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TIRED PONY
 
Besser im Kollektiv
Tired Pony
Es gibt kaum ein Mitglied einer erfolgreichen Band, das nicht einen Alleingang auf dem musikalischen Pfad gewagt oder das Ganze zumindest insgeheim ins Auge gefasst hat. Gary Lightbody, Drahtzieher hinter dem Projekt Tired Pony, hätte alle Voraussetzungen für diesen Sprung gehabt, trotzte dieser Verlockung jedoch und begab sich viel lieber mit Freunden und namhaften Musikern wie Peter Buck von R.E.M., Richard Colburn von Belle & Sebastian, Songwriter Iain Archer, Produzentengröße Jacknife Lee oder Songwriter Scott McCaughey ins Studio. Gemeinsame Sache wird auch bei der anschließenden Promo gemacht und so trafen wir Gary Lightbody und Peter Buck zu einem aufschlussreichen Gespräch in Berlin. Bei diesem gaben sie wohlwollend Auskunft über die Hintergründe und Zukunftspläne der Band.
GL.de: Ist die Idee für dieses Projekt eher spontaner Natur gewesen oder war euch schon länger bewusst, dass ihr zusammen arbeiten wolltet?

Gary: Die Idee hinter all dem war gar nicht so spontan. Zuerst stand der Bandname fest und danach ging es darum, die richtigen Mitglieder zu suchen, um die bereits vorhandenen Ideen für die eher Country-artigen Songs zu verwirklichen. Die Suche nach den Bandmitgliedern dauerte nicht sehr lange. Die meisten von uns kannten sich auch schon untereinander oder waren ohnehin befreundet. Es war eine große Ehre, dass Peter Buck zugesagt hat. Entschuldige Peter, ich habe gerade in der dritten Person von dir gesprochen, obwohl du neben mir sitzt. (lacht)

Peter: Das macht nichts, Gary. Ich wollte sofort bei diesem Projekt dabei sein und hätte wirklich alles mitgemacht. Egal, ob es ein Country-Album, Punk Rock oder etwas anderes gewesen wäre. Ich kannte ja die Sachen von Snow Patrol und mochte sie sehr gerne, daher war ich ohne zu zögern einverstanden.

GL.de: War es von Vorteil, dass die meisten Musiker, die an diesem Projekt beteiligt waren, sich bereits untereinander kannten?

Gary: Es war ein klarer Vorteil. Die Arbeit geht dann einfach schneller voran. Wenn die Chemie ohnehin stimmt, dann ist meistens auch die Stimmung und damit die Leistung gut.

Peter: Ich muss zugeben, dass ich einige der Musiker zwar musikalisch, aber zu dem Zeitpunkt noch nicht persönlich kannte, aber das war kein Problem für mich. Die Aufnahmen liefen insgesamt trotzdem sehr natürlich ab.

GL.de: Gary, hättest du dir das Album unter Umständen auch als Album im Alleingang vorstellen können oder käme ein Soloalbum für dich generell nicht in Frage?

Gary: Wenn ich ehrlich bin, dann würde ich niemals eine reine Soloplatte machen wollen. Ich mag es in Bands zu spielen und selbst, wenn ich abseits von Snow Patrol etwas mache, dann habe ich es gerne, wenn die Arbeit im Kollektiv stattfindet. Man hat in der Musikgeschichte schon oft genug gesehen, dass bei manchen Alleingängen von Sängern nichts Gutes heraus kommt. Mick Jagger? Lieber nicht! Ich will auch gar kein Solokünstler sein. Es war schon immer so, dass ich viel lieber mit anderen Musiker kollaboriert habe. Das ist viel interessanter und macht gleichzeitig mehr Spaß. Von daher hatte ich nie die Intention die Songs von Tired Pony als Teil eines Soloalbums zu veröffentlichen.

GL.de: Die Songs auf eurem Album "The Place We Ran From" tendieren zum Teil in Richtung Country-Musik. Harlan Howard hat einmal gesagt "Country-Musik besteht aus drei Akkorden und der Wahrheit". Ist das auch eurer Ansicht nach der Schlüssel für einen guten Country-Song?

