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TALKING TO TURTLES
 
Mecklenburgische Landeier in Übersee
Talking To Turtles
"Zerbrechliche Indie-Balladen folgen auf schroffe Gitarren, es kommen Bläser, Banjos, eine Mundharmonika und Streicher zum Einsatz, es gibt Country, Lo-Fi, Pop, Folk. Nach ein, zwei, drei Durchgängen ertappt man sich dabei, wie man sich in Claudias Stimme verliebt, wie man diese kleinen Spielereien mag und die musikalische Vielfalt zu schätzen weiß." Das schrieb der Kollege Matthias Frank unlängst an dieser Stelle über "Oh, The Good Life", das zweite Album von Talking To Turtles. Keine Frage, wenn es darum geht, die beste deutsche Produktion des Jahres ausfindig zu machen, dann führt kein Weg vorbei am aktuellen Werk des Rostocker Lo-Fi-Folk-Duos Göhler. Aber Moment mal! Haben wir da gerade deutsche Produktion gesagt? So ganz trifft das auf Claudia Göhler und Florian Sievers ja gar nicht zu, denn nachdem ihr feiner Erstling "Monologue" noch im DIY-Homerecording-Verfahren entstand, nahmen die beiden ihr an dieser Stelle bereits in den höchsten Tönen gelobtes aktuelles Album im renommierten Avast!-Studio in Seattle auf. Vor dem Talking To Turtles-Auftritt in Oberhausen hatte Gaesteliste.de die Gelegenheit, mit den "Landeiern aus Mecklenburg" (Selbstbeschreibung) über ihre "Amerika-Erfahrung" zu plaudern.
GL.de: Was ist für euch gute Musik?

Claudia: Gute Musik ist einfach die, die mich berührt.

Flo: Genau, wenn man auf der emotionalen Ebene getroffen wird.

Claudia: Wenn man sich der Musik ganz hingibt und sich durch nichts davon ablenken lässt.

Flo: Stimmt, wenn man merkt, dass man plötzlich ganz auf die Musik fixiert ist. Es ist egal, ob das textlich oder instrumental geschieht, es geht einfach um das Zusammenspiel einiger Elemente in der Musik, die einen dazu bewegen, sich darauf zu konzentrieren.

GL.de: Nach dieser Definition sollte es eigentlich egal sein, ob man eine Platte in den eigenen vier Wänden aufnimmt oder in einem renommierten Studio in Seattle...

Flo: Ja, denn letztlich kommt es ja immer auf den Song an. Beatles-Songs kann man zum Beispiel auch gut mit einer Akustikgitarre am Lagerfeuer spielen und die sind trotzdem geil. Dennoch ist das Ergebnis des Aufnahmeprozesses im Studio natürlich ein anderes, als wenn man in der eigenen Küche aufnimmt. Im Studio stehen dir ja auch Leute zur Seite, die dir verschiedene Möglichkeiten geben - "Ich kann die Gitarre so oder so klingen lassen. Was gefällt dir besser?" -, das heißt, man kann dem Song entsprechend den Klang wählen. Eigentlich ist die Aufnahme allerdings nur eine Verstärkung des Grundmaterials des Songs.

GL.de: Trotzdem ist gerade für diejenigen, die sich Gedanken um Details bei der Produktion machen, der Weg, sprich: der Aufnahmeprozess fast
wichtiger als die fertige Platte...

Claudia: Für mich persönlich ist es wichtiger, die Songs live zu spielen. Ich bin kein großer Freund des Studios, wenngleich das nicht heißt, das ich nicht stolz auf das Ergebnis bin, das wir im Studio erzielt haben.

