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TOMTE
 
A-Z
Tomte
Tomte haben soeben ihr neues Album "Buchstaben über der Stadt" veröffentlicht - wer sein Album so betitelt, der darf sich dann auch nicht beschweren, wenn man ein A-Z über die Band zusammenstellen möchte. Thees Uhlmann hat auch nicht gemeckert und war hellauf begeistert - hier also seine Kommentare zu den Buchstaben, die dort über Tomte schweben...
A - Anspruch

Also, ich möchte schon der Beste sein - aber wenn Wiebusch besser ist, dann ist das okay, und dann bin ich nicht neidisch. Die Leute fragen sehr oft, ob Kettcar für uns eine Konkurrenz ist, und ich habe am Anfang überhaupt nicht gerafft, was die meinen. Aber ich möchte z.B. halt mehr Platten als Bushido verkaufen. Ich habe auch einen Anspruch an meine Texte - es gibt auf der neuen Platte so drei bis vier Zeilen, die ich zurückblickend nicht so geil finde wie z.B. "Nur ein Kuss auf die Stirn und danke für die Stunden, man fühlt sich als habe man die Liebe erfunden" [aus dem Song "New York"] - das finde ich halt mördermäßig geil und da sage ich auch so: "Uhlmann, zeig' mir einen Besseren!". Und dann gibt es da eben auch diese Sachen, da denke ich mir, hm, da hättest du nochmal beigehen müssen.

B - Buchstabensuppe

Ich vermisse mein Girl momentan sehr, und zuhause koche ich halt, mir bringt das halt Spaß, ich finde den ganzen Akt des Kochens super, man schnibbelt halt so rum und irgendwann klinkt sich das Gehirn aus - und meine Freundin kann halt nicht kochen, aber sie hat mir mal Buchstabensuppe gemacht! Und ich glaube, selbst da hat sie irgendwas falsch gemacht. Und Buchstabensuppe wird ja aus irgendeinem Grund immer verabreicht, wenn man sich kränklich fühlt. Ich glaube, man kann sich so ein bisschen daran erinnern, dass man früher Buchstabensuppe gegessen hat und nicht wusste, was Buchstaben überhaupt sind, und irgendwann weiß man es halt und es ist lustig, dann so ein Symbol zu entdecken, woran man merkt, dass man älter wird.

C - Chaos

Früher war es alles Chaos - ich habe da schon einige Versuche unternommen, mein Leben ad absurdum zu führen. Jetzt ist das alles sehr angenehm aufgeräumt, und durch diese Aufgeräumtheit habe ich auch wesentlich mehr Kraft und Energie, Sachen zu machen. Früher war es halt so "busy staying alive", z.B. wenn du am 25. noch nicht weißt, ob und wie du die Miete am 31. überweisen kannst - hm, schuldet mir noch jemand Geld? Mal bei Olli Schulz versuchen... Sowas hat bei mir sehr viel Energie gezogen, obwohl es kreativ eine recht geile Zeit war, aber es war schon auch beschissen. Das habe ich inzwischen alles gelöst, habe jetzt auch schon meine Steuererklärung für 2004 fertig, dort ist auch kein Chaos mehr, und ich empfinde manchmal eine ganz heilsame Ruhe. Das kann auch auf Tour sein - bisher hatte noch keiner so richtig einen Kater, alle steigen in den Bus ein, der Bus fährt los, aus irgendeinem Grund steht da jetzt so eine richtig teure Whiskey-Flasche, die auch in so einem Leder-Etui war, und dann trinkt man Whiskey und denkt sich: "Bist du ein alter Sack - aber gar nicht schlecht!" Eine innere Ruhe halt.

D - Demokratie

Ich bin nur der geile Pressesprecher einer guten Diktatur. Nee, ich weiß natürlich schon so um dieses Thees Uhlmann-Ding, und mache das auch total gerne und finde das gut, und ich denke, dass auch die anderen das gut finden und sich nicht unterrepräsentiert fühlen. Ich komme zwar meistens mit der Skizze für einen Song an, das kommt einfach durch die Texte, aber der Rest ist einfach Band wie es Band nur sein kann. Ich kriege da auch auf die Fresse im Proberaum, wenn ich nicht gut abliefere...

