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COEUR DE PIRATE
 
All That Jazz
Coeur de Pirate
Die Kanadierin Béatrice Martin, die sich (aufgrund einer Wette) Coeur de Pirate - Herz des Piraten - nennt, war vom durchschlagenden Erfolg ihres Debüt-Albums wohl selbst insofern überrascht, als dass sie bei ihrer ersten Konzertreise, die sie immerhin bis ins Pariser Olympia führte, das 30-minütige Programm der CD mit Coverversionen und neuen Stücken auffüllen musste. Mittlerweile gehört sie in Quebec und Frankreich zu den Superstars der Chanson-Pop-Szene, findet sich auf den Titelseiten aller möglichen Publikationen wieder, spielt allenthalben vor ausverkauften Häusern und wagt sich (mit einem rein französischsprachigen Ouevre) sogar in die USA. Dass die am ganzen Körper tätowierte kleine Blonde mit ihren ansteckend melodischen, hochpersönlichen Folkpop-Songs insbesondere in Frankreich (aber auch bei uns) so erfolgreich sein würde, ist - rein musikalisch gesehen - dann gar nicht so verwunderlich, denn mit ihrer Musik bedient Béatrice eigentlich perfekt die Ideale des frankophilen Chanson-Pop. Das gilt auch für das nun vorliegende zweite Album "Blonde", das bereits eine musikalische Weiterentwicklung beinhaltet und sich als gutgelauntes "Ye Ye"-Album präsentiert. "Ye Ye" nannten die Franzosen in den 60ern ihre Antwort auf den britischen Beat. Jeder, der in Frankreich etwas auf sich hielt - von Gainsbourg über Francoise Hardy bis zu France Gall - machte letztlich in "Ye Ye". Insofern hat sich Béatrice da schon die Messlatte recht hoch gelegt, überspringt diese aber tatsächlich souverän und - wie es scheint - mit Leichtigkeit.
Wer hat denn die doch recht elaborierten, im Vergleich zur ersten Scheibe üppigen Arrangements der neuen Songs entwickelt? "Ich selbst, Michael Vault - ein Theater-Autor aus Alberta - und auch meine Musiker. Meine Musiker haben ziemlich aktiv auf meiner Scheibe mitgearbeitet. Das sind auch die Musiker, die mich auf Tour begleiten. Bei einigen der Stücke, wie z.B. 'Ava', hatte ich die Ideen für die Arrangements, den Beat der Drums gleich in meinem Kopf, als ich den Song schrieb. Das mag damit zusammen hängen, dass ich die Songs dieses Mal fast alle auf der letzten Tour geschrieben habe - ohne Klavier und manchmal nur mit einer Melodie im Kopf. Bei anderen Nummern haben wir die Arrangements nachher ausgearbeitet. Es hängt halt von dem Song ab." Was macht letztlich einen guten Song aus? "Wenn ich ihn behalten kann", lacht Béatrice, "wenn ich ihn nachher selber gerne singen möchte, dann ist das für mich ein guter Song." Béatrice ist dafür bekannt, dass sie sehr persönliche Texte schreibt. Das ist auch einer der Gründe für ihren Erfolg, denn viele ihrer Fans sind junge Mädels, die sie als Idol und Leitbild betrachten. "Blonde" heißt auf Französisch nicht nur einfach "blond", sondern auch "hell" (etwa beim Bier oder Zigaretten) und sinngemäß auch Freundin oder Gefährtin. Wie geht Béatrice mit diesen - eben sehr persönlichen und konkreten - Texten um? "Ich schreibe zuerst immer die Melodien und dann die Texte", beschreibt Béatrice den Prozess, "wenn ich dann an der Musik arbeite, dann entstehen auch die Texte. Ich schreibe nur über persönliche Dinge. Die ganze Idee der ersten Scheibe war die, über mein Leben zu sprechen. Für mich war das eine Katharsis. Es half mir, bestimmte Dinge in einer Art Therapie zu bewältigen - all that Jazz, wenn du weißt, was ich meine. Ich finde es normal über mich zu singen. Ich käme nie auf die Idee über Dinge zu singen, die ich nicht kenne. Das fühlte sich zu seltsam an." Verklausuliert Béatrice diese Dinge in ihren Texten? "Ein wenig", räumt sie ein, "nimm z.B. 'Verseau' (Wassermann). Ich singe da über einen Jungen und ein Mädchen und deren Unsicherheiten, wie sie sich Dinge vorstellen - etwa dass er sie betrügt, was aber gar nicht der Fall ist - er ist bloß ein zwischenmenschlicher Schmetterling und sie ist unsicher. Sie analysieren ihre Beziehung und das ist ganz schön hart."
Was hat es mit den Charakteren in den Songs auf sich - die z.T. Ja sogar namentlich benannt werden ("Francis", "Ava"). "Das sind alles wirkliche Personen. 'Ava' existiert genauso wie die Jungs, zu denen ich in den Songs rede. Die waren schließlich alle ein Teil meines Lebens und es ist eine Hommage an die Menschen, die in meinem Leben sind." Neben Personen gibt es in Béatrices Songs auch konkrete Orte - den "Place de la République" in Paris, den "Boulevard Saint-Laurent" in Montreal, das "Cap Diamant". Welche Bedeutung haben diese Orte? "Sie sind Bestandteil der Geschichten, die ich erzähle", führt Béatrice aus, "'Saint-Laurent' ist z.B. eine Hommage an meine Stadt und das, was auf dem Boulevard des Nachts passiert, wo sich die Leute treffen und abhängen." Das erste Stück der Scheibe "Lève les voiles" ('setzt die Segel') singt nicht Béatrice alleine, sondern ein Kinderchor. "Ja, ich dachte, dass das eine gute Einstimmung sei", erklärt sie dieses Setting, "ein Kinderchor erinnert mich an meine Jugend, an den Kirchenchor, in dem ich mitsang und es hat auch etwas Unschuldiges an sich. Das wollte ich damit ausdrücken." Sowohl auf der ersten wie auch auf der neuen Scheibe gibt es Duette - auf der letzten Scheibe sang sie auf der kanadischen Ausgabe mit Jimmy Hunt und der französischen mit Julien Doré und auf dem neuen Stück "Loin d'ici" singt sie mit dem Kanadier Sam Roberts. Auf vielen frankophilen Alben gibt es Duette solcher Art. Was ist der Hintergrund dafür? "Nun, geplant ist das alles nicht. Es hat sich einfach so ergeben - da ist nichts vorbestimmt oder so."

