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NEKO CASE
 
Alone & Forsaken
Neko Case
Dafür, das Neko Case erst mit "Blacklisted”, ihrer dritten CD unter eigenem Namen, auch offiziell bei uns reüssiert, hat sie bereits ein beachtliches Resümee vorzuweisen. Im Schnelldurchgang: Mit 15 zog sie von zu Hause weg, mit 18 begann sie in diversen Punk Bands zu trommeln - dann, während ihrer Studienzeit in Kanada - sang sie erstmalig: im Trio Maow. (Und das war gut so, denn Neko hat eine Stimme, für die mancher sein letztes Hemd hergeben würde.) Ihre eigentliche Karriere begann dann '97 mit Ihrer Solo-CD "The Virginian". Es folgte die zweite Scheibe, "Furnace Room Lullaby" sowie ein Projekt namens The Corn Sisters mit Carolyn Marks. Daneben fand Neko auch stets Zeit, bei anderen Künstlern mitzutun. Es gab obskure Split-Singles mit Whiskeytown, Freundin Kelly Hogan, mit den Sadies, Gastauftritte bei Giant Sand (laut Howe Gelb aufgrund einer Romanze mit Joey Burns) und den US-Labelmates von Jon Langfords Pine Valley Cosmonauts. Der nächste Clou war dann ein Gesangspart bei der kanadischen Band The New Pornographers. Deren unerwarteter Erfolg sorgte a) für ein zweites Standbein und b) dafür, dass Nekos dritte CD jetzt auf Matador auch bei uns erscheint.
Neko Case
Etwas seltsam, denn die eher traditionell aufbereitete Country-Noir Version, der sich Neko verschrieben hat, wirkt auf dem ansonsten für heftige und gern auch experimentelle Alternative-Elaborate bekannten Label ein wenig deplaziert. Aber das muss wohl so sein. Gleich der erste Track der Scheibe, "Things That Scare Me", enthält die Zeile "I'm one of a dying breed - haunted by the american dream" - ist Neko Case wirklich von einer aussterbenden Art? "Jedenfalls fühle ich mich definitiv so", bestätigt sie beinahe überschwenglich, "und zwar in jeder Beziehung. Ich denke auch, dass viele Leute sich ebenso fühlen. Und somit dachte ich, dass es eine gute Sache sei, das mal auszusprechen. Ich habe nicht viel am Hut mit zeitgenössischer Musik. Ich mag Country, ich mag Folk - die Musik, die früher meine Eltern hörten. Ich mag die Art, auf der die alten Scheiben produziert wurden." Woher kommt denn diese Vorliebe? Immerhin hat Neko ja gezeigt, dass sie durchaus auch stilistisch anderes Material zu handhaben weiß - vom Glam-Rock der Pornographers bis hin zu den Anfängen mit Punk-Musik. "Ich habe in vielen Bands gespielt", sagt sie, "und es hat mit der Musik zu tun, die man selbst gerne hört und der Art, wie man Musik hört. Was ich bei der Country-Musik immer schon gemocht habe - außer den Texten - ist die Tatsache, dass es dort auch immer weibliche Stimmen gegeben hat. Anders als bei anderen Genres hattest du hier auch immer großartige Sängerinnen - Patsy Cline und so. Das hat mich immer schon beeindruckt." Und wohl auch beeinflußt. Wessen Idee war es denn, die Vocals auf "Blacklisted" mit diesem beinahe unwirklichen Hall zu versehen? "Ich bin die Produzentin, also nehme ich das auf meine Kappe", gibt Neko zu. "Das mit dem Hall war früher sehr populär und das ist es, was mir an alten Scheiben so gefällt - Patsy Cline, The Platters - auf R'n'B und Country-Scheiben generell", fährt Neko fort, "ich mag diesen zeitlosen Ansatz. Heutzutage ist das natürlich nicht mehr angesagt und mag deswegen ungewohnt klingen. Aber damit habe ich zum Glück keine Probleme, weil ich ja nicht für den Mainstream Markt schreibe und somit tun und lassen kann, was ich möchte. Außerdem spielen ja Leute auf der Scheibe mit, die auch zum Sound beigetragen haben. Nimm z.B. John Convertinos Drumming - den kannst du ja nicht mit jemand anderem verwechseln.” Auf der CD spielen u.a. Burns, Convertino und Gelb mit.
