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Interview-Archiv

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JOSH ROUSE
 
Die Postkarte aus Nashville
Josh Rouse
Was ist seit 1972 alles passiert? Diese Frage hat mit Bezug auf Josh Rouse natürlich eine ganz andere Bedeutung als etwa die rein geopolitische; denn das letzte Album des Mannes aus Nashville hieß "1972". Das neue Werk heißt nun "Nashville" - bloß lebt er jetzt nicht mehr dort, sondern in Spanien. Und eine neue Kurzhaarfrisur hat er jetzt auch. Was genau ist denn nun sonst noch alles seit 1972 passiert? "Au Mann, das ist eine große und lange Frage...", versucht sich Josh rauszureden. Dabei ist es doch eher eine kurze, konkrete Frage. "Nun, lass' mal sehen. Die letzte Scheibe, '1972', kam raus, jeder schien sie zu mögen und ich bin ein wenig um die Welt getourt. Dann habe ich eine neue Scheibe gemacht und bin dann nach Spanien gezogen. Dort gibt's immer gutes Wetter - besser noch als etwa in Kalifornien. Und es gibt hier nicht diese anmaßenden Leute wie dort. Ich mag halt die alte Schule."
Was er nicht erzählt ist, dass seine Ehe in die Brüche gegangen ist, was für einen selbst ernannten Familienmenschen ("Ich koche gerne" erklärte er uns mal) wie Josh ja doch ein ziemlicher Schicksalsschlag sein muss, und dass seine Ex-Frau weiter in Nashville lebt. Dass er darauf nicht weiter eingeht, verwundert aber nicht so sehr, denn Josh war noch nie ein Mann vieler Worte. Warum heißt denn nun ausgerechnet die neue Scheibe "Nashville"? "Ich habe die CD ja noch in Nashville gemacht", erklärt er, "vielleicht ist das ja meine Postkarte aus Nashville. Ich habe dort sieben Jahre lang gelebt und habe viele Freunde dort - unter anderem meine Band. Und ich habe dort gelernt, Songs zu schreiben." Ist das also eine Scheibe, mit der er auf Nashville zurückblickt, oder eine aus Nashville heraus? "Es ist eine aus Nashville heraus", meint er, "ich kehre auch bestimmt immer mal wieder nach Nashville zurück, denn ich toure ja eine ganze Menge." Bei unseren vorangegangenen Gesprächen erzählte uns Josh ja immer wieder, dass er sich von britischer Musik inspiriert fühle - von den Smiths etwa oder The Cure (deren "A Forest" er mal bei einem Konzert in Köln als Zugabe spielte). Auf der neuen Scheibe - die ganz nebenbei bemerkt Joshs Meisterwerk geworden ist - hört man diese Einflüsse erstmals deutlich heraus. Es gibt hier weniger urbanen Soul - eine Stilrichtung die sich Josh auf seinen beiden Werken "Under Cold Blue Skies" und "1972" eigentlich ausgesucht hatte - als vielmehr einen bunten Streifzug durch den Brit-Pop, wie es scheint: "Summer In The Hamptons" klingt nach den Smiths, "Middle School Frown" nach Echo & The Bunnymen und bei "Life" scheinen sogar The Faces durch. Sogar das Cover der CD erweckt einen europäischen Eindruck: So könnte eine Postkarte aus Paris (und nicht Nashville) in den 50ern ausgesehen haben. "Ach ja?", meint er eher zögerlich, "weißt du, die ganze Scheibe ist ein einziger Kontrast. Mein ganzes Leben ist ein Kontrast. Ich habe sie 'Nashville' genannt, sie sieht aber nicht aus wie eine Scheibe aus Nashville, noch ist es eine Country-Scheibe, was man ja auch denken könnte. Ich mag so etwas." Und was ist mit den musikalischen Einflüssen, die man ja doch ziemlich deutlich heraushört? Ist das nun seine Hommage an die Vorbilder? "Nein, nicht notwendigerweise - ich habe nicht viele Gedanken an Einflüsse verschwendet. Es kam alles ziemlich natürlich zustande." Schön und gut, aber ein Track wie "Winter In The Hamptons" ist doch ziemlich deutlich, oder?" "Nun ja, es klingt, als spiele Johnny Marr Gitarre", räumt Josh ein, "aber die Band und ich haben einfach gespielt, was wir mochten und was passend erschien. Wir wissen zwar, dass 'Hamptons' wie ein Smiths-Song klingt, aber das hat uns nicht weiter gekümmert weil wir es mögen. Wir haben uns aber nicht bemüht es nach den Smiths zu klingen."
