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Interview-Archiv

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OH SUSANNA
 
Bitch On Wheels
Oh Susanna
Beim letzten Interview erzählte uns Suzie Ungerleider - alias Oh Susanna -, dass sie als einen der Vorteile der kanadischen Staatsbürgerschaft ansähe, dass es in Kanada unglaubliche Landschaften gäbe, die sich inspirierend auf das Wesen des Songwriters auswirkten. Zwischenzeitlich erzählten uns andere Kanadier (die New Pornographers z.B.), dass dies doch wohl eher ein Klischee sei, während Tegan & Sara z.B. gar so weit gingen, zu behaupten, das sei so, weil viele kanadische Songwriter eben schlicht langweilig seien. Was meint denn Suzie dazu? "Das haben sie gesagt?", fragt sie lachend, "ich kenne diese ungezogenen kleinen Streifenhörnchen. Da muss ich aber doch drüber lachen, denn ich kann mir schon denken, wie sie das vorgetragen haben."
An ihrer Identität lässt sich Suzie natürlich durch so was nicht herumkratzen. Und das ist ja irgendwie auch gut so, denn anders als viele amerikanische Amerikana-Künstler ist Suzie ja längst nicht so hoffnungslos in banalen Klischees verstrickt wie diese. Ganz im Gegenteil: Auf der neuen Scheibe setzt sie ganz auf ihre Qualitäten: Schöpft also sowohl aus traditionellen Quellen vom Appalachen-Blues bis zum immer wieder geschickt angewandten Walzer-Prinzip und legt obendrein rockmäßig einen ganzen Zacken zu. Der Knaller des Albums, das politisch motivierte "Cain Is Rising" ist z.B. eine gospelmäßig jublierende Funk-Rock-Nummer. Doch keine Bange: Auch die von Suzie gewohnten zu Tränen rührenden Balladen über die zerbrochene Liebe, die verlorene Unschuld und die in den Grundfesten erschütterte Existenz gibt es nach wie vor. Was es freilich nicht gibt, ist ein ordentlicher Titel und auch das Cover mit dem im 70s Stil aufgepepptem Oh Susanna Logo (und sonst nichts) sagt nichts weiter aus. Was ist denn der Grund dafür? "Da willst du aber gleich schmutzige Wäsche waschen, was?", meint sie immer noch schmunzelnd, "nun das geht auf eine Sache mit der Plattenfirma zurück. Ich wollte eigentlich der Scheibe einen ganz schlimmen Titel geben, der indes nicht möglich gewesen wäre - das sehe ich ja ein. Deswegen habe ich mich entschlossen, es ganz neutral zu halten." So wie die Stones bei "Beggar's Banquet"? "Wie? Oh ja, die hatten eine schmutzige Toilette geplant, nicht wahr? Na ganz so schlimm wäre es bei mir nicht geworden. Ich wollte die Scheibe 'Bitch On Wheels' nennen - weil ich ja dauernd auf Tour bin..." Es hat also nichts damit zu tun, dass der bloße Titel so quasi als Metapher für die versammelte Suzie steht oder so was? "Meinst du? Nein, denke ich nicht."
Viele Leute sagen ja, dass sich Suzie auf der neuen CD stark musikalisch weiterentwickelt hat. Man könnte es aber auch als positiv werten, dass sie sich gerade NICHT besonders weiterentwickelt, sondern vielmehr ganz uns gar in ihrem Stil aufgeht, so dass man sich in ihren Werke sofort zurecht finden kann und wohl fühlt - wie z.B. mit einem bereits eingelaufenen Schuh. "Das ist aber komisch, dass du das sagst, und ich glaube, du bist auch der einzige, der das bisher gesagt hat, obwohl ich weiß, was du meinst. Ich denke aber schon, dass ich mich weiterentwickelt habe." Na klar: Es soll hier keineswegs der Eindruck entstehen, Suzie Ungerleider kopiere sich selbst. Es geht vielmehr darum, dass das Oh Susanna Projekt eine bemerkenswert hohe (auch qualitative) Konsistenz aufweist. Es gibt natürlich Sachen auf dieser CD, die neu sind - die Streicher bei "The Fall", die Bläser auf "Cain Is Rising" oder der ungemein subtile Einsatz der Background-Sänger (darunter u.a. Songwriter Kollegin Kathleen Edwards). Nur passt sich dies alles wunderbar ein ins Gesamtgefüge. (Was dann z.B. auch dazu führt, dass die Bob Dylan Cover-Version "I'll Keep It With Mine" wie ein durch und durch Suzie-eigenes Stück klingt.) Vielleicht bleiben wir mal beim überraschendsten Stück der Scheibe: Das fast gospelartig ausgelegte "Cain Is Rising", das mit