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SUCH A SURGE
 
Stillos
Such A Surge
Such A Surge haben eine neue Platte. Die heißt "Alpha" und ist - mal wieder - richtig klasse und sofort als SAS-Werk zu identifizieren, stellt aber gleichzeitig einen weiteren Schritt in der nun schon 13 Jahre andauernden Karriere der Braunschweiger dar. Und das nicht nur, weil die Band das erste Mal das Label gewechselt hat.
"Man wacht eines Tages neben dem Partner auf und merkt, dass es irgendwie nicht mehr so funkt."
Von Beginn an veröffentlichten Such A Surge auf Sony, nun sind sie bei Nuclear Blast untergekommen. "Über unseren Wechsel gibt es gar keine große Geschichte", erzählt SAS-Bassist Axel Horn im Interview mit Gaesteliste.de. "Wir waren über zehn Jahre bei der Sony und haben fünf Platten gemacht, und dann ist der Vertrag ausgelaufen. Und wie bei einer Beziehung sind auch Verträge nicht für die Ewigkeit gemacht. Man wacht eines Tages neben dem Partner auf und merkt, dass es irgendwie nicht mehr so funkt. So ging es der Sony mit uns und uns mit der Sony. Wir hatten zwar viele gute Jahre zusammen, aber es war logisch, dass wir wechseln würden. Wir haben uns viele Labels persönlich angeschaut und bei Nuclear Blast hatte ich einfach ein sehr, sehr gutes Gefühl. Denn gerade aufgrund der ganzen Major- und Branchen-Krisen in den letzten Jahren, haben sich die großen Firmen intern eben sehr auf Taschenrechner umgestellt, was für den wirtschaftlichen Erfolg sicher gut ist. Aber das Künstlerische kommt sehr kurz und man vermisst die Musikliebhaber. Bei Nuclear Blast aber hat man sofort den Eindruck, dass die Jungs da den Scheiß wirklich leben, den sie das tun." NB ist eine Plattenfirma, die eher für die ganz harten Klänge steht und Heimat für unter anderem Dissection, Hammerfall, Sinister und Benediction ist. In der letzten Zeit aber wurde das Spektrum immer größer und Bands wie Agnostic Front und eben Such A Surge erweiterten das Angebot. Würden SAS-Scheiben wie "Der Surge Effekt" oder "Rotlicht" aber vermutlich weiterhin aus dem Nuclear Blast-Rahmen fallen, macht die Sache mit "Alpha" aber doch Sinn. Das sieht auch Axel so: "Da auch unsere musikalische Ausrichtung wieder etwas härter geworden ist, passt es schon zu dem harten Umfeld."

"Es ist nicht schlimm gegen den Abstieg zu spielen, aber es ist schlimm, wenn es beschissen aussieht."
Der aktuelle Sound hat aber nichts mit dem neuen Label, sondern mehr mit dem Ausstieg von Gitarrist Dennis zu tun, der die Band nach "Rotlicht" verlassen hat. "Ein Gitarrist ist ja immer wie der Regisseur beim Fußball. Er schreibt die meisten Songs und drückt einer Band den stilistischen Stempel auf", sagt Axel. "Mit Lutz, der mit unserem Schlagzeuger Antek auch bei der Death N Roll-Band Revolver spielt, kam eben ein neuer Regisseur und dadurch ist Surge wieder wesentlich härter geworden. Und das gefällt uns allen." Diesen Umstand kann man entweder als ein Schritt zurück zu den Wurzeln, aber auch als einen nach vorne bezeichnen. Für Axel ist es eine Weiterentwicklung. "Jede Surge-Platte klang unterschiedlich im Vergleich zum Vorgänger. Mit unserem ersten Album 'Under Pressure' standen wir in dem neuen Fach Cross-Over. Mit unserem zweiten Album 'Agoraphobic Notes' unter Metal. Durch die Grönemeyer-Tour und den vermeidlichen Hit 'Jetzt ist gut' stand 'Was besonderes' unter Pop / Rock, das vierte Album 'Der Surge Effekt' unter 'Deutscher Hip Hop', weil das gerade groß war, Nummer fünf 'Rotlicht' stand unter 'Indie Rock' und 'Alpha' kommt wahrscheinlich, auch weil Nuclear Blast drauf steht, wieder ins Metal-Fach. Also ich würde extrem kotzen, wenn ich als Fan in den Laden kommen würde, weil ich immer auf's neue fragen müsste. Ich finds aus Musikersicht natürlich super. Denn unser Stil ist unsere Stillosigkeit. Klar, vom Härtegrad ähnelt 'Alpha' vielleicht unseren Anfangstagen, aber vom musikalischen Stil kannst du es nicht vergleichen. 'Under Pressure' war zwar auch sehr hart, aber damals haben wir nur auf groovenden Gitarren-Riffs gerappt. Und jetzt ist es wesentlich mehr Rock N Roll und es wird kaum noch gerappt. Und ob wir uns nun vor- oder quer- oder zurückentwickeln, ist gar nicht wichtig, hauptsache wir entwickeln uns überhaupt und es hört sich für uns gut an. Denn es ist nicht schlimm gegen den Abstieg zu spielen, aber es ist schlimm, wenn es beschissen aussieht."

