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Interview-Archiv

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MARIA MCKEE
 
Die kleine Unterwasser-Sonde
Maria McKee
Als Maria McKee vor sieben (7) Jahren ihr Album "Life Is Sweet" vorstellte, schien sie mit der Welt im Reinen zu sein. Bei ihrer Plattenfirma hatte sie dank eines neuen A&R Betreuers erstmalig freie Hand. Endlich, so schien es, hatte sie ein Format gefunden, mit dem sie selber glücklich schien und endlich hatte sie sich von den Fesseln der Vergangenheit gelöst und sich musikalisch auf eigene Füße gestellt. Die Scheibe hatte sie damals ganz alleine konzipiert und komponiert - ohne Zuhilfenahme großer Namen (Tom Petty, Robbie Robertson, Steve Van Zandt etc.), die ihr zuvor immer an die Seite gestellt worden waren. Ihr Ausspruch von damals - "No more Celebrity Ass-Lickin' for me!" - wird für ewig in die Annalen der Bonmots des Rock-Talk eingehen. Wie das aber manchmal so ist, funktionierte die Sache dann nicht so wie geplant: Die Scheibe floppte, der A&R des Labels verschwand und man beendete die Zusammenarbeit - wie Maria heute beiläufig sagt - "in gegenseitigem Einvernehmen".
Seither hat man bis auf ein paar Tracks auf dem Cajun-Sampler "Evangeline Made" und einer Cover-Version des Folk-Stücks "Wayfaring Stranger" auf dem Soundtrack des Films "Songcatcher" nichts mehr von der kleinen Diva gehört. Bis sie jetzt - ohne jedwede Promotion - mit der selbstproduzierten Scheibe "High Dive" auf einem neuen, eigenen Label (Viewfinder Records) wieder auf der Versenkung auftauchte. Was ist denn bloß in der Zwischenzeit passiert? "Weißt du was, ich habe niemals realisiert, dass es sieben Jahre waren", erzählt Maria, "bis ich begann, Interviews für diese Scheibe zu geben und man mich dann darauf hinwies. Ich war nämlich die ganze Zeit beschäftigt. Wir haben in Irland geheiratet (Ehemann Jim Akin ist Produzent, spielt auf der neuen Scheibe Bass und bildet mit der Managerin Lauren Abrahams das Label Viewfinder Records), wir haben uns ein Haus eingerichtet, haben uns von Geffen getrennt, wir haben ein Studio bei uns zu Hause eingerichtet, wir haben eine Band zusammengestellt. Und dann haben wir über einen Zeitraum von fünf Jahren an der neuen Scheibe gearbeitet. Als wir in Irland waren, habe ich begonnen, die Songs zu schreiben, dann haben wir Demos aufgenommen, bis uns die Produktion möglich war. Ich habe zunächst alleine angefangen. Mein Mann hatte dann aber ein paar Ideen und ich habe ihn mal machen lassen. Es stellte sich dann heraus, dass er ein bemerkenswerter Produzent ist." Hierzu muss man sagen, dass "High Dive" nicht etwa nach sparsamem Homerecording klingt - wie man etwa erwarten hätte können - sondern sich als Marias bislang ambitioniertestes Projekt herausstellt. Die Arrangements sind schwelgerisch und opulent geraten - mit Streichern, Bläsern und Chören angereichert - und der Sound der Scheibe ist stellenweise schlicht überwältigend - mehr noch, als auf dem Vorgängeralbum. Es stellt sich heraus, dass das Arrangieren Marias neue Passion geworden zu sein scheint. "Nun, Jim hat viele Ideen die Produktion betreffend - versuch diese Gitarre, lass jene mal weg etc. Die Ideen für die Streicher und Bläser kommen aber von mir. Ich habe mit Keyboards herumexperimentiert und die Sounds aufgeschichtet, bis wir eine Art 'Landkarte' für die Produktion hatten. Das haben wir dann in den Computer gespeist und mit einem Programm ausgegeben, dass es dann in Noten umgesetzt hat ... das ist das, was am meisten Spaß macht: Mit einer weißen Leinwand anzufangen und dann quasi mit Tönen zu malen. Ich vergleiche es jedenfalls mit dem Malen. Das ist etwas, worin ich mich verlieren kann. Deswegen mag ich auch die modernen Technologien. Damit kann man nämlich ein wenig mogeln, auch wenn man kein ausgebildeter Musiker ist." Warum gibt es denn auf "High Dive" eine neue Version des Stückes "Life Is Sweet" (und des Anhängsels "Afterlife") vom letzten Album? "An das Album 'Life Is Sweet' heranzukommen, ist nicht ganz einfach, weil es