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MARIA SOLHEIM
 
Fragen und Antworten
Maria Solheim
Wenn Maria von der Zeit als solcher spricht, hat das schon etwas Relatives: "Ich mache seit fünf Jahren Musik. Nun kann man sagen, daß das nicht sehr lange ist, aber für mich ist das immerhin ein Viertel meines Lebens", meint sie zu diesem Thema. Die Preisfrage, wie alt Maria ist, ersparen wir uns also und gehen gleich zu den Fakten über: "Ich komme aus dem kleinen Ort Alsborg, der ca. 3 000 Einwohner hat und im Norden von Norwegen liegt." Das bedeutet, daß Maria nicht zur gerade angesagten Bergener Szene gehört? "Nein. Den Plattenvertrag habe ich mit 17 bekommen und bin dann mit 18 nach Oslo gezogen. Meine Plattenfirma in Norwegen hatte mich zur PopKomm geschickt. Dort habe ich Kontakt mit Strange Ways, dem deutschen Label bekommen. Es gab dann eine Tour, auf der ich Poems For Laila supported habe. Dann ist die Scheibe 'Barefoot' hier erschienen." Wenn Maria das so erzählt, hört sich das alles ganz einfach und logisch an. In der Tat hat sie aber natürlich auch eine Menge Glück gehabt. Das ist auch ihr klar, denn aufgrund des Erfolges haben sich auch ziemliche Veränderungen in ihrem Leben ergeben.
Davon handeln - unter anderem - auch die Songs auf der Scheibe. Dieser wird öfters vorgeworfen, daß sie mit einem - für Maria eher atypischen - Pop-Rock-Song beginnt. Dabei ist die Erklärung dafür ganz einfach: "Als ich diese CD herausgegeben habe, wußte ich nicht, was ich erwarten sollte. Es war alles möglich. Ich habe mich also ziemlich 'barfuß' und verletzlich gefühlt. Weil du ja schließlich einen Teil von dir selbst der Öffentlichkeit preisgibst. Es ist ja nicht nur die Musik. Ich habe ja auch die Texte gemacht und die sind persönlich. Ich schreibe nicht Songs, um eine CD zu machen, sondern ich mache eine CD, weil ich Songs habe." Und warum macht Maria Songs? "Das kannst du mit Malen vergleichen. Wenn der Maler durch die Landschaft geht, möchte er diese Malen. Nun - ich beobachte und male mit Tönen. Der Maler wird dabei von seinen Gefühlen gelenkt. So ist das bei mir auch. Songwriting ist für mich eine Möglichkeit, mit meinen Gefühlen ins Reine zu kommen. Was ich dabei übrigens gelernt habe, ist, nicht nur meinen Gefühlen nachzugehen. Ich denke, die Menschen im allgemeinen tendieren dazu, ihren Gefühlen zu schnell nachzugeben, ohne die tatsächlichen Fakten in Betracht zu ziehen. Musik und Schreiben ist eine Möglichkeit, meine Gedanken diesbezüglich zu sortieren. Es ist mir wichtig, daß meine Musik subjektiv ist. Aber meine Songs sind nicht alle autobiographisch. Ich verwende die Story, um Sachen auszudrücken, die anders nur schwer auszudrücken sind. Das ist auch das Thema des Albums." Das ist ja ganz schön schwerer Stoff. Auch wenn man mal dahingestellt sein lassen muß, ob jemand anderes als ein junges Mädel auf Gedanken dieser Art kommen kann, ist es doch ein ziemlich solider Unterbau für eine Karriere als Songwriterin.
Maria Solheim
Marias Musik ist also ihre Sicht des Lebens? "Das könntest du so sagen. Ich verwende meine Musik. Um mit den Leuten in Kontakt zu treten, zu kommunizieren, und um das Leben besser zu verstehen. Denn das ist mein Leben: Das ist meine CD, das ist mein Photo, das bin ich, das sind meine Texte, das ist mein Name, das ist meine Geschichte. Es ist eine ehrliche Sache." Wie geht man denn damit um, wenn man sich dermaßen öffentlich macht? "Die letzten zwei Jahre haben große Veränderungen mit sich gebracht", erzählt Maria, "ich habe viel Presse gemacht und du merkst dann schnell, daß du dich auch irgendwo preisgibst. Denn die Leute wollen ja nicht Sachen nur über deine Musik wissen, sondern auch über dich. Was du ißt, was du denkst, was deine Lieblingsfarben sind. So habe ich eine Menge darüber nachgedacht, ob ich das überhaupt machen will. Ich habe sogar drüber nachgedacht, es dranzugeben. Nicht weil ich Musik nicht mag, sondern weil das Leben nicht nur aus Musik besteht. Aber es ist ein wichtiger Teil von mir, und so habe ich mich entschlossen, es zu tun." All diese Veränderungen haben für Maria in den letzten zwei Jahren stattgefunden. "Ja, und es sind große Veränderungen. Zum Beispiel bin ich zu Hause in meinem Dorf nun nicht mehr die Tochter meines Vaters, sondern mein Vater ist der Vater der Plattenkünstlerin und in der Apotheke muß ich Autogramme geben - das ist schon irgendwann komisch." Marias Songs sind deswegen so gut, weil sie einen Sinn für solche Szenarien hat, dazu eine genaue Beobachtungsgabe und das Ergebnis ihrer Überlegungen - oder sagen wir mal ihrer Philosophie - in greifbare, konkrete Bilder packt. Wie lernt man denn so etwas? "Ich habe einige Leute getroffen, die mir eine ganze Menge über das Leben beigebracht haben. Und ich habe viele Leute getroffen, die mir wichtige Fragen gestellt haben. Ich stelle mir selbst auch ständig Fragen. Seit meiner Kindheit stelle ich mich zum Beispiel vor den Spiegel und frage mich: 'Was willst du vom Leben?' oder aber 'Warum sagst du das?