Neben CDP hat Béatrice noch ein Side-Project namens Armistice, bei dem sie zusammen mit ihrem Freund Jay Malinowski (von Bedouin Soundclash), mit dem zusammen sie auch den neuen Song "Saint Laurent" schrieb, auf Englisch singt. Wird das zu einem zweiten Standbein werden? "Ich denke, dass es mit Armistice dabei bleiben wird", zögert Béatrice, "Ich würde aber schon gerne Sachen auf Englisch machen. Wenn das demnächst ein Mal passieren würde, wäre mir das recht - weiter möchte ich da aber momentan nicht planen." Bis dahin müssen dann eben die Coverversionen (etwa Rihannas "Umbrella") bei den Konzerten reichen. Auf der neuen Scheibe gibt es einige Songs, die Béatrice mit anderen Musikern geschrieben hat. Auch das wieder Zufallsbegebenheiten. "Nun, ich mag es ehrlich gesagt auch nicht so sehr, mit anderen zusammenzuschreiben, weil jeder doch so seine ganz spezielle Art hat, Songs zu schreiben. Aber in bestimmten Situationen kann es schon Sinn machen. Wenn ich z.B. mit Jay schreibe, dann sprechen wir quasi über den Song miteinander. Es ist nicht immer einfach, aber es ist spannend zu sehen, was dabei passiert."

