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HOPE SANDOVAL AND THE WARM INVENTIONS
 
Einfache Pläne
Hope Sandoval And The Warm Inventions
Hope Sandoval ist von einer Menge Gerüchten und Halbwahrheiten umgeben. Da wird der undurchsichtigen Schönheit und Sängerin der großartigen Mazzy Star beispielsweise nachgesagt, sie rede nicht mehr mit ihrem langjährigen musikalischen Partner David Roback, was gleichbedeutend mit dem Ende von Mazzy Star wäre. Außerdem gilt die Dame mit der samtweichen Stimme zwischen Nancy Sinatra und Nico als äußerst unangenehme Interviewpartnerin, weil sie ganz einfach nicht gerne redet, schon gar nicht über sich. Und außerdem sei sie eine unverbesserliche Perfektionistin, die auch im Jahre fünf nach dem letzten Mazzy-Star-Album "Among My Swan" und acht Jahre nach dem Meilenstein "So Tonight That I Might See" immer noch nicht die langerwartete Platte ihres Side-Projects The Warm Inventions - mit dem früheren My-Bloody-Valentine-Multiinstrumentalisten Colm O'Ciosoig als Partner und der britischen Folk-Legende Bert Jansch als Gaststar - fertiggestellt hat.
Nun, im Grunde stimmt nichts davon. Das sehr akustisch und streckenweise geradezu folkig geratene Album der Warm Inventions ("Bavarian Fruit Bread") erscheint dieser Tage auf Rough Trade, und auch das nächste Mazzy-Star-Album ist bereits in Arbeit. Und nicht zuletzt erwies sich Hope als zwar sehr schüchterne, aber stets charmante Interviewpartnerin. Okay, als sie Gaesteliste.de unlängst aus San Francisco anrief, flüsterte sie zunächst nur und brauchte endlos lange für die ersten Antworten, doch dann taute sie doch ziemlich schnell auf. Daß sie keine haarsträubenden Geschichten von Sex & Drugs & Rock N Roll erzählen würde, war ja schon vorher klar - das würde schließlich auch nicht zur Musik passen. "Manchmal können Interviews schon ganz schön kompliziert sein", meint sie dann auch folgerichtig. "Du sitzt mit jemandem zusammen, den du überhaupt nicht kennst, und hast die ganze Zeit dieses beklemmende Gefühl, weil du nicht weißt, was der Journalist von dem Gespräch mitnehmen wird. Oft genug wollen die Schreiber einfach nur gemein sein, und natürlich will ich mit dieser Erwartungshaltung nicht mit jemandem an einem Tisch sitzen. Was nicht heißt, daß sich bei einigen Interviews auch gute Gespräche entwickeln können, die einfach nur nett sind."
Hope Sandoval And The Warm Inventions
Das klingt so, als würde Hope das über sie geschriebene ernst, vielleicht sogar zu ernst nehmen. Papier ist bekanntlich geduldig. Webspace übrigens auch. "Ja, und es ist nicht gut, sich zu sehr damit zu beschäftigen. Ich habe eine Menge von dem gelesen, was geschrieben wurde, als Mazzy Star groß in den Medien waren, aber ich mußte nach einer Weile wirklich Abstand davon nehmen, weil man sonst schnell an alles glaubt, was geschrieben wird. Aber schließlich basieren die Stories ja nur auf einer einstündigen Begegnung, und es ist ja wohl völlig unmöglich, jemanden in nur einer Stunde wirklich kennen zu lernen." Kein Wunder also, daß Hope die lange Veröffentlichungspause damit erklärt, daß sie und Colm erst einmal zwei Jahre damit verbracht haben, sich richtig kennen zu lernen, bevor sie sich zusammen an die Aufnahmen für die LP der Warm Inventions gemacht haben. Trotzdem sieht sie sich nicht als Perfektionistin, die (zu) lange an ihren Platten arbeitet. Irgendwann, so sagt sie, sei der Punkt erreicht, an dem man aufhören und einfach die nächste Platte in Angriff nehmen sollte. Den Großteil der Songs auf "Bavarian Fruit Bread" schrieb Hope alleine, einige wenige mit Colm zusammen. Besonders hervorstechend sind allerdings die beiden Coverversionen des Albums. Während es nicht wirklich überrascht, daß Hope mit "Drop", einem wenig bekannten CD-Only-Bonustrack des 1989er Jesus-And-Mary-Chain-Albums "Automatic", ein Stück ihres Ex-Freunds William Reid aufgenommen hat, ist die zweite Wahl, "Butterfly Mornings" aus dem Sam-Peckinpah-Film "The Ballad Of Cable Hogue", doch schon etwas weniger nachvollziehbar. Schließlich scheinen ein Großmeister der visualisierten Gewalt und die ungekrönte Königin des Dream-Pop nur wenig Gemeinsamkeiten zu haben. Und richtig, Hope lagen weder Film noch Regisseur, sondern nur der Song aus dem berühmten Western am Herzen. "Ich mochte einfach diesen Song sehr gerne, ohne zu wissen, welche Akkorde er hat, also hab ich mir selbst welche dazu ausgedacht. Wir haben den Song immer wieder gespielt und letztendlich entschieden, ihn aufzunehmen. Ich habe dann Bert Jansch ein Band von der Aufnahme geschickt und er hat uns besucht und das Stück mit uns aufgenommen."