E - Ehrgeiz

Habe ich denn eigentlich irgendwo Ehrgeiz? [Einige "Ähms" später...] Ich glaube, ich hatte nicht den Ehrgeiz, das erste Konzert in Hamburg zu spielen, und dann den Ehrgeiz zu entwickeln, dass man irgendwann für Coldplay Support ist, aber ich hatte den Ehrgeiz, Tomte zu machen. Alles andere drumherum sind einfach nur Sachen, die passiert sind. Ich will halt auch einer der Geilsten sein, aber ich finde, das gehört einfach auch mit dazu, wenn man in einer Band spielt. Ich will halt nicht in der zweitbesten Band spielen. Ich will in einer extrem geilen Band spielen, und da habe ich dann auch den Ehrgeiz und ringe mir auch Sachen ab und kämpfe auch um einen geilen Song oder um einen geilen Text.

F - Fehler

Gestern haben wir noch Fehler gemacht. Dennis [Becker, Gitarrist] kann alle Strokes-Lieder spielen, auch diese schnelle Gitarren-Passagen, und ich habe es ihm dann gestern abgerungen, dass er das auf der Bühne präsentiert und er hat sich spitzenmäßig verhauen. Es gibt halt Fehler bei Tomte - man vergisst den Text, oder man leitet nicht so durch den Abend wie ein großer Entertainer, das sind Fehler, aber sowas lässt Tomte dann auch wieder heiß werden. Aber wenn ich z.B. zurückblicke auf meine Band-Karriere - wenn man das mal so nennen will -, dann glaube ich, dass ich fast keine Fehler gemacht habe, was auch sehr viel mit Instinkt zusammenhängt.

G - Grand Hotel van Cleef

Das ist mit Sicherheit kein Fehler gewesen, das zu gründen. Wir hätten damals locker bei Universal unterschreiben können, aber es ist natürlich viel geiler, das Grand Hotel zu haben. Das ist so der Anfang der Sache, wo alles gut geworden ist. Das ist auch ganz klassisch: Ich mache mit meinen besten Freunden eine Plattenfirma! Und wir haben es irgendwie geschafft, dass die anderen Plattenfirmen mit den Zähnen klappern, wenn das Grand Hotel wieder was gesignt hat. Ich bin halt einfach wahnsinnig stolz, das ist ein Job - Tomte und das Grand Hotel -, der sehr, sehr nah an dem ist, was ich bin. Ich empfinde eine tiefe Befriedigung, der Pressesprecher des Grand Hotel van Cleefs zu sein. Oder Mixtapes zu verteilen, im ganz großen Stil - so, Home Of The Lame! Trara, hier, bitte schön! Das schockt mich an, das bringt mir Spaß, dass die Leute sich damit beschäftigen müssen.

GL.de: Steht dann manchmal der Grand Hotel-Job der Kreativität von Tomte im Weg?

Ich glaube nicht. Es gab eine Zeit, in der ich fast ein Jahr überhaupt keine Gitarre gespielt habe, und das war auch eine Zeit, in der ich Sachen auch einfach genossen habe. Da habe ich mich dann einfach mal hingesetzt, ein bisschen utspannen und einfach nur Grand Hotel gemacht. Die neue Platte hätte vielleicht ein halbes Jahr früher fertig werden können, ich glaube noch nicht mal, dass es mit dem Grand Hotel zu tun gehabt hat. Ich war auch noch nicht so richtig bereit, Texte zu schreiben - wie Wiebusch immer sagt: "Kunst braucht Zeit zu atmen." Die Zeit habe ich halt gebraucht, und irgendwann hatte ich mich halt dazu entschlossen, dass ich nicht wieder diesen Depri-Mist wie früher singe, sondern dass ich halt da so einen Liebesaufriss mache. Aber ich wollte natürlich auch nicht so Sachen singen wie "Liebe, Liebe, Liebe, tolle Wiese, lass und küssen", sondern das sollte dann doch wieder so deprimäßig rüberkommen, und da musste ich ganz schön kämpfen. Und der ganze Songschreibe-Prozess war auch noch nie so intensiv gewesen - da wurde viel geflucht, so von wegen "Alles scheiße! Scheiß Text!", und dann wurden die ganzen Dokumente gelöscht, dann doch wieder aus dem Papierkorb herausgezogen, und auch mit der Band wurde so intensiv geprobt, das Lied war schon fast fertig, der Text war auch schön kämpfermäßig, dann bin ich aber wieder ausgetickt, "Diese Scheiße! Das ist nicht Tomte! So'ne Wichse!", und die anderen versuchten mich dann zu beruhigen, "Ey, Thees, das ist ein Song, das ist ein Song für die Platte!".

