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ZEEP
 
Zeit für den Blues
Zeep
"People & Things" ist bereits das zweite Album von Zeep. Doch auch das Debütalbum von 2007 präsentierte keine Unbekannten. Hinter dem - sagen wir mal - universellen Namen verbergen sich nämlich alte Bekannte: Nina Miranda und Chris Franck - ihres Zeichens das Kernduo des Projektes Smoke City, das Mitte der 90er dank eines Levi-Werbespots mit "Underwater Love" einen veritablen Hit hatte und mit einer innovativen Mixtur aus Elektronik, TripHop und brasilianischen Samba-Elementen die Szene aufmischte. Im Prinzip setzte die erste Zeep-Scheibe musikalisch auch genau dort an - minus der Elektronik und programmierten Passagen. Auf dem zweiten Album entdecken Nina und Chris nun aber dann doch das Songwriting als solches (beide zeigen sich auf dem Cover mit Akustik-Gitarren) und nutzen die brasilianischen Momente nur noch als Referenzen - und als Grundlage für eine Neuinterpretation des Specials-Klassikers "Ghost-Town".
Nun liegt ja zwischen Smoke City und Zeep ein ziemlicher Zeitraum. Somit interessiert es natürlich, was zwischenzeitlich passierte und was Zeep als Projekt nun eigentlich ausmacht. "Nun, außer dass wir zwischenzeitlich ein paar Kinder gemacht haben und uns um diese kümmerten, haben wir gelegentlich in anderen Projekten mitgemacht", erzählt Nina, "zum Beispiel in Da Lata, Chris' zweitem Projekt, das er ja schon vor Smoke City initiiert hatte. Als wir dann mit Zeep begannen, war uns klar, dass wir die Sache organischer angehen wollten. Deswegen gibt es auch heute keine Elektronik mehr, wie bei Smoke City. Für das zweite Album haben wir uns nun darauf besonnen, unsere englischen Wurzeln zu nutzen und mehr Folk-Elemente einfließen zu lassen." Das ist insofern witzig, als dass Nina aus Brasilien und Chris aus Deutschland stammt. Allerdings leben die beiden schon seit Jahren in England. "Wir leben nun mal in London und es war zum Beispiel so, dass die Leute - speziell Chris' Tochter - gesagt haben, dass sie endlich mal verstehen wollten, was wir singen. Deswegen finden sich viele Songwriter-orientierte Songs auf dem neuen Album. Wir treten auch viel zu zweit auf - und da lassen sich solche Songs besser vortragen, weil die Leute die Songs sofort mitsingen können. Wir sehen dieses Album sogar als ziemlich interaktiv an." Dazu passt aber nicht so recht, dass Ninas Texte nicht eigentlich klare Geschichten erzählen, sondern auf poetische Weise mit Bildern und Stimmungen spielen. Das meint: Man kann zwar verstehen, was sie singt - aber nicht notwendigerweise worüber. "Okay - ich gebe es ja zu, das die Musik zunächst die Atmosphäre vorgibt und ich erst dann entscheide, welche Wörter ich wähle", gesteht Nina, "nimm zum Beispiel den Opener 'Elasticated Masterpiece'. Bei diesem Song habe ich mir eine alte Music Hall vorgestellt, in der das Publikum fast so wild ist, wie das, was auf der Bühne passiert, wo alle möglichen Clowns und Artisten herumtollen. Ich habe versucht, dieses als Gemälde mit Worten darzustellen. Ich möchte auch nicht, dass etwas zu geschlossen oder spezifisch erscheint, weil der Zuhörer ja seine eigenen Ideen einbringen können soll. Der Titel selbst passt rhythmisch zur Musik. Ich wollte den Song nicht einfach nur 'Masterpiece' nennen, denn das klingt irgendwie anmaßend. Also betrachte ich das ganze als Charakter. Irgendwie spielt sogar Obama da mit, weil wir, seit er an der Macht ist, endlich wieder Optimismus verspüren können. Eigentlich hat das Album auch genau deswegen einen optimistischen Touch." Und was soll das mit dem Zirkus? Auf dem Cover sind sogar Masken zu sehen. "Nun, ich bin eine Sammlerin, weil ich visuelle Dinge war", führt Nina aus, "wir waren gerade in Brasilien, weil ich dort Familie habe und wir gingen in die Altstadt, wo sie diese alten Masken verkauften - die eigentlich Karnevalsmasken sind. Wir haben nun das Gefühl, dass das Album über viele verschiedene Leute spricht - alle möglichen Charaktere. Es geht also nicht nur um uns - und dafür stehen die Masken."
Wie passt den die Cover-Version von "Ghost Town" dazu, die Zeep auf portugiesisch vortragen? In den 80ern gehörte dieser Song zur ersten Welle zeitgenössisicher, politischer Pop-Songs. Ur-Special Jerry Dammers gab der Version von Zeep sogar sein okay. "'Ghost Town' ist ein sehr starker Song", erklärt Nina, "es ist ein Pop-Song, der half, die Atmosphäre im England jener Zeit zu verändern. Er hat gezeigt, was sich mit Musik erreichen kann und wie wichtig Musik ist." (Später schrieb Dammers noch die Hymne "Free Nelson Mandela", die unter anderem zu einer Bewegung zur Unterstützung der Freilassung Mandelas führte.) "'Ghost Town' ist auch musikalisch ein brillanter Song", ergänzt Nina, "nun ist in England gerade immer die Rede von Jugend-Gangs und Gewalt. Freunde unserer Söhne haben zum Beispiel Angst, aus dem Haus zu gehen. Genau wie in dem Song. Der ist also immer noch aktuell. Wir haben das ganze nur nach Rio transferiert, weil wir dort mit Amnesty International gearbeitet haben und man uns dort auf die Situation der Kinder aufmerksam machte. Es ist also ein Song, in dem es um Kinder geht, denen man die Freiheit vorenthält." "Ghost Town ist ja einer der wenigen Songs auf der neuen Scheibe, der sich auch musikalisch Brasilien verpflichtet fühlt - warum sind denn diese Bossa-Elemente hier so zurückhaltend eingesetzt? "Außer den Gründen, die ich bereits erwähnte, gibt es noch einen", erklärt Nina, "wenn man auf portugiesisch singt, dann wird man immer gleich in die 'Weltmusik-Ecke' gesteckt. Nicht, dass da etwas Verwerfliches dran wäre - denn schließlich ist alle Musik Weltmusik -, aber es ist interessant, wie hinderlich so etwas sein kann. Denn das Genre ist doch eben konservativ. Wenn man 'Weltmusik' macht, dann darf man nicht experimentieren - das funktioniert nicht. Und wir wollten uns ja sowieso in gar keine Schublade stecken lassen. Und noch etwas: Wenn Chris mir seine Musik vorspielt, dann tendiere ich zu einer Sprache oder der anderen und dieses Mal war das eben Englisch."
Zeep
Was muss ein guter Song denn haben und wie arbeiten Chris und Nina als Songwriter zusammen? "Das erste, was stimmen muss, ist das Feeling", erklärt Nina, "und die Stimmung ist wichtig - ist sie aufmunternd? Ist sie nostaglisch? Ist sie melancholisch? Depressiv soll sie natürlich nicht sein. Also: Normalerweise spielt mir Chris beim Aufräumen oder Spülen etwas vor und wenn ich dann unterbreche und zuhöre, dann weiß ich, dass es gut ist und wir arbeiten weiter daran. Das Ganze ist ziemlich intuitiv und es ist ein absoluter Luxus, dass wir so arbeiten können." Wenn man sich das neue Album anhört, dann kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass sich da auch eine gehörige Portion Blues eingeschlichen hat. "Das ist witzig", freut sich Nina, "wir kommen gerade aus einer Blues-Bar. Aber es stimmt: Der Blues hat sich eingeschlichen. Vielleicht hat es damit zu tun, dass wir immer reifer werden - aber der Blues spricht wirklich zu uns. Ich denke, dass Blues immer eine reinigende und tröstende Wirkung auf die Leute hat. Ich denke auch, dass heute die Zeit für den Blues gekommen ist. Ich denke wirklich, dass wir heutzutage - gottseidank - in einer Welt leben, die Aufmerksamkeit erfordert. Wir haben sogar gerade einen Blues-Song geschrieben. Vielleicht gibt es in Zukunft mehr davon." Was inspiriert Zeep denn musikalisch? "Blues", sagt Nina noch ein Mal, "und afrikanische Musik. Ich beginne auch gerade, klassische Musik zu hören. Das, was mich in letzter Zeit aber am meisten inspirierte, ist 'La Circque Invisible' - das ist Charlie Chaplins Tochter mit ihrem französischen Ehemann. Sie ist Bildhauerin und Tänzerin und macht ihre eigene Musik. Das hat mich wirklich bewegt - weil sie kleine klassische Elemente verwendete. Ach ja: Ich liebe auch instrumentale Musik... die ich dann für gewöhnlich ruiniere, wenn ich drauf singe. Und ich will lernen, besser Gitarre zu spielen." Nun, das reicht je erst mal für den Anfang. "Ich bin dennoch froh, dass wir unser Album jetzt fertig haben - denn nun können wir uns auch wieder anderer Leute Musik anhören. Bei der Arbeit an eigenem Material tendiert man doch dazu, sich in sein eigenes, kleines Gewächshaus zurückzuziehen."

