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MORITZ KRÄMER
 
Ganz einfach besser als der Rest
Moritz Krämer
Moritz Krämer ist anders. Natürlich, auf den ersten Blick ist der Berliner in der sich inzwischen ständig ausdehnenden Szene des neuen deutschen Singer / Songwriter-Pop zu Hause, doch die Qualität seiner oft melancholischen, wohlformulierten Songs macht ihn ganz ohne Frage zu einer Ausnahmeerscheinung. Das hat offenbar auch Dirk Darmstaedter erkannt, der Moritz nach der gemeinsamen "1st Songwriter Community"-Tournee letzten Herbst für sein Label Tapete Records verpflichtete. Dort erschien, passend zu Moritz' dreiwöchiger Konzertreise mit Gisbert zu Knyphausen, soeben die 6-Song-EP "Ich kann nix dafür" mit betont schlanken Akustik-Arrangements, das eher bandorientierte Debütalbum soll dann im kommenden Frühjahr auf den Markt kommen.
Gisbert zu Knyphausen war es auch, der vor einigen Jahren Moritz' wunderschönen Song "Mitbewohnerin" allabendlich bei seinen Konzerten coverte und damit viele seiner Fans auf die Suche nach dem Berliner Musiker mit der charmant-schluffigen Bühnenpräsenz gehen ließ. Richtig viel konnte man online allerdings bisher nicht über Moritz finden. Dass er Video und Text an der Universität der Künste Berlin studiert hat und derzeit sein Studium im Fach Regie an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin fortsetzt, heißt es, außerdem kursiert im Netz eine Compilation seiner Songs namens "Fallsucht". "Das ist eine Zusammenstellung zu Hause aufgenommener Skizzen, die aus unterschiedlichen Phasen stammen", erklärt Moritz beim Treffen mit Gaesteliste.de vor seinem Konzert in Düsseldorf Ende Mai. "Einige sind Synthie-Frickel-Sachen, mit gepitchten Stimmen und so einem Quatsch. Das fand ich mal eine Zeit lang lustig - jetzt nicht mehr! Irgendwann habe ich die Songs dann für den Download so zusammengestellt, als wären sie ein Album."
Die Abkehr von den eher elektronischen Spielereien rührt allerdings nicht unbedingt daher, dass Moritz inzwischen diese Klangästhetik weniger mag oder gar glaubt, "seinen Sound" inzwischen gefunden zu haben, sondern schlicht und ergreifend daher, dass er die Vorzüge der Kollaborationen mit anderen Musikern entdeckt hat. "Ich hatte irgendwann einfach mehr Spaß daran, mit meinem Bassisten Christian Schanz zusammenzuspielen, anstatt alleine am Computer zu sitzen und an irgendwelchen Sachen herumzufrickeln. Deshalb haben wir das Album auch als Band aufgenommen. Dennoch glaube ich nicht, dass ich 'meinen Sound' gefunden habe. Ich spiele ja auch viel alleine, und mit Christian ist es ja auch nur akustisch."

Ob der Leichtigkeit, mit der sich Moritz seine wunderschönen Nummern aus dem Ärmel zu schütteln scheint, sei eine vielleicht etwas naiv klingende Frage erlaubt: Warum ist er eigentlich so viel besser als die meisten ähnlich gestrickten Songwriter? "Ich versuche nur Sachen aufzuschreiben, bei denen ich das Gefühl habe, dass sie mich gerade interessieren", antwortet er. "Es gibt allerdings auch ganze Aktenordner voll mit irgendeinem Mist, irgendwelche leeren Sätze, bei denen ich einen Monat später schon gar nicht mehr wusste, warum ich sie überhaupt aufgeschrieben habe. Es ist aber schon so, dass ich ewig an Texten herumschreibe." Das "Sich für eine Sache"-Interessieren bedeutet allerdings nicht, dass Moritz' Texte besonders stark autobiografisch gefärbt wären. "Oft ist es so, dass eine Freundin von mir viel über ein Thema spricht, und ich versuche mir vorzustellen, wie das wäre, zum Beispiel das 'Kinderkriegen Anfang 30'-Thema oder die Angst, an etwas schuld zu sein. Der Song 'Aussterben' hat damit zu tun."

Doch es gibt noch eine andere wichtige Inspirationsquelle für Moritz' Songwriting. Seit mehreren Jahren schreibt er Theatermusik für die Produktionen der Regisseurin Mareike Mikat, die unter anderem an der Volksbühne Berlin, am Hebbel am Ufer Berlin, am Thalia Theater Halle, an der Skala Leipzig, am Theater Heidelberg oder dem Maxim Gorki Theater Berlin aufgeführt wurden. "Zuerst habe ich die Theatersongs gar nicht bei meinen eigenen Konzerten gespielt, weil sie ja immer für Figuren geschrieben worden sind", erzählt Moritz. "Das ist irgendwie gar nicht mein Text! Irgendwann fand ich es dann aber ganz gut, einfach Thesen raushauen zu können, ohne dass ich selbst es bin, der das sagt. Das ist dann lediglich etwas, das man in den Raum stellt. Bei dem Song 'Keiner von denen' heißt es im Refrain: 'Das sind alles Faschisten!' Das ist ja eigentlich ziemlich pubertär, aber ich fand es ganz cool, einfach diese These in den Raum zu werfen, auch wenn ich so etwas eigentlich nur ungern sagen würde. Als ich das Lied zum ersten Mal gespielt habe, war mir das ziemlich unangenehm..." Allerdings gibt es auch einige Stücke, die nicht direkt aus Inszenierungen stammen, dennoch aber einen Bezug zur Theaterarbeit haben, wie Moritz verrät: "Bei 'Wir sind dran' fing es damit an, dass Mareike sich darüber ausgelassen hat, wie sie in der Theaterwelt aufgenommen wird und wann jemand sagt: 'Du darfst jetzt!' oder: 'Du darfst noch nicht!' Sie meinte mal, dass sie diesen Segen überhaupt nicht braucht, es wäre jetzt ihre Zeit, sie sei jetzt dran!" Die Theaterarbeit umfasst allerdings nicht nur von Moritz selbst geschriebene Texte. So findet sich auf "Ich kann nix dafür" die Vertonung eines Textes von Kurt Tucholsky, die ursprünglich für einen szenischen Lyrikabend in Heidelberg entstanden war.

Dass Moritz, wie eingangs behauptet, in der Tat anders ist, beweist auch seine Antwort auf unsere abschließende Frage, wie er zum Musikmachen gekommen ist. "Mein Opa wollte immer, dass jemand an seinem Grab Trompete spielt", erinnert er sich. "Deshalb wollte ich unbedingt Trompete lernen und hatte auch zwei Jahre Unterreicht. Klavierspielen wollte ich, weil mein älterer Bruder Klavier spielte, und zur Gitarre bin ich gekommen, weil man in dem Punk-Proberaum, in dem wir abgehangen haben, nur proben durfte, wenn man das Riff des Rage Against The Machine-Liedes 'Bombtrack' auf der Gitarre spielen konnte."

Weitere Infos:
www.moritzkraemer.de
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Maike Storf-
Moritz Krämer
Aktueller Tonträger:
Ich kann nix dafür
(Tapete Records)
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