GL.de: Aber ist es nicht schwierig, diese Texte zu schreiben, die Tiefgang und auch diesen leicht depressiven Charakter haben, wenn man relativ glücklich ist und eigentlich alles um einen herum funktioniert?

Nein, das ist auch gar nicht mehr depressiv. In mir war so ein Gefühl, das nicht mehr depressiv war, sondern das war halt so ein Gefühl, als ob in deiner Brust eine Sonne ist und die scheint so raus. Ich habe auch wieder angefangen, wieder normal zu schreiben, aber dann dachte ich mir: "Thees, das repräsentiert dich nicht, das bist überhaupt nicht du! Dein Leben liegt offen vor dir, du bist der glücklichste Mensch der Welt!" Dann musste ich halt diesen Cut machen, ich wollte kein langweiliges Liebeslied schreiben, sondern da gab es dieses Bedürfnis, etwas aufzuschreiben - ich hatte eine Situation erfahren, wie z.B. bei "New York", wo du plötzlich innerhalb von Sekunden dein ganzes Leben begreifst, alles Gute, alles Schlechte, jede Zigarette, jeden Stress mit deinen Eltern, jedes Mal wichsen, jedes Bier, jeden Freund, den du in deinem Leben hattest und auch wieder verloren hattest, wenn du am dünnen Teil einer Sanduhr bist und von oben drückt dein ganzes Leben und plötzlich kommt die Essenz der Dinge heraus - da kommt bei mir dann natürlich auch die Liebe ins Spiel, und das wollte ich halt singen, und durch den Song "New York" finde ich mich selbst auch spitzenmäßig repräsentiert, aber da musste ich kämpfen und das hat eben seine Zeit gebraucht.

H - Helden

Wir sind Helden?

GL.de: Die Interpretation überlassen wir dir...

Ich finde Wir sind Helden für das, was sie sind, was sie bedeuten, was sie machen, total super. Keine Sekunde Neid gegenüber Wir sind Helden. Meine Helden sind, ähm, der FC St. Pauli ist zurzeit mein Held! Das finde ich eine lustige, skurrile Situation. Conor Oberst ist so ein bisschen mein Held, weil der auch wirklich sagenhaft leidet...

I - Immergut

Das hört sich dämlich an, und man darf das jetzt nicht so Kid Rock-mäßig verstehen - aber das war halt so mein Rock N Roll-Erweckungstag! Als ich gekommen bin, war ich ein Niemand, als ich gegangen bin, hatten wir dieses ganze Festival in Schutt und Asche gerockt! Beim Aufbau war keiner in diesem Zelt drin, und plötzlich standen da so 450 Leute und wir haben echt um unser Leben gespielt! Und wir haben uns so abgeschossen. Ich habe das damals nicht mehr ausgehalten - wenn ich schon so ein Karriere-Schwein bin, und das war das erste Mal, dass unser Rock N Roll total funktionierte, es war nicht so "Oh, wir haben ein erfolgreiches Konzert gegeben.", sondern ich habe danach meine Gitarre durch die Gegend gefeuert, mich auf den Boden geschmissen und mir Bier reingeschüttet wie so'n Irrer. Mein Verleger und Freund Daniel Lieberberg stand so vor mir und hat mir halt Korn geschenkt! Ich glaube, wir sind so die einzige Band Deutschlands, die Korn geschenkt bekommt, und als er mich dann da so gesehen hatte, wollte er mir die Flasche wieder wegnehmen... Ich war auch so wundenübersät... Aber man war halt auch so froh aus tiefstem Herzen, dass man gemocht wird - das war für uns 'ne neue Nummer!

