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Interview-Archiv

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JULIE DELPY
 
After Sunrise
Julie Delpy
Die wichtigste Nachricht zuerst: Celine und Jesse kommen nach neun Jahren nun doch wieder zusammen! Celine & Jesse? Genau: Das waren die von Julie Delpy und Ethan Hawke gespielten Charaktere in Richard Linklaters Erfolgsfilm "Before Sunrise", von dem nun - quasi in Echtzeit - eine Fortsetzung gedreht wird. Was das mit Musik zu tun hat? Ganz einfach: Celine - d.h. Julie Delpy - hat heimlich, still und leise eine CD mit eigenen Songs aufgenommen, die rein gar nichts mit ihrer Schauspieler-Karriere zu tun haben und vielleicht gerade deswegen so charmant, frisch und unverbraucht daherkommen. Und sie hat die Dreharbeiten zu o.a. Sequel unterbrochen, um uns zu erklären, wie es dazu hat kommen können.
Obwohl: Großartig zu erklären gibt's da scheinbar nichts. "Weißt du, Musik habe ich eigentlich immer schon gemacht", erzählt Julie, "ich hatte nur zwischendurch aufgehört. Die Songs zu diesem Album habe ich über einen Zeitraum von mehreren Jahren geschrieben, als ich wieder damit angefangen habe und - voila - da hatte ich plötzlich ein Album, das ich in zwei Wochen aufnahm. Das war gar nicht geplant, aber die Leute, die die Songs hörten, ermunterten mich, sie auch zu veröffentlichen." Nun muss man dazu wissen, dass diese Songs nichts mit dem zu tun haben, was Schauspieler-Kolleginnen vom Schlage J-Lo und Konsorten so als Musik bezeichnen. Julie versucht hier offensichtlich nicht, sich ein zweites kommerzielles Standbein aufzubauen, sondern schreibt sich quasi die Seele vom Leib und kleidet das - unter Mithilfe des Arrangeurs Philippe Eidel - in stilistisch sympathisch unstete, erstaunlich sparsam angelegte, und auf charmante Art rauh dargebotene Songs, sie so gar nichts zu tun haben mit irgendwelchem High-Profile-Mainstream-Mumpf. Auch entspricht Julie als Sängerin nicht dem, was man sich vielleicht unter einer frankophilen Chanteuse vorstellt: Nur ein Song ("Je t'aime tant") ist auf französisch und selbst der klingt keineswegs wie ein Chanson! "Ich weiß gar nicht, wo meine Wurzeln sind", versucht Julie das zu erklären, "denn wenn ich einen Song schreibe, denke ich nicht darüber nach, in welchem Stil das sein soll. Ich höre bloß ein Riff oder eine Harmoniefolge, die mich zu einer Melodie inspiriert. Manchmal ist es Folk, manchmal Rock, mal eine Ballade." Und wo kommt das alles her? "Ich liebe alles mögliche - von Neil Young über Nick Drake und Jeff Buckley und Radiohead, Lou Reed, Glam-Rock, The Stooges, Tom Waits, Rickie Lee Jones - ganz verschiedene Sachen. Die Alben, die ich selber mag, sind immer auch ein Mix von Stilen. Ich liebe ein Album, bei dem ich mir immer verschiedene Sachen heraussuchen kann, je nachdem wie ich mich fühle. Mein Ziel war es, ein Album zu machen, das keine Hintergrundmusik ist, wenn du weißt, was ich meine. Es sollte nicht immer wieder dasselbe Stück in Variationen sein. Ich liebe es, immer wieder verschiedene Songs zu machen."
Julie Delpy
Welche Rolle spielte dabei Philippe Eidel? "Weißt du, ich kenne seine Sachen gar nicht so gut", gesteht Julie, "er macht viel Weltmusik und afrikanische Musik, glaube ich. Ich hatte meine Songs alle schon geschrieben, als ich nach jemandem suchte, der meine Soundvorstellungen verwirklichen konnte. Philippe hatte gute Vorschläge für Instrumentierungen - z.B. Spinett oder Banjo - denn ich wollte unbedingt ein Banjo auf einem Song. So war es eine angenehme Zusammenarbeit." Die Songs entstanden dabei auf ganz konventionelle Weise mit einer Gitarre und Gesang. Das Interessante dabei ist, dass Julie trotz des oben erklärten Stil-Wirrwarrs doch eine ganz eigene Art hat, ihre Songs vorzutragen. Dazu gehört ein ganz spezifischer Sound: Der ansonsten vollkommen unaffektierte Gesang steht ganz im Zentrum und die Musik - so vielseitig und originell sie auch sein mag - umrahmt diesen lediglich in dem Maße, wie es absolut notwendig erscheint. "Also das hängt mit der Musik zusammen, die ich selber gerne mag", erläutert Julie, "ich mag Scheiben, bei denen die Stimme sehr präsent ist. Ich mag Musik nicht, bei der du die Texte nicht verstehen kannst, weil die Stimme im Mix untergeht. Für mich ist ein Song dann interessant, wenn die Stimme eine bestimmte Qualität hast und du das auch heraushören kannst. Deswegen mag ich