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ALEX WINSTON
 
Das Leben der Anderen
Alex Winston
Da gebührt es sich, ein wenig auszuholen: Der Titel des Debüt-Albums von Alex Winston aus Bloomfield Hills, Michigan, ist im angelsächsich-geprägten Ausland deutlich selbsterklärender und lustiger als bei uns. Ein "Con-Artist" ist nicht mehr und nicht weniger als ein Betrüger - meist in der Form eines Hochstaplers und deswegen, im Sinne eines ehrenwerten Ganoven - auch immer potentiell charmant. Ergo ist "King Con" kein falsch geschriebener Riesenaffe, sondern der König der Hochstapler. Es ist zwar nicht so, dass Alex selbst eine Hochstaplerin ist oder dass sie ein Fan dieser Gattung von Leuten ist - aber eine gewisse Faszination hegt sie schon für diese Art von Individuen. Das macht sie auf ihrem Web-Blog deutlich, den sie vom heimatlichen New York aus betreibt und der vor Links zu Documentaries zu meist sehr schrägen Randkultur-Themen schier überquillt. Und das "Con-Motiv" machte sie dann schließlich zum Thema ihres Debüt-Albums, auf dem es vor zwielichtigen Charakteren wie Elvis-Impersonatoren, falschen Predigern, Blendern, Bigamisten und anderen religiösen Eiferern nur so wimmelt.
Im Prinzip, so sagt sie selbst, fertigte sie so auch ein inoffiizielles Porträt - oder eine Landkarte - amerikanischer Subkulturen an. Interessant ist dabei vielleicht noch, dass sie das musikalisch in Form gutgelaunter Popsongs mit Kinderlied-Charme und Spielzeuginstrumenten verpackt. Dass sie ganz en passant als gelernte Opernsängerin auch noch eine glasklare Sopranstimme ihr Eigen nennt, macht die Sache noch interessanter. Das ist doch mal was anderes - normale Liebeslieder gibt es ja schließlich irgendwo auch genug. Wie kam es denn zu dieser eigenartigen Mischung? "Nun, ich bin in einem ziemlich musikalischen Haus aufgewachsen", erzählt Alex, "mein Vater ist ein Musiker - nicht beruflich aber hobbymäßig. Meine erste Gitarre bekam ich mit sieben, begann aber richtig erst mit zehn. Damals kam ich auch erstmals mit der Oper in Kontakt, die ich später studierte. Ich wuchs in Detroit auf, einer nicht sehr reichen Stadt, die aber eine große musikalische Tradition hat. Mein Bruder hat eigentlich meinen persönlichen musikalischen Geschmack mit seiner Vorliebe für Punkrock und klassischen Detroit-Sound wie MC5 geprägt." Das erklärt aber noch nicht Alex' Vorliebe für Kinderinstrumente und Kinderlied-Melodien. "Das weiß ich auch selbst gar nicht so genau, woher das kommt", überlegt sie, "es hat halt alles einen bestimmten Sound, den ich mag. Ich begann schon früh, Instrumente zu sammeln. Die ersten Instrumente waren dann eben Toy-Pianos und so was. Später kamen noch Banjos und Akkordeon hinzu. Das Akkordeon ist übrigens momentan mein Lieblingsinstrument - deswegen kommt es auf der Scheibe auch ständig vor." Wie entstehen denn Songs wie diese? Auch einem Kinder-Klavier ja wohl nicht, oder? "Ich mache eigentlich ganz gerne von vorneherein vollständig produzierte Stücke", verrät Alex, "denn ich mag das Bild des großen Ganzen. Also arbeite ich mit meinem Multitrack-Gerät und dem Programm Garageband. Meine Demos sind eigentlich immer schon arrangierte und produzierte Versionen meiner Songs." Braucht es da noch einen Produzenten? "Ich denke schon", räumt sie ein, "obwohl ich so eine Art Zweiter-Reihe Produzent bin. Ich arbeitete mit Charlie Hugall und Bjorn Yttling zusammen, weil diese Leute meine Vision zuweilen besser verwirklichen kann als ich selbst. Es ist auch wichtig eine Person mit Überblick im Studio zu haben."
Was hat es nun mit den Hochstaplern auf sich? "Das Thema des Albums ist ja der gewöhnliche Con-Man" erklärt sie, "ich finde das Thema, wie Kultisten andere Leute manipulieren, um sich selbst Vorteile zu verschaffen, ziemlich spannend. Das sind auch immer die Themen, die mich bei den erwähnten Dokumentationen besonders interessieren." Gibt es da einen Favoriten? "Ich würde nicht sagen, dass ich diese Leute mag", schränkt Alex ein, "aber Benny Hinn, ein besonders gewiefter Prediger, dessen Heilkräfte in direktem Zusammenhang zu etwaigen Spenden stehen, finde ich besonders interessant. Er gibt vor, Krankheiten auf spirituelle Weise heilen zu können und verdient sich so sein Geld. Da gibt es eine HBO-Dokumentation, die ich vor drei Jahren gesehen habe, und die die Umstände seiner Betrügereien darstellten. Das ist so herzerweichend, denn seine Opfer wollen so gerne an das glauben, was er verspricht. Da sind immerhin Kinder und ihre Mütter dabei." Sind denn alle Titel auf dem Album dergestalt motiviert? "Die meisten", gesteht Alex, "'Fire Ant' ist ein Song über ein rothaariges Mädchen, mit dem ich meine Probleme hatte und das ist einer der wenigen persönlich motivierten Songs auf dem Album."

