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BRITTA PHILLIPS & DEAN WAREHAM
 
Traute Zweisamkeit
Britta Phillips & Dean Wareham
Es ist ja nicht so, dass bei Nennung des Namens Britta & Dean gleich irgendwelche Erinnerungsglocken läuten, deswegen sei an dieser Stelle kurz ausgeführt, dass es sich bei besagtem Duo um Dean Wareham und Britta Phillips von der New Yorker Band Luna handelt. Ihre Scheibe "L'Avventura" ist das direkte Ergebnis ihrer persönlichen Liaison: Als Britta bei Luna als Bassistin einstieg (als Justin Harwood wieder zurück nach Neuseeland ging), stellte sich schnell heraus, dass nicht nur ihr Sound hervorragend zur Band passte, sondern dass sie auch singen kann und obendrein heimlich Songs schreibt. Deswegen verließ Dean seine damalige Frau und zog mit Britta zusammen. (Nun ja, wer Britta einmal gesehen hat, der ahnt, dass dies nicht der einzige Grund gewesen sein kann). Britta & Dean leben jetzt in einer kleine Wohnung in New Yorks Lower East Side, in der wir sie am heißesten Tag der Woche aufsuchten.
Anlässlich von "L'Avventura" stellt sich die Frage, warum zur Besiegelung der persönlichen Union eine Duett-CD im Stile der großen Elaborate dieser Art aus den 60s sein musste? (Wir denken an Lee Hazelwood & Nancy Sinatra oder Serge Gainsbourg & alle Frauen Frankreichs) "Nun, eigentlich hatte ich ja vor, eine Solo-CD mit Cover-Versionen zu machen", räumt Dean ein, "Britta spielte sowieso auf einigen Sachen mit und dann dachten wir uns, dass es doch nett wäre, eine Duett-CD zu machen, weil das ja schließlich heutzutage niemand mehr macht - außer vielleicht im HipHop." Ja, und warum eine Solo-CD? Hätte es nicht eine weitere Luna-CD getan? "Nun, ich wollte einmal etwas anderes machen", antwortet Dean, "es ist schön, mit einer Band zu arbeiten, aber auch limitierend. Manches ist einfacher, aber manches auch schwieriger. Du brauchst dich nicht mit drei Leuten zu einigen." Der Coup bei diesem Album war sicher der, dass es von Altmeister Tony Visconti produziert wurde. "Ja, unser Manager arbeitet für David Bowie. Er kennt Tony Visconti. Wir waren ganz schön nervös mit ihm zu arbeiten." Und was hat der Meister beigesteuert? "Nun, zunächst mal nahm er die Drum-Tracks auf", erzählt Britta (und da muss man gleich an David Bowie denken: Dessen Drum Sound der 80er erfand schließlich Visconti), "wir sind dann damit nach Hause gegangen und haben ziemlich viel mit Pro Tools herumgemacht." "Tony hat dann alle Stimmen und die Strings produziert. Er hat auch Gitarre und Bass gespielt. Eigentlich haben wir drei auch alle Instrumente alleine eingespielt. Mehr waren nicht notwendig." Auch die Keyboards? Die Scheibe fällt ja durch vergleichsweise üppige Keyboard-Sounds auf. "Wir wollten, dass sie so schön und üppig wie möglich klingt", führt Britta aus, "richtige Keyboard-Spieler sind wir alle nicht. Es kam mehr auf die Sounds an. Wir wollten organische Sounds - wie z.B. das Mellotron oder wir verwendeten ein Omnichord..." Was ist das denn? "So etwas", meint Britta und zieht ein unscheinbares, nierenförmiges Plastikteil aus dem Regal, "es ist so etwas wie eine elktronische Autoharp [und das ist so etwas wie eine Zither mit Akkord-Tasten]. Man kann nicht wirklich Melodien darauf spielen, aber es macht viele wunderschöne Glockentöne, wenn man darauf herumstreicht." Was sie dann auch tut. Es klingt wie Weihnachten.