Wenn Nina nun auf Smoke City zurückblickt und sich nun Zeep betrachtet: Was hat sich denn geändert? "Ich würde sagen, dass das, was mich glücklich macht, der Umstand ist, dass ich glaube, dass ich einen Kreis geschlossen habe. Ich hatte mit Smoke City ziemlich viel Glück. Schließlich war ich keine Sängerin, sondern habe versucht, mit Worten zu malen. Und dann kam 'Underwater Love' und es war sehr aufregend. Es war gar nicht mal das, was ich damals unbedingt machen wollte - es waren einfach sehr glückliche Umstände. Heute habe ich gelernt, wie man es macht und das Handwerk gelernt. Ich hatte auch immer gute Zeiten und habe das Gefühl, dass ich meine Lehre beendet habe. Da kann man mit einem ganz anderen Selbstbewusstsein an die Sache herangehen als etwa als junger Mensch." Und wohin geht die musikalische Reise nun? "Nun, wir haben einige blues-orientierte Songs, die es nicht auf das letzte Album geschafft haben. Wir haben aber einen sehr eklektischen Geschmack - insofern ist alles offen. Wir könnten ein entspanntes Album machen oder aber wir drehen ein wenig auf. Im Moment arbeiten wir an vier vollkommen unterschiedlichen Songs - einer klingt nach Led Zeppelin, einer ist ein Party-Song - weißt du, was ich meine? Es ist alles drin. Es wird auf jeden Fall sehr farbenfroh werden. Deswegen sind wir auch froh, dass wir auf dem neuen Label Crammed Discs sind - denn dort ist die oberste Maxime: 'Keine Schubladen'. Und dort fühlen wir uns zu Hause." Was einleuchtet. Nina und Chris werden demnächst mit Band auf Tour gehen. Dann kann man das alles noch ein Mal überprüfen.

Weitere Infos:
www.myspace.com/zeepband
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Zeep
Aktueller Tonträger:
People & Things
(Crammed Discs/Indigo)
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