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JOSH ROUSE
 
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Josh Rouse
1972 ist das Jahr in dem Josh Rouse geboren wurde. 1972 ist auch das Jahr, in dem seine Telecaster gebaut wurde. Und Josh mag einige Schallplatten, die in diesem Jahr erschienen sind. Grund genug also für den sympathischen Songschmied aus Nashville, ein Album mit diesem Titel zu machen. Gegenüber seiner letzten CD, "Under Cold Blue Stars", fällt indes sofort auf, dass dieses Album offensichtlich noch aus einer anderen Quelle zehrt, als der bloßen romantischen Verklärung eines bestimmten Jahres: "1972" wirkt wesentlich lebensbejahender, enthusiastischer, sonniger, poppiger und offener, als das doch im Vergleich ziemlich grüblerische Oeuvre bislang. Im Prinzip könnte man sogar soweit gehen zu sagen, dass dies ein perfektes Sommer-Album ist (in den Staaten kam es auch im Sommer raus).
Wie ist es denn dazu gekommen? "Nun, wann das Album erscheint, bestimme ich nicht", erklärt Josh, "es ist auch egal: Wenn es im Sommer funktioniert, dann funktioniert es auch im Herbst. Ich habe einige der Stücke auch tatsächlich im Sommer letzten Jahres geschrieben - in Griechenland, in Australien, in Mexiko. Vielleicht hat es deswegen diese Stimmung." Ist "1972" vielleicht so etwas wie ein musikalischer Reisebericht? "Hm, ja, das stimmt - darf ich das verwenden? 'Reisebericht', das gefällt mir. Obwohl es nicht autobiographisch ist - wie auch nicht das letzte Album. Wenn du es so ausdrücken möchtest, dann ist es eher 'Science Fiction'. Z.B. die Sache über den 'Flight Attendant' [Flugbegleiter - Steward]. Ich reise viel und da fiel mir auf, dass viele der männlichen Flugbegleiter schwul sind. Und da fragte ich mich, wie das kommt und was die Geschichte dieses speziellen Flugbegleiters gewesen sein könnte. Das ist ein Beispiel dafür, wie ich heutzutage arbeite. Denn immer nur Songs über mich selbst zu schreiben, finde ich langweilig. Es ist nicht so, dass ich nichts zu sagen hätte, aber sind wir doch mal ehrlich: Das, was ich zu sagen habe, ist doch eigentlich nur für mich interessant. Da erfinde ich lieber Sachen." Hm. Das ist praktisch mehr, als Josh Rouse in all seinen bisherigen Interviews mit uns über sich preiszugeben bereit war. Was hat sich denn seit dem letzten Mal geändert? "Ja, ich denke, dass ich als Songwriter versuche, meine Optionen auszubauen. Weil meine ersten beiden Scheiben eben persönlicher waren, zögerte ich auch immer, darüber zu reden." Was ist denn heutzutage das Rezept, Songthemen zu finden? "Ich lasse mich von Filmen ganz gerne inspirieren. Nehmen wir mal die 'Royal Tenenbaums' z.B. Kennst du den? Da finde ich nicht nur die Charaktere interessant, sondern auch die Set-Designs, die Kostüme, die Art, in der sie sich geben. Ich lasse mich von Typen wie diesen Inspirieren." (Eine Bemerkung noch am Rande: Josh ist auch immer daran interessiert, Songs in Film-Soundtracks unterzubringen - so z.B. letztlich in "Lovely And Amazing" von Nicole Holofcener.)
