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14.01.2005
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JUDASVILLE

Erste Sahne

Judasville
2004 war das Jahr des Rock N Rolls. Social Distortion meldeten sich nach acht Jahren wieder zurück, Therapy? machten eines der besten Alben ihrer Karriere, die Beatsteaks schafften endlich ihren wohl verdienten Durchbruch und Bands wie The Thermals, Mindwise und die Trashmonkeys sorgten ebenfalls fur Furore. Und es erschien da noch diese Band aus Holland auf der Bildfläche: Judasville. Kaum jemand kannte sie, auch die Bands, aus denen sie hervor ging, sind bei uns nur wenigen bekannt. Zum Beispiel The Spades, die mit "Learning The Hard Way" ein lediglich durchschnittliches Album gemacht haben, Red King Rising oder Urban Conflict. Doch mit "Welcome To Judasville" ist alles anders. Und alles soll sich ändern. Muss es einfach. Denn das Album ist erste Sahne!

Im Juli 2003 trafen sich die Musiker in einer Bar und kamen in Gespräch, weil der Barkeeper einen Misfits-Song nicht zu Ende gespielt hatte. Eines kam zum anderen und Judasville waren geboren. Inzwischen schreiben wir das Jahr 2005 und das Judasville-Album hat noch immer nicht an Klasse verloren. Oder: Die Sahne ist noch lange nicht sauer. Doch einigen Fragen müssen noch unbedingt geklärt werden. Fangen wir mit dem Namen an. Judasville. Sänger Berry bringt Licht ins Dunkel: "Die eine Antwort ist, dass wir Judas Priest und Nashville kombiniert haben. Denn das sind zwei unserer größten Einflüsse. Aber die Idee hinter dem Namen ist auch ein großes 'Fuck You!' an all die Leute, die hinter meinem Rücken über mich gelästert haben, aber stets nett zu mir waren, wenn ich vor ihnen stand. Als wir über den Namen nachgedacht haben, schaute ich bei Google nach und bekam vielleicht fünf Treffer. Unter anderem fand ich heraus, dass einer meiner Lieblings-Autoren ein Geschichte über eine fiktive Stadt namens Judasville geschrieben hat. Wenn ich heute bei Google schaue, finde ich eine Menge Einträge. Wir müssen also etwas richtig gemacht haben", lacht der Sänger. Stichwort fiktive Stadt. Wie muss man sich denn das Leben in Judasville vorstellen? Selim, Gitarrist der Band, muss lachen. "Ich schätze, es wäre sehr hektisch und beunruhigend. Eben voller Sex, Drugs And Rock N Roll." Und Berry ergänzt: "Das war auch die Idee hinter dem Cover, das Bartman von Peter Pan Speedrock entworfen hat. Wir wollten mit den Bildern verschiedene Sichtweisen auf Judasville zeigen." Und schon fällt das nächste Stichwort und die nächste Frage steht im Raum. Denn auf dem Cover posieren zwei nackte Frauen, auf der Startseite der Homepage hat ein Zeichentrick-Seemann zwei gemalte Damen im Arm und überhaupt scheint die Band große Freude an nackten Tatsachen zu haben. Sind Judasville Machos? Oder am Ende gar Sexisten? Nein, Spaßvögel! Berry: "Die Message ist, dass es okay ist, heterosexuell zu sein. Komm schon, wir leben im 21. Jahrhundert, lasst uns das Tabu Hetereosexualität brechen." Und Selim ergänzt: "Es sind einfach zwei hübsche Mädchen. Und es sieht cool aus. Jedenfalls denken wir das..." Okay, das lassen wir gelten. Auch wenn das Thema Sex noch nicht ganz abgehakt ist: "Man sollte unsere Musik hören, wenn man Sex mit seiner Freundin haben möchte. Denn wenn sie uns hört, wird sie sofort an Sex denken." Doch Berry hat noch andere Vorschläge: "In erster Linie sollte man uns live hören. Auch auf einer deutschen Autobahn oder zu Weihnachten kann man mit Judasville nicht viel falsch machen. Und wenn das Geld stimmt, spielen wir auch auf einer Hochzeit. [lacht]" Da kommen sie wieder durch. Die Poser von Judasville. Doch die Niederländer sehen sich nicht einmal als das. Selim: "Bei uns gilt jemand als Poser, der unbedingt cool sein will, das aber nicht schafft. Und das versuchen wir nicht. Wir sind nur vier Kerle, die Spaß daran haben, Rock N Roll zu spielen." Und Berry ergänzt: "Aber wir merken schon, dass sich das Publikum auch von Äußerlichkeiten beeinflussen lässt und sich stark mit dem Image einer Band identifiziert. Wenn ich auf der Bühne ein altes Hippie-Shirt - was ich weder besitze noch in einer Million Jahre tragen werde - tragen würde, hätte das sicher eine andere Aussage als mein altes 'Killers'-Shirt von Iron Maiden von 1982 - mein absolutes Lieblingsshirt! Aber die Identifikation mit Judasville sollte recht einfach sein, denn wenn wir nicht spielen, stehen wir neben dir, schauen die gleichen Bands an, kaufen uns ein Bier und betrinken uns."

