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Interview-Archiv

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JACKIE LEVEN
 
Bodenständigkeit, Selbstfindung und Mystizismus
Jackie Leven
Jackie Leven ist einer jener Sonderlinge, die die Musikwelt immer wieder als lohnenswert erscheinen lassen. Seit Anfang der 70er ist der rührige Schotte musikalisch tätig, erlebte Mitte der 80er mit seiner Band Doll by Doll einen kurzzeitigen Höhenflug und fand nachher beim Independent-Label Cooking Vinyl eine geeignete Heimat für seine immer kontemplativer werdende, mystisch-epische Emulation von Folk, Song und ein bißerl Rock. Überhaupt, so scheint es, ist der heutige Jackie Leven jemand, der entwicklungstechnisch einen vollkommenen Kreislauf vollzogen hat.
"Ich weiß nicht", meint er vorsichtig, "jedenfalls habe ich jetzt wieder diese Magie beim Songschreiben wiederentdeckt, die ich am Anfang hatte. Insofern stimmt das schon. Als ich begann, zu meiner Zeit mit Doll by Doll, war ich ein Junge, jetzt bin ich ein Mann - das ist schon ein Unterschied." Stimmt schon. Und insofern sind die Themen Jackies auch schon seit längerer Zeit nicht mehr vom Sturm und Drang geprägt, sondern von Bodenständigkeit, Selbstfindung und Mystizismus. Ein Musiker von Jackie's Statur kann es sich gar erlauben, eigene Philosophien zu entwickeln. Da haben wir z.B. den Titel der neuen Scheibe, "Defending Ancient Springs". "Nun ja", erläutert Jackie, "ich habe einmal gehört, daß Wissenschaftler herausgefunden haben, daß Wasser eine Art Gedächtnis habe. Diesen Gedanken habe ich weiterentwickelt: Wasser ist m.E. Erinnerung pur. Jeder Mensch wird mit einer gewissen Menge dieses Wassers (also mit einer Art Erb-Erinnerung) geboren, die im Laufe des Lebens zwar immer weniger wird - aber erhalten bleibt. Wenn man also älter wird und sich auf seine Wurzeln besinnt, verteidigt man sozusagen, die uralten, heriditären Quellen des Lebens." Alles klar? Hat ja niemand gesagt, daß es einfach ist.
Jackie Leven
Einfach macht es sich auch Jackie nicht. Jeder seiner Songs ist von einer soliden Basis-Philosophie untermauert. So geht es z.B. um das Bewahren alter Folk-Melodien - "Your Winter Days" basiert auf einem Folk-Song aus der Whisky-Stadt Oban. Wichtig ist Jackie auch das Einbeziehen von Poesie: Es gibt mehrere kurze aus dem spanischen übertragene Gedichte und "Hand Is Pale With Holy Kisses" basiert auf einem russischen Poem von Mariana Tsvetayeva und handelt das Thema Demut am Beispiel des befreundeten Dichters Dostoyevsky ab - so was mag Jackie Leven. Das Ausloten von ungeahnten Dimensionen unscheinbarer Popsongs ist ihm auch ein Anliegen: "You've Lost That Loving Feeling" ist laut Leven ein grandios düsteres, paranoides und somit unterschätztes Werk. Und immer wieder geht es um das Besinnen auf die eigene Herkunft - wie z.B. auch im Titelsong. "Zeitweise hatte ich das Gefühl, ich schreibe gar keine Songs, sondern versuchte, mit den Mitteln der Musik meinen Ursprung zu lokalisieren. Als ich mal in Berlin lebte, meinte ein amerikanischer Freund zu mir, daß es bei uns Briten nie um's "traveling", sondern immer nur um Heimweh und Rückkehr ginge. Auch wenn ich das damals nicht wahrhaben wollte: Da ist sicherlich was dran."

Einen Bruder im Geiste - was individuelle Komplexität, Sperrigkeit und unkonventionelle Arbeitsweise betrifft - hat Leven in dem Amerikaner David Thomas (Pere Ubu), gefunden. Man lernte sich über dessen "Mirror Man" Projekt kennen und schätzen. Deshalb befindet sich - quasi als Werbung - auch ein Auszug daraus, "Morbid Sky", auf "Springs". Daneben gibt es einige interessante Duette. Neben "Feeling" ist das der humorvolle "Paris Blues". "Das ist ja gar kein Blues über Paris", erläutert Leven, "sondern ein Song über jemanden, der darüber nachdenkt, nach Paris zu gehen, um sich dort - vielleicht - selbst zu verwirklichen. Ich saß mit David in einem Café in Paris und wir sahen so einen Typen. David meinte noch: "Schau dir diesen Loser an, so sind wir doch nicht - oder etwa doch?" Nun, dieses Urteil überlasse ich dem Hörer. Jedenfalls ist "Paris Blues" nicht ganz ernst gemeint." Schön, daß dem Mann, bei aller hehren Ernsthaftigkeit, mit der er sich und sein Werk analysiert, dennoch Zeit zum Schmunzeln bleibt.

Weitere Infos:
www.saghaug.com/leven
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Jackie Leven
Aktueller Tonträger:
Defending Ancient Springs
(Cooking Vinyl)
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