Was war denn der Grund, den Stil zu ändern? Noch anlässlich "1972" war er ja, wie gesagt, auf dem Soul-Trip. "Ich glaube nicht, dass ich meinen Stil geändert habe", überlegt Josh, "es klingt immer noch nach mir, ich mache nur etwas anderes. Auf '1972' haben wir einen bewusste Entscheidung getroffen, es nach den 70ern klingen zu lassen - es war aber kein Gewaltakt. Es muss immer alles ganz natürlich passieren." Okay - versuchen wir es einmal anders: Auf der neuen Scheibe finden sich erstmals all jene wunderbaren Melodien, die auf den letzten Alben jeweils fehlten, weswegen diese nie so großartig waren, wie sie hätten sein können. Woher kommen denn auf einmal diese Melodien? Josh erzählte uns ja auch ein Mal, dass er mehr an Atmosphäre als an Melodien interessiert sei? "Nun, die Songs sind ziemlich einfach - kleine, folkige Popsongs. Es war auch hier kein bewusstes Ding. Ich mag es, Songs zu schreiben, an die die Leute sich erinnern. Und Melodien sind dabei das Wichtigste." Das fühlt sich ein bisschen so an, als versuche Lester Bangs Bryan Ferry zu interviewen: Da macht Josh die beste CD seiner bisherigen Laufbahn, und man möchte zu ihm gehen und sagen: Mensch Josh, du bist mein Held, das ist eine tolle Scheibe, wie hast du das gemacht? Aber er hat weiter nichts erhellendes dazu zu sagen. Am Besten wäre es also wohl, ihn mit seinem Martini in die Ecke zu stellen? Nun ja, ganz so schlimm ist es auch wieder nicht, denn Josh bleibt sich als wortkarger Eigenbrötler ja durchaus treu. Interviews hat er schließlich noch nie gerne gegeben. Haben denn vielleicht wenigstens seine Musikanten einen belebenden Einfluss auf die neue Scheibe ausgeübt? "Auf jeden Fall", greift Josh den Faden auf, "ich habe die Scheibe mit meiner Touring-Band eingespielt und was du hörst, ist im Prinzip eine Band in einem Raum. So klingen wir auch live - außer den Streichern natürlich. Ich habe die Songs auf der Tour geschrieben und wir haben sie zwischen diversen Tourabschnitten aufgenommen." Gibt es denn zumindest irgendwelche interessanten Stories zu den einzelnen Songs? "Den ersten Song auf der Scheibe habe ich zusammen mit einem Typ namens Daniel Tashian aus Nashville geschrieben. Er ist selber auch ein guter Songwriter. Als wir das Stück geschrieben haben, hatten wir uns zunächst vorgestellt, dass dies ein gutes Vehikel für Roland Gift wäre und ich habe es zunächst auch in einem Falsett gesungen, wie bei den Fine Young Cannibals. Leider habe ich noch nie Songs für andere Leute geschrieben. Aber die Idee faszinierte mich." Nun, die Fine Young Cannibals waren ja auch eine Band aus England.
