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MOTHER TONGUE
 
Auf die Freundschaft
Mother Tongue
Es gibt sie also noch. Diese Bands, die selbst nach dem 500. Konzert noch so enthusiastisch sind wie beim ersten und die jenseits von verbohrten Ideologien einfach ihre ganz eigenen Regeln als Gebote haben. Eine Band, auf die das zutrifft heißt Mother Tongue. Woher kommt eigentlich dieser Enthusiasmus, an den sich jeder erinnern wird, der die Band einmal live gesehen hat? "Ein paar Chemikalien, dann geht das schon, hahaha, nein, ernsthaft: die Energie kommt vom Publikum. Wirklich! Es ist schwer, sich nicht dem anzupassen, wenn das Publikum völlig ausrastet. Es ist toll, wenn die Leute das nachvollziehen können, was wir da auf der Bühne machen. Darum gibt es keinen Grund, nicht alles zu geben.", erklärt Gitarrist Chris, der gerade im fernen Los Angeles mit den Bandkollegen die nötigen Vorbereitungen für die kommende Tour trifft.
Aber sind denn diese ekstatischen Reaktionen vom Publikum durchweg positiv? "Don't get Mother Tongue too bigheaded now, that's why we break up", wird Sänger Davo Gould beim letzten Konzert in Berlin zitiert. Weil ihnen die Hysterie um ihre Band zu groß wurde, lösten sich Mother Tongue 1996 auf, bevor mit dem Album "Streelight" im vergangenen Jahr die Wiedervereinigung begründet wurde. Mit "Ghost Note" erscheint in diesen Tagen der Nachfolger. Tut sich die Band also manchmal schwer mit dem Lob, das sie von überall hereingereicht bekommt? "Vor ein paar Jahren mag das so gewesen sein, ja. Aber das haben wir hinter uns. Wir haben eine harte Zeit hinter uns und darum sollten wir dankbar sein für das, was uns an positiver Reaktion entgegen gebracht wird. Ich sehe das mehr als Lohn und es besteht keine Gefahr, dass uns das irgendwie negativ aufstoßen könnte."

Vielleicht kann Mother Tongue auch eine Eigenschaft von einer weiteren Krise abhalten, die Fans an der Band schätzen und die über das Musikalische und Textliche, kurz: das Greifbare, hinausgeht. "Unsere Ehrlichkeit ist sicher ein wichtiges Element von uns. Darum sprechen wir auch immer von einer 'sozialen Band'. Wir orientieren uns an Menschen und an menschlichen Problemen. Jeder hat die. Das ist, was wir mit Ehrlichkeit meinen", erklärt Chris. "Wir würden keine Interviews geben, wenn wir nicht live vor Leuten spielen könnten. Wir sind bei einem Konzert auf dem gleichen Level wie das Publikum, wir sind nur die Band und nicht mehr. Nur wenn wir den Leuten gegenüber so ehrlich sind, können die auch uns gegenüber ehrlich sein." Ich erinnere mich an ein Konzert im April 2002 in der Bonner Harmonie, bei dem die komplette Band nach dem Aufritt noch für etwa eine Stunde Poster unterschrieb und sich mit den dagebliebenen Fans - es waren eine Menge - unterhielt. Vorher hatte sie eine ca. 20-minütige Zugabe gespielt, die aus einem einzigen Stück bestand.

