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WUSSY
 
Amerikas beste Band
Wussy
In Deutschland kennt Wussy praktisch niemand. Dabei veröffentlicht die Band aus dem Ohio Valley unter der Produzenten-Regie von Afghan Whigs-Bassist John Curley seit 2005 regelmäßig außergewöhnlich gute Platten, in denen bisweilen Größen wie Yo La Tengo, The Feelies, R.E.M. oder X widerhallen und die brillant die Brücke vom repetetiven Drone-Rock zum melodieverliebten, mit tollen Harmonien gespickten Jangle-Pop schlagen. Chris Brokaw, der seit Jahren Wussys heimlichen Hit "Crooked" covert, ist es zu verdanken, dass die Amerikaner unlängst mit dem britischen Label Damnably in Kontakt kamen, das nun die Compilation "Buckeye" veröffentlicht. Sie vereint das Beste der bisherigen Werke von Chuck Cleaver (Gitarre, Gesang), Lisa Walker (Gitarre, Gesang), Mark Messerly (Bass) und Joe Klug (Drums).
Zeitlos schön ist die Musik der Amerikaner - eine Charakterisierung, die der 52-jährigen Chuck, einst Frontmann der Ass Ponys, als Riesenkompliment auffasst. "Zeitlosigkeit ist auf jeden Fall etwas, das wir anstreben. Meine Lieblingsplatten waren schon immer die, die keinem bestimmten Zeitrahmen unterlagen", sagt er im Gaesteliste.de-Interview, und Lisa, 34 Jahre alt und vor Wussy noch nicht groß musikalisch in Erscheinung getreten, hat auch gleich ein Beispiel parat: "Als ich zum ersten Mal Big Star gehört habe, hatte ich keine Ahnung, wann diese Musik aufgenommen worden war. Nur eines wusste ich: dass ich sie liebte! Ihr erstes Album, '#1 Record', hätte ebenso gut in den 60ern wie heute erscheinen können." Chuck dagegen nennt Brian Enos 40 Jahre altes Meisterwerk "Here Come The Warm Jets" als Paradebeispiel für ein zeitloses Werk, oder wie er es ausdrückt: "Die Platte klingt immer noch so, als könnte sie auch in zehn Jahren erscheinen!"

Ein Stück weit gilt das ohne Frage auch für "Buckeye", interessant ist allerdings, dass viele Rezensenten trotz des unverkennbaren Gespürs der Band für eingängige Melodien oft ihre krachig-monotone Seite in den Mittelpunkt stellen. "Dass es diese Seite unserer Musik gibt, ist nicht zuletzt auf unsere ehemalige Schlagzeugerin Dawn Burman zurückzuführen", erklärt Chuck. "Sie hat einen prima Job gemacht, aber ihre Fähigkeiten waren doch recht begrenzt. Sie war also eine Drummerin vom Schlage einer Moe Tucker, und Lisa und ich haben uns dem beim Gitarrespielen schlicht und ergreifend angepasst, um den Beat am Laufen zu halten. Die Monotonie war also in gewisser Weise mehr eine Notwendigkeit als irgendetwas anderes. Seitdem Joe Schlagzeug spielt, sind wir weit weniger 'drony'." Die zwei hätten keinerlei Interesse daran, auch beim Gesang auf Monotonie zu setzen, ergänzt Lisa, sagt aber auch, dass sie nichts dagegen hat, wenn sich die Backgroundmusik so gestaltet: "Das Wichtigste ist nur, dass wir eine gute Melodie darüberlegen können."

Groß geplant wird bei Wussy bis heute nicht. Immer noch lassen sich die Musiker gerne von den gegebenen Umständen leiten, anstatt eine klare Marschrichtung vorzugeben, die es möglichst exakt einzuhalten gilt. Auch wenn sich die Band natürlich musikalisch weiterentwickeln will, weiß sie auch, dass Perfektion für ihre Art von Musik nicht uneingeschränkt wünschenswert ist. "Ich erinnere mich daran, dass ich mal zu unserem Drummer Joe gesagt habe: 'Wir sind nicht Genesis!' Bei uns muss immer ein bisschen Krach mit im Spiel sein, und wenn eine Harmonie mal nicht hundertprozentig sitzt, macht das gar nichts. Wenn alles perfekt wäre, wären es nicht mehr wir!" Musikalisch bedeutet dies, dass Wussy auch weiterhin an den Vorbildern festhalten, die sie seit jeher beeinflusst haben, sich gleichzeitig aber auch neuen Ideen nicht vollkommen verschließen. So oder so, Inspiration findet das Quartett auch heute noch oft in der Musik anderer. "Wenn wir gemeinsam unterwegs sind, spielen wir uns ständig gegenseitig unsere neuesten musikalischen Entdeckungen vor - und auch die alten Sachen, die wir immer noch mögen!", verrät Lisa. "Wir sind allesamt echte Musik-Geeks. Wir lieben all das alte Zeug, aber es gibt auch immer wieder neue Sachen, die uns dazu inspirieren, uns höhere Ziele zu stecken."

Auch textlich greifen Wussy gerne auf äußere Inspirationen zurück, was anfangs allerdings offenbar nicht allen Anhängern klar war. "Es gibt eine Reihe Fans, die zunächst ein bisschen besorgt waren, weil sie vermuteten, dass unsere Texte ausschließlich autobiografisch sind und wir eine Menge Probleme haben", lacht Lisa. "Deshalb möchte ich an dieser Stelle sagen, dass natürlich eigene Erfahrungen in die Texte mit einfließen, oft sind es allerdings einfach Sachen, die wir im Fernsehen sehen oder die um uns herum passieren, die wir thematisieren. Unser Leben ist jedenfalls nicht so dramatisch wie unsere Texte!" Dass die Band trotzdem ein Faible für düstere Texte hat, liegt allerdings nicht daran, dass Wussy Privates aus den Songs heraushalten wollen. "Lucinda Williams hat sinngemäß einmal gesagt, dass es so etwas wie 'fröhliche Songs' gar nicht gibt", erinnert sich Chuck. "Ich weiß nicht, ob ich das uneingeschränkt unterschreiben würde, Fakt ist allerdings, dass ich nicht viele fröhliche Stücke schreibe." Lisa macht dafür geografische Gründe geltend: "In der Gegend, aus der wir stammen, regieren traditionell Rhythm'n'Blues und Bluegrass. Auf dem lokalen Label hier im Ohio Valley ist vermutlich nie ein fröhlicher Song veröffentlicht worden! Historisch gesehen handeln Songs aus dieser Region von Mord oder zerbrochenen Beziehungen."

Glücklich dagegen machte Wussy das brillante Feature, das US-Kritiker-Legende Robert Christgau unter dem Titel "The many reasons to love Wussy" im Frühjahr über die Band verfasste, in dem er Chuck, Lisa und Co. nicht nur ausführlich und umfassend vorstellte, sondern, wie eingangs bereits angedeutet, sogar schrieb: "Wussy have been the best band in America since they released the first of their five superb albums in 2005." "Das war schon ziemlich erstaunlich", freut sich Chuck. "Ich habe seine Artikel im Creem und anderen Magazinen schon gelesen, als ich ein Teenager war. Dass er nun über meine/unsere Band geschrieben hat, ist einfach unglaublich, selbst wenn er geschrieben hätte, dass wir miserabel sind!"

Weitere Infos:
www.wussy.org
Interview: -Simon Mahler-
Foto: -Pressefreigabe-
Wussy
Aktueller Tonträger:
Buckeye
(Damnably/Indigo)
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