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SAMARIS
 
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Samaris
Auf dem dritten Album, "Black Lights", vollzieht das isländische Elektronik-Trio Samaris einen Schritt, der sie näher an die internationale Fangemeinde bringt - indem Jófríður Ákadóttir, Áslaug Rún Magnúsdóttir und Þórður Kári Steinþórsson (besser bekannt und auszusprechen als "Doddi") nämlich darauf verzichten, weiterhin mystische Gedichte aus der isländischen Folklore als Texte für ihre Songs hernehmen, sondern stattdessen eigene Ergüsse auf Englisch vortragen. Das macht insofern Sinn, als dass die Fans danach verlangten - allerdings bedeutet das nicht, dass man als Zuhörer tiefer in die Samaris-Gedankenwelt eintauchen kann, denn diese Texte sind dann betont lautmalerisch und ambivalent gehalten.
Notwendig wurde der Schritt dennoch, denn das erklärte Ziel von Samaris ist es nun mal, sich ständig weiterzuentwickeln. Dazu gehört auch, dass man offen miteinander umgeht und ständig nach neuen Möglichkeiten sucht, sich musikalisch auszudrücken. Jófríður beschreibt den Prozess, in dem die Songs im Studio entstehen, folgendermaßen. "Es ist recht unterschiedlich, wie wir mit den Arbeiten anfangen - aber gewöhnlich suchen wir erst mal nach einer Stimmung. Dann suchen wir einen Beat oder einen Vibe und fügen dann eine Harmoniefolge hinzu. Dabei nehmen wir auf, was jeder beizutragen hat, bauen darauf auf, ändern dieses und jenes und kommen am Ende zu einem Ergebnis, das tatsächlich recht schnell entsteht. Danach wird das Ganze dann im Detail verfeinert und dann kommt jemand von außerhalb dazu - ein Tontechniker oder ein Produzent. Das ist wichtig, weil der ja nicht so im Prozess des Schreibens eingebunden ist und so einen neutralen Blick auf die Sache hat. Es ändert sich aber von Fall zu Fall - manchmal produziert Doddi auch alleine. Es ist auch vorgekommen, dass er mir einen fertigen Track geschickt hat, zu dem ich dann noch die Vocals hinzugefügt habe. Manchmal müssen wir aber auch jedes Detail mühsam herausarbeiten. Wichtig ist, dass wir uns wohlfühlen und alles sehr organisch passiert." Wie lange dauert denn solch ein Prozedere? "Für 'Black Lights' haben wir ungefähr ein Jahr dafür gebraucht, alles zu schreiben, aufzunehmen und zu mischen." Was war denn das Haupt-Ziel, das Samaris mit dem neuen Album anpeilten? "Es hat eine Weile gedauert, bis mir selbst das klar wurde - denn wir haben einfach daran gearbeitet und nicht darüber nachgedacht. Aber das, was an diesem Album neu war, ist der Umstand, dass es ein sehr starkes Live-Feeling hat. Es klingt fast, als hätten wir Remixe unserer eigenen Songs für den Club-Einsatz gemacht. Uns war dann schnell klar, dass sich diese Stücke gut für den Live-Einsatz eigenen würden. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass wir das Album machten, als wir auch auf Tour waren. Ich mag das Album aber als solches - einfach, weil wir mit einer leeren Seite angefangen hatten. Eigentlich hatten wir vorgehabt, ein Pop-Album zu machen - einfach mal so als Experiment. Dann haben wir aber festgestellt, dass wir eigentlich Popmusik gar nicht mögen - und haben dann nach Kompromissen zwischen dem Pop-Ansatz und dem Live-Feeling gesucht." Dabei sind Samaris aber dennoch einige Pop-Songs wie zum Beispiel der "Wanted 2 Say" gelungen. "Ja, das Stück ist ziemlich schnell und unangestrengt entstanden. Es ist unser fröhlicher Sommer-Song geworden."
Dabei singen Samaris erstmalig eigene Texte, die zudem auf Englisch vorgetragen werden. Gehört das auch zu dem Konzept, nach neuen Möglichkeiten zu suchen? "Ja, genau", bestätigt Jófríður, "die Texte sind bei uns sowieso nicht so wichtig. Also haben wir uns entschlossen, es mal auf Englisch zu versuchen und zu schauen, was die Leute denken. Wir mögen das Ergebnis jedenfalls." Das heißt also, dass es mehr um den Klang als um den Inhalt geht? "Absolut", pflichtet Jófríður bei, "das war bei den isländischen Texten ähnlich, nur dass wir hier auf fertige Texte zurückgreifen konnten, indem wir isländische Gedichte verwendeten und somit bereits ein Format hatten. Wenn man seine eigenen Texte schreibt, gibt es aber kein Format - man kann dann machen, was man will. Und das ist das, was mir Spaß daran macht. Manchmal haben wir uns zusammengesetzt, und überlegt, was im Zusammenhang mit einer Melodie Sinn machen würde, manchmal habe ich einfach improvisiert - besonders bei den Stücken am Ende der Scheibe, die offener in der Struktur sind. Es hat dabei schon geholfen, einfach mal das Studio zu verlassen und spazieren zu gehen. Dabei sind mir dann die besten Ideen gekommen und für mich gibt es dann auch immer etwas, auf das ich mich beziehen kann, wenn ich die Songs dann singe. Viele Leute schreiben ja sehr konkrete und persönliche Songs. Für mich ist beides wichtig: Persönlich zu bleiben und dem Zuhörer zu ermöglichen, sich selbst einzubringen. Wenn ich mir anderer Leute Musik anhöre, habe ich ja auch meine eigenen Vorstellungen darüber, worum es geht - und kann trotzdem neugierig darauf sein, was der Künstler gemeint haben könnte."

