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LAURA STEVENSON
 
"Ich wollte einfach Spaß haben!"
Laura Stevenson
Aufgepasst! Hier kommt sie, die neue Lieblingsplatte aller Fans von Waxahatchee und Sharon Van Ettens rauer Seite: Schon für ihre LP "Wheel" bekam Laura Stevenson vor drei Jahren daheim in den USA allenthalben ausgezeichnete Kritiken, und zumindest ein Schreiber wähnte sich beim Hören sogar im Indiepop-Himmel, doch das war offensichtlich nur der Anfang auf ihrem Weg zum Rock-Olymp. Mit ihrem Debüt "A Record" wandelte die Amerikanerin im Jahre 2010 noch solistisch auf leisen Sohlen, auf den Nachfolgern "Sit Resist" (2011) tummelte sie sich vornehmlich auf Indie-Folk- und Alt-Country-Terrain und vertonte ihre allgegenwärtigen Selbstzweifel, doch nun liefert sie mit ihrem insgesamt vierten Longplayer ein packendes, leidenschaftliches Rock 'n'Roll-Album ab, auf dem sich herrlich wüste Punk-Nummern, Faust-in-die-Luft-70s-Power-Pop-Ohrwürmer und knarzende 90s-Indierock-Hymnen zwischen Lemonheads, Liz Phair und Weezer die Klinke in die Hand geben und ob der allgegenwärtigen positiven Energie der Musik fast vergessen lassen, dass die ursprünglich aus dem Punk-und Ska-Umfeld kommende 32-jährige New Yorkerin in den Texten auch weiterhin durchaus existenzielle Fragen und die Schattenseiten des Lebens behandelt. "Cocksure" heißt übersetzt übrigens so viel wie "selbstbewusst", und genau so klingt Stevenson hier auch. Mitte Mai kommt sie gemeinsam mit ihrer langjährigen Band nach Deutschland und Österreich, um die mitreißende Platte in Wien, Berlin, Wiesbaden, Wetzlar und Graz auch live vorzustellen. Kurz vor der Tour nahm sie sich Zeit für ein Gespräch mit Gaesteliste.de.
GL.de: Laura, deine Großmutter sang einst im Orchester von Benny Goodman, dein Großvater half, den Weihnachtsklassiker "Little Drummer Boy" zu schreiben und dein Vater ist ein echter Deadhead, der dich schon im Kindergartenalter auf Konzerte schleppte. Die musikalische Abwechslung ist dir offensichtlich bereits in die Wiege gelegt worden, aber ist das der einzige Grund, warum du dich praktisch mit jeder Platte wieder neu erfindest?

Laura: Ich denke, das liegt einfach daran, dass ich alle möglichen Arten von Musik schätze - ich mag zum Beispiel Broadway-Musicals genauso wie Folkmusik. Bei so vielen verschiedenen Einflüssen schreibe ich einfach nie zweimal den gleichen Song, und wenn das doch mal passiert, dann denke ich mir ein paar neue Kniffe aus, um ihn doch noch anders klingen zu lassen (lacht). Ich mag es einfach, alle erdenklichen Dinge zu erforschen und auszuprobieren.

GL.de: Viele andere Musiker sind ja heilfroh, wenn sie ein Genre meistern, du springst munter hin und her. Fällt dir das leicht oder strengst du dich einfach mehr an als andere?

Laura: Ich arbeite schon sehr hart an meiner Musik, gleichzeitig würde ich einen Song nie erzwingen wollen. Ich bin allerdings auch nicht besonders produktiv. Ich war gerade in den USA mit einem Typen auf Tour, der jeden Tag einen neuen Song schreibt. Bei mir sind es zwei, drei alle paar Monate. Ich muss mich einfach kreativ fühlen, was bedeutet, dass ich viel rumhänge, wenn ich zu Hause bin (lacht). Ich bin dann schnell gelangweilt, und das macht mich ein bisschen depressiv, aber wenn die Muse mich nicht küsst, möchte ich nichts erzwingen, weil das am Ende nur zu einer Schreibblockade führt, und davor habe ich die meiste Angst. Ich arbeite hart am Arrangement, wenn ein Song erst einmal da ist, aber wenn es ums reine Schreiben geht, strenge ich mich nicht besonders an (lacht).

GL.de: Auch wenn du dich mit jeder Platte musikalisch verändert hast, waren die Veränderungen dennoch nie größer als nun bei "Cocksure". Augenzwinkernd gefragt: Hat dir jemand das Beste von Power Pop und Classic Rock der 70er zu Weihnachten geschenkt und das hat dich inspiriert?

