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LAND OF TALK
 
Unbedeutend
Land Of Talk
Montreal, so erzählte uns letztlich erst Patrick Watson, habe eine ungemein lebendige Musikszene, die sich dadurch auszeichne, dass jeder jeden kenne - aber alle Acts total unterschiedlich klängen. Das bestätigt Lizzie Powell, Tochter der ersten kanadischen Alligator-Dompteuse und Frontfrau des Indie-Rock-Trios Land Of Talk. Sie ist nicht nur mit Patrick Watson befreundet, sondern obendrein klingen Land Of Talk auch ganz anders als er - oder eben irgendeine andere Band aus Montreal. Deswegen sollte man Lizzie auch gar nicht erst nach einer musikalischen Identität oder Ähnlichem fragen. Land Of Talk machen einfach Rockmusik - aber ohne lokale oder nationale Hintergedanken. Punkt. Dennoch: Wer heutzutage Gitarrenmusik macht, der muss sich ja darüber im Klaren sein, dass alles, was mit einer Gitarre gemacht werden kann, ja auch schon einmal gemacht worden ist.
Woher bezieht Elisabeth Powell denn ihre Motivation, es in diesem Genre zu versuchen? "Ich glaube, dass das Gitarre-Spielen und das Singen nie meine Stärken waren", räumt Lizzie ein, "das waren die beiden Dinge, in denen ich sogar schlecht war, als ich eine Musikausbildung machte. Das liegt wohl daran, dass ich keine Ausbildung, kein klassisches Training habe. Ich weiß also eigentlich nicht, was ich tue, ich weiß nicht, wie man ein Gitarrensolo in der richtigen Tonart spielt, wie Akkorde zusammengehören und wie sie heißen. Das kann ein Handicap sein, aber ich betrachte es als Vorteil. Denn wenn ich mich hinsetze und Gitarre spiele, geht es eher um Stimmungen und Formen als um das, was falsch oder richtig ist. Die neuen Stücke wie 'Young Bridge' tragen dem schon Rechnung. Diesen Song habe ich z.B. geschrieben, als ich versuchte, herauszufinden, warum die Beatles immer so viele Akkordwechsel in ihren Songs hatten. Das war frustrierend, aber auch sehr interessant. Am Ende bricht dieser Song dann ja auch wieder aus dem Akkord-Schema aus und ich komme auf meine üblichen Schemata zurück - es war aber ein Versuch in der Richtung 'ordentlichen' Songwritings." Wo ist denn das Land des Redens und worüber wird dort geredet? "Das Land des Redens ist eigentlich Montreal", meint Lizzy, "das deswegen, weil dort immer alle darüber geredet haben, was sie mal machen müssten - ich eingeschlossen -, ohne dass etwas passierte. Der Name war ein Ausdruck der Frustration und des Umstandes, dass nie etwas funktionierte. Schließlich, nachdem ich die Band Land Of Talk genannt hatte, passierte ironischerweise dann auf einmal doch eine ganze Menge. Es gab viele anderer Vorschläge für einen Bandnamen - Branch Mansion, Crystal Palace - alles mögliche. Land Of Talk sagte aber schließlich etwas aus und als ich den Begriff einem befreundeten Schriftsteller gegenüber einmal in einem Gespräch verwendete, erkannte er sofort das Potential als Bandnamen - und das war es dann."
