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PAIN OF SALVATION
 
Jesus Christ, Prog-Superstar?
Pain Of Salvation
Ihr letzter Output "Remedy Lane" gehört zum großartigsten, was ein von teilweise unterhalb der Grenze des zumutbaren angesiedelten Veröffentlichungsströmen verhärtetes Rezensentenherz sich überhaupt vorstellen kann. Die dazugehörige Tournee mit Dream Theater war nicht nur ein voller Erfolg, sondern bot mehr Ganzkörpergänsehautmomente, als die meisten Konzerte zuvor zusammengenommen. Kurz: Mit Daniel Gildenlöw, Sänger, Gitarrist und Hauptkomponist der schwedischen Progrock-Heroen Pain Of Salvation zu sprechen, ist spannend, aber auch echte Herausforderung, damit der Glühfan im Journalisten nicht die Überhand gewinnt.
? Daniel, vermutlich bist du in den letzten Wochen oft Ähnliches gefragt worden (aber daran ist nicht ganz unschuldig, wer ein derart komplexes, vor autobiographischen Referenzen starrendes Konzeptalbum abliefert): Wie waren im wesentlichen die Reaktionen auf die schon fast schockierend offene Geschichte hinter "Remedy Lane", also die Fehlgeburt, die deine Frau erlitten hat und eure sich anschliessende Krise und Trennung?

! Generell war das Feedback überwältigend positiv. Natürlich war der eine oder andere Hörer schockiert oder pikiert, weil er diese Themen in "Rockmusik" nicht erwartet. Aber den typischen "hey baby, are you hot tonite"-Hörer sprechen wir wahrscheinlich eh weniger an (lacht). Was mich überrascht hat und was mir sehr viel bedeutet hat, sind die buchstäblich Tausende von erleichterten, begeisterten Kommentare auf unserer und auf der Webpage von Dream Theater. Viele Menschen, die ähnliches erlebt haben, wie wir, fühlten sich nach eigener Aussage wie von einem Bann befreit. Sie hatten wie von einem Tabu gelähmt einfach nie darüber sprechen können - und nun bilden sich auf diesen Internetseiten Diskussionsforen von vielen Menschen mit vergleichbaren Erfahrungen. Das gibt übrigens auch einen wichtigen Teil unserer Erfahrung wieder: Als diese Fehlgeburt passierte, fielen meine Frau und ich in ein schreckliches Loch der Stille. Wir konnten mit unserer Umwelt und miteinander nicht darüber sprechen.

? Und wie sieht diese andere noch lebende beteiligte Person deinen Entschluss, nun recht schonungslose Offenheit und Öffentlichkeit herzustellen?

! Wir haben tatsächlich vor der Veröffentlichung des Albums darüber diskutiert und gestritten, aber ich glaube, inzwischen sieht sie es ähnlich wie ich: Was es für andere gebracht hat, mit diesem Schmerz nach draussen zu gehen, war die Veröffentlichung wert. Außerdem ist diese Geschichte ja nicht buchstabengetreu autobiographisch, sondern wie meist in Literatur und Musik ein Beispiel. Aber ich habe zugegebenermaßen schon versucht, dieses Beispiel so intensiv und ehrlich wie möglich zu geben. Tatsächlich muß man sagen, daß sogar die Reaktion der Band VOR der Veröffentlichung war "Daniel, willst du das wirklich tun?" Aber inzwischen sind wir wie gesagt alle ziemlich glücklich mit den Reaktionen. Grundsätzlich fühle ich ohnehin mich wohler mit dem Ansatz, die doch ohnehin unausweichliche Vergangenheit anzugehen und zu thematisieren. Aber wie man mit dem Vergangenen umgeht, hat wohl stark damit zu tun, was für eine Beziehung man zu sich selbst hat.

? Was hast du denn für eine Beziehungskiste mit Dir selbst?

! (brummt überrascht) Das wechselt stark, ist ehrlich gesagt auch "work in progress". Aber ich habe schon den Eindruck, im wesentlichen auf einem guten Weg zu sein.

? Ich hab euch leider auf dem letztjährigen ProgPower Festival in den Niederlanden verpaßt. Wie war dein Eindruck von diesem, vom Austragungsort eher kleinen, vom Line up aber gigantischen Event?

! Der Haupteindruck, den ich davongetragen habe, ist leider, wie beschissen es mir ging. Wir sind aus den Aufnahmen zu "Remedy Lane" heraus und völlig überarbeitet mit dem Auto aus Schweden angefahren, ich wurde krank und bin vor Ort praktisch zusammengeklappt. Auf der Bühne dachte ich mal, das war es jetzt, gleich geht nichts mehr - und ich hab' danach drei Tage lang kotzend in der Ecke gelegen. Davon einmal abgesehen finde ich, daß es ein großartiges Festival ist, gemacht von phantastischen Leuten. Mit zweimaliger Teilnahme in Europa und einmal in den USA sind wir ja sozusagen ProgPower-Veteranen! (kichert)

? Und wie hast du die reine Publikumsmenge so im Vergleich zur Dream Theater-Tour erlebt?