Laura (lachend): Ja, so ähnlich! Ich habe wirklich in letzter Zeit eine Menge Power Pop gehört - Big Star, Replacements, The Faces und so weiter - und ich hab mich auch ein bisschen für Glam interessiert. Es gibt auf der Platte einen Song namens "Life Is Long", bei dem ich mir definitiv vorgenommen hatte: Heute schreibe ich einen Song, der nach den Faces klingt" - und das habe ich dann auch getan! Als ich die Songs für die Platte geschrieben habe, war mir wichtig, dass es Spaß machen würde, die Lieder live zu spielen. Meine Band ist so toll und ich liebe es, mit ihnen aufzutreten, und deshalb ging es bei dieser Platte vor allem darum, anschließend auf der Bühne Spaß zu haben (lacht).

GL.de: Hast du denn auch schon früher Power-Pop-Sachen gehört, oder war das wirklich etwas Neues für dich?

Laura: Ein bisschen von beidem. In den letzten zehn Jahren habe ich mich mehr und mehr dafür interessiert. Dieses Mal ging es mir wirklich darum, positiv klingende, klassische Rock-Songs aufzunehmen. Vielleicht ist das alles jetzt in den Vordergrund gerückt, weil ich einfach Spaß haben wollte (lacht)!

GL.de: Auf der neuen Platte gibt es in der Tat eine ganze Reihe wunderbar sorgenfrei klingender Lieder. Bist du heute ein glücklicherer Mensch als zu Beginn deiner Karriere, oder kannst du heute einfach besser mit deinen Problemen und Ängsten umgehen?

Laura: Du lernst, dass alles im Fluss ist. Ich merke heute früher, wenn mich die negativen Gefühle einzuholen drohen, und kann das inzwischen besser kontrollieren. In meinen späten Teenagerjahren und mit Anfang 20 hatte ich diese Mittel einfach noch nicht zur Verfügung. Damals hatte ich meine Depressionen einfach überhaupt nicht unter Kontrolle. Heute kann ich sie auch nicht verhindern, aber ich habe gelernt, wie ich sie besser aufteilen kann. Das hat mir sehr geholfen, mein Leben auf die Reihe zu kriegen, meine Rechnungen zu bezahlen und ans Telefon zu gehen, wenn jemand anruft (lacht). Außerdem bin ich inzwischen mit dem Bassisten meiner Band, Mike Campbell, verlobt, und er hilft mir ungemein, über die Zukunft nachzudenken und ein richtiges menschliches Wesen zu sein (lacht).

GL.de: Früher hast du in Interviews gerne mal gesagt, dass du Musik machst, bis du weißt, was du mit deinem Leben anfangen willst. Inzwischen mausert sich die Musik aber zur Lebensaufgabe, oder?

Laura: Ja, ich habe jetzt so etwas Ähnliches wie eine Karriere. Früher habe ich nie über die Zukunft nachgedacht, weil ich so depressiv war, dass ich eh nicht geglaubt habe, dass ich besonders alt werde. Mit jedem Jahr, das verstreicht, merke ich nun mehr, dass ich mir wirklich Gedanken darüber machen muss, was ich will. Ich frage mich dann Dinge wie: Wäre ich glücklicher, wenn ich von neun bis fünf im Büro wäre? Ich kann schließlich nicht die Augen davor verschließen, dass wir in einem sterbenden Industriezweig unterwegs sind, rechts und links fallen die Jobs weg. Als mein Großvater angefangen hat, war das ja noch ganz anders. Er war als Songwriter bei CBS angestellt, und das war eine große Karriere. Heute ist es schwer vorstellbar, überhaupt noch einen Job zu finden, der im weiten Sinne etwas mit Musik zu tun hat.

GL.de: Trotzdem gibt es ja heute auch noch inspirierende Figuren im Musikbusiness. Eine davon ist dein langjähriger Mentor Jeff Rosenstock (Bomb The Music Industry!), der deine neue Platte produziert hat. Was hast du dir von ihm erhofft - und gingen deine Wünsche in Erfüllung?