"Ghost Note" schafft eine Art professionelle Proberaumstimmung, klingt nach einem entspannten Jammen von Freunden, bei dem großartige Songs entstehen. Anders gesagt hat "Ghost Note" eine sehr prägnante Live-Atmosphäre. "Wow...", der neue Schlagzeuger und Quoten-Australier Sasha ist erst einmal überrascht. "Für mich war es eine ganz neue Welt zu sehen, wie dieses Live-Gefühl, das Mother Tongue ausmacht auf Band klingt." Energie und Leidenschaft, das ist wohl das charakteristische an Mother Tongue. "Ghost Note" lebt davon, aus jedem Song, ob satter Rocknummer oder ruhiger Ballade tönen sie. Und in diesen Songs stecken auch wieder jene Gegensätze, die man bei so vielen Bands findet: obwohl die Texte etwas mit einer gewissen Dunkelheit kokettieren, sind Mother Tongue alles andere als verbissene Typen, die außer Beschwerden nicht viel vorzubringen haben. "Ghost Note" hat noch viel mehr nach positiver Energie als sein Vorgänger, musikalisch haben die Songs nichts mit ihrer düsteren, textlichen Komponente zu tun. Das Album klingt nach einem Loblied auf die Freundschaft, ganz zu schweigen von dem bekannten Stil-Mix, dessen Referenzen von Black Flag bis Johnny Cash, oder auch Bob Marley reichen. "Wir haben so viel gemeinsam durchgemacht und uns verbindet so viel", bestätigt Chris, "wir werden immer zusammen Musik machen, egal, ob wir damit auf Tour gehen können oder nicht." Eine ganze Menge Worte sind bereits über Inspiration, Motivation und die Freundschaft gefallen, aber was eigentlich hat "Ghost Note", was "Streetlight" nicht hat? "Schwierig zu sagen", findet Chris, "ich denke, wir entwickeln einfach ständig Musik. Wir spielen und spielen und spielen... so dass wir nicht wirklich darüber reflektieren, wie das Ganze zu klingen hat." Sasha ergänzt: "Wenn es einen Unterschied gibt, dann ist es wohl einfach die Tatsache, dass wir vier zusammen spielen. Ich bin ja erst seit ein paar Monaten in der Band." "Genau!", stimmt Chris zu. "Wenn es einen wesentlichen Unterschied gibt, dann ist es der, dass wir jetzt einen Drummer als weiteren Bruder in der Band haben und keine Aushilfs-Schlagzeuger." War denn "Streetlight" auch eine Art Test, ob "Mother Tongue Teil 2" auch funktionieren würde? "In dem Sinne, dass wir eine Reaktion hervorrufen wollten und letztlich sehen konnten, ob wir von der Musik leben können: ja!", erklärt Chris.
Mother Tongue
Wer nach modernen oder derzeit schwer angesagten Klängen sucht, kann sich getrost eine andere Band suchen. Mother Tongue sind nicht zeitgemäß. Sie sind auch kein ironisches Zitat von etwas, das mal zeitgemäß war. Und vor allem: sie klingen nicht altbacken. "Es ist mehr eine Mischung aus alldem. Etwas einer bestimmten Zeit zuzuordnen ist genau das gleiche, wie es einem Stil zuzuordnen. Musik muss keinem Stil entsprechen. Ich habe mir immer gewünscht, Musik zu machen, die nach zehn Jahren genauso frisch klingt wie am ersten Tag. Und ich hoffe, dass dieser Ansatz auch in Mother Tongue steckt", erläutert der Gitarrist. Sasha ist der gleichen Meinung. Streiten sich die Jungs eigentlich nie? "Nein", lacht Chris und holt noch etwas weiter aus: "Meinungsverschiedenheiten müssen ja nicht in Wut umschlagen. Man kann daraus auch viel Kreativität gewinnen. Streiten dagegen ist unproduktiv." Wer sich also von der Live-Produktivität dieser Band überzeugen will, sollte das tun. Demnächst ist der Vierer aus Los Angeles auf diversen Festivals in Deutschland und Österreich unterwegs. Und beim Zuschauen immer ehrlich bleiben.
Weitere Infos:
www.mothertongue.net
www.noisolution.de/mothertongue.html
Interview: -Laura Scheiter-
Fotos: -Pressefreigabe-
Mother Tongue
Aktueller Tonträger:
Ghost Note
(Nois-O-Lution/Indigo)

 
 

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