Britta Phillips & Dean Wareham
Was ist denn mit den Songs? Haben Britta & Dean diese zusammen geschrieben? (Denn es sind nicht nur Cover-Versionen auf der Scheibe). "Nein, wir haben getrennt geschrieben. Ich tendiere dazu, eher alleine zu schreiben. Besonders wenn es um die Texte geht, muss ich mich hinsetzen und für mich arbeiten." Die Texte scheinen dieses Mal besonders gelungen. Dean erklärt ja jedes Mal, wenn wir ihn treffen, wie schwierig es ist, Texte zu schreiben. War es diesmal einfacher? "Nun, es waren ja nur drei Songs für mich. Natürlich war das einfacher." "Texte zu schreiben ist aber trotzdem das Schwierigste", springt Britta ein, "es ist zwar einfach, sich ein paar Textzeilen einfallen zu lassen, aber diese dann mit der Melodie und dem Versmaß in Einklang zu bringen, so dass es passt und sich gut anhört, das ist das Schwierigste." "Bei diesen Songwriter Duos früher war das ja so, dass einer die Texte und einer die Musik schrieb", überlegt Dean. "Wir hatten schon einmal überlegt, die Melodie zu existierenden Texten zu schreiben", wirft Britta ein, "das würde ich gerne einmal versuchen. Aber ich schreibe ja nicht so viele Songs." "Die Leute waren damals ja auch ausgebildet", entgegnet Dean, "das änderte sich ja erst mit den Beatles in den 60s" Man sieht schon, da ist noch Diskussionsbedarf. Bleiben wir mal bei einem Beispiel. Was hat es denn mit "Knives In Bavaria" auf sich? Dort geht es ja textmäßig rund. Was soll denn die Zeile "I'm orange, I'm orange, I'm orange, I'm blue?" "Hm, du bist schon der zweite, der uns darauf anspricht", wundert sich Britta, während Dean grinst: "Das ist im Prinzip Unsinn. Aber ich habe dieses Buch gelesen, 'Wie man Kindern die Poesie beibringt'. Und da heißt es: 'Nimm eine Farbe und schreibe etwas drüber'. Es muss keinen Sinn machen, aber irgendetwas hervorrufen." Nun, das hört sich doch an, wie ein Rezept, einen "Writer's Block" zu umgehen, nicht? "Ja, der 'Writer's Block' bei mir ist ja auch ein permanenter Zustand", stimmt Dean lachend zu. "Manchmal ist es ja auch so, dass eine Sache keine Bedeutung zu haben scheint, wenn du sie schreibst, und dann ein Jahr später bekommt es plötzlich eine persönliche Bedeutung - durch das Unterbewusstsein oder so...", springt Britta ein, während Dean noch hinzufügt: "Eine Zeile kann Unsinn sein und die nächste wieder nicht." Was sich dann wieder nach dem Ginsberg-Ansatz anhört - anscheinend zusammenhanglose Phrasen aus verschiedenen Gebieten zu etwas Neuem zusammensetzen. "Ja, das ist auch die Art, in der ich schreibe", räumt Dean ein, "das Wichtige ist, dass es nicht zufälliger Kram ist. Ich arbeite hart dran. Und eine Farbe sagt ja auch etwas aus, nicht wahr?" Und wie arbeitet Britta? "Nun, ich spiele ein paar Akkorde und beginne von dort. Manchmal habe ich auch eine Melodie im Kopf und habe Schwierigkeiten, einen Text zu finden oder umgekehrt. Dann nehme ich ein Buch oder ich muss warten, bis die Inspiration kommt. Aber ich bin ja auch nicht so schrecklich erfahren. Vorher habe ich ja nur für meine Band Belltower geschrieben, als ich früher in England lebte.

"Von Dean wissen wir ja seit Galaxie 500 ziemlich genau, was er macht. Wie sieht denn Brittas Historie aus? "Ach, da gibt es recht viel", überlegt sie, "als Teenager stand ich auf Rock. In England wurde ich von Underground-Sounds inspiriert. Und ich mag ältere Sachen wie Velvet Underground. Und anfangs hörte ich alles von den Beatles bis hin zu Musicals. Und dann habe ich noch für Ben Lee gespielt, wo auch unsere Tour-Keyboarderin Lara Gray arbeitete und wodurch ich überhaupt zu Luna kam." Nun, darauf kann man ja aufbauen. Britta spielte ja auch mal (neben Julia Roberts, Liam Neeson und Debbie Harry) in dem Spielfilm "Satisfaction" mit. Und sie arbeitet als Model. Geht denn das nebenher weiter? "Ja, ich habe gerade ein Commercial abgedreht, das aber nur in den USA zu sehen sein wird - und ich würde auch nicht 'Nein' sagen, wenn es eine Rolle in einem Film gäbe." Also wartet sie auf das richtige Drehbuch? "Es ist immer schön, wenn du so was nebenher machen kannst und nicht davon leben musst", führt Dean aus, der gerade in dem bislang noch nicht veröffentlichten Film "Piggie" der Regisseurin Alison Bagnal (die mit Vincent Gallo "Buffalo 66" geschrieben hatte) eine Hauptrolle spielte, "das Schauspielern macht Spaß, aber die Ungewissheit und das Warten dazwischen ist nicht das Wahre. Da sind wir froh, dass wir Luna haben." Dean hat mit Luna ja auch bereits einige Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt. Das reicht von einem Cameo-Auftritt als Velvet Underground bis hin zum Soundtrack des Films "Mr. Jealousy" seines Freundes Noel Baumbach. Im Abspann desselben wird er auch als Schauspieler aufgeführt. Der indes im Film nicht zu finden ist. "Das war nur ein Bit-Part", erläutert er, "erinnerst du dich an diese Partyszene mit Annabella Sciorra? Ich stehe mit dem Rücken zur Kamera und tue so, als spreche ich per Handy über ein Video für Trent Reznor. Ich hatte mir eine Zeile ausgedacht, die hieß: 'Und Trent sagte nur ein Wort: Maden'." Dean erzählt dann noch von einem anderen Film, "Tuesday", mit Paulinha Porizkova, zu dem Luna die Musik gemacht haben. Dieser sei jedoch "ganz schrecklich". Er zieht dann auch eher verschämt eine inoffizielle Vinyl-Single aus dem Schrank, die den Titel "Dear Paulinha" trägt. Nun ja, auch Musikanten haben ihre "Guilty Pleasures".