Judasville
Nicht nur wir sagen, dass das Album großartig geworden ist, das findet auch ihr! Denn "Welcome To Judasville" wurde von den Gaesteliste.de-Lesern bis auf Platz zwei in die GL-Lesercharts gewählt. Doch das reicht der Band nicht. "Unser Ziel sind 250 Shows und 1.000.000.000 verkaufte Platten für das Jahr 2005", lacht Selim. "Nein, im Ernst, wir wollen einfach stets besser und besser werden und ein neues Killer-Album machen, das dir den Verstand wegbläst!" Sollten sie wirklich noch besser werden, muss man sich um seinen Verstand tatsächlich ernsthafte Sorgen machen. Ist doch schon das Debüt ein Album, das kaum Wünsche offen lässt und von Hymnen und Hits geradezu überläuft. Wer auf Social D. und waschechten und schweinecoolen Rock N Roll steht, macht mit den Songs von Judasville nicht viel falsch. Ein paar von ihnen kann man sich nicht nur auf der Homepage der Band anschauen, sie haben auch schon ein paar Momente auf dem Buckel. "Als ich The Spades verlassen habe, hatte ich endlich Zeit, an den Songs zu arbeiten, die ich schon länger bei mir rumliegen hatte. Denn ich schreibe ständig und habe schon wieder einen Stapel Songs, die nur noch den den letzten Schliff benötigen." Bis das soweit ist, erfreuen wir uns an "Welcome...". Das erschien auf I Scream Records und auf der Homepage der Band fällt im Zusammenhang mit dem Deal der Name Cro-Mags. Doch hier handelt es sich nicht um die Hardcore-Band, sondern um einen Fan eben jener. "In der holländischen Hardcore-Szene gibt es einen Typ namens Onno Cro-Mag. Das ist sein Spitzname, weil er der erste europäische Cro Mags-Fan war", klärt Judasville-Gitarrist Selim auf. "Er hat unser Album von Joost, dem Sänger von Discipline, bekommen und fand es spitze. Auch Lauren Kusters, der Besitzer von I Scream Records, liebte es und gab uns einen Vertrag." Liebe. Endlich wieder ein Stichwort. Selim: "Wir lieben einfach das ganze Album und ich könnte dir nicht sagen, welche Songs ich besser finde. Das wäre, als ob man sich für eines seiner Kinder entscheiden müsste. Du liebst alle gleich intensiv, aber jeder hat etwas Spezielles, was ihn zu einem ganz besonderen Song macht. Das Solo auf 'Tie Me Up' zum Beispiel ist ein ganz besonderer Moment für mich als Gitarrist." Und genau jener Song ist der Lieblingssong von Berry: "Weil es der letzte Song war, den ich für das Album geschrieben habe. Außerdem sind die Lyrics sehr persönlich. Das gilt allerdings für das ganze Album, denn wir haben keine Lust über schnelle Autos und das Biertrinken zu singen, wie es derzeit so viele Bands machen."

Nein, die Sache der anderen ist ihr Ding nicht. "Es ist uns egal, was andere über uns denken", sagt Selim. "Wir versuchen, die beste Rock N Roll-Band zu sein, die wir sein können. Wenn Leute das respektieren, ist es großartig. Aber wenn sie uns und unsere Musik nicht mögen, ist das auch kein Problem. Ich mag allerdings keine Leute, die Lügen über Bands erzählen, weil sie sie scheiße finden." - "Doch natürlich ist es toll, Komplimente zu bekommen und positive Reviews zu lesen", wirft Berry ein. "Ich mag es, Resonanz zu bekommen und mich mit den Menschen auf unseren Shows zu unterhalten. Unsere Garderobe ist dauernd mit Freunden und Fans gefüllt." Und noch mal Selim: "Jeder kann zu kommen und uns seine Meinung sagen. Nur eben nicht hinter unserem Rücken."

Weitere Infos:
www.judasville.com
Interview: -Mathias Frank-
Fotos: -Pressefreigaben-
Judasville
Aktueller Tonträger:
Welcome To Judasville
(I Scream Records)
 

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