seinem groovenden Beat und den schmetternden Horn Sections zuweilen gar an Sly & The Family Stone gemahnt. Dieser Track ist indes nicht mal musikalisch so überraschend, sondern wegen des bemerkenswert direkten Textes. Warum ist Suzie denn dieses mal so... "Plump vorgegangen, meinst du?", fragt sie nach. Natürlich hätten wir es nie so formuliert, aber ja, im Vergleich zu den eher lyrischen, bilderhaften und kontemplativen Texten, die Suzie ansonsten verwendet, ist dieses Stück vergleichsweise plump. "Siehst du, das war etwas Neues für mich. Der Text zu diesem Stück basiert auf einem Artikel, den ich in einer Zeitung gelesen hatte. Dort wurden Leute aus einer Sozialsiedlung in Chicago zum Thema des 11. September interviewt. Der Tenor der Interviews war: Es ist natürlich schrecklich, dass das passiert ist, aber es gibt um uns herum auch große Not und wir haben eigentlich mit anderen Problemen mehr zu tun, als mit dieser Sache. Ich wollte dieses möglichst deutlich umsetzen, deswegen habe ich es praktisch für den Hörer 'ausbuchstabiert'. Das war sehr schwer für mich, eine echte Herausforderung und ich bin mir auch nicht sicher, ob es mir wirklich gelungen ist. Ich werde aber versuchen, in Zukunft so etwas öfter zu machen."
Oh Susanna
Ansonsten bewegen sich die Texte ja im üblichen Suzie-Terrain. Was vielleicht noch auffällt, ist, dass es dieses Mal weniger ulkige Geschichten gibt (wie z.B. die, dass eine Perücke ihres Onkels, der ein Seemann war, zum Titel der letzten Scheibe "Sleepy Little Sailor" führte), sondern vergleichsweise viele Songs mit Namen: Carrie Lee, Zoe, Billy - ist das ein Zufall? "Jetzt, wo du es sagst, fällt es mir auch auf", räumt Suzie ein, "es ist so, dass diese Namen zum Teil auf richtigen Personen basieren, deren Geschichten ich erzähle, bzw. zum Teil sind es auch Geschichten, die ich erzählt bekommen habe." Es ist also nicht alles autobiographisch? Zum Beispiel könnte man das ja bei dem Song "Mama" vermuten, bei dem eine Tochter mit ihrer Mutter hadert. "Oh nein, das würde ich nie machen", verrät Suzie, "manchmal geht es in einem Song ja auch gar nicht direkt um die besungenen Charaktere, sondern um eine generelle Idee, die anhand eines Charakters visualisiert wird." Eine weitere Sache, die auf dem neuen Album im Vordergrund zu stehen scheint, sind die Piano-trächtigen Stücke. Das letzte, "Billy", ist gar eine reine Piano-Ballade. Spielt Suzie selbst auch Klavier? "Ja, ich spiele auch Klavier - allerdings nicht gut genug für diese Scheibe. Ich schreibe aber manche Stücke auf dem Piano. Dadurch komme ich auf ganz andere Ideen als auf der Gitarre. Obwohl ich sagen muss, dass ich doch immer zuerst an die Gitarre denke." Das letzte Mal erzählte uns Suzie, dass sie touren wolle, bis zu dem Tag an dem sie stirbt. "Das habe ich gesagt? Nun ja, vielleicht habe ich gemeint, dass ich touren werde, bis ich nicht mehr touren kann." Wie auch immer: Es geht darum, dass Suzie mit ihrer Band inzwischen doch einiges an Tour-Kilometern abgearbeitet haben muss. "Das kannst du laut sagen", stimmt sie zu, "und das ist vielleicht auch ein Grund, warum die neue Scheibe ein wenig lauter geworden ist, als die letzte. Ich wollte ein wenig der Energie der Live Shows auf Tonträger einfangen." Schade nur, dass Suzie in Deutschland von einem Konzertveranstalter betreut wird, der große Teile des Landes (meist dieselben) bei seiner Planung ausschließt, so dass wirklich nur Leute, die sich das Herumreisen leisten können, Oh Susanna bislang einmal live erleben konnten. Was bei einer enthusiastischen Live Performerin wie Suzie ja doppelt problematisch ist. "Ich weiß, das ist ein Problem", erklärt Suzie, "ich werde aber darauf hinwirken, dass sich das ändert." Wollen wir's mal hoffen... Auf ihrer Website gibt es zumindest einen längeren Festival-Auftritt als Real-Video zu begutachten.
Weitere Infos:
www.ohsusannamusic.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Oh Susanna
Aktueller Tonträger:
Oh Susanna
(Hot/Zomba)

 
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