Wie gesagt, packt Alex diese eher düsteren Themen in ungewöhnlich gutgelaunte, lebensfrohe und tanzbare Popmusik. Ist das nicht eigentlich das falsche Medium für solche Inhalte? "Ich mag nun mal Popmusik", meint Alex trotzig, "ich will nicht die Musik, die ich machen möchte, wegen meiner Texte verbiegen. Und klassische, frühe Popmusik ist halt nun mal mein Ding. Andererseits werde ich bestimmt nicht über Liebe und lichte Momente singen, nur weil ich melodiöse Popmusik machen möchte. Es macht mir auch Spaß, mit solchen Gegensätzen zu arbeiten, weil sich dann jeder seinen Teil denken kann." Welche Musik mag Alex selbst? "Ich höre mir selbst alles mögliche gerne an - momentan Hank Williams, Jonathan Richman, PJ Harvey und Townes Van Zandt. Als Bonus Track habe ich sogar 'Waiting Around To Die' gecovert." Was löst denn das Bedürfnis aus, einen Song zu schreiben? "Ich würde nicht gerade 'Wut' sagen wollen, aber vieles, von dem, worüber ich Songs schreibe, motiviert mich doch auf eine sehr lebhafte Weise - einfach weil ich meine Eindrücke anderen vermitteln will. Außerdem hat man so ja auch gute Stories."

Alex Winston
Was kommt denn als nächstes für Alex? "Oh, ich habe da gerade ein Projekt, für das ich interessante Leute interviewe und ihre Geschichten aufzeichne. Zum Beispiel diesen Typen, der sich als Ninja sieht. Solche Leute interessieren mich, weil sie doch so anders sind als ich. Ich möchte noch mehr davon finden und befragen und dann selbst eine Dokumentation machen." Muss Musik dann letztlich größer als das Leben sein? "Nein, muss sie nicht. Musik kann auch ganz einfach und persönlich sein. Ich meine, ich arbeite ja mit Garageband - da muss nicht alles komplex und groß sein." Was möchte Alex als Sängerin erreichen? Aufgrund ihrer klassischen Ausbildung hat sie - wie gesagt - eine ungewöhnlich hohe Sopran-Stimme. "Es hat eine Weile gebraucht, bis ich zu meinen Stil gefunden habe", gesteht sie, "da ich längere zeit Oper gesungen habe, habe ich meine Identität verloren, weil man da immer anderer Leute Dinge vom Blatt sucht. Heutzutage höre ich mir lieber Stimmen an, die sich echt und natürlich anhören, als solche, die perfekt klingen. Das ist es, was ich auch selbst erreichen möchte. PJ Harvey oder Joanna Newsom sind da gute Beispiele." Auf "King Con" passiert musikalisch ja eine ganze Menge. Kann man das noch toppen? "Das will ich ja gar nicht", meint sie, "ich möchte mich aber natürlich wie alle Musiker weiter entwickeln und andere Facetten ausloten. Ich könnte mir vielleicht vorstellen, etwas in Richtung Country auszuprobieren, aber das weiß ich auch noch nicht so genau. Zu einem richtigen Country Act werde ich jedenfalls nicht werden, das kann ich garantieren." Das braucht es ja auch nicht, denn die Alex Winston, die wir momentan vor uns haben, bietet rein musikalisch ja sowieso für jeden etwas. Und Popmusik, bei der man gerne auch mal auf die Texte hört, weil die Themen interessant sind, hatten wir ja auch schon länger nicht mehr...
Weitere Infos:
www.alexwinstonofficial.com
www.facebook.com/AlexWinstonOfficia
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Alex Winston
Aktueller Tonträger:
King Con
(V2/Cooperative Music/Universal)
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