nicht mehr aufgelegt ist", erklärt Maria, "und 'Life Is Sweet' ist ein sehr großer Song, der mehr Raum vertragen kann, und so dachte ich, dass ich ihm eine neue Chance einräumen sollte." Als wir Maria 1996 sprachen, erzählte sie uns, dass sie als Songwriterin gewachsen sei und sich diesbezüglich selbst herausfordern wolle. Das passt nun nicht ganz zu dem, was sie heutzutage zum Songwriting zu sagen hat: "Songs zu schreiben fällt mir nie leicht", erklärt sie nämlich, "ich weiß nämlich nicht, wie es geht. Ich bin keine Handwerkerin, die daran arbeitet. Ich warte auf eine Eingebung. Deswegen ist es unberechenbar. Die Herausforderung liegt also für mich darin, die Inspiration zu suchen, und das Ergebnis dann nicht zu zensieren. Also mich nicht zurückzuhalten, und Einflüsse von außen beiseite zu lassen, um die pure Eingebung sprechen zu lassen. Das ist ja auch das Gute an unserem eigenen Label. Wir können machen, was wir machen wollen, ohne auf jemanden von außerhalb Rücksicht nehmen zu lassen. Wobei wir selbst unsere härtesten Kritiker sind." Woher kamen denn dieses Mal die musikalischen Inspirationen? Einige Stücke auf der neuen Scheibe klingen ja geradezu wie eine Hommage an The Who der "Quadrophenia"-Phase, oder? "Ich habe The Who immer gemocht", räumt Maria ein, "und ich fühlte mich immer schon zu Songwritern und Musikern hingezogen, die jene Art von Theatralik ausdrücken konnten, die für den Rockfan nicht zu entfremdend ist - noch vor diesem Album, das ja eine gewisse matriarchalische Ader hat. Ich denke dabei an David Bowie, Sott Walker, Todd Rundgren, Queen oder eben The Who. Das waren für mich immer große Einflüsse. Ich habe also nach einer Methode gesucht, dieses in einem Rock-Kontext umzusetzen. Am Einfachsten war das nun mal mit The Who. Mein Mann und unseren Drummer Tom Dunn, den er aussuchte, sehen sich auch von John Entwistle und Keith Moon beeinflusst. Also war das für uns ganz natürlich. Hauptsache, die Scheibe klingt zeitlos. Das ist ein bewusstes Anliegen für uns." Jetzt muss man noch dazu sagen, dass die Scheibe trotz allem natürlich nicht wie eine Who-Scheibe per se klingt. Maria hat das mit der matriarchalischen Ader schon ganz schön formuliert: Es gibt hier trotz allem wesentlich mehr Östrogen als Testosteron. Was wohl auch daran liegt, dass Maria ihre Texte stets aus der Sichtweise der ersten Person Singular schreibt, oder? "Ich habe keine Technik", meint Maria, "ich weiß nicht wie man Songs schreibt. Ich mag eigentlich, dass mein Stil fehlerhaft ist, weil das eine Art Öffnung bereithält, eine Öffnung, durch die du in den Song hineingezogen werden kannst. Es ist nicht perfekt, wie bei den großen Meistern, deren Songs ich mir anhöre und bewundere. Was mich aber immer berührt ist eine Art Verletzlichkeit, die ich selber auch anstrebe. Wie bei allen Songwritern formen meine Erfahrungen meine Erzählweise. Das Schwierigste für mich, ist den Zeitpunkt einzufangen, wo die Inspiration zuschlägt und dann ein Ende zu finden. Die Sache in der Mitte ist eine Art Collage, die vielleicht nicht leicht ist, aber eben machbar. Wovor ich immer Angst habe, ist dass mir nachher eine Zeile oder ein Refrain fehlt. Weil meine Methode eher unterbewusst und gefühlsmäßig abläuft, kommt es mir seltsam vor, dass ich meine Worte in eine Struktur bringen muss. Ich würde öfter gerne mit weniger Struktur arbeiten wie z.B. bei 'My Friend Foe'. Da sitze ich am Piano und - blah - das kommt dabei heraus. Ich weiß nicht woher dieses Psychogebabbel kommt - aber es musste einfach heraus. Andererseits gibt es auch lineare Songs wie 'Life Is Sweet', die sich wie von selbst schreiben." Einige Leute werfen dem neuen Album (und auch "Life Is Sweet") vor, dass hier nicht die "wahre Maria" zu hören sei - wohl im Sinne der "alten Maria". Wohingegen man doch auch anführen könnte, dass "High Dive" eine logische Weiterführung des letzten Albums ist - was die Frage nach der "alten Maria" angesichts dieser Weiterentwicklung doch eher redundant erscheinen lässt, oder? "Ja, das denke ich auch", stimmt Maria zu, "es