Britta Phillips & Dean Wareham
Warum gibt es auf "L'Avventura" ausgerechnet eine Madonna-Cover-Version? ("What I Deserve" von "Music", dort heißt das Stück "I Deserve It"). "Weil das ein gutes Stück von ihrer letzten guten Scheibe ist", meint Dean, "ihre neue Scheibe, 'American Life', ist mir zu plump, zu plakativ, zu seelenlos." "Man nimmt ihr das nicht ab, was sie da singt", pflichtet Britta bei. Wonach suchen Britta & Dean denn ihre Cover-Versionen aus? Warum z.B. gibt's ausgerechnet den Doors Titel "Indian Summer", der doch musikalisch nicht so viel hergibt? "Das ist mein Lieblings-Doors-Stück", meint Dean sehr bestimmt, "das ist sogar das einzige Stück von 'Morrison Hotel', das ich mag. Was gibt's denn da nicht zu mögen? Es ist doch perfekt. Da kann man mal sehen, wie verschieden Musik empfunden wird..." Ja, in der Tat. Da klingelt das Telefon und Dean muss mit einem Geschäftspartner reden. Darum muss Britta die Frage beantworten, warum man denn nicht David Bowie gebeten habe, auf der neuen Scheibe mitzumachen - immerhin muss er ja im Studio aufgetaucht sein. "Ja, das stimmt", bestätigt Britta, "er war sehr nett, hat sich unsere Sachen angehört und auch ein paar Vorschläge gemacht. Ich glaube, wir haben ihn gar nicht gefragt, ob er mitmachen wollte - das war wohl Tony. Es gab dann aber Termin-Probleme [damals arbeitet Bowie gerade an seiner neuen CD]. Aber er hat gesagt, dass er unser Artwort machen wollte. Leider hat uns das aber nicht gefallen und so ist es denn dabei geblieben." Also alles was Recht ist: Bowie hat es wahrlich nicht einfach, es den jungen Leuten recht zu machen! Erst interessiert sich Frank Black nicht besonders dafür, dass Bowie einen seiner Songs covert und jetzt verschmähen Britta & Dean seine Kunst! Wie geht es denn jetzt mit Luna weiter? "Darüber haben wir noch nicht im Detail nachgedacht", meint Dean, der inzwischen fertig telefoniert hat, "aber wir haben schon ein paar Stücke geschrieben. Sean wird die Hälfte der Songs singen..." Britta schmollt. "Nun ja, zumindest ein Stück...", macht Dean dann einen Rückzieher. "Ich denke, unser nächstes Album wird ein wenig ruhiger werden", überlegt Britta, "was mir ganz recht ist, weil es ziemlich schwierig ist, vor einer Rockband zu singen." Nun, Luna waren doch noch nie die lautesten? "Nein, aber ich singe ja auch nicht sehr laut", fügt Britta hinzu, "früher habe ich ja kräftiger gesungen, aber heute bin ich ja eher ruhig." Wird es denn eine Tour zur Scheibe geben? Das letzte Mal hatten wir ja Luna in Köln vor ca. 30 Leuten gesehen... "Oh Mann, erinnere mich nicht daran", grummelt Dean, "das war die schlechteste Show der Tour! Ich weiß noch nicht, ob wir mit 'L'Avventura' in Deutschland touren werden - das hängt davon ab, wann die Scheibe herauskommt..." Mit Britta & Dean scheinen sich zwei Menschen gefunden zu haben, die sich zumindest in musikalischer Hinsicht ergänzen. Da Musikanten-Liaisons ja eher länger halten als zum Beispiel die von Schauspielern, da kann man den beiden ja wohl auch privat eine glückliche Zukunft wünschen.
Weitere Infos:
www.deanandbritta.com
www.fuzzywuzzy.com
www.brittaphillips.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Ullrich Maurer-
Britta Phillips & Dean Wareham
Aktueller Tonträger:
L'Avventura
(Jet Set)
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