in der Mitte zwischen diesen beiden Welten." Vielleicht hilft das neue Album zudem, dass Kosheen z.B. auf Festivals nicht mehr für das Dance-Zelt sondern für die Rock-Stage gebucht werden... "Genau dort wollen wir hin! Wir wollen auf die Mainstage! Wir wollen nicht irgendwo nebenher in einem kleinen Zelt spielen, das war nicht unser Plan, als wir mit der Band starteten - wir wollten immer schon auf der Mainstage spielen. Unsere Songs sind kraftvoll genug, um auf den großen Bühnen bestehen zu können, natürlich auch bei Festivals. Unser Konzept war von Anfang an, dass wir davon ausgehen, dass die Leute diejenigen Menschen live auf der Bühne sehen wollen, die die Musik kreiert haben, und dass die Band ihre Songs richtig performt. Jemanden Gitarre spielen zu sehen halte ich auch für viel interessanter als jemanden hinter seinem Keyboard mit dem Kopf wackeln zu sehen - was doch komplett langweilig ist. Wir wollten nie so eine Band sein, die nur für die Musik im Studio verantwortlich ist und jemanden anderen auf die Bühne schickt. Das mag auch ein großer Teil unserer Erfolgs sein - Sian, Darren und ich sind auf der Bühne, dies sind die Autoren der Musik und sie spielen ihre Songs live. Mir gefällt diese gewisse Schlichtheit daran."

Kosheen konnten bisher einige Single-Hits vorweisen, "Hide U" oder auch "Catch" waren Dauerbrenner in den Hitlisten - hat man beim Songschreiben das Wort "Hit-Single" im Hinterkopf, oder anders formuliert: Kann man sich hinsetzen und absichtlich einen Single-Hit schreiben? Die neue Single "All In My Head" ist ja nun auch sehr gut eingeschlagen. Markee: "Ich könnte das sicherlich nicht! Wenn ich das machen würde, wäre das Ergebnis irgendein Pop-Nonsense - und das will ich auf gar keinen Fall. Man sollte Musik so schreiben, wie man sich gerade fühlt - so haben wir es immer getan. Als wir das Album beim Label abgeliefert haben, wussten wir noch gar nicht, welchen Song wir als Single veröffentlichen sollten. Die Leute vom Label haben uns dann 'All In My Head' vorgeschlagen, und nachdem wir uns den Song in dieser Hinsicht nochmals angehört hatten, konnten wir deren Vorschlag auch gut verstehen, denn es ist ein guter Song. Wir hatten aber damals nicht die Absicht, ihn so zu...hey, warte mal... [Markee dreht im Hintergrund das Radio lauter] Der Song läuft gerade auf Radio 1! Harharhar...yeah! Wir hatten aber wirklich nicht die Absicht, einen Radio-Song zu schreiben...und nun läuft er auf Radio 1..."

Kosheen
Was uns zum Thema einiger User des Diskussions-Forums auf der Kosheen-Website bringt - dort ist die Rede davon, dass die Plattenfirma BMG der Band vorgeschrieben habe, wie die Songs zu klingen haben, und dass die erste Version angeblich vom Label abgelehnt wurde, weil kein Single-Hit darauf zu finden gewesen sei. Markee: "Das ist kompletter Nonsense! Wir haben es so gemacht, wie wir es wollten. Tatsächlich haben wir BMG erzählt, dass das neue Album weniger Dance, dafür mehr Rock hat, und sie waren absolut begeistert! Aber sie haben uns in keiner Weise bei der Song-Auswahl irgendwelche Vorschriften gemacht oder gesagt, in welche Richtung wir ab jetzt gehen sollen. Das hätten wir uns auch gar nicht bieten lassen, denn wir sind durch und durch Trotzköpfe. Wir haben eigentlich immer schon die Musik für uns selbst geschrieben, und da sind wir auch sehr egoistisch. Wenn man Musik schreiben will, dann sollte man den Weg nehmen, den man selbst am besten findet. Wie kann man sich hinsetzen und überlegen, wie die Leute da draußen deinen Song hören wollen? Solche Gedanken kann ich einfach nicht verstehen. Man schreibt doch letztendlich Musik, damit sie einem selbst gefällt. Das ist alles purer Egoismus - die Musik soll in erster Linie uns gefallen. Wenn sie dann auch noch vielen anderen Menschen gefallen sollte, ist das eine wunderbare Sache."

Weitere Infos:
www.kosheen.com
www.kosheen.net
Interview: -David Bluhm-
Fotos: -Pressefreigaben-
Kosheen
Aktueller Tonträger:
Kokopelli
(Moksha/BMG)
 

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