Worüber singt Lizzie Powell? Es ist nämlich so, dass man ihre Texte kaum verstehen kann. "Das ist auch beabsichtigt", erklärt sie, "das ist die Art, in der ich singe. Ich nuschele ziemlich viel und manchmal verwende ich auch gar keine richtigen Wörter. Wenn die Leute mich nach meinen Texten fragen, kommt oft etwas anderes dabei heraus, weil ich die Texte unterschiedlich erinnere. In meinem Kopf geht es mehr darum, wie etwas klingt als um die Bedeutung. Die Bedeutung ist ja doch nicht so wichtig. Das ist mir jetzt auf Tour bewusst geworden, denn ich spreche ja nicht Holländisch, Deutsch oder Italienisch. Da ist es - Gott sei Dank - von Vorteil, wenn es bei den Texten nicht um Botschaften oder Bedeutungen geht. Bei mir geht es um Sounds und die Töne, die ich überhaupt treffen kann. Das bestimmt dann unter anderem, welche Wörter ich überhaupt singe. Nachdem ich das gesagt habe, muss ich aber doch erklären, dass ich die Texterei nicht verachte. Ich mag die Art, wie sich Worte finden und das ist sogar inspirierend. Natürlich verändern sich die Texte auch im Laufe der Zeit. Das finde ich sogar ziemlich spannend." Wie entstehen dann typische Land Of Talk-Songs? "Die entstehen, indem ich mit meiner Gitarre irgendwo sitze und verzweifelt versuche, etwas zu erreichen, von dem ich einfach nicht verstehe, wie es funktioniert - wie z.B. die Beatles-Sache, die ich erwähnte oder bestimmte Sounds, die ich einfach nicht finden kann - so in der Art, als würde ich das, was ich sagen will, immer wieder falsch ausspreche. Auf diese Weise schält sich dann irgendwie die Musik heraus. Die Texte entstehen meistens erst dann, wenn wir unbedingt aufnehmen müssen - oft auch erst im Studio. Wenn ich die Songs den Jungs vorspiele, dann passiert alles ziemlich intuitiv. Ich sage z.B., dass etwas wie ein Bob Dylan-Song klingen soll - was natürlich nie passiert -, aber so finden wir zu einer Struktur. Es hat viel mit Intuition, Chemie und Zufall zu tun. Ich bin darauf angewiesen, dass meine Musiker mich interpretieren." Das hört sich ja so an, als befinde sich die Musik von LOT in ständiger Bewegung. "Das kann man wohl sagen", bestätigt Lizzie, "das geht sogar so weit, dass, wenn jemand ein neues Effektpedal mitbringt, sich ein ganzer Song verändern kann - einfach, weil wir von etwas inspiriert werden."
Land Of Talk
Wonach sucht die Songwriterin Lizzie Powell? Was sollte ein guter Song ihrer Meinung nach haben? "Eine Art Befreiung" überlegt sie, "eine Art emotioneller Befreiung? Ich habe nie besonders darüber nachgedacht. Ich lasse ich oft von anderen Quellen inspirieren. Ich lese viel. Manchmal sind es einfach nur bestimmte Phrasen, die mich irgendwie beschäftigen. Gestern habe ich einen Bericht darüber gelesen, dass man in China versucht, das Wetter für die Zeit der nächsten Olympiade zu beeinflussen. Das hat mich dann interessiert und ich habe ein wenig nachgeforscht, bin dabei auf den ersten Wetter-Techniker gestoßen, den die Zeitungen als 'Flatearther' bezeichneten. Er sollte sicherstellen, dass es bei Pferderennen schönes Wetter geben sollte. Also beginnt mein nächster Song mit dem Begriff 'Flatearther' - hat aber nicht unbedingt etwas mit Wettermodifikationen zu tun. Es ist mehr so ein unterbewusstes Stream-Of-Consciousness-Ding." Gilt das auch für die z.T. recht blumigen Song-Titel? "Auf diesem Album auf jeden Fall", bestätigt Lizzie, "ich habe zwar die Songs geschrieben, wollte mich aber nicht damit beschäftigen, wie sie heißen sollten. Also habe ich die Jungs gefragt und sie haben dann Vorschläge gemacht. Meistens haben wir dann das erstbeste genommen." Galt das auch für den Titel der CD, "Applause, Cheer, Boo, Hiss"? "Nein, dazu gibt es eine Geschichte", schmunzelt Lizzie, "Patrick Watson und ich haben zusammen Star Trek angeschaut. Da gab es eine Episode, bei der es darum ging, dass sie da auf diesem Planeten ankam, wo es diese Gladiatorenkämpe gab. [Die Episode hieß bei uns "Brot und Spiele".] Jedenfalls musste Spock in den Ring und sie haben da auf einer Art Bühne gekämpft. Captain Kirk schaute sich das Ganze von einer Art Thron aus an und dann schwenkte die Kamera zur Seite und man sah eine Hand, die einen Hebel auf einem Schaltbrett bediente, auf der der Applaus eingespielt wurde - so wie bei Applaus- und Lachbändern im Fernsehen. Das fand ich cool und habe es auf meinen Arm geschrieben - und dann vergessen. Als ich am nächsten Tag aufwachte, habe ich es auf meinem Arm gesehen und dann war das der Titel der CD. Ich weiß gar nicht warum..." Das heißt aber dann doch auch, dass man nicht allzu viel hineindeuten sollte, oder? "Oh absolut", bestätigt Lizzie, "man sollte niemals irgendetwas hineinlesen in das, was wir tun. Wir haben keinen Plan oder eine Botschaft - außer der, dass man unsere Musik genießen sollte. Das ist das Einzige, was wir möchten."
Weitere Infos:
www.myspace.com/landoftalkmtl
www.landoftalk.com
www.indian.co.uk/landoftalk/
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Land Of Talk
Aktueller Tonträger:
Applause, Cheer, Boo, Hiss
(One Little Indian/Rough Trade)
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