Das wirft die Frage auf: Wie gerät man an eine Legende wie den früheren Pentagle-Virtuosen Jansch? Im Telefonbuch wird er ja wohl kaum stehen... "Mazzy Star haben vor einigen Jahren eine Show mit ihm gespielt", erklärt Hope. "Außerdem kannte Geoff Travis von Rough Trade seinen Manager. Davon abgesehen bin ich auch zu Janschs Konzerten gegangen und er konnte sich von unserem gemeinsamen Konzert noch an mich erinnern." Kein Wunder, immerhin singt Hope ja nicht nur herzergreifend schön, sondern - um es mit den White Stripes zu sagen - she's pretty good looking for a girl. Und Jansch war für Hope nicht irgendein Gast, sondern ihr größtes Idol. "Meiner Meinung nach ist er der beste Gitarrist auf der ganzen Welt und sehr inspirierend. Er ist ein ganz besonderer Mensch." Apropos Inspiration: Die ruhigen Akustiksongs des neuen Albums lassen darauf schließen, daß sich die musikalischen Interessen der Protagonistin seit dem letzten Mazzy-Star-Werk etwas verändert haben. Die folkigen Elemente jedenfalls sind bei Hope ziemlich neu. Der Grund dafür ist relativ einfach: Das Fehlen von David Roback. "Meine erste Band hat auch eher akustische Musik gemacht. Dann traf ich David und wir arbeiteten zusammen, und so fand ich mich in einer Band wieder, die eher Rock mit nur einer Spur Akustik-Sound spielte. Ich mag beides. Aber die akustischen Sachen sind meine Wurzeln, deshalb kommt das auf der neuen Platte vielleicht etwas deutlicher zum Vorschein als bei Mazzy Star."

Hope Sandoval And The Warm Inventions
Aufgenommen wurde das Album der Warm Inventions teilweise in Norwegen. In Norwegen? "David, mein Partner bei Mazzy Star, verbringt viel Zeit dort, und er lud uns ein, ihn zu besuchen und ein bisschen Zeit dort zu verbringen, schließlich arbeiten David und ich derzeit bereits an der neuen Mazzy-Star-Platte. Also waren wir in Oslo, um an Mazzy-Star-Songs zu arbeiten, und dann haben wir Bert Jansch eingeflogen, um die Warm-Inventions-Aufnahmen mit ihm zu machen, weil das sinnvoller erschien, als ihn den ganzen Weg nach San Francisco kommen zu lassen. Wir haben auch viel Zeit in England verbracht, wo Colm wohnt. Wir haben eigentlich immer dort aufgenommen, wo wir uns gerade aufhielten."

In Kürze will Hope mit den Warm Inventions auch auf Tournee gehen. Ende Januar soll es so weit sein, doch konkrete Pläne gibt es noch nicht. Würde sie trotzdem sagen, daß ihr Side-Project mehr als nur "ihre nächste Platte" darstellt, ja sogar durchaus größeren Einfluß auf ihre weitere musikalische Entwicklung haben könnte? "Nun ja", erwidert Hope und muß lachen, "eigentlich ist das Album nur eine Sammlung von Songs, die in den letzten zwei Jahren entstanden sind. Und es gibt noch so viele Songs, die geschrieben werden wollen. Deshalb ist der nächste Schritt, das Mazzy-Star-Album fertigzubekommen. Das ist eigentlich ein wirklich einfacher Plan!"

Weitere Infos:
www.mazzystar.net
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Pressefreigaben-
Hope Sandoval And The Warm Inventions
Aktueller Tonträger:
Bavarian Fruit Bread
(Rough Trade Records/Zomba)

 
 

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