Such A Surge
"Eben standen sie links und plötzlich covern sie Snap."
In einigen Reviews zur neuen SAS-Platte ist auch der Begriff Metalcore gefallen. Ein Begriff, der gerade ungemein angesagt ist und auf den ersten Blick tatsächlich auch zu "Alpha" passt. Metalgitarren treffen den wuchtigen Hardcore-Groove und die Menschen am Mikro schreien ihren Frust von der Seele. Axel sieht das etwas anders: "Ohne Scheiß, ich wusste bis vor kurzem gar nicht, dass es diese Musikrichtung gibt. Und dann lese ich in unserem Gästebuch, wir hätten uns von denen oder denen beeinflussen lassen. Das erste Mal habe ich davon gehört, als Markus Schleutermann vom Rock Hard uns im Studio besucht hat, unsere neuen Sachen hörte und meinte, das klänge ja fast nach Metalcore, worauf ich ihn gefragt habe, was das denn überhaupt wäre. Und er sagte dann, das wäre im Endeffekt der neue Trendbegriff für Cross-Over. Weißt du, wir machen das, was am Ende rauskommt und sicher lässt sich Lutz auch von Bands beeinflussen, aber da kann ich sagen, das sind Bands, auf die ihr nie kommen würdet." Es würde auch nicht zu Such A Surge passen, dass sie plötzlich auf einen Zug aufspringen. Zu lange sind sie dabei, zu konsequent haben sie sich verändert und sind ihren Weg gegangen. "Ich mache das jetzt 13 Jahre und habe in dieser Zeit so viele Trends gesehen, Schubladen, die auf und dann wieder zu gemacht wurden, Bands, die mal links standen und dann zu dem mutiert sind und nur noch Snap covern." Uuups! Hat Axel da etwa seine Kollegen aus Münster gedisst? Bahnt sich da etwa ein deutscher Cross-Over-Streit an? Such A Surge vs. H-BlockX? Nein, auch das würde nicht zu SAS passen. "Ich mag die Jungs ja", erklärt der wie immer sehr auskunftsfreudige Basser. "Nicht musikalisch, aber die Leute, die dahinter stecken. Und daraum geht es ja." Eben, Friede, Freude, Eierkuchen.

"Das Problem wird bleiben, so lange da ein Geisteskranker regiert."
Das herrscht auch innerhalb der Band und macht sich dadurch bemerkbar, dass der zweite Sänger Michel zwar wie auf "Rotlicht" auch auf "Alpha" kaum zu hören ist, aber trotzdem ein wichtiger Bestandteil der Band ist. "Das ist einfach eine Entwicklung. Michel ist halt wichtig für's Mannschaftsgefüge, ist aber eben nicht so der kreative Spielgestalter. Er trägt das zwar nicht so nach außen, ist aber intern sehr wichtig für den Zusammenhalt. Das ist bei mir ja ganz ähnlich, ich schreibe auch fast gar nicht mehr. Ich hoffe natürlich auch, dass er in Zukunft wieder mehr zu hören ist, aber momentan ist es eben nicht der Fall, weil es eben so entstanden ist. Er schreibt auch Songs und Texte, aber wenn wir im Endeffekt die Auswahl der Nummern treffen, sind Michels Songs in letzter Zeit leider rausgefallen. Denn wir achten auf die Qualität und das Gesamtbild und nicht auf die Quote, was für ihn auch okay ist." Diskussionen gab es auch um den Song "Mission erfüllt", in dem Such A Surge böse gegen George W. Bush und den Irak-Krieg wettern. Ansich keine seltene Geschichte, doch der Zeitpunkt überrascht ja doch ein wenig. Schließlich haben schon genug Bands dazu Stellung bezogen und kaum ein Thema scheint - auch wenn es natürlich weiterhin aktuell ist - so ausgeluscht. Darüber ist sich die Band aber schon bewusst. "Es überrascht mich auch gar, wenn es manche Leute seltsam finden. Zwar sind wir schon immer eine Band gewesen, die sozialkritische Texte hatte und da waren wir es uns als Menschen schuldig, was dazu zu sagen, aber mit dem Timing hatten wir ein paar Probleme. 'Mission erfüllt' war der erste Song, den wir mit Lutz geschrieben haben und das war im Januar 2003. Er kommt jetzt natürlich etwas spät und darum kann man schon denken, warum man jetzt noch etwas dazu sagen sollte. Darüber haben wir auch stundenlang diskutiert, aber dann haben wir uns entschlossen, es zu machen, weil es eben unser Statement ist und wir wissen, dass wir es schon viel früher verfasst haben." Und das hatte einen seltsamen Effekt, wurden Such A Surge doch dadurch als Propheten bezeichnet. Axel: "Es kommt ja nicht explizit der Begriff Bush oder Amerika, es ist ein Song, den man weltweit auf Krieg beziehen kann. Lustigerweise gibt es zwei Plattenkritiken in denen steht, dass wir so dicht an der Zeit sein würden und pünktlich zum Iran-Krieg den Song 'Mission erfüllt' veröffentlichen. Aber ob wir nun zu spät sind oder nicht, im Endeffekt wird das Problem bleiben, so lange da ein Geisteskranker regiert."