Kommen wir noch mal zu den Live-Performances: Woran denkt Jófríður eigentlich, wenn sie ihre Songs live vorträgt - denn bei den Konzerten macht sie einen eher introvertierten, schüchternen Eindruck. "Das kommt aber auf die Konzerte an", schränkt sie ein, "wenn wir physisch erschöpft sind, dann kommen wir natürlich nicht so energisch rüber und konzentrieren uns dann halt darauf, die schönen Seiten unserer Musik herauszukitzeln. Ich würde das aber so sehen: Wir erschaffen unsere Musik zwar im Studio - aber irgendwie auch auf der Bühne. Wir halten immer alles so offen wie möglich und versuchen immer miteinander zu jammen und zu improvisieren. Zunächt einmal, weil das langweilig wäre, immer das selbe zu spielen und es spannender ist, nicht zu wissen, was der jeweils andere als nächstes machen wird und dann weil wir dann zugegebenermaßen auch nicht besonders gut darin sind, uns technische Abläufe zu merken. Wir spielen lieber herum und probieren aus und versuchen Spaß dabei zu haben. Was mir wichtig ist, ist dass wir dabei authentisch rüberkommen. Wenn wir also eben zum Beispiel müde und erschöpft sind, dann soll man das auch ruhig merken - das ist dann auch schön. Und wir geben ja auch dann auf jeden Fall unser Bestes - wie immer. Es ist auch irgendwie faszinierend, wenn man die eigenen Songs auf diese Weise 200 Mal spielen kann und immer noch Spaß daran hat. Und dann ist es auch so, dass wir so viele Songs haben - ca. 30 -, dass wir sogar Material verwerfen müssen. Hinzu kommt, dass wir einen so unterschiedlichen Geschmack haben, dass uns die Ideen so schnell nicht ausgehen."

Samaris
Was hat Samaris musikalisch inspiriert? Es gibt ja dieses Mal erkennbar mehr Club- und Drum'n'Bass-Einflüsse. "Also, wenn wir im Auto unterwegs sind, dann hören wir uns gerne amerikanische R'n'B-Musik an", führt Jófríður aus, "aber wir mögen auch Aphex Twin und Elektronik aus den 80ern. Ich würde sagen, dass unsere Inspirationen sogar daher stammen, dass wir uns im Auto gegenseitig Tracks vorgespielt haben." Musik wie die, die Samaris macht, braucht aber doch eine gewisse Kontrolle. Wie findet das Trio denn die Balance, die ganze Technik anzuwenden und sich kreativ gehen zu lassen? "Puah - das ist eine interessante Frage", überlegt Jófríður, "ich kann es gar nicht sagen. Aber vermutlich ist es so, dass die technische Sache irgendwann zur zweiten Natur wird, wenn man das alles erst mal gelernt hat - dann muss man auch nicht mehr drüber nachdenken und es fühlt sich ganz natürlich an. Schwieriger ist es schon, miteinander zu kommunizieren und sich über die Details zu einigen. Es ist ja schon schwierig, Klänge und Ideen in Worte zu kleiden. Andererseits spielen wir schon so lange zusammen, dass wir wissen, was wir mögen und was nicht. Wir sind ja ehrlich zueinander und das ist das wichtigste." Ist "Black Lights" als Album konzipiert? "Nein, es ist eher eine Song-Sammlung", erläutert Jófríður, "ich würde es sogar als Journal oder als Momentaufnahme aus unserem Leben bezeichnen. Es gibt jedenfalls keine Geschichte oder kein Thema. Ich mag, dass das Album recht konkret beginnt und am Ende dann offener und weniger konkret wird und es am Ende gar keine Struktur mehr gibt. Das haben wir aber erst so angeordnet als alles fertig war. Aber wenn ich jetzt darüber nachdenke, dann spiegelt das auch die Weise, auf die ein Album bei uns entsteht wider. Es fühlt sich jedenfalls sehr echt an - und das ist mir auch besonders wichtig." Warum gibt es eigentlich auf der neuen Scheibe so wenig Klarinette? Immerhin war das doch bislang ein herausragendes Merkmal im Soundmix von Samaris. "Wir wollten mal was anderes machen", erklärt Jófríður, "man muss das ja nicht unbedingt erzwingen, nur weil man eine Klarinette hat. Man muss dem Song halt erlauben zu sein, was er sein möchte. Áslaug wollte halt dieses Mal mehr programmieren und ausprobieren - und solange sich das natürlich anfühlt, macht es ja auch Sinn. Eine bewusste Bescheidung war das jedenfalls nicht."