J - Jugend

GL.de: In der Presse-Info zur neuen Platte heißt es, dass deine Stimme wieder jünger klingt...

Ich weiß es auch nicht, woran es liegt. Ich kann auf jeden Fall besser singen als früher, inzwischen ist es wirklich so, dass ich total gerne singe. Ich habe jetzt auch auf der Bühne auch so ein spießermäßiges In-Ear-Monitor-System, das ist manchmal schon fast so Bang & Olufsen-Klang von der Band und dann weißt du wirklich, wie du singst und kannst die Töne ja auch einschätzen. Ich weiß noch, wie ich bei "Das war ich" im Studio wirklich gekämpft habe, inzwischen singe ich das so flockig heraus, und ich habe einen Ton gefunden, der an einer Stelle noch höher ist - manchmal bringe ich den halt und stehe den. Vielleicht bin ich einfach ein bisschen entspannter geworden.

K - Konzept

GL.de: Auf der neuen Platte scheint sowohl die Musik als auch der Songtext einen großen Sprung nach vorne gemacht zu haben - Zufall oder doch so etwas wie Konzept?

Oh, ey, bei Tomte gibts keine Konzepte - dazu sind wir echt zu dämlich. Der Grund, woran es liegt, ist glaube ich total einfach - ganz früher waren wir nur zu dritt, wenn du einen Song zu dritt machst, dann sagst du "Hier ist der Song, lass ihn uns spielen, da kannst du nicht mehr viel machen!" Dann kam Dennis in der Kompositions-Phase von "Hinter all diesen Fenster" hinzu, die Songs waren noch nicht richtig fertig und dann haben wir einfach zu fünft richtig Musik gemacht.

L - Lieblingsstädte

Leipzig. Ich war jetzt während der Tour in Leipzig und da ist ein guter Vibe in der Stadt. Und wenn ich nochmal umziehen sollte, dann wäre Leipzig meine erste Wahl.

M - Meyer, Swen (Produzent)

Ist genauso wie beim letzten Mal gewesen - spitzenmäßig, sechstes Band-Mitglied.

N - Nachtleben

Man sollte nur noch die Big Points mitnehmen! DVD-Release-Party von den Beatsteaks war so einer - meine Freundin und ich wollten nur kurz den Arsch reinhalten, und irgendwie sind wir um halb sechs immer noch auf der Tanzfläche gewesen. Da hatte ich mich neulich noch mit dem Simon aus dem Grand Hotel drüber gestritten. Er: "Ihr geht alle nicht mehr aus!" - Ich: "Simon, ich war glaube ich in meinem Leben so ungefähr 2.800 Mal aus, du warst in deinem Leben vielleicht 900 Mal aus, es passiert einfach nichts mehr nach dem 1.800 Mal, es wird ein bisschen langweiliger..."

O - Offensiv oder defensiv

Offensiv. Immer auf sie mit Gebrüll!

P - Platten, die man nicht verpassen sollte

Die neue Strokes-Platte - das ist die erste, die ich richtig mitnehme. Ich glaube, ich finde die besser als die beiden anderen. Das ist sozusagen meine erste Strokes-Platte - die kann ich wirklich empfehlen!

GL.de: Ist Thees Uhlmann generell ein Mann für dritte (oder spätere) Platten?

Ich glaube, ja! So, Bright Eyes, oder Oasis habe ich auch erst wirklich nach der "Familiar To Millions" gehört. Du hast Recht - mal eben Thees Uhlmann analysiert!

