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PRESTON SCHOOL OF INDUSTRY
 
Das Erfolgsrezept, das keines ist
Preston School Of Industry
Die Unterschiede fangen schon bei den Namen ihrer neuen Projekte an. Innerhalb von sechs Monaten haben nun also die beiden früheren Köpfe der Alternative-Rock-Darlings Pavement Soloplatten veröffentlicht. Stephen Malkmus unter seinem eigenen Namen und ohne zusätzlichen Albumtitel, "weil ihm das schon früher schwer gefallen sei, sich jedes Jahr einen neuen Titel für eine LP auszudenken", wie er der Gästeliste Anfang der Jahres berichtete. Ex-Kollege Scott Kannberg alias Spiral Stairs dagegen hatte schon immer eine besondere Vorliebe für schräge Bandnamen, wie auch sein neues Projekt einmal mehr beweist.
Während Malkmus bei seinem Solodebüt darauf bedacht war, sich möglichst weit vom Markenzeichensound und den Songstrukturen seiner alten Band zu entfernen, geht Scott etwas weniger rabiat mit seiner Vergangenheit um. Die Implosion von Pavement bedeutete zwar mehr als nur das Ende einer Band aus Kalifornien, es war das Ende einer Ära, aber warum sollten deshalb die Musiker alles einmal Erreichte hinter sich lassen? Genau das mag sich Scott gedacht haben, denn "All This Sounds Gas" klingt wie eine ausgefeilter produzierte Version Pavements, bei der die Veränderungen eher im Detail stecken. Was vielleicht auch daran liegen mag, daß einige der Songs ursprünglich für das letzte Pavement-Album "Terror Twilight" gedacht waren, aber von Malkmus kategorisch abgelehnt wurden.

"Die Platten von Pavement waren nie richtig produziert, es fehlte immer etwas", erklärt uns ein gut aufgelegter Scott beim Gespräch mit der Gästeliste im Kölner Hopper Hotel. "Zum Zeitpunkt ihres Erscheinens war das okay, aber wenn ich mir diese Aufnahmen jetzt anhöre, fällt mir auf, dass sie 'the test of time' nicht bestanden haben. Viele der Songs klingen heute so antiquiert, daß ich mich echt darüber aufregen könnte. Deshalb habe ich dieses Mal versucht, die Produktion eher traditionell und 'soulful' zu gestalten, mit mehr musikalischem Geschichtsbewußtsein."

Beeinflußt hat diese Kehrtwende vor allem ein Mann: Bill Callahan. Vor dessen letzten beiden Alben mit Smog hat Scott allergrößten Respekt, aber auch seine neuentdeckte Liebe zu Country, Bluegrass und TexMex hat ihn dazu gebracht, dem oft etwas fragilen Sound seiner alten Band zumindest streckenweise den Rücken zu kehren. Damit einher ging auch ein gesteigertes Interesse an der Arbeit im Tonstudio. "Wir haben die Basis der Platte in einem regulären Studio aufgenommen und dann den Computer damit gefüttert. Die Overdubs haben wir dann mit Hilfe von ProTools gemacht, und das gab uns die Freiheit, mehr zu experimentieren. Dadurch haben die Songs oft einen völlig anderen Charakter als die Demos. Zum Mixing habe ich dann jede Menge Platten mit ins Studio geschleppt und dem Tontechniker gesagt: 'So und so soll es klingen'. Das ging ein paar Tage so, und das Witzige dabei ist: Letztendlich sind genau das die Songs, die am schlechtesten klingen."

Angst, daß er sich mit dem computergesteuerten Aufnahmeprozeß etwas für die Live-Präsentation auf der Bühne kaputt macht, hat Scott nicht, dennoch ist er sich schon jetzt sicher, daß die nächste Platte weniger experimentierfreudig sein soll. "Ich werde für die zweite Platte wohl vorher alles besser vorbereiten und dann ohne Computer auskommen. Die Technik schafft ja auch neue Probleme: Die Möglichkeiten sind fast unendlich und der Entscheidungsprozess dauert länger. Außerdem sind uns in der ersten Woche gleich drei komplette Songs verloren gegangen, weil der Computer abgestürzt ist, hahaha."

Preston School Of Industry
Überhaupt dürfte die zweite Preston-Platte sehr interessant werden, gibt Scott doch zu, aus unerfindlichen Gründen zumeist die zweite LP einer Band zu favorisieren. Zum Beispiel die seiner alten Helden Echo & The Bunnymen. "'Heaven Up Here' ist eine dieser Platten, die einfach perfekt vom Anfang bis Ende sind. Selbst das Cover ist wunderschön." Inzwischen bedeute ihm die Band nicht mehr so viel wie in seiner Jugend, sagt Scott, aber das meint er nicht im snobistischen "ich habe das nicht mehr nötig"-Sinne: "Als ich aufgewachsen bin, war ich ein Riesenfan der Bunnymen, ich bin ihnen sogar hinterhergereist, als ich 18 war. Bei einer Show haben sie mir eine Platte signiert, und es gibt dieses Foto von mir und Ian McCulloch, wie er die LP signiert. Jahre später waren Pavement plötzlich fast genauso populär in England wie die Bunnymen. Wir haben dann 'The Killing Moon' gecovert, und eines Abends im Hotel saß plötzlich Ian McCulloch mit bei uns am Tisch. Später lud er uns dann auf sein Zimmer ein und spielte uns seine neuen Songs vor und wir ließen ihn unser 'The Killing Moon' hören. Der Kreis schloß sich in dem Moment, als ich Ian meine Version seines Songs vorspielen konnte. Da sagte ich mir: So, jetzt hast du Ian McCulloch getroffen, jetzt kannst du dich anderen Sachen zuwenden."

Zum Beispiel Preston School Of Industry, die zumindest auf der Platte aus Scott, Andrew Borger und Jon Ericsson bestehen. Denn das Trio schafft es, die große Indierock-Vergangenheit der Pixies, der Superchunks oder eben der Pavements wiederaufleben zu lassen, ohne zu sehr in nostalgische Gefilde abzudriften. Auch nach mehr als zehn Jahren im Geschäft hat Kannberg offensichtlich noch immer größten Spaß daran, einfach drauflos zu rocken. Aufgezwungene Innovationen sind ein Fremdwort für seine neue Band, und das ist wohl auch der Grund dafür, warum Preston School Of Industry auch mit einem Sound, der uns eigentlich schon lange wohlbekannt ist, frisch und aufregend klingen. Ein Erfolgsrezept, das eigentlich keines ist. Ganz schön clever, dieser Scott Kannberg!

Weitere Infos:
www.prestonschoolofindustry.com
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Pressefreigaben-
Preston School Of Industry
Aktueller Tonträger:
All This Sounds Gas
(Domino Records/Zomba)

 
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