Gary: Manchmal braucht es vielleicht auch vier Akkorde! (lacht) Aber Harlan Howard hat mit dieser Aussage in einem wesentlichen Punkt ganz Recht, denn die Wahrheit ist der wohl wichtigste Bestandteil. Ich weiß nicht genau, wie gut wir seine These auf unserem Album umgesetzt haben, aber ich habe immer noch das Ziel vor Augen, einen wirklich guten Country-Song zu schreiben und irgendwie habe ich das Gefühl, noch nicht alles auf diesem Gebiet erreicht zu haben. Daher kann ich mir sehr gut vorstellen, noch ein zweites Album aufzunehmen, das einen ähnlichen Charakter hat.

Peter: Da stimme ich dir völlig zu, Gary. Jeder von Harlan Howards Songs war ausnahmslos gut und man hat seiner Musik sofort angemerkt, dass ihm gerade der Aspekt der Wahrheit und der Aspekt der bewusst einfach gehaltenen Struktur wichtig ist. Country-Musik ist im Allgemeinen ein sehr schwieriges Pflaster für Künstler, was oftmals unterschätzt wird.

GL.de: Ihr habt euch allen Anschein nach mit "The Place We Ran From" einen Traum erfüllt.

Gary: Ja, das ist richtig. Ich wollte schon immer ein Country-Album machen und nun hat es endlich geklappt. Die ganze Erfahrung an sich ist sehr reibungslos abgelaufen und hat mir sehr viel Freude bereitet. Wir konnten uns den ganzen Tag einfach nur Gedanken um die Songs machen und haben das letztendliche Ergebnis oder die Reaktionen der Leute völlig ausklammern können, was sehr befreiend für uns war. Es ging allein darum, dass wir uns mit den Songs ein Stück mehr selbst verwirklichen konnten.

Peter: Wir hatten von Anfang an auch nicht die fixe Idee, eine komplett neue Band auf die Beine zu stellen, um dann die üblichen Abläufe in einer neuen Formation zu erleben. Also ein Album aufzunehmen und dann Monate lang zusammen auf Tour zu gehen. Wir wollten mit diesem Projekt vordergründig einfach Spaß haben. Die anderen Sachen machen wir ja zu Genüge mit unseren jeweiligen anderen Bands. Mit diesem Projekt hatten wir unterschiedliche Ambitionen, was der ganzen Sache an sich auch gut getan hat.

GL.de: Wenn der Spaßfaktor von Anfang an im Vordergrund stand, macht man sich dann auch automatisch weniger Gedanken um den kommerziellen Erfolg oder das finanzielle Risiko, was mit jeder Aufnahme eines Albums einher geht?

Gary: Ja, in gewisser Weise ist das so. Es war wirklich so, dass wir uns um diese Dinge absolut keine Sorgen gemacht haben. Es hätte durchaus schief gehen können, aber das war kein Thema für uns. Wir wollten einfach zusammen Musik machen, eine gute Zeit haben und uns allein auf die Songs besinnen. Am Anfang war auch kein Label involviert, so dass es keinerlei Druck von außen gab, wie es so oft der Fall ist. Es war insgesamt ein reines Vergnügen, im Studio zu sein und bei der Entstehung der einzelnen Songs zuzusehen. Wenn nötig, hätte ich das Album sogar auch als Download umsonst ins Internet gestellt. Das sollte ich vielleicht besser nicht sagen, aber mir ist einfach wichtig, dass die Leute da draußen die Musik zu hören bekommen. Die finanzielle Seite ist in diesem Fall nebensächlich für uns gewesen.

GL.de: Ehrlicherweise muss aber auch gesagt werden, dass ihr als Musiker bereits so gut etabliert und damit auch in einer idealen Ausgangslage seid, um euch gedanklich von dem meist nicht unerheblichen, finanziellen Aspekt frei zu machen.

Peter: Ja, natürlich. Trotzdem muss ich klar sagen, dass Musik für mich schon immer etwas Ehrenhaftes an sich hatte. Kreativ zu sein, ist für mich seit meiner ersten Berührung mit der Musik stets im Vordergrund gewesen. Ich bin immer gerne unter den verschiedensten Umständen an musikalischen Prozessen beteiligt, egal ob es mit einer so etablierten Band wie R.E.M. ist oder auch in einem viel kleinerem Rahmen. Mir ist es prinzipiell nicht so wichtig, ob ich nun ein paar tausend oder vielleicht Millionen von Platten verkaufe. Ich war ziemlich überrascht, als ich gemerkt habe, wie hoch das Interesse der Medien an Tired Pony ist. Damit hätte ich nicht gerechnet. Ich spiele auch gerne mal vor vielleicht 180 Leuten irgendwo auf einer kleinen Bühne in Upstate New York mitten in der Woche. Für mich zählt das Gefühl Musik zu machen mehr als jegliche finanzielle Entschädigungen. Die sind immer zweitrangig.