Es scheint auch so zu sein, dass Josh in seinen Songs heutzutage mehr Fragen stellt - wie dies z.B. ein Philosoph auch tun würde. "Ja, das stimmt, ich habe allerdings noch nie darüber nachgedacht", überlegt Josh, "der Prozess kommt mir immer noch ziemlich natürlich vor. Ich nehme mir jetzt zwar mehr Zeit an den Lyrics herumzufeilen als am Anfang und das gefällt mir. Aber absichtlich versuche ich jedenfalls nicht, mehr Fragen zu stellen. Es ist dann eher eine indirekte Sache." Musikalisch orientiert sich Josh nun nicht unbedingt an dem Sound des Jahres 1972, nicht wahr? "Nein, es ist eher eine allgemeine Sache", elaboriert er, "es geht eher um die Qualität des Songwriting. Ich denke, dass die Songs damals so viel besser waren. Vielleicht lag es daran, dass man nicht darauf achten musste, ein Mädel im Video zu haben, das an einer bestimmten Stelle mit dem Hintern wackeln muss. Ich weiß nicht. Es ging damals um den guten Song, eine gute Melodie und einen guten Text. Heutzutage musst du an soviel mehr denken - sogar an die Verpackung. Damals hattest du 10 Songs und eine LP - und nicht eine Single mit Füllmaterial." War das nicht auch die Zeit, in der dieses Umdenken gerade begann? In den 60s war doch eher noch die Single dominant. "Ja, genau, Carole King und James Taylor verkauften mit diesem Rezept Millionen von Scheiben. Und im Prinzip ist es das, was ich auch anstrebe. Ich befinde mich damit sozusagen links vom Mainstream-Denken." Und was ist mit dem Sound der 70s? Tendiert Josh Rouse wie etwa Nikki Sudden zu dem Gedanken, dass die 70s die soundtechnische Perfektion schlechthin darstellten? "Absolut, da stimme ich zu", freut sich Josh, "auch wenn ich Nikki Sudden nicht kenne. Es gibt aus dieser Zeit einige der am besten klingenden Scheiben aller Zeiten."
Josh Rouse
Das scheint sich auch auf Joshs Songwriting als solches ausgewirkt zu haben. Als wir uns das letzte Mal unterhielten, meinte er noch, dass ihm die Atmosphäre eines Songs wichtiger sei, als etwa die Melodie. Dieses Mal jedoch gibt es gute Melodien zu Hauf. "Das stimmt", räumt Josh ein, "das liegt zum Teil am Produzenten, aber ich hatte jetzt auch eine bestimmte Idee, wie ein Song klingen sollte und Brad Jones, der Produzent dieser Scheibe, ist selber ein genialer Musiker. Als ich ihm also meine Songs vorspielte, hat er mir beim Herausarbeiten der Melodien geholfen. Das war das erste Mal, dass ich so arbeitete und mir ist aufgefallen, dass ich das wirklich brauchte. Ich denke, ich werde jetzt öfter so arbeiten." Hat sich Josh denn für die neue CD musikalische Themen ausgesucht - Glam-Rock, Soul, Country - was immer? "Ja, Brad hat mir dabei geholfen", gibt Josh zu, "es ist das erste Mal, dass ich sowas gemacht habe. Wir haben bestimmte Dinge referenziert. Das war sehr spannend. Wir haben z.B. gedacht: Lass uns mal einen 'Miss You'-Disco-Groove versuchen, oder ein französisches Flair oder einen Glam-Rock Sound." Einen weiteren Aspekt, den Josh auf der neuen CD ausbaut, ist der des Blue-Eyed-Soul. Auch hier deutete er in der Vergangenheit bereits an, dass ihm dieses Genre liege. "Ich hörte mir irgendwann mal Lou Reeds 'Walk On The Wildside' an und dachte mir, dass ich unbedingt ein Saxophon auf der Scheibe haben wollte. Der Typ, der das Saxophon spielte, hatte auch viele coole Arrangements. Er spielte auch Flöte. Und plötzlich hatte ich eine ganze Horn-Sektion. Das gab dann einen gewissen Blaxploitation-Effekt - Curtis Mayfield, Shaft, du weißt schon, was ich meine. Und außerdem wollte ich eh mehr Soul-Songs schreiben. Weil die übrigens auch toll zum Live-Spielen sind. Ich wollte jetzt auch endlich mal eine Scheibe mit einem guten Groove schreiben, damit sich die Leute mal ein bisschen bewegen. Ich mag das Shoegazing eigentlich nicht so sehr. Und letztes Jahr probierten wir es beim Live-Spielen aus und die Leute reagierten auch sehr gut darauf. Ich weiß aber, wie schwer es ist, die Zuhörer aus der Reserve zu locken - besonders in Köln. Vielleicht helfen ja ein paar Drinks? Mir würde es jedenfalls gefallen, wenn sich die Leute etwas bewegen würden, etwas aus sich heraus gingen. Ich mag zwar auch den Indie-Rock Gedanken noch - aber warten wir mal ab, wie es wird, wenn ich live spiele. Es liegt ja letztlich an mir." Stimmt.
Weitere Infos:
www.joshrouse.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
Josh Rouse
Aktueller Tonträger:
1972
(Rykodisc/Zomba)
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