Flo: Ich würde das eher getrennt sehen, denn letztlich sind das zwei völlig verschiedene Arten des Musikmachens. Das Studio ist ja eher eine Spielwiese, dort kann man machen, was man will. Man kann ganz viele Spuren aufeinanderschichten, und dadurch wird der Song immer größer. Auf der Bühne dagegen kommt es vor allem darauf an, so puristisch wie möglich zu sein, sich zu fragen: Was brauchen wir von dem, was wir da aufgenommen haben, denn wirklich? Live ist Purismus auch angebracht, damit es authentisch bleibt.

GL.de: War die Reise nach Seattle nur eine Herausforderung für euch oder war auch ein wenig Angst mit ihm Spiel? Bei erfolglosen Homerecordings kann man einfach ein paar Files auf dem Laptop löschen und neu anfangen, das wäre nach einem Studioaufenthalt in Amerika nicht so einfach gewesen...

Flo: Von außen betrachtet war es sicher vor allem eine Herausforderung, aber wenn ich mich an die Situation konkret zurückerinnere, wie wir die Songs geschrieben haben, in dem Wissen, dass wir sie in Amerika aufnehmen würden, und unsere Sachen gepackt haben, dann schwang da doch ein wenig Ehrfurcht mit - und natürlich auch die Angst zu versagen. Was ist, wenn es zwischenmenschlich mit den Leuten nicht passt oder sie ganz andere Erwartungen an uns haben oder sich dort jemand mehr in den Aufnahmeprozess einmischt, als uns das lieb ist, und man sich dann in einer Situation befindet, aus der man nicht mehr rauskommt? Da waren schon viele Ängste mit im Spiel. Aber es ist wie bei einem Konzert: Je größer die Anspannung vorher ist, desto schöner ist es dann beim Auftritt und danach.

GL.de: Wie lange hat es gedauert, bis ihr wusstet, dass es funktioniert?

Claudia: Wenn wir erst einmal auf der zwischenmenschlichen Ebene bleiben, da haben wir relativ schnell festgestellt, dass wir uns mit Jonathan Warman, der das Ganze produziert hat, gut verstanden haben. Alles war auf der gleichen Ebene, da gab es keine Hierarchie oder wie auch immer man das nennen mag. Ein gutes Gefühl hatten
wir recht schnell.

Flo: Was das Musikalische angeht, war ich die ersten Tage doch extrem angespannt. Erst ab der Mitte, als die grundlegenden Sachen - Schlagzeug ist immer anstrengend - im Kasten waren und wir anfingen, zusätzliche Spuren draufzubasteln, und die Songs anfingen zu leben, da konnte ich mich etwas entspannen.

GL.de: Eure Musik ist bereits mit einer ganzen Reihe namhafter Künstler verglichen worden. Weil wir natürlich wissen, dass keine Band gerne mit einer anderen verglichen wird, fragen wir ganz vorsichtig: Welcher der Vergleiche hat euch denn am wenigsten gestört?

Flo: Das Nicht-verglichen-werden-Wollen trifft für uns nicht ganz zu. Wenn ich eine Rezension gerade eines ersten Albums lese, sagen mir irgendwelche kryptischen Beschreibungen meistens nichts. Da finde ich es schon schöner, wenn dort steht: Bewegt sich zwischen so und so.

Claudia: Außerdem sind die Vergleiche ja in vielen Fällen auch eine Ehre für uns gewesen.

Flo: Richtig erinnern kann ich mich nur noch an den Vergleich mit den Moldy Peaches, weil das auch sehr oft gesagt wurde, und wegen des Lo-Fi-Charmes und des Wechselgesangs fand ich das eigentlich auch ganz treffend. Vergleiche zeigen ja letztlich auch immer, dass man es schafft, Assoziationen bei den Leuten auszulösen. Außerdem wissen wir letztendlich auch, dass wir das Rad nicht neu erfinden.

Weitere Infos:
www.talkingtoturtles.de
Interview: -Simon Mahler-
Foto: -Pressefreigabe-
Talking To Turtles
Aktueller Tonträger:
Oh, The Good Life
(DevilDuck/Indigo)
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