Q - Quälerei (z.B. Interviews, oder Auftritte bei TRL)

Interviews ist für mich keine Quälerei, TRL auch nicht - wenn's eine Qual ist, würde ich es nicht machen, so einfach ist das. Ich kann auch gar nicht arbeiten, wenn ich mich quälen muss - wenn z.B. Leute auf Artikel von mir warten und wenn ich dann keine Lust habe, dann sind meine Finger wie Blei. Quälerei, hm, ich finde, was Tomte sich so erkämpft hat, ist ein bisschen wie Quälerei - wir sind diesem Land einfach so lange auf den Sack gegangen, bis wir halt Erfolg haben.

R - Rock vs. Pop

Ich empfinde Tomte eigentlich als ursprüngliche Rock-Band - ich weiß auch gar nicht, warum Wiebusch so versessen darauf ist, dass Kettcar eine Pop-Band ist. Ich finde, Pop-Musik umgibt auch immer so dieses Artifizielle - Daft Punk, das ist so für mich der Inbegriff des Pops, wir sind zwei französische Roboter, das ist ja spitzenmäßig, dass die das sind. Aber das bin nicht ich - ist mir egal, ob ihr das hören wollt, aber ich mache das jetzt erstmal. Das finde ich halt rockmäßig, und deswegen finde ich auf jeden Fall, dass Tomte Rock ist. Der ruhigste Song auf der neuen Platte, "Geigen bei Wonderful World", das empfinde ich halt total rockmäßig, überhaupt nicht poppig. Aber vielleicht habe ich ja einfach überhaupt keine Ahnung...

S - Solo

Bringt mir Spaß. Ich hatte vor Weihnachten in Köln solo gespielt, und das hat so einen Spaß gemacht, dass ich daraus eine Tradition machen möchte. 200 Leute, alle gute Laune, aber das ist nicht so in Richtung Party-Stimmung abgedriftet, sondern das war so zusammen Musik zelebrieren.

GL.de: Bedeutet das auch einfach mehr Freiheit auf der Bühne zu haben?

So häufig mache ich das Solo-Ding ja auch nicht, das ist irgendwie... Warum fallen mir heute nur Sex-Vergleiche ein? Manchmal wichst man gerne mit Augen zu, manchmal wichst man gerne beim Porno-Gucken!

T - Tour

GL.de: Die aktuelle Tourdaten-Liste sieht schon amtlich aus...

Es muss amtlich aussehen - denn nur wenn es amtlich aussieht, kann man auch amtlich abliefern!

GL.de: Gibt es inzwischen Dinge, die ihr aus Erfahrung heraus nicht mehr macht?

Wir haben in unserer Band-Karriere nur einmal in Frankfurt gespielt - überall war schon so halligalli, und in Frankfurt standen da nur so zehn Leute und da habe ich irgendwie keinen Bock mehr drauf. Das war eigentlich ganz nett, es gab damals noch eine Lesung mit Giles Smith im Vorprogramm, aber irgendwie hat das Konzert kein Schwein interessiert.

U - Unterhaltungs-Industrie

Habe ich nix mit zu tun. Ich würde auch für Tomte fast beanspruchen, dass wir so E-Musik mit U-Ansagen machen. Eine gute Unterhaltungs-Industrie ist eigentlich nur möglich, wenn du auf der anderen Seite auch eine spitzenmäßige E-Industrie hast. Bright Eyes ist z.B. spitzenmäßige E-Industrie. In diesem Land aber gibt es fast nur noch mittelmäßige Bands, mittelmäßige Witze, mittelmäßige Leidenschaft. Deswegen ist die Unterhaltungs-Industrie hier auch nicht viel wert. Was mir so an Comedy vorgesetzt wird, das ist so perverser, vulgärer Idioten-Humor. Entweder schnallen die das nicht, oder die Leute finden das wirklich witzig. Da ist Olli Schulz einfach dreißigmal lustiger.

