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FUCK
 
Scheiß auf die Bongos!
Fuck
Eine Band, die sich so nennt, in eine Schublade stecken zu wollen, das muss zwangsläufig zu Komplikationen führen. Besonders dann, wenn besagte Band, wie in diesem Fall, von so heiterer Gelassenheit ist, wie eben Fuck aus San Francisco. Das erfuhren wir bereits 1997, wo Fuck Mastermind Tim Prudhomme selbst im größtmöglichen Popkomm-Trubel nichts aus der Ruhe bringen konnte, und das bestätigte sich jetzt noch einmal, als wir Tim kurz vor einem Auftritt auf der laufenden England-Tour anriefen, und sein Blutdruck offensichtlich immer noch nicht höher war, als etwa der eines lauwarmen Zombies. "Halloooo", lallte er auf seine unnachahmliche Art in den Hörer, "einen schönen Gruß nach Köööööln." Nein, zu den wirklich hektischen Zeitgenossen zählt Tim immer noch nicht. Das neue Fuck Album - immerhin doch jetzt das achte seit 1994 - heißt "Those Are Not My Bongos". Nicht nur das: Der Titel stammt von einem Fan und wurde mittels eines Wettbewerbs auf der Fuck-Homepage ermittelt.
Was ging denn da ab? "Wir hatten einen Wettbewerb 'Gib' dem Album einen Namen!' via Internet", erklärt Tim, "und hatten Millionen von Vorschlägen - na ja, zumindest eine Hand voll - und wir zogen diesen Vorschlag aus dem Hut. Jeff, unser Webmaster, hat sich um das ganze organisatorische gekümmert. Es ist also das Schicksal, das uns diesen Titel zugewiesen und diese Botschaft übermittelt hat. Wir sind sehr glücklich damit. Wir gehen da diesen Weg - wie heißt diese Kunstform noch mal - ach ja, diesen 'dadaistischen Weg'. Wir nehmen die Wörter und denken uns dann das Konzept dazu aus. Wir hatten die Aufnahmen schon fertiggestellt, bevor wir den Titel hatten." Was ist denn der rote Faden, der die Songs auf der neuen Scheibe zusammenhält? Ein wirkliches Konzept gibt es ja wohl nicht? "Faaaaden", überlegt Tim, "mein Gefühl ist es, dass der Faden, der all unsere Scheiben zusammenhält, in der simplen Tatsache besteht, dass die Aufnahmen von uns vier Individualisten, die Fuck bilden, erstellt wurden. Es ist ganz egal, wie sehr du dich bemühst, nicht wie du selbst zu klingen - am Ende klingst du doch so. So habe ich immer schon über Musik gedacht. Wenn die Leute davon reden, ihre Stimme zu finden oder etwas anderes tun zu wollen, dann endet das doch damit, dass du das tust, was du tust. Es ist aber dennoch gut und wichtig zu versuchen, sich zu variieren. Man versucht also doch immer wie eine andere Band zu klingen." Womit ist Tim denn auf dieser Scheibe am meisten stolz? "Worauf ich am meisten stolz bin?", überlegt Tim, "meinst du was die Songs betrifft? Nun, hast du schon mal von dem Film oder dem Buch 'Sophie's Choice' gehört? Es geht darum, zwischen deinen Kindern zu entscheiden. Ich muss immer an diesen Film denken, wenn ich darum gebeten werde, meine Favoriten auszusuchen. Wir sind immer stolz, wenn uns eine neue Idee einfällt. Ich kann aber nicht sagen, dass ich einen Lieblings-Song habe. Ein Stück aber, 'Olives vs. Cherrys' ist ganz interessant. Es begann als Jam Session. Kyle hat es dann aber auseinandergeschnitten und mit neuen Elementen wieder zusammengesetzt. Ich finde die Art gut, wie es entstanden ist." Ein Ginsberg Ansatz also? "Ja - scheiden und kleben", stimmt Tim zu, "auch ein wenig Surrealismus dabei."
Bleiben wir mal bei diesem Ansatz: Bei Fuck gibt es - auch auf dieser CD - immer wieder Songs, die eher Fragmente zu sein scheinen. Was ist der Grund dafür? Ist es wie bei Howe Gelb, der sagte, es gebe zu viele Songs und zu wenig Zeit sie zu spielen? "Das ist ein guter Grund", überlegt Tim, "bei uns ist es aber so, dass einige Songs Fragmente sind, weil wir den Song geschrieben haben - uns dann aber damit langweilten und beschlossen, einen ganz kurzen Song aufzunehmen. Einige Songs nehmen wir ganz auf - während aber nur einige Teile davon wirklich brauchbar erscheinen. Wir wollen dem Käufer aber immer nur das Beste von dem bieten, was wir zu leisten imