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Im Eiltempo
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"Earthquake Glue", der Titel des neuen GBV-Werkes, ist klug gewählt. Nach fast zwanzig Jahren, rund fünfzig Bandmitgliedern und unzähligen Alben schüttelt Mastermind Bob Pollard seine legendäre Band songtechnisch einmal gut durch und klebt nachher wieder alles in unverkennbarer Manier zusammen. Will meinen? Einerseits klingt "Earthquake Glue" wie eine typische GBV-Scheibe, trotzdem haben sich eine ganze Reihe bisher ungekannter Anleihen bei Folk-Rock und Psychedelic-Pop der späten 60er Jahre eingeschlichen. Doch auch diese neuerliche Kehrtwende gelingt Pollard problemlos und sorgt nach dem Triumph des letztjährigen Werkes "Universal Truth And Cycles" nur elf Monate später für ein neuerliches Highlight.
"Das neue Album entstand mit der gleichen Besetzung im gleichen Studio wie das letzte", erklärt Bob im Gespräch mit Gaesteliste.de. "Wir wussten ziemlich genau, was wir wollten, und hatten uns schon alles zurechtgelegt, bevor wir ins Studio gingen. Deshalb haben die Aufnahmen nicht besonders lange gedauert. Selbst das Festlegen der Reihenfolge ging dieses Mal völlig reibungslos vonstatten. Bei früheren Platten habe ich schon mal 25 verschiedene Möglichkeiten ausprobiert, dieses Mal war ich gleich mit der ersten zufrieden! Das Einzige, worüber ich mir wirklich vorher Gedanken gemacht habe, waren die Arrangements der Stücke." Die Dinge so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, entspricht bekanntlich genau Bobs Naturell. "Ich mache alles am liebsten genau einmal. Ich versuche, alles so schnell wie möglich zu machen, damit gar nicht die Zeit bleibt, mein Tun in Frage zu stellen. Als wir unseren Majorvertrag bei TVT und teure Producer und den ganzen Scheiß hatten, wurden wir in ein Studio geschleift, um Demos aufzunehmen. Dabei hatte ich immer das Gefühl, dass wir die hätten veröffentlichen sollen, weil wir die ursprünglichen Emotionen des Songs dann später nicht noch einmal einfangen konnten." Trotzdem glaubt Bob - seit dem letzten Album wieder mit seinem alten Indielabel Matador vereint - nicht, dass die Platten mit Majorlabelunterstützung rückblickend als Fehler einzustufen sind. "Ich denke, dass sie ein wichtiger Meilenstein in unserer Entwicklung waren. Davor hatten wir ja immer alles alleine aufgenommen und viele 4-Spur-Sachen gemacht. Mit einem Produzenten in ein richtiges Studio zu gehen und an einer Platte zu feilen, die den bestmöglichen Sound hat, hat mir eine Menge gebracht. Mit dem Wissen, das wir in den Jahren angesammelt haben, können wir jetzt unsere Platten wieder selbst produzieren, sie aber trotzdem besser klingen lassen als unsere früheren Selbstversuche. Außerdem habe ich in der Majorzeit auch gelernt, etwas geduldiger zu werden. Das klingt wie ein Widerspruch zu dem, was ich eben gesagt habe, aber in den 4-Spur-Zeiten habe ich manchmal 30 Songs an einem Tag geschrieben und sie gleich anschließend aufgenommen. Damals haben wir alles aufgenommen, was ich schrieb. Erst danach haben wir die Songs für ein Album ausgesucht. Ich mochte diesen Prozess, aber wenn du einmal die Vorzüge eines großen Studios genossen hast, willst du nicht mehr zurück."

Die Mitte der 90er entstandenen Werke "Alien Lanes" und "Bee Thousand" gelten immer noch als die Klassiker von GBV, aber gerade mit dem - an dieser Stelle auch als Album der Woche gefeierten - Album "Universal Truths And Cycles" und der brandneuen LP hat die Band aus Dayton, Ohio, zwei ihrer besten Scheiben abgeliefert. Versteht sich Bob mit dem aktuellen Line-Up seiner Band einfach besser? "Ja! Ich mag die letzten beiden Platten auch lieber als die meisten anderen! Dafür gibt es zwei Gründe. Der erste ist, dass wir die Platten wieder selbst produzieren. Wir haben die volle Kontrolle über das gesamte Album, den Sound, die Reihenfolge, das Cover, einfach alles. Wir benutzen jetzt eine Technik, die wir auch schon früher verwendet haben. Nach jedem Song bauen wir unseren Kram in einer anderen Ecke des Studios neu auf, benutzen andere Mikros und Gitarren und stellen so sicher, dass jedes einzelne Stück etwas anders klingt. Wenn du mit einem bekannten Produzenten zusammenarbeitest, tüftelst du mit ihm ewig lange herum, bis du einen guten Verstärkerklang oder einen guten Drumsound hast, und der wird dann für das ganze Album benutzt. Dadurch bekommen die Platten diesen zähflüssigen Sound, auf den ich nicht besonders scharf bin, obwohl ich die Platten, die wir so gemacht haben, auch heute noch mag. Der zweite Grund ist genau der, den du angesprochen hast. Die Jungs der aktuellen Besetzung sind nicht nur ziemlich gute Musiker, sie sind vor allem sehr gut darin, das zu interpretieren, was ich ihnen an die Hand gebe. Ich bekomme auch eine Menge Feedback von ihnen, und so haben sie mich sozusagen dazu herausgefordert, ein besserer Songwriter zu werden und ihnen interessantere Songs zu liefern."

Guided By Voices
Kein Wunder also, dass sich Pollard heute in erster Linie als Songschreiber sieht. "Ich habe mir irgendwann gesagt: Ich will von nun an einfach nur noch gute Songs schreiben. Und wenn ich das Gefühl habe, ich hätte genug zusammen, gehe ich mit den Jungs ins Studio und wir nehmen sie auf. Ich würde auch liebend gerne als Songwriter für andere arbeiten und habe auch meinem Manager gesagt, dass er deswegen mal die Augen offenhalten soll. Allerdings leben wir in einem Zeitalter, in dem die Leute lieber ihre eigenen Songs schreiben, nicht zuletzt, um an die Tantiemen dranzukommen. Es ist schade, dass die Tradition aus den 60ern, mit Songschreibern wie Carole King, Jimmy Webb, Cynthia Mann oder Barry Weil, verloren gegangen zu sein scheint. Weil sie wirklich gute Songwriter waren, gab es in den 60ern auch viel mehr interessante Platten! Heute wollen alle ihre eigenen Songs schreiben, und in manchen Fällen ist das ziemlich schlecht, weil sie's einfach nicht können. Die sollten sich lieber jemand anders suchen - mich zum Beispiel!" Für wen würde Bob denn schreiben wollen? "Für alle möglichen Rockbands! Ich habe auch einen ganzen Haufen für die Strokes geschrieben! Nicht, dass sie welche nötig hätten, aber sie sind Freunde von mir, und mir gefiel einfach die Idee, Songs in ihrem Stil zu schreiben. Außerdem verkaufen sie natürlich viel mehr als wir, und ich hätte damit auch ganz gut Geld verdienen können", erklärt Bob und fügt lachend an: "Das Problem war nur: Jedes Mal, wenn ich ein Stück für sie geschrieben habe, war es so gut, dass ich es einfach nicht hergeben wollte!"
Weitere Infos:
www.gbv.com
Interview: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Pressefreigaben-
Guided By Voices
Aktueller Tonträger:
Earthquake Glue
(Matador/Beggars Banquet/Zomba)

 
 

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