V - Vinyl

Bin ich raus aus der Nummer. Olli Koch total drin, ich komplett raus. Es bringt mir Spaß, das zu sehen und ich freue mich auch auf die Tomte-Platte auf Vinyl und so, aber mehr nicht. Ich habe von meinem Girl einen iPod geschenkt bekommen, und so als Phänomen, dass das so groß ist wie eine Briefmarke, also quasi die räumliche Verkleinerung von sagen wir mal 250 Kilo und einer Fläche von so einem mittleren Ikea-Regal auf die Größe von irgendwie fünf x vier Zentimeter, es ist, als ob man mitten in der Zukunft ist, also quasi wo so'n Schritt so schnell geht. Ich habe mal irgendwann auf 3sat was wahnsinnig Interessantes gehört - Zukunftsforscher haben die Befürchtung, dass die Zeit von so 1980 bis 2100 eine dunkle Zeit wird, weil sich die Speichermedien alle zehn Jahre ändern, kein Mensch hat mehr Floppy Disks, d.h. dass da auch wahnsinnig viele Gedichte von irgendwelchen Menschen, die das nie veröffentlicht haben, einfach weg sind, und früher hast du immer mal wieder so einen Zettel Papier gefunden. Oder auch Musik - wenn sie nur noch digital online vorhanden ist und plötzlich wird das Internet abgeschaltet, d.h. ganze Datenbestände sind einfach weg. Deswegen geht der Trend fast schon wieder dazu, Sachen auf Papier festzuhalten.

W - Weltmeisterschaft

Interessiert mich nicht besonders, nervt mich, England wird Weltmeister. Ich kenne in großen Firmen so ein paar Leute, die überlegen einfach nur, zu welchem Spiel sie gerne hingehen möchten, weil die einfach so Sponsoren kennen - das finde ich skandalös. In der Oberschicht wird mit diesen Tickets rumgedealt, um sich Gefälligkeiten zu organisieren. Fußball ist für mich einfach Volkssport - auch wenn da auch so Asis hingehen, das ist 'ne Sache für so einen asozialen Ruhrgebiets-Kiosk-Proll. Das ist schon eine extrem harte Nummer, die die da durchziehen.

X - Xanthippe

Das ist so die Freiheit, die nehme ich mir bei Tomte - vielleicht mache ich das Ding dadurch ein wenig außergewöhnlicher, und manchmal kommen da halt gute Ansagen bei herum. Ich habe kein Interesse daran, dieser Typ zu sein, der anderthalb Stunden die traurigen Lieder nacheinander wegspielt, ich habe Interesse daran, dass ich anderthalb Stunden traurige oder ernsthafte Lieder spiele und dass in der halben Stunde, die ich dann da noch draufpacke, so eine dermaßen obskure Gaga-Party stattfindet, wo die Leute dann sagen: "Wie kann dieser Typ so einen Song wie 'Geigen bei Wonderful World' schreiben? Das geht doch gar nicht..."

Y - Yps-Heft

Da hättet ihr mir ja wenigstens Yves Eigenrauch geben können! Nunja, da müsst ihr jetzt durch... Ich weiß noch, damals gab es eine Ausgabe mit diesem Zelt drin - ich wollte das haben, weil ich das damals extrem mit Freiheit assoziiert hatte.

Z - Zehn Jahre / Zukunft

Also, ich kann's mir locker vorstellen, dass wir in zehn Jahren noch Musik machen, auch zu fünft, in dieser Konstellation. Damals war überhaupt keine Zukunft - jetzt nicht wegen "No Future", sondern ich hatte überhaupt keine Zeit, über die Zukunft nachzudenken. Alles, was man damit assoziierte, hat eh derbe frustriert und deswegen hat man das einfach mit Bier weggespült. Und Zukunft jetzt? Ich habe mich noch nie so sehr darüber gefreut, am Leben zu sein wie jetzt - deswegen freue ich mich auch so auf die Dinge, die da kommen.

Weitere Infos:
www.tomte.de
www.ghvc.de/tomte.htm
de.wikipedia.org/wiki/Tomte
www.tomte-musik.de
Interview: -David Bluhm & Carsten Wohlfeld-
Foto: -Pressefreigabe-
Tomte
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