es auch, wenn die Stimme ziemlich rauh ist - weswegen wir kaum Effekte auf den Gesang gelegt haben. Ich mag keinen Hall auf der Stimme. Das war eine bewusste Entscheidung." Julies Gesang ist hierbei insofern bemerkenswert, als dass sie auch hier ihren eigenen Stil entwickelt, von niemandem zu borgen scheint. "Nun, ich hatte eine klassische Ausbildung", räumt sie ein, "bis zum Alter von 18 habe ich in einem Chor gesungen. Aber ich habe damit aufgehört und dann mehr Jazz gesungen. Meine Stimme klingt aber nicht wie eine klassisch ausgebildete Stimme. Ich habe es auch immer abgelehnt, denjenigen Lehrern zu folgen, die wollten, dass ich auf eine bestimmte Art singe, die nicht meiner Persönlichkeit entspricht. Es ist wichtig, dass man das klassische Training auch wieder vergisst!" Ist das der Grund, warum Julies Melodien im Prinzip relativ simpel gehalten sind, und so dem Gesang alle Entfaltungsmöglichkeiten bieten? "Das hat einen anderen Grund", erklärt Julie, "nimm z.B. 'Mr. Unhappy' - das sind vier Akkorde und - wie mir meine Musiker-Freunde bestätigen - die vier langweiligsten Akkorde, die man sich denken kann. Trotzdem ist es mir hoffentlich gelungen, etwas Frisches und Unterhaltsames draus zu machen. Ich versuche, mit meinen Limitationen zu arbeiten, weil ich ja gerade erst anfange. Ich bin zum Beispiel keine gute Gitarristin, kann keine Barrée-Griffe, nehme stattdessen immer den Daumen und probiere einfach so herum. Gerade deshalb kann ich aber Melodien finden, die sonst keiner findet. Und ich muss bei meinen vier Akkorden bleiben, weil ich ja nicht viel über Musik weiß. So musste ich mir eine Art ausdenken, die Melodien, die ich in meinem Kopf habe, auch nach draußen zu bringen. Und das geht eben mit der Stimme, mit dem Gesang."
Julie Delpy
Ganz unbewusst geht Julie hierbei ja den Weg des Folk-Sängers, der ja auch mit dem musikalischen Hausgebrauch zurecht kommen muss. Ein Effekt, den die nackt im Raum stehende Stimme hat, ist dabei der, dass man als Zuhörer automatisch mehr auf die Texte achtet. Und diese gehören mit zu den intelligentesten, die man in der letzten Zeit präsentiert bekommen hat. Und zwar in dem Sinne, dass sie spielerisch mit Klischees hantieren, diese andererseits wieder hinterfragen und letztlich auch etwas aussagen, ohne zu predigen. Texte also, wie sie sein sollen. Woher kommen diese? "Ach weißt du, von Sachen, die ich erlebe oder erfahre", meint Julie, "was ich fühle, oder höre. Briefe an Freunde, ein Liebesbrief, eine Seite aus meinem Tagebuch - Persönliches. Es ist mir auch hier wichtig, dass jedes Lied seine eigenen Vibes hat. Wenn ich einen Song schreibe, suche ich immer zuerst nach irgendeiner bestimmten Geschichte und dann nach einer bestimmten Stimmung, die ihren Niederschlag dann auch in der Musik findet." Hilft es in diesem Zusammenhang, Schauspielerin zu sein? "Das weiß ich gar nicht so genau", überlegt Julie, "ich wüsste nicht, wie es mir helfen sollte, dass ich eine Schauspielerin bin, wenn ich einen Song schreibe. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, bis auf vielleicht die Tatsache, dass du in dich gehen musst, wenn du Songs schreibst." Es geht ja auch nicht um's Songschreiben, sondern um das vortragen von Songs. "Ach so - ja, also das ist so: Ich bin auf viele Arten ziemlich schüchtern", gibt Julie zu Protokoll, "nicht, wenn es darum geht zu reden, sondern was die Bewegung im Raum betrifft, meine Haltung etc. Für mich ist es also eine gute Therapie, mich auf die Bühne zu stellen, weil ich davor ein wenig Angst habe. Sogar beim Filmen ist es mir manchmal unangenehm. Wenn du mich vor zwanzig Jahren gesehen hättest, hättest du niemals gedacht, dass ausgerechnet ich einmal eine Schauspielerin werden würde. Ich war das introvertierteste Mädchen, das du dir vorstellen kannst und habe mich in allerlei dunklen Ecken vor der Welt versteckt. Ziemlich das Gegenteil von dem, was aus mir geworden ist. Ich mag aber Herausforderungen und das Auftreten mit einer Band ist eine solche. Als Theater-Schauspielerin habe ich nämlich kaum Erfahrung - wegen meines Lampenfiebers - also ist das etwas Neues für mich, vor Live-Publikum aufzutreten. Hier ist es so, dass ich nur Angst davor habe, alleine mit meiner Gitarre aufzutreten. Ich liebe es aber, mit der Band zu spielen, weil ich hier Leute habe, die mit mir zusammenarbeiten und mich unterstützen. Da kann ich mich gehen lassen."

