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ALIN COEN
 
Bittersüße Nahaufnahmen
Alin Coen
Bereits als Alin Coen 2010 mit ihrem Debüt-Album "Wer bist du?" reüssierte, hatte sie zuvor mit ihrer Band schon längere Zeit die Bühnen unsicher gemacht. Es folgte dann mit "Einer will immer mehr" noch eine EP - aber bereits das nächste Album "We Are Not The Ones We Thought We Were" verschob sich dann um ein Jahr - und danach gab es vor allen Dingen eine lange Sendepause. Zumindest in Sachen neuer Aufnahmen. Das letzte Lebenszeichen war dann die Live-LP "Alles was ich hab" von 2016, die zumindest deutlich machte, dass Alin Coen nach wie vor als Live-Musikerin tätig war. Es ist halt nur so, dass die Künstlerin im üblichen Musikbusiness-Hamsterrad nicht mitlaufen wollte und andere Prioritäten im Leben suchte und fand - etwa indem sie in den Niederlanden studierte, in ihrer Heimatstadt Hamburg für Greenpeace arbeitete, zwischenzeitlich nach Berlin zog und sich vor allen Dingen als Mutter um ihren inzwischen dreijährigen Sohn kümmerte. Nun ja, es gibt ja auch Leute, die sagen, dass man Musik am besten sowieso als Hobby und nicht als Arbeit betrachten sollte (sofern man sich das denn leisten kann).
Wie sieht sie selbst diese Sache? "Wenn man Musik aus freien Stücken macht, mag das ja angehen und es gibt auch eine gewisse Leichtigkeit - aber wenn man etwa ein eigenes Label gegründet hat, dann ist da doch sehr schnell Druck drin", überlegt Alin, "dass ich sieben Jahre mit einer neuen LP gewartet habe, hat viele Gründe. Es war eine Zeit des Umbruches für mich. Ich habe 2014 gedacht, dass ich damit durch sei, Musikerin zu sein - weil ich gar keine Euphorie oder Vorfreude auf Konzerte mehr empfunden habe. Das war ein bedrückendes Gefühl für mich. Wir haben zum Beispiel in Berlin im Huxley vor 1.500 Leuten gespielt und nach so einem Konzert hatte ich das Gefühl, dass das alles zu groß geworden war. Es lief alles super - aber trotzdem war ich nicht euphorisch." Und dann kam die Umwelttechnik? "Ja, genau, ich habe ja Umweltschutztechnik studiert und dann habe ich in Holland noch einen Master für Waterresource-Management gemacht. Ich hatte damals aber ein Klavier dabei und habe dann nebenher meine Liebe zur Musik wiedergefunden. Das Tourleben ist ja auch die ganze Zeit weiter gegangen - auch als ich nach der Geburt meines Sohnes gleich wieder auf die Bühne gegangen bin. Nur für das Lieder-Schreiben musste ich wieder einen neuen Zugang finden. Und erst so um 2018 herum hatte ich wieder das Bedürfnis, neue Lieder zu schreiben und ein neues Album zu machen." Und das Ergebnis ist nun Alins drittes Album "So Nah" - auf dem sie erstmals ausschließlich auf Deutsch singt. Ist Alin heutzutage stärker in der deutschen Sprache verwurzelt als früher? "Für mich gilt das schon", bestätigt sie, "die Entscheidung für das Englische war früher auch mehr phonetisch bedingt. Weil ich mit meiner Band für mein zweites Studioalbum, das ja fast vollständig auf Englisch war, viel zusammen geschrieben habe. Wir hatten dann die Musik und ich musste irgendwie sehen, dass die Texte dann dazu passten - und da hat sich auf Deutsch vieles einfach komisch angehört. Bei der neuen Scheibe war der Schreibprozess ein ganz anderer, denn ich habe die Lieder alle alleine geschrieben - und da war immer schon ein Satz mit der Musik zusammen da gewesen und damit auch der Gedanke für das ganze Lied." Das neue Album läuft dann ja auch nicht mehr unter "Alin Coen Band".
Hat die neue Art Songs zu schreiben sich denn auch musikalisch ausgewirkt? "Nun, ich lasse mich schon sehr von dem leiten, was ich selber gerne höre", räumt Alin ein, "ich probiere einfach Sachen aus und bin dann inspiriert, etwas daraus zu machen. Und dabei entsteht an der E-Gitarre oder auf einem Bass definitiv etwas anderes als wenn ich ruhig am Klavier vor mich hinspiele." Und so entstand dann der Sound der neuen Scheibe? "Das hat auch viel mit der Produktion zu tun", erläutert Alin, "als ich mich fragte, wer die Scheibe produzieren könnte, bin ich auf Tobias Fröberg gekommen, der 'It All Starts With One' von Ane Brun produziert hat - eine meiner Lieblingsscheiben. Diese Platte bewegt mich ganz toll - und deswegen habe ich mich einfach getraut, Tobias anzuschreiben. Ich habe ihn dann angefragt, wie er die Sache angehen wollte - und er hat vorgeschlagen mit der ganzen Band ins Studio zu gehen. Mit Bassist Philipp Martin und Drummer Fabian Stevens spiele ich ja schon seit 2007 zusammen und Tobias meinte dann, ich brauche noch jemanden, der Gitarre spielt und einen Keyboarder. Dann habe ich zwei Freunde dazu gebeten und dann haben wir die Songs tatsächlich alle live zusammen im Studio eingespielt." Was man der Scheibe auch anhört, denn sie klingt sehr organisch und lebendig. Ein großartiges Sound-Design gab es aber nicht, oder? "Also mit Tobias haben wir einfach nur aufgenommen. Seine Aufgabe war es, für die richtige Stimmung zu sorgen und er hat mir auch sehr beim Einsingen geholfen", berichtet Alin, "ich glaube für das Klangbild war dann sehr federführend unser Mischer, Johannes Saal, zuständig. Der hat selber ganz viel eingebracht. Er hat zum Beispiel den Hall kleiner gemacht, um das Ganze intimer klingen zu lassen." Und näher vermutlich - wie der Titel des Albums nahelegt.

