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Interview-Archiv

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BEVERLY KILLS
 
Pfirsiche, Zündschnüre und Ameisen
Beverly Kills
Was macht man mit einer Band wie dem schwedischen Indie-Pop-Quartett Beverly Kills, die man nach einer langen Anreise und einer Show in einem kleinen Club beim Reeperbahn Festival in der Nacht zuvor zu einer dezidiert unrockigen Zeit zum Interview trifft und dann feststellen muss, dass die Begeisterung sich seitens besagter Band dafür in Grenzen hält? Nun - man kann ja mal versuchen, den Drummer zu irritieren. Beginnen wir also mal mit der Frage an Hampus Höggren, der das Ensemble bei der betreffenden Show als unerbittlicher Motor mit seinem unerbittlichem Stil immer wieder angetrieben hat, wie denn wohl sein Spitzname wäre?
"Häh?", fragt der Mann, der offensichtlich mit einer solchen Frage nicht gerechnet hat - aber nun unsere volle Aufmerksamkeit hat. Als er nicht so recht mit der Antwort herausrücken will, springt ihm Sängerin und Frontfrau Alma Westerlund bei und meint: "Wir nennen ihn 'The Machine'" - und das ist ja auch ungefähr die erwartete Antwort. "Ja, das ist zumindest mehr als ein Mal passiert", räumt schließlich auch Hampus ein. Der Hintergrund dieser Frage ist der, dass Beverly Kills - zumindest auf der Bühne - einen unerbittlichen kinetischen Drang entwickeln, der dazu führt, dass die eigentlich eher atmosphärisch angelegten Dreampop-Songs des Quartetts auch ganz gut als Club-Tracks zu gebrauchen wären, während sich das nun vorliegende Debüt-Album sich eher in psychedelischer Grundlagenarbeit ergeht. Wie haben sich Beverly Kills denn auf ihren Bandsound einigen können - denn hier kommen neben Psychedelia und Dreampop auch noch Krautrock-, Ambient-, Postpunk- und E-Pop-Elemente hinzu? "Wir haben - ehrlich gesagt - nie eine Entscheidung getroffen, dieses oder jenes machen zu wollen", überlegt Alma, "das entstand dann alles durch einen Wachstumsprozess innerhalb der Band. Als John und ich anfingen Songs zu schreiben, mussten wir erst mal einen Übungsraum finden, in dem wir unseren Sound finden könnten. Unsere LP spiegelt eigentlich unsere Entwicklung als Entdeckungsreise wider. Momentan ist das ziemlich perfekt, weil wir eine Menge Sachen ausprobieren konnten und für uns fühlt sich das heute wie eine Einheit an." Orientieren sich Beverly Kills bei diesem Prozess an den offensichtlichen Inspirationsquellen der Band (The Cure wird da immer gerne als Referenz hergenommen) - oder motivieren sie sich eher gegenseitig? "Mehr letzteres" meint John und Alma ergänzt: "Wir haben noch nie innerhalb eines klaren Rahmens gearbeitet - weil wir in unserem Proberaum immer alles ausprobiert haben, was uns gerade eingefallen ist." "Wir arbeiten eher auch mit Sketchen von Songs", wirft Bassist Viggo Mattsson ein. Entstehen die Songs dann aus Jam-Situationen heraus? "Manche schon", führt Alma aus, "denn wenn ich zu Beispiel eine Idee habe, dann jammen wir damit, um das Potential auszuloten."