"Ich finde das sehr befremdlich, wie man innerhalb von zehn Jahren seinen Geist verändern kann."
Ein weiteres politisches Thema, was die deutsche Musikszene derzeit beschäftigt, ist die von vielen geforderte Deutschquote im Radio. Natürlich auch im Hause SAS. Und dort hält man davon gar nichts. "Manche denken, wir müssen dafür sein. Aber nein, wir sind krass dagegen!" Zwar findet auch Axel die Grundidee gar nicht schlecht, aber von einem Gesetz hält er gar nichts: "Der Ansatz ist sicher okay, aber für die Grundidee braucht man keine Quote! Schließlich hat sich in die deutsche Sprache in so vielen Stilen etabliert und deutschsprachige Musik ist so erfolgreich wie nie. Und außerdem wird sich Qualität immer durchsetzen." Dass Such A Surge diesen Standpunkt vertreten, hätte man ansich erwarten können. Oder doch nicht? "Ich bin echt froh, dass du die Frage so gestellt hast und davon ausgegangen bist, dass wir das nicht gut finden. Danke!", freut sich Axel. "Ich war schockiert, als mir in anderen Interviews manche sagten, wir wären sicher dafür. Ey, ihr könnt mir doch nicht allen ernstes unterstellen, dass ich das gut finde!" Und schon ist Axel in seinem Element, man spürt, dass ihn die Diskussion beschäftigt und auch ärgert. Axel: "Vor zehn Jahren, als wir begonnen haben, ging es schon mal los, dass Heinz Rudolf Kunze versucht hat, diese Quote einzuführen. Damals waren wir schon dagegen und viele Kollegen ebenso. Wenn ich mittlerweile gucke, wer heute unterschrieben hat, sind das viele Kollegen, die damals dagegen waren. Ich nenne keine Namen, denn viele schätze ich. Privat, menschlich und auch musikalisch, trotzdem finde ich das sehr befremdlich, wie man innerhalb von zehn Jahren seinen Geist verändern kann." Neben den "üblichen Verdächtigen" wie eben Heinz Rudolf Kunze, Wolf Maahn, Udo Lindenberg oder Pur, meint - so kann man vermuten - Axel aber wohl Leute wie Jan Delay von den Beginnern, Smudo von den Fantastischen Vier oder Max Herre, die allesamt ebenfalls für die Quote sind. "Da muss ich mir die Frage stellen: 'Hallo? Ist das die neue Taktik, weil wir nicht mehr so viele CDs verkaufen wie früher und darum brauchen wir eine Quote, damit wir über Gema mehr Geld verdienen wollen?' Ich kann nur diesen Beweggrund sehen. Auch ist es eine Katastrophe für mich zu sehen, dass sich Bands, die eh schon viele Platten verkaufen, unter dem Deckmantel der kulturellen Vielfalt für diese Quote stark machen. Das ist alles zu naiv, denn wenn wir diese Quote kriegen, bekommen die Bands, die eh schon viel im Radio laufen, eben fünf Plays mehr und im Endeffekt wird die Kluft nur noch größer. Es ist doch ein Witz zu denken, dass jetzt die gute talentierte Garagenband aus dem Ort XYZ, die gerade einen geilen deutschsprachigen Song geschrieben hat, dadurch im Radio gespielt wird, weil sich dieser geile Song sich jetzt meinetwegen als Hardcore-Deathmetal mit Jazz-Einflüssen und Techno-Inspirationen darstellt und in deutsch ist. Der wird niemals einen Play bekommen. Ich finde einfach, dass Kunst und Kultur nicht durch Quoten geregelt werden dürfen, denn Kunst und Kultur stehen für absolute Freiheit und dürfen nicht durch Gesetze beschnitten werden. Und ich weiß, dass das ein harter Satz ist, aber das letzte Mal, als das in diesem Land passiert ist, war vor über 60 Jahren. Und was was damals war, das wissen wir alle. Und daher finde ich dieses Quoten-Gewichse erschreckend! Und weil so viele dafür sind und ich Surge als eine der wenigen Bands sehe, die deutlich dagegen ist, befürchte ich auch, dass sie kommen wird. Aber es wird die kulturelle Vielfalt auf keinen Fall besser machen. Da solltest du lieber das Radio verbieten und ein neues aufmachen..."

Weitere Infos:
www.suchasurge.de
Interview: -Mathias Frank-
Fotos: -Pressefreigaben-
Such A Surge
Aktueller Tonträger:
Alpha
(Nuclear Blast)
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