Wird es denn eine Tour geben, und was dürfen wir hier erwarten? "Momentan toure ich in Frankreich, aber ich hoffe, dass ich in Deutschland spielen kann - hoffentlich im Januar. Es hängt davon ab, wie es organisiert werden kann. Wenn ich live spiele, wird es mehr Rock geben als auf der Scheibe. Es ist meine erste Tour - erwarte also nicht, dass es so reibungslos abläuft wie bei Madonna. Es wird bestimmt nicht perfekt werden, sondern mit kleinen Fehlern. Ein Indie-Rock-Konzert eben und nicht eine große Produktion mit Lightshow und so..." Wie geht es denn musikalisch weiter? "Nun, was genau ich als nächstes mache, weiß ich noch nicht. Ich habe genug Songs für ein neues Album geschrieben. Es wird hier auch wieder mehr Songs in französisch geben, weil ich jetzt wieder in Paris lebe. Als ich die anderen Songs schrieb, lebte ich in L.A. und die richteten sich alle an Leute aus meinem damaligen Umfeld. Ich möchte aber noch mehr ausprobieren, bevor ich das nächste Album aufnehme. Das, woran ich jetzt arbeite, klingt z.B. folkiger, aber mit seltsamen Melodien. Ich möchte mich auf jeden Fall weiterentwickeln." Das gilt sowohl für die Musik als auch für das Film-Metier. So könnte es wohl gut sein, dass es demnächst auch mal einen Spielfilm der Regisseurin Julie Delpy geben könnte. "Ja, ich brauche nur noch jemanden, der mir Geld dafür gibt, wenn du jemanden kennen solltest..."

Weitere Infos:
home.no.net/site/delpyweb/
www.uoregon.edu/~dlo/julie.html
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Julie Delpy
Aktueller Tonträger:
Julie Delpy
(Crepuscule/Pias/Zomba)

 
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