Arbeiten Beverly Kills mit einem Produzenten oder verlassen sie sich da auch auf sich selbst? "Nicht im klassischen Sinne", führt John aus, "wir arbeiten immer mit dem selben Toningenieur im Studio - das übrigens Welfare Studio heißt - und der produziert dann ein bisschen mit." "Wir machen das aber eigentlich selber", meint Alma, "er hat dann ab und an Vorschläge - lässt uns aber ansonsten machen." "Genau - es geht da meistens auch nur um technische Details", ergänzt Lasse. Der Hintergrund der Frage war der, dass sich der Live-Sound der Band dann doch von dem auf der Scheibe unterscheidet. "Also zumindest ich hatte ein Sound-Design im Kopf", erklärt Alma, "weil ich die ganzen Synthesizer-Sounds selbst entwickle. Für das Album hatten wir dann die Idee, dass es keine saubere Rock-Scheibe sein sollte, sondern mehr produziert klingen sollte." "Es gibt ja auch eine viele verschiedene Sounds auf dem Album", beschreibt John das Prozedere, "und da war es schwierig, die Dreampop-Elemente mit den rockigeren Postpunk-Elementen auszubalancieren. Es konnte ja nicht alles gleich laut klingen - wir mussten da schon einen Mittelgrund finden." Und Lasse merkt noch an: "Auf der Bühne brauchen wir über so etwas nicht nachzudenken. Wir können auch mal rocken und die Sachen besser ineinander überfließen lassen." "Und auf der Bühne zu spielen macht ja auch mehr Spaß", gibt Alma zu Protokoll, "im Studio ist das ja immer viel Arbeit und dort können wir die Songs ja auch entwickeln."
Sind Beverly Kills offen für Zufälle - oder gibt es einen Plan? "Gute Frage", überlegt Alma. "ich denke, manchmal schon. Manchmal hänge ich an einer Idee fest und komme einfach nicht weiter. Dann lässt man das simmern und hofft auf eine Eingebung oder einen Zufall. Das ist aber auch ein doppelschneidiges Schwert, weißt du. Keine Idee sollte weggeschmissen werden." "Das kommt aber auf den Song an", zögert Lasse, "manchmal stößt man so ja auch auf Gold. Manche Songs entstanden so in 40 Minuten - an anderen haben wir aber vier Wochen gearbeitet." Woher wissen Beverly Kills dann, ob ein Song überhaupt bereits fertig ist? "Das ist ein Bauchgefühl", räumt John ein, "wenn das passiert, dann stellt sich dieses Gefühl ein, dass das unser bester Song ist und wir den unbedingt in der nächsten Show spielen müssen, um zu erfahren, was die Leute davon halten."
Beverly Kills
Kommen wir mal zu den Texten. Diese schreibt Alma für die Band. Worüber singt sie denn eigentlich? Doch bestimmt nicht im wörtlichen Sinne über Pfirsiche, Zündschnüre und Ameisen - was Songtitel wie "Peach Melba", "Fuses" oder "War Of The Ants" ja fast schon nahelegen könnten. "Nein", lacht Alma, "ich singe über eine Menge Dinge. Wir haben ja an dem Album insgesamt vier Jahre gearbeitet. Einer der ersten Songs, die wir zusammen geschrieben haben, ist 'New Berlin' und der handelt davon, unsicher und ein Teenager zu sein und bei den Parties immer außen vor zu bleiben. Und die neueren Songs habe ich über die Gesellschaft, allgemeine Gefühle oder Dinge, die mir wichtig erscheinen, geschrieben. Über den Song 'Fantasia' bin ich besonders glücklich - das ist aber mehr so ein Konzept-Song. Stell dir vor, du sitzt im Bus und stellst dir dann vor, dass der Bus einen Unfall hat und du diesen Unfall aus einem vorbeifahrenden Auto betrachten könntest. Es geht um all die katastrophalen Ereignisse, die dein Geist dir vorspiegeln kann und du diese mit der Erkenntnis akzeptierst, was es bedeutet ein Mensch zu sein und was alles passieren könnte. Und dann gibt es da noch 'War Of The Ants'..." "Ja, das ist in Schweden übrigens ein feststehender Begriff für statisches Rauschen im Fernseher", wirft Lasse erklärend ein. "Genau", bestätigt Alma, "worum es mir ging, ist der Umstand, dass wir in Schweden ein Problem haben mit vielen alleine lebenden Menschen. Eine meiner größten Ängste ist die, dass ich alleine vor dem Fernseher festsitze. Denn eigentlich mag ich das ganz gerne, aber ich habe festgestellt, dass viele Menschen in dieser Situation sind und ich wollte einen Song darüber schreiben, wie es ist, alleine in einer Informationsschleife, wie sie vor dem Fernseher gegeben ist, festzustecken." Sind das also immer bestimmte Details aus Almas Leben, die sich hinter den Songtiteln verbergen? "Absolut sind das Sachen aus meinem Leben - oder aber solche, ich in Unterhaltungen mit meinen Freunden diskutiere", führt Alma aus, "ich lese auch eine Menge Literatur und habe mal versucht, diese Literatur nach meinen Bedingungen umzudeuten. Heutzutage distanziere ich mich aber auf der persönlichen Ebene immer ein wenig von der Grundidee." Gibt es da auch ein Element des Eskapismus in der Musik von Beverly Kills - und speziell in Almas Texten? "Das ist lustig, weil ich die Texte ja aus einer bestimmten Warte heraus schreibe. Wenn ich damit fertig bin und die Leute meine Texte dann interpretieren oder darüber schreiben, dann stelle ich oft fest, dass das überhaupt nicht das ist, woran ich gedacht hatte, aber wenn jemand eine Idee hat, was es bedeuten könnte, ist das ja auch okay. Wenn es dir auch etwas bedeutet, dann bin ich jedenfalls zufrieden." Wie wichtig sind Alma selbst denn die Texte? "Das ist ja Geschmackssache", überlegt Alma, "wenn ich selbst Musik höre, dann achte ich nicht so sehr auf die Texte. Wenn es nach mir ginge, dann könnte es in unserer Musik sogar noch mehr Hall geben - zumindest was meinen Gesang betrifft. Mir ist es eher wichtig, dass die Sache gut klingt. Ich möchte in Zukunft die Synthie-Sounds und die Worte wie in einer Konversation zusammenführen und integrieren."
Weitere Infos:
beverlykillsforever.bandcamp.com
www.instagram.com/beverlykillsforever
www.facebook.com/beverlykillsforever
www.youtube.com/watch?v=qKhboohZ3gg
www.youtube.com/watch?v=QggJkBwXsqc
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
Beverly Kills
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