Gary: Ich denke, dass die Medien so großes Interesse an diesem Projekt zeigen, weil natürlich viele namhafte Künstler daran beteiligt sind. Für uns war das bei der Zusammenarbeit überhaupt nicht ausschlaggebend und es hat sich zum größten Teil zufällig so ergeben, aber die Presse stürzt sich nun einmal gerne auf so etwas. Wir sehen uns einfach nur als Musiker, die gerne zusammen kommen. Die Presse mag vielleicht gerne eine große Geschichte daraus machen, aber wir haben die Arbeit nicht mit einem großen Ziel im Hinterkopf begonnen.

GL.de: Haltet ihr es für möglich, dass ihr mit diesem Album gerade bei der jüngeren Generation etwas mehr Interesse am Genre Country-Musik wecken könntet? Immerhin ist die Schnittstelle zur Popmusik mit den gegebenen Kollaborationen auf der Platte gegeben.

Gary: Ja, das halte ich durchaus für möglich, auch wenn ich es nicht vorhersagen kann. Ich würde mich sehr freuen, wenn Fans von Snow Patrol oder auch R.E.M. einen Seitenblick auf dieses wunderbare Genre wagen würden und so damit in Berührung kommen. Wenn auf diese Weise der Country-Musik etwas mehr Interesse entgegen gebracht wird, fände ich das fantastisch.

Tired Pony
GL.de: Die Aufnahmen zum Album fanden Anfang des Jahres in Portland statt. War es schwierig, alle involvierten Künstler zu diesem Zeitpunkt zusammen zu trommeln?

Gary: Wir haben die Platte im Januar in Portland aufgenommen und das Gute daran war, dass zu dieser Jahreszeit kaum jemand irgendwelche Pläne schmiedet oder bis über beide Ohren in Arbeit steckt. Für unserer Projekt war es wirklich optimal, dass wir genau zu dieser Zeit mit den Aufnahmen begonnen haben. Die Ausgangslage hätte nicht besser sein können. Niemand wagt sich wirklich vor die Tür, einfach weil es draußen viel zu kalt für Unternehmungen ist und so konnten wir alle sehr motiviert unserer Kreativität ihren Lauf lassen. Außerdem hatte gerade ein neues Jahr begonnen und da ist man meistens sowieso euphorisch, wenn man sich einer neuen Sache widmet. Auch was das Touren angeht, hatten wir Glück, denn bei der Kälte will normalerweise auch niemand ständig unterwegs sein. Da ist es doch viel schöner, wenn man zusammen in einem Studio hockt und in angenehmer Atmosphäre an Songs arbeiten kann.

GL.de: Mitte Juli werden Tired Pony das erste Mal live in Erscheinung treten und ihr werdet in London gemeinsam auf der Bühne stehen. Was kann man da erwarten?

Peter: Wir haben gar keine große Show geplant. Es wird keine nackten Mädchen oder Laser-Projektionen geben (lacht). Wir werden die Möglichkeit nutzen, die vorhandenen Songs teilweise durch Improvisationen aufzulockern und wollen den entstandenen Live-Sound, der auf dem Album herrscht, auch auf der Bühne wiederherstellen.

Gary: Es werden bei dem Konzert in London alle Mitglieder der Band auch live auf der Bühne mit dabei sein, so viel steht fest. Vielleicht wird es einige Überraschungen geben... Es kann sein, dass Tom Smith Zeit für einen kurzen Besuch findet. Wenn alles gut läuft, dann werden wir eventuell noch ein paar weitere Shows spielen. Falls wir bei unserem Bühnendebüt versagen, dann war es die erste und gleichzeitig die letzte Show von Tired Pony! (lacht)

Weitere Infos:
www.tiredpony.com
en.wikipedia.org/wiki/Tired_Pony
www.myspace.com/tiredpony
Interview: -Annett Bonkowski-
Fotos: -Pressefreigaben-
Tired Pony
Aktueller Tonträger:
The Place We Ran From
(Fiction/Cooperative Music/Universal)
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