Den Bandnamen The Boyfriends, den Neko für ihre beiden ersten CDs verwendete, gibt es nicht mehr - weil es sowieso keine feste Band war. Dafür gibt es nun ein Video von Neko Case. "Du meinst das Video zu 'Furnace Room Lullaby'?" Genau - das Stück, das in dem Sam-Raimi-Film "The Gift" zum Tragen kam. "Oh, dazu hat mich die Plattenfirma überredet", sagt Neko fast giftig, "ich frage mich bloß, warum. Ich glaube nicht, dass es irgendwo mal gelaufen ist. Ich mag keine Videos." Klar: Videos sind ja auch modern. Wie geht Neko denn an ihre Texte heran? Diese scheinen ja schon irgendwie spezifisch zu sein, haben aber sicher auch etwas von den alten Folk-Songs der Appalachen. "Ich singe immer über die Dinge, über die ich gerade nachdenke", erklärt sie, "allerdings kann ich mich nicht hinsetzen und sagen: ‚So, und jetzt schreibe ich ein Liebeslied'. Das ist auch mit der Grund, warum ich die Cover-Versionen auf diesem Album aufgenommen habe (wie z.B. "Running Out Of Fools" von Aretha Franklin). Ich brauchte noch Liebeslieder. Was nun die Metaphern in meinen Songs angeht: Das stammt aus einer Zeit, wo das Songwriting eher zeitlos war. Ich sage nun nicht, dass ich die Genialität dieser Songs erreicht habe, aber das ist es zumindest, was ich anstrebe. Und ich will dem Zuhörer nicht vorbuchstabieren, worum es geht. Ich denke, der Zuhörer soll selbst entscheiden, wovon ein Song handelt - als Teil des kreativen Prozesses. Ich glaube auch, dass man sich gerade deswegen an bestimmte Songs für den Rest seines Lebens erinnert. Das hoffe ich zumindest - ich kann mich auch irren. Jedenfalls glaube ich, dass Musik - und Kunst im Allgemeinen - immer dann am besten funktioniert, wenn man dazu aufgefordert ist, Fragen zu stellen." Ein philosophischer Ansatz, also. Kann es dann aber nicht sein, dass man dann nicht alles mitbekommt - etwa den Humor, der sich z.T. offensichtlich hinter den eher düsteren und klagenden Songs verbirgt? "Ich denke, die Leute kriegen das schon mit", meint Neko bestimmt, "es stimmt schon, dass ich traurige Songs singe. Aber es ist irgendwie eine fröhliche Traurigkeit - oder sagen wir mal eine positive, optimistische Traurigkeit. Es ist ja so, dass ich privat ein recht extrovertierter Mensch bin [was auch über's Telefon mehr als deutlich herüberkommt]. Und zwar deswegen, weil ich durch meine Musik ein Ventil für die eher düstere Art von Emotionen habe."
Neko Case
Der Humor kommt wohl auch auf den CD-Covers irgendwie zum Tragen. Auf "Furnace Room Lullaby" liegt Neko wie tot am Boden und bei "Blacklisted" liegt sie hinter einem Umzugs-LKW. Ist das ein Witz? "Nein, das ist definitiv kein Witz", widerspricht sie vehement, "es ist nur kein poliertes, stilisiertes Foto. Ich mag nämlich keine Fotos mit durchgestylter Frisur und viel Makeup und gestelzten Posen. Das ist eher ein Schnappschuß der mir gefiel und ich mochte das Flugzeug, das über die Szene fliegt." Apropos Flugzeug: Woher