Worum geht es Samaris denn beim Songwriting? "Oooh - das kann eine Menge sein", holt Jófríður aus, "da wäre zunächst mal die Melodie. Eine Melodie hat etwas betont grundlegendes und menschliches. Ich denke, dass die Menschen seit jeher die Musik über Melodien erfahren. Seit tausenden von Jahren singen Menschen Melodien. Und von da ausgehend sucht man sich Harmoniefolgen und schließlich Klanglandschaften - was ja heutzutage einfacher ist als früher. Das wichtige am Musizieren ist ja, dass man endlose Optionen zur Verfügung hat. Wenn dann alles zusammen kommt, Sinn macht und dich bewegt, dann hast du auch einen guten Song." Was war denn der erfüllendste Aspekt bei der Produktion des neuen Albums? "Ich bin sehr stolz darauf, dass wir alle zu gleichen Teilen gemeinsam an dem Album gearbeitet haben. Wir sind ja so unterschiedliche Persönlichkeiten, dass es schwierig scheint, einen gemeinsame Basis zu finden - aber irgendwie hat es immer geklappt, obwohl wir so unterschiedlich sind. Wir haben die Musik dabei sehr stark weiterentwickelt und haben so Material hervorgebracht, auf das wir jeweils alleine nicht gekommen wären. Dabei sind wir ja noch sehr jung, was sehr schön ist - und doch spielen wir schon zusammen seit wir 16 sind. Ich bin mit den anderen beiden aufgewachsen und ich bin auch sehr stolz darauf, dass wir immer noch zusammen sind. Egal was passieren wird: Wir haben nun dieses gemeinsame Album, auf das wir immer stolz sein können."

Dabei haben Samaris ja noch so einiges vor sich. Die Rahmenbedingungen sind heutzutage ja auch zu beachten. "Ja, aber es ist dennoch schön, kreativ tätig zu sein", ergänzt Samaris, "auch wenn ich mich gar nicht über die stressigen Business-Aspekte beklagen kann. Andererseits gibt es ja heutzutage aber auch viele Möglichkeiten, die es früher nicht gab. Es hat also alles zwei Seiten." Das ist zweifelsohne wahr. Und das gilt dann auch für die Musik, die Jófríður macht, wenn sie nicht mit Samaris zusammenarbeitet. "Ja, ich habe gerade eine Solo-CD fertig gestellt", berichtet sie, "die ist etwas anders als die Samaris-Musik. Ich arbeite mit akustischen Instrumenten wie Gitarre oder Piano - aber auch mit elektronischen Bestandteilen wie Beats und Synths. Aber es ist sehr minimal angelegt - vielleicht mit drei Elementen in einem Song und dem Fokus auf meinem Gesang. Ich denke, es wird Anfang nächsten Jahres fertig sein." Bis dahin werden Samaris aber zunächst ein Mal das aktuelle Album präsentieren. Eine Tour wird soeben vorbereitet. Und dann kann man ja prüfen, wie die von Jófríður beschriebene bandinterne Magie auf der Bühne funktioniert.

Weitere Infos:
samaris.is
www.facebook.com/samarisss
twitter.com/samarisamaris
www.instagram.com/samarisamaris/
www.youtube.com/user/samarisamaris
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Samaris
Aktueller Tonträger:
Black Lights
(One Little Indian/Rough Trade)
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