! Weißt du, nach meiner Erfahrung wird es tatsächlich immer schwerer, einen Funken überspringen zu lassen, je größer die Konzerthallen sind. Und für die Menschen auf der Bühne sieht ab ca. 2.000 Menschen ohnehin jeder Austragungsort leider fast gleich aus.

? Wessen Idee war es bei der Transatlantic-Tour, daß der Sideman Daniel Gildenlöw am hintersten Bühnenrand, fast außerhalb der Reichweite der Scheinwerfer stand?

! Das wollte die Band so, war aber für mich auch okay. Ich habe halt meinen Job gemacht. Daß ich diesen Job hatte, hab' ich letztes Jahr übrigens per Anruf durch den Bassisten der Flower Kings erfahren [Band von Ober-Atlantiktranse Roine Stolt].

? Transatlantic sind ja so etwas wie eine "Supergroup" des Progressive Rock. Spiel bitte mal ein Gedankenspiel - wenn du eine solche Supergroup mit deinen Heroes zusammenstellen dürftest, wen würdest Du holen?

Pain Of Salvation
! Hm... (lange Pause). Typischerweise gehen Supergroups ja in die Hose... Aber wenn ich es machen würde, müßte Mike Patton singen [Ex-Faith No More]. Und Vinnie Colaiuta Schlagzeug spielen... An den Keyboards wäre Kevin Moore [Ex-Dream Theater, jetzt Fates Warning und solo erfolgreich], an der Gitarre ... vielleicht Al Di Meola? Und am Baß: Irgendeiner der großen Bassisten der 70er Jahre, am liebsten der, der auf "Hair" gespielt hat, ich komme aber jetzt nicht auf den Namen.

? Dafür, daß du fraglos einer der besten Sänger im ganzen Rock-Business bist, hast du dir selbst aber wenig Aufgaben reserviert. Nun, Bescheidenheit ist eine Zier... Und wie habt ihr es geschafft, dann auf die Dream Theater zu kommen?

! Bereits bei den Aufnahmen zu "The Perfect Element, Part I" [POS' bislang erfolgreichstes Album] hatte Mike Portnoy von DT über einen gemeinsamen Kontakt wegen einer gemeinsamen Tournee angefragt. Und die sehr erfolgreichen Gigs mit Transatlantic haben sicher zusätzlich dazu beigetragen, daß dieser alte Plan jetzt Realität wurde. Außerdem haben wir im Jahr 2000 mal in Paris auf einer Convention des hiesigen Dream Theater-Clubs gespielt, die daraufhin wohl nicht ruhten, um für uns Lobbyarbeit zu machen (lacht).

? Auf Platte singst du die unglaubliche zweite Stimme selbst, wer macht das live, euer Bassist?

! Ja, das ist Johan Hallgrens Stimme.

? Und was ist das für ein schönes Instrument, was du in Oberhausen gespielt hast, eine Charvel?

! Nein, eine Parker Fly, ein ziemlich seltenes Prachtteil, das ganz nach meinen Vorstellungen gebaut wurde.

? Platt waren in Oberhausen ja alle, als dein Bruder Kristoffer bei "Undertow" plötzlich so ein gepflegtes Cello strich - gibt es da bei euch noch mehr Überraschungen bei den beherrschten Instrumenten?

Pain Of Salvation
! (lacht laut) Och, wir interessieren uns halt brennend für Musik und probieren alles mögliche aus. Unter anderem tauschen wir auch häufig die Instrumente untereinander, was sehr spannende oder auch witzige Ergebnisse bringen kann. Mein eigentliches Lieblingsinstrument ist beispielsweise Schlagzeug. Und diese Liebe werde ich in den nächsten Monaten auch mal wieder voll ausleben können: Wir werden für einige Zeit als Band an einer Inszenierung von "Jesus Christ Superstar" in unserer Heimatstadt Eskilstuna teilnehmen. Speziell Kristoffer und ich sind mit dieser Musik aufgewachsen und sie bedeutet uns sehr viel. Außer Johan, der mal Urlaub machen will, wird POS komplett für "Jesus Christ" spielen. Und so komme ich endlich mal wieder zum Drummen. (Lacht)

? Eine Frage, die dir bestimmt sonst niemals gestellt wird: Wann kommt endlich "The Perfect Element, Part II"?

! (kichert verstärkt) Tatsächlich scheint das ebenso viele Fans wie Journalisten zu interessieren... Tatsache ist, daß wir sogar schon Musik für den zweiten Teil geschrieben haben, aber wir kamen u.a. durch die Tour und jetzt durch das Musical nicht dazu, es zu vollenden. Wir haben das Gefühl, noch etwas mehr Zeit für dieses schwierige Material zu brauchen.

Weitere Infos:
www.painofsalvation.com
Interview: -Klaus Reckert-
Fotos: -Pressefreigabe / Stephan Kunze-
Pain Of Salvation
Aktueller Tonträger:
Remedy Lane
(InsideOut/SPV)
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