kommt denn dieses Thema? Auf der Scheibe gibt es z.B. ein Stück namens "Lady Pilot". "Das ist auch der Name meiner Plattenfirma", erklärt Neko, "dieses Stück war eine plötzliche Eingebung. Ich hatte da vor diesem Flug diese Vorahnung - dass das Flugzeug abstürzen könnte. So was gibt's ja schon mal. Es ist zum Glück alles gut gegangen, aber ich wollte diesen Song darüber schreiben." Und worum geht es bei dem Foto auf der Rückseite, wo Neko inmitten einer Gruppe von Rehen liegt? "Oh ich liebe Rehe, bin ganz vernarrt in sie", schwärmt Neko, "und ich wollte unbedingt mal etwas mit Rehen machen. Diese leben in einem Park in der Nähe von meinem Wohnort (in Chicago) und sind an Menschen gewöhnt, weil sie im Winter gefüttert werden. Deswegen war es kein Problem dieses Foto zu schießen." Und welchen Bezug hat der "Beaver"-Sticker auf dem CD-Label, den man zuweilen auch auf Nekos Jacke sieht? "Oh das ist ein Sticker, den hat mir jemand in Kanada gegeben", erläutert sie, "es ist - glaube ich - eine Tankstellen-Kette. Ich habe einen Van, den ich sehr liebe. Es ist ein 88er GMC Diesel, der braun ist und 'Bieber' heißt - das ist der Grund, warum ich diesen Sticker verwendet habe. Ich liebe meinen 'Beaver'." Kommen wir zu einem leidigen Thema: Allzuoft hat man ja Songwriterinnen, die eine CD bei uns promoten und dann eine Tour ankündigen, die dann nie stattfindet. Wie sieht es denn bei Neko diesbezüglich aus? "Ist das wahr? Nein, ich werde auf jeden Fall kommen, ich verspreche es", gelobt sie auf jeden Fall, "es wird wohl im Frühjahr soweit sein. Ich habe zwar mal in England gespielt, aber noch nie in Holland, Deutschland oder Skandinavien - und das will ich auf jeden Fall tun. Wir werden als Trio auftreten - ich, Tom V. Ray und John Rauhouse, die auch auf der CD mitmachen. Tom spielt akustischen Bass, John Pedal Steel, Hawaii-Gitarre sowie Banjo und Tom spielt ein wenig 'Perkussion' mit seinen Füßen, was sehr interessant ist." So wie in einer Bluegrass Band? "Ja - nur, daß wir keinen Bluegrass spielen - es ist eher so eine Art amerikanischer Zigeunermusik. Wir haben mit diesem Line-Up jedenfalls viel bessere Resonanzen bekommen, als mit einem normalen Drum Set. Und ich freue mich darauf, dass hier [in Europa] auch mal ausprobieren zu können und so vielleicht ein paar neue Fans zu gewinnen." Das dürfte ja wohl kein Problem sein. Übrigens wird es demnächst auch wieder eine neue Pornographers-Scheibe geben, zu der Neko ihren Part soeben eingesungen hat. Daneben ist auch nach wie vor das Corn-Sisters-Projekt noch aktiv. Und irgendwann muß Neko Case ja wohl auch mal schlafen…

PS: Hank Williams' "Alone And Forsaken" hat sie natürlich auch mal gecovert. (Auf einer inoffiziellen LP namens "Canadian Amp").

PPS: Selbstredend mag Neko auch das Internet nicht so gerne - auch wenn sie es nicht haßt, wie sie (hauptsächlich deswegen, weil sie nicht so gut tippen kann - sagt sie). Insofern bekommt man den besten Überblick über die Bloodshot-Records-Page.

Weitere Infos:
www.bloodshotrecords.com/bands.php3?bandid=24
www.nekocase.com
www.mintrecs.com
www.bluerodeo.com/neko_case.html
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Neko Case
Aktueller Tonträger:
Blacklisted
(Matador Europe/Beggars Banquet/Connected)

 
 

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