gibt nun mal die Leute, die sich an dem aufhängen, was ich vor 20 Jahren gemacht habe. Das ist für mich wie eine Farce. Wenn sich ein Künstler nicht verändert und weiterentwickelt, dann ist es ja eigentlich auch kein Künstler. Ich möchte mich ehrlich ausdrücken und das könnte ich nicht, wenn ich immer wieder das Gleiche mache. Das ist in den USA noch viel schwieriger, weil man dort von mir erwartet, dass ich wie früher weiter mache - was nicht passieren wird." Dabei ist die "typische Maria" in dem musikalischen Labyrinth, für das die neue Scheibe auf den ersten Eindruck leicht gehalten werden könnte, recht einfach wieder zu finden: Anhand ihrer Stimme nämlich, die den Dreh und Angelpunkt des Albums darstellt. "Das ist der Verdienst meines Mannes, der der Ansicht ist, dass die Stimme der dominierende Faktor sein sollte", erklärt Maria, "wenn er also sieht, dass eine bestimmte Stimmung für einen bestimmten Song geeignet erscheint, dann schnappt er mich und sagt, 'Lass uns einen Take aufnehmen'. Für ihn ging es praktisch nur um die Stimme - mehr als bei allen anderen Produzenten, mit denen ich bislang zusammenarbeitete. Das liegt vielleicht daran, dass er mir in meinem Leben am nächsten steht und er mich sicherlich auch sehr liebt, aber er spürt auch eine Art Verantwortung der Stimme gegenüber."
Maria McKee
Wird es für Maria auf der Independent-Schiene weitergehen? "Auf jeden Fall. Ich habe meine Zeit bei den Majors insofern genossen, als das sie mir finanziell ermöglichte, was ich jetzt mache. Jetzt z.B. nach Köln zu kommen und Fans hier zu haben, die auf mich warten, das wäre ohne Geffen nie passiert. Aber ich mochte nie, wie die finanzielle Verantwortung dem Majorlabel gegenüber den kreativen Prozess beeinflusste. Weil man eben Kompromisse eingehen muss, weil man ansonsten ausgegrenzt wird, wie es mir mit 'Life Is Sweet' passiert ist. Ich möchte also die Freiheit behalten, die wir jetzt haben. Es ist aber sehr schwierig. Jeden Tag schaue ich meinem Mann in die Augen und wir fragen uns: 'Was haben wir bloß getan'? Aber wir müssen einfach daran glauben, dass wir etwas damit erreichen werden." Wer sich Marias Website [www.mariamckee.com] anschaut, betritt diese durch ein Gemälde von Max Ernst. Was hat denn das zu bedeuten? "Aha, du hast es also erkannt", schmunzelt Maria, "ich bekomme nämlich öfter Komplimente dafür, wie gut ich malen kann. Nein - wenn du dir meine Collagen anschaust (auf der Website gibt es eine Galerie mit Marias Collagen), dann erkennst du, dass ich von Max Ernst beeinflusst bin. Ich liebe Surrealisten, ich liebe Dinge, die aus dem Unterbewusstsein kommen. Ich denke, viele Künstler lieben das. Es ist schwer, neue Wege zu finden, Dinge gegenüberzustellen. Aber mir macht es nichts aus, auf meine Idole zu verweisen." Hat denn - wie bei den Surrealisten - in Marias Collagen auch alles seine ganz spezifische Bedeutung? "Oh ja, ich denke, das kann man auch erkennen. Wie z.B. meine Songs entstehen - da gibt's ein Haus mit einem Planeten und eine Explosion - um dein eigenes Universum zu erreichen musst du implodieren. Dann gibt's die Doppelgänger, bipolare Persönlichkeiten, Bilder von zwei Köpfen - einer nach innen gerichtet einer nach außen. Da gibt's das Bild von der invertierten Sonne, mit den kleinen Fischen in der See mit den Lämpchen über ihren Köpfen, das gehört alles zusammen. Vielleicht bin ich ja auch eine kleine Meeressonde - blip, blip, blip - ein kleines U-Boot, mit einem Periskop ...." Blah - das ist das was herauskommt. Nun, Maria McKee spart auch 2003 nicht gerade mit Worten. Anders als 1996 aber - und das ist ja der Gedanke dabei - braucht sie diese heutzutage nicht mehr auf die Goldwaage zu legen. Wollen wir hoffen, dass sie, nachdem sie ihren Platz jetzt wirklich gefunden zu haben scheint, noch viele Alben auf Viewfinder Records herausbringen wird.
Weitere Infos:
www.mariamckee.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Maria McKee
Aktueller Tonträger:
High Dive
(Viewfinder/Windsong)
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