` oder 'Warum stehst du für diese Dinge?'." Es ist also im Prinzip dieser philosophische Ansatz, der in Marias Songs konkretisiert wird? "Das kann man so sagen. Als ich 16 war - ein Jahr nachdem ich begonnen hatte, Musik zu machen, hatte ich eine Erkenntnis: Ich trank gerade Tee und erkannte, daß ich meine Tasse anhob. Und wenn ich sie wieder hinstellte, wäre das okay, aber wenn ich sie auf den Boden fallen ließe, würde sie zerbrechen. Da wurde mir klar, daß das, was ich tat, Konsequenzen hat und daß ich am Leben war. Diese Erkenntnis setzte einen Gedankenprozeß in Gang, der die Frage zum Gegenstand hatte: Warum sage ich, was ich sage, warum glaube ich, was ich glaube? Ich habe dann viel in der Bibel gelesen, weil ich in einer christlichen Familie aufwuchs und auch philosophische Bücher, ich habe in der Schule nachgefragt. Was mir dann allerdings klar wurde, war, daß wir viele Dinge einfach so hinnehmen, ohne diese zu hinterfragen. Diese Erkenntnis war wichtig für mich, und meine Musik ist eine Möglichkeit, meine Gedanken diesbezüglich zu sortieren und gewisse Dinge herauszufinden." Und wie spielt die Religion da herein? "Für mich ist die Kirche eine Gemeinschaft von Menschen, die das gleiche glauben. Es ist nicht das Gebäude. Es ist nicht die Institution. Ich kann verstehen, daß viele Leute die Institution Kirche ablehnen. Aber an Jesus zu glauben ist für mich eine sehr direkte Sache. Mein Glaube beeinflußt alles, was ich tue." Und die Bibel? "Die Bibel ist mein Lieblingsbuch. Ich trage sie ständig dabei. Es ist für mich nicht ein Buch, das ich lesen muß, um eine Theorie zu verstehen. Für mich ist es ein Buch, das ich öffnen kann und in dem ich mich selbst wiederfinden kann. Es berührt nicht meinen Geist, sondern mein Herz. Das ist übrigens eine Parallele zu meiner Musik. Für mich ist es wichtig, daß meine Musiker meine Freunde sind und daß sie verstehen, warum ich diese Musik mache. Es geht nicht darum, berühmt zu werden, sondern darum, zu kommunizieren und zu lernen."
Maria Solheim
Dieser ganze Überbau ist auch das Thema des Songs "Blue Painting". "Es geht um ein Mädchen, das sehr enttäuscht von der Gesellschaft ist und das es an jemandem ausläßt, der damit gar nichts zu tun hat." Von der Gesellschaft enttäuscht? Was heißt das denn? "Nehmen wir mal die Kirche. Viele Leute sind enttäuscht von der Institution Kirche. Und das lasten sie dann Jesus an. Und darum geht es in dem Song. Daß die Leute nicht realisieren, daß nicht Jesus an diesem Umstand schuld ist, sondern die Leute, die in seinem Namen handeln." Wenn man bereits auf der ersten Scheibe solch schwere Geschütze auffährt, besteht ja die Gefahr, daß man sein Pulver schnell verschießt. Doch dieses Problem sieht Maria momentan nicht. "Ich hatte sehr viel Glück. Ich habe Glück mit meiner CD. Ich habe Glück mit meinen Musikern, die meine Freunde sind. Ich habe Glück mit meinem Management. Wer bekommt denn von seinem Management schon hausgemachte Marmelade geschenkt? Ich bekomme sie. Insofern ist es mir wichtig, niemanden zu enttäuschen und mich dennoch weiterzuentwickeln. Die nächste Scheibe wird z.B. mit meiner eigenen Band eingespielt werden und deswegen vollkommen anders klingen. Auf der ersten CD waren das Studiomusiker - es ging einfach nicht anders. In Norwegen habe ich jetzt sehr viel zu tun - Radio, Live-Shows, Presse usw. Ich hoffe, daß die neue CD bald herauskommt. Im November werde ich in Deutschland dann eine 'richtige' Tour machen." Maria Solheim scheint deshalb so fest auf dem Boden zu stehen, weil sie mit sich ins Reine gekommen ist und gleichzeitig eine Methode gefunden hat, mit dem Leben als solches umzugehen. Bemerkenswert: Denn manch einem gelingt das schlicht nie. Um so besser, daß sie dies mittels des Mediums Musik tut, denn so haben wir alle etwas davon.
Weitere Infos:
www.kjentfolk.no/musikere/solheim/
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-

Aktueller Tonträger:
Barefoot
(Strange Ways/Indigo)
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