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07.01.2005
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ADAM GREEN

Deutsch-amerikanische Freundschaft

Adam Green
Nein, einen deutschen Pass hat Adam Green noch nicht beantragt, dabei hätte er eigentlich allen Grund dazu, schließlich stand er in den letzten 18 Monaten geradezu ununterbrochen auf hiesigen Bühnen. Inzwischen redet ja auch kaum noch jemand von seiner Musik, dabei ist die weiterhin sehr, sehr hörenswert. Dass die Stücke des neuen Albums "Gemstones" auf Tour entstanden sind, hört man dem Album nicht nur textlich, sondern auch musikalisch an. Die Streicherarrangements des Breakthrough-Werkes "Friends Of Mine" sind verschwunden, dafür tritt die Orgel in den Vordergrund und unterstreicht die bereits oft gebrauchten Assoziationen (die Psychedelik von The Doors, die Crooner-Künste von Sinatra und Co., aber auch die Welt von Brecht / Weill) wirkungsvoll.

"Die neuen Songs sind alle auf Tour nur mit Hilfe eines kleinen Cassettenrecorders entstanden", erklärt Adam beim entspannten Gespräch mit Gaesteliste.de die minimale Pause zwischen der Tournee zu "Friends Of Mine" und der Veröffentlichung von "Gemstones", der im Februar bereits die nächste BRD-Tournee folgen wird. "Ich benutze beim Schreiben keine Gitarre, denn die wäre für mich nur eine Behinderung – sie würde meiner Art des Songwritings im Weg stehen. Ich möchte nicht, dass mein schlechtes Gitarrenspiel Einfluss nimmt auf die guten Ideen, die ich im Kopf habe." Das klingt ja fast so, als hätte Adam ernsthafte Songwriter-Absichten und seine Karriere als Anti-Popstar wäre nur eine Etappe auf dem Weg zum Burt Bacharach seiner Tage? "Na ja, ich weiß nicht so recht", wehrt Adam ab. "Ich denke, dass es sicherlich einige Musiker gibt, die meine Songs vernünftig spielen könnten. Es wäre schon schön, wenn es ein paar Coverversionen gäbe. Ich weiß nicht genau, warum sich daran bisher noch niemand versucht hat, eigentlich sind meine Stücke doch ziemlich leicht nachzuspielen! Ich bin als Sänger kein Virtuose, deshalb würde mir schon eine ganze Reihe Sänger einfallen, die sie besser singen könnten, allerdings macht es mir auch viel Freude, meine eigenen Songs zu singen, deshalb werde ich wohl auch weiterhin immer meine eigenen Platten veröffentlichen. Letzten Endes schreibe ich die Songs erst einmal, damit ich sie singe, und nicht jemand anders."

Anstatt seine unkonventionelle Herangehensweise zur Kunstform zu erheben, gibt Adam zu, dass sie einfach nur seine Spontaneität widerspiegelt. "Ich finde es aufregend, nicht zu wissen, in welche Richtung sich ein Stück entwickeln wird. Ich versuche also nicht, irgendwelche großen Ideen zu verwirklichen, ich fange schlicht und ergreifend einfach an und ziehe mein Ding bis zum Ende durch. Dieser Prozess beansprucht allerdings viel Zeit. Häufig verbringe ich einen Monat damit, einen Song fertig zu stellen. Ich brauche die Zeit, um Abstand zu gewinnen, damit ich nachher besser die Spreu vom Weizen trennen kann und dadurch den Song verbessern kann, selbst wenn es nur ein Wort ist, das ich verändere. Es ist allerdings auch schon vorgekommen, dass ich Tage über eine Nummer nachgedacht habe, nur um letzten Endes festzustellen, dass es besser wäre, gar nichts daran zu verändern! Ich werde wohl nie den perfekten Song schreiben, aber es ist mir wichtig, dass ich mich mit jedem Aspekt eines Songs wohlfühle. Deshalb frage ich mich immer wieder: Ist das eine solide Melodie? Ist der Text auf intellektuellem und emotionalem Level interessant? Haben die Worte einen guten Fluss in Zusammenhang mit der Musik? Kann ich problemlos alle Töne in diesem Song treffen? Haben die Zeilen nicht zu viele Worte, um sie zu singen? Letzten Endes kommt es darauf an, dass ich in der Lage bin, das Stück problemlos zu performen. Die Songs sollen sich nicht so anhören, als würde jede Menge Arbeit in ihnen stecken, auch wenn das der Fall ist."

Die eingangs bereits erwähnten Vergleiche mit Bertolt Brecht werden schon allein deshalb nicht verstummen, weil Adam dieser Tage nicht nur seine dritte Soloplatte veröffentlicht, sondern auch einen von Thomas Meinecke ins Deutsche übertragenen Gedichtband. Der erscheint ausgerechnet bei Brechts Hausverlag Suhrkamp. Eine Tatsache, die Adam im Interview zwar herunterspielt, die aber dennoch ein gefundenes Fressen für die Feuilletons sein dürfte. Seine Popularität gerade hierzulande kann sich Adam dagegen immer noch nicht erklären. "Ich versuche mir darüber möglichst wenig Gedanken zu machen. Ich lasse mir lieber andere Dinge durch den Kopf gehen. Deshalb ist es gar nicht schlimm, dass ich kein Deutsch spreche, denn so weiß ich gar nicht, was alles über mich geschrieben wird. Manche glauben, dass mein Erfolg gerade in Deutschland damit zu tun hat, dass meine Großmutter mit Franz Kafka verlobt war. Aber das macht natürlich überhaupt keinen Sinn, weil ich nun einmal nicht der Enkel Kafkas bin!" Das Rätselraten um das Phänomen Adam Green geht also weiter. Vielleicht kann ja eine persönliche Begegnung mit Adam das Mysterium lösen? Wer's versuchen will, hat auf Adams Deutschland-Tournee im Februar dazu ausführlich Gelegenheit!

Weitere Infos:
www.adamgreen.net
Interview: -Simon Mahler-
Foto: -Pressefreigabe-
Adam Green
Aktueller Tonträger:
Gemstones
(Rough Trade Records/Sanctuary/Rough Trade)
 

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