Coeur de Pirate
Was ist überhaupt die größte Herausforderung für die Songwriterin Béatrice Martin? "Ich denke, das Album überhaupt fertigzustellen. Ich schreibe Songs eigentlich nur für mich selbst. Ich schreibe Songs, um über Dinge hinwegzukommen. Ein Album zu erstellen ist dann eine Sache für die Fans. Wenn man dann eine Scheibe herausbringt und die Leute sich den Songs verbunden fühlen, dann ist das schon eine tolle Sache. Das Schwierigste dabei war, am Ende niemanden zu enttäuschen." Gibt es denn musikalisch keine Herausforderungen? "Nun, wenn ich mich gut fühle und in der Lage bin, Songs zu schreiben, dann ist der Rest recht einfach. Um einen Pop-Song zu schreiben, muss man sich an ein bestimmtes Format halten und es ist nicht so kompliziert, Melodien und Rhythmen zu Drei-Minuten-Songs zusammenzufügen. Wenn es mir dann gefällt, dann ist das für mich okay. Es ist natürlich nicht wirklich einfach - aber in dem Sinne, dass ja auch ansonsten nichts wirklich einfach ist." Das Ergebnis kann dabei ganz schön gegensätzlich sein - fröhliche Melodien und melancholische Texte. "Bei mir geht es immer um den Gegensatz", meint Béatrice bestimmt, "irgendwie muss man ja immer weiter machen, auch wenn es schwer fällt. Mit meiner Arbeit und meiner Musik möchte ich ausdrücken, dass das möglich ist." Was inspiriert Béatrice - außer den 60s - musikalisch? "Ich fühle mich schon von anderer Leute Musik inspiriert - von Jacques Brel bis Gainsbourg, auch den Beatles oder den Ronettes. Es ist eine gesunde Mischung aus allem."

Bei ihren Live-Konzerten sitzt die klassisch studierte Pianistin bislang zumeist hinter dem Flügel. Wie wird das neue Material denn nun live umgesetzt? Im Frühjahr steht ja auch eine Tour in Deutschland an. "Nun, das Piano ist natürlich immer noch präsent - aber ich bewege mich jetzt mehr auf der Bühne und bleibe nicht mehr so lange am Klavier sitzen. Es wird eine neue Show werden." Gibt es bei CDP etwas typisch Kanadisches - viele englischsprachige Kandier schielen ja z.B. gerne auf die USA? "Nein - in solchen Kategorien denke ich nicht. Ich sehe das, was ich mache, nicht als kanadische Musik. Ich meine, sie ist Kanadisch in dem Sinne, wie ich Kanadierin bin, aber wir sind ein Land wie alle anderen auch. Für mich ist das musikalisch eher eine universelle Sache. Ich kenne auch selbst keine kanadischen Künstler, die so denken." Wie könnte die musikalische Zukunft für Couer de Pirate aussehen? "Ich nehme die Sachen so, wie sie kommen. Wenn ich zu weit in die Zukunft plane, werde ich am Ende doch nur enttäuscht oder zu selbstgefällig werden. Ich muss die Sache Tag für Tag angehen und in der Gegenwart leben. Es muss ja auch dieses Überraschungs-Element möglich sein - dass etwas wirklich Großartiges passiert, weißt du?" Ehrlich gesagt wäre es für viele Menschen schon großartig genug, was Béatrice Martin passiert ist. Doch ein gesunder Hunger diesbezüglich kann ja nicht schaden. Wer übrigens wissen will, warum CDP so erfolgreich ist, der sollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, eines der Konzerte der im Frühjahr anstehenden Tour zu besuchen.

Weitere Infos:
www.coeurdepirate.com
fr-fr.facebook.com/coeurdepirate.officiel
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Coeur de Pirate
Aktueller Tonträger:
Blonde
(Le Pop Musik/Groove Attack)
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