Laura: Ja, sie sind auf jeden Fall in Erfüllung gegangen! Als ich die Demos für das Album aufgenommen habe, waren auch eine Menge ruhiger Songs darunter und es hätte durchaus eine Platte wie zuvor daraus werden können, bei der sich ruhige und laute Nummern abwechseln. Dann allerdings entschied ich mich, all die ruhigen Lieder beiseitezulegen und für eine weitere Platte aufzuheben. Die Songs, die mir für "Cocksure" vorschwebten, waren alle echte Knaller, und mir war sofort klar, dass Jeff die richtige Wahl dafür sein würde. Ich wusste, dass die Lieder alle unglaublich energiegeladen waren und dass ich die Zusammenarbeit mit ihm genießen würde und dass man das dann auch auf dem fertigen Album würde hören können. Jeff weiß einfach, was zu tun ist, damit ich mich bei den Aufnahmen wohlfühle. Wenn es um Gesangsaufnahmen geht, ist er schon immer meine erste Wahl gewesen, und auch wenn ich mal auf den Platten anderer singe, habe ich die Aufnahmen immer in seinem Apartment gemacht. Wie gesagt, es ging mir darum, die Aufnahmen spaßig, unbeschwert und ungezwungen zu gestalten - und das hat er bewerkstelligen können.

GL.de: Bei aller Wandlungsfähigkeit, die du mit jeder Platte erneut beweist - worin besteht für dich selbst der gemeinsame Nenner all deiner Platten?

Laura: Der rote Faden ist, dass es mir stets darum geht, die bestmögliche Melodie zu finden. Ich bin geradezu besessen von Künstlern, die ein tolles Händchen für Melodien haben und sie dazu noch auf interessante Art und Weise mit ungewöhnlichen Texten verbinden - und genau das versuche ich auch zu tun. Die Songs, die ich für meine nächste Platte vorgesehen habe, mögen vom Tempo und der Instrumentierung her anders sein als die des aktuellen Albums, aber trotzdem geht es mir dabei auch darum, eine einzigartige Melodie zu finden und dazu einen Text zu schreiben, der mir nahegeht - und hoffentlich auch anderen. Das ist für mich der gemeinsame Nenner (lacht)!

GL.de: Wäre es richtig zu sagen, dass du inzwischen an einem Punkt in deinem Leben bist, an dem du bereit bist, die Verantwortung auf andere Schultern zu verteilen, als alles immer selbst in die Hand zu nehmen?

Laura: Ja, auf jeden Fall. Ich war früher ein echter Kontrollfreak, und Kontrolle ist mir auch heute noch in vielen Bereichen meines Lebens sehr wichtig, zum Beispiel beim Autofahren. Früher bin ich mit den Musikern die Parts haarklein Ton für Ton durchgegangen, aber inzwischen spiele ich mit den meisten Leute in meiner Band seit fünf, sechs, sieben, acht Jahren zusammen und habe mir beim Schreiben der Songs bereits vorgestellt, was sie wohl dazu spielen könnten. Als ich ihnen dann die Songs nur auf der Akustikgitarre vorgestellt habe, wussten sie sofort, was zu tun war. Wir wissen inzwischen einfach, wie wir miteinander kommunizieren können, ganz abgesehen davon, dass bei uns alles sehr demokratisch ist, weil mir wichtig ist, dass sich die Musiker inspiriert fühlen können. Das Schlimmste wäre, wenn ich ihnen alles vorschreiben würde und keiner dabei Spaß hätte. Mit der Zeit sind wir wirklich zusammengewachsen und ich habe viel Vertrauen in sie. Sie bringen alle verschiedene Einflüsse ein und auch das gefällt mir sehr, weil ich dadurch mit Musik in Berührung komme, zu der ich sonst nie Zugang gehabt hätte - das ist einfach nur toll (lacht)!

GL.de: Letzte Frage - was macht dich derzeit als Musikerin am glücklichsten?

Laura: Hmm, das weiß ich nicht (lacht)! Ich denke mal, unterwegs zu sein! Wir haben gerade am vergangenen Mittwoch unsere letzte Konzertreise hier in den USA beendet, am Wochenende bin ich zu einer Hochzeit in West Virginia gefahren und am Ende dieser Woche sind wir dann schon in Europa. Also: Touring! Das ist das Einzige, was wir gerade machen! Wir spielen Konzerte, hören Bands, die wir zuvor noch nicht kannten, treffen neue Menschen und merken, wie wir eine Verbindung zum Publikum aufbauen. Wenn die Leute dann sogar die Songs der neuen Platte mitsingen - das ist ganz groß!

Weitere Infos:
www.laurastevenson.net
www.facebook.com/LauraStevensonMusic
twitter.com/laurastevenson
en.wikipedia.org/wiki/Laura_Stevenson
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Christopher Hainey-
Laura Stevenson
Aktueller Tonträger:
Cocksure
(Don Giovanni/H'art)
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