Ist dieser Titel - "Nah" - vielleicht auch ein Hinweis auf die recht persönliche Natur der Texte? "Nein - das ist ein wenig abstrakter", überlegt Alin, "ich beschreibe in meinen Texten nicht, was mir passiert ist, sondern schöpfe aus einem Sammelsurium aus eigenen Erfahrungen - oder auch von solchen, von denen mir vielleicht eine Freundin mal erzählt hat - aus denen ich dann Geschichten formuliere. Es sind eigentlich erfundene Geschichten, aber sie beruhen auf etwas, was ich selber schon mal gefühlt oder erfahren habe." Wie wichtig ist denn Humor bei dieser Art zu schreiben? Ab und an regen Alins Songs ja schon zum Schmunzeln an - auch wenn sie sich nicht als Comedienne betätigt. "Hä, hä", meint sie, "ich glaube, einige Leute kriegen den Humor vielleicht gar nicht mit - aber tatsächlich habe ich selber am meisten Spaß an den Sachen, wenn ein Satz rauskommt, der mich selbst zum Schmunzeln bringt. Aber ich denke, mein Humor ist eher ziemlich unauffällig. Es ist auch alles nicht vorsätzlich in dieser Richtung." Dabei kann es auch sein, dass Humor in eher traurigen Songs wie "Leichtigkeit" zum Tragen kommt. Auf Zeilen wie "Irgendwo habe ich vor kurzem meine Freude verlegt - vielleicht lag sie am Boden und wurde dann weggeweht" muss man ja auch erst mal kommen. "Ja, das ist vielleicht der traurigste Songs auf dem Album", räumt Alin ein, "vielleicht nennen wir das Ganze dann eher 'bittersweet' als 'humorvoll'?" In der Tat trifft es das auch viel besser.

Wonach sucht Alin als Songwriterin eigentlich? "Es gibt eine Art Radar, der mir sagt, wann ich an einem Song weiter machen sollte oder nicht", führt sie aus, "das eine ist, wenn mich der Song weiter verfolgt. Im Englischen gibt es ja den Begriff 'haunting' dafür. Als ich damals in Schweden angefangen habe, Lieder zu schreiben, habe ich mir vorgenommen, nur an Songs weiter zu arbeiten, wenn ich mich noch an die Melodie erinnern könnte. Das andere ist, wenn ein Satz dabei entsteht, der mir emotional eine Erkenntnis bringt - so als stamme dieser Satz gar nicht von mir selbst. Wenn so etwas passiert, ist das etwas sehr Spezielles, was ich gerne mag."

Alin Coen
Wie geht es denn nun weiter mit Alin Coen? Vermutlich wird sie sich ja nicht wieder sieben Jahre Zeit bis zur nächsten Scheibe lassen. "Es ist noch nichts fertig aufgenommen, aber es kommen immer mal wieder Anfragen von anderen zur Kollaboration. Was ich aber gerade selbst ins Leben gerufen habe, ist eine Challenge namens #WomenMusicWednesday auf Instagram und Facebook, bei der ich mir überlegt habe, jeweils Mittwochs drei Wochen lang Sängerinnen aus meinem Umfeld zu covern - und diese dann nominiere, selber auch drei Coverversionen aufzunehmen. Das ist eine total schöne Sache, die sich da entwickelt hat und man findet so ganz tolle Musikerinnen. Ich habe über diese Challenge auch selbst schon Entdeckungen gemacht - wie zum Beispiel Amy Warning, die ich vorher gar nicht kannte. Das ist dann ja auch eine Art Kollaboration. Und wie es dann mit den Live-Konzerten weiter geht, werden wir abwarten müssen." In der Tat: Denn eigentlich war eine Tournee bereits für den Herbst gebucht, die nun erst mal ins nächste Jahr verschoben werden. Einige wenige Open-Air-Termine, bei denen Alin im Duo-Format auftritt, müssen bis dahin erst ein Mal reichen.
Weitere Infos:
www.alincoen.com
www.instagram.com/alincoen
www.facebook.com/alincoen
www.youtube.com/watch?v=yLBh7C8IMqA
www.youtube.com/watch?v=OIeCUWe73x0
www.facebook.com/alincoen/videos/550274602536530/
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Sandra Ludewig-
Alin Coen
Aktueller Tonträger:
Nah
(Pflanz einen Baum/Rough Trade)
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