Josh Rouse
In dem Song "Summer In The Hamptons" wird der Gegensatz USA / Europa ja noch einmal thematisiert, nicht wahr? "Ja, das ist ein Song über reiche, Oberklassen-Kids, die nach Europa kommen und dort über die amerikanische Regierung herziehen - wie das nun mal Mode ist." Und wer ist Caroliña (wird spanisch ausgesprochen)?. "Das ist ein Song, den ich seit Jahren hatte. Den Namen Caroliña habe ich von einem Freund aus Jamaica zugetragen bekommen. Er ist auch ein Songwriter. Ich mag diesen Namen sehr. Es ist ein Folksong über jemanden aus einer kleinen Stadt, der dort gerne weg möchte, um berühmt zu werden. So wie ich, als ich jünger war. Ansonsten ist da keine Story dahinter. Ich habe den Song aber mit einem Namen begonnen und das ist etwas Neues für mich." Es gibt ein Stück auf der Scheibe, "Sad Eyes", das als Pianoballade beginnt und nach drei Minuten plötzlich in einen voll orchestrierten Pop-Song umschlägt. "Nun, den Song hatte ich auch schon eine Weile und er war ursprünglich für akustische Gitarre geschrieben. Es war die Idee von meinem Produzenten, Brad Jones, es als Piano-Stück beginnen zu lassen. Er hat oft gute Ideen wie diese. Das ist der Song, der mir ein bisschen peinlich ist, weil ich denke, dass er ein wenig zu aufgeblasen erscheint. Aber das gefällt einigen Leuten. Wir haben uns mit diesem Song ein wenig gestreckt, und es ist wichtig, neue Dinge ausprobieren zu können. Es war auch interessant, einmal zu einem Piano zu singen, weil ich für gewöhnlich die Gitarre ja selber spiele. Hier hat Brad das Piano gespielt. Ich habe hier - wie auch beim Rest der Scheibe - viel mit Stimmen gearbeitet. Das hat damit zu tun, dass wir - also die Band und ich - live auch viele Harmonien singen und das ins Studio mitnehmen wollten." Und was hat es mit "Why Won't You Tell Me What" auf sich? Das ist ja quasi ein Blues Song? "Ja, das stimmt", pflichtet Josh bei, "wie gesagt: Es ist wichtig, immer mal wieder was anderes zu machen und so was habe ich noch nie gemacht. Das Stück ist auch gleich als Blues entstanden. Ich habe zuerst wie Jimmy Reed geklungen und als James [Haggerty] seinen Basslauf dazu spielte, klang es wie Willie Dixon. Das war ein interessantes Experiment und es lässt sich bestimmt auch gut live spielen. Ich bin ja ein wenig altmodisch. Ich mache ja keine Scheiben, die heutzutage populär wären, und etwa Millionen von Exemplaren verkauften, wie das, was im Radio läuft. So etwas höre ich mir auch nicht allzuoft an. Für mich bringt diese moderne Musik nichts. Sie erscheint mir immer ziemlich seelenlos." Was ist denn die Beste Art, den Soul in die Musik zu bekommen? "Du musst ehrlich sein", antwortet Josh, "Du musst das tun, was du am besten kannst, und hoffen, dass es die Leute mögen und du darfst nicht etwa wie jemand anderes klingen, um mehr verkaufen zu können. Das wäre der falsche Grund, Musik zu machen."

Josh hat ja zwischenzeitlich auch eine DVD herausgebracht, auf der ein Konzertmitschnitt und eine Dokumentation zu finden sind - aber kein Film, wie er das schon mal angedacht hatte. "Nun, es hat mir bislang noch niemand einen Film angeboten", lacht er, "die DVD war auch eher eine Idee der Plattenfirma. Da haben wir dann halt ein Konzert mitgeschnitten. Ich würde immer noch gerne mal einen Film vertonen. Immerhin habe ich ja ein paar Songs in Soundtracks plazieren können. Da gibt's zum Beispiel diesen Film 'The Girl Next Door', der ziemlich gut ist, worin sich ein Song von mir befindet. Und dann gibt's noch einen neuen Film für HBO mit Ed Harris, wo der Song '1972' zu finden ist und dann gibt's noch einen kanadischen Film, in dem Phil Collins' Tochter die Hauptrolle spielt, worin 'Love Vibration' verwendet wird. Davon weiß ich aber noch nicht mal den Namen. Das sollte aber interessant werden." Warum gibt's denn auf der DVD so wenig Persönliches über Josh Rouse? Man sieht ihn dort immer nur in professionellen Situationen - Backstage, im Studio, im Proberaum. "Also ich denke, man sollte sich immer eine gewisse Privatsphäre bewahren", erklärt Josh kategorisch, "dadurch bleibst du als Künstler auch weiterhin interessant." Nun, das ist Josh mit dieser Scheibe auch wieder hervorragend gelungen.

Weitere Infos:
www.joshrouse.com
joshrouse.kribit.com
www.rykodisc.com/Catalog/CatalogArtist_01.asp?Action=Get&Artist_ID=343
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Josh Rouse
Aktueller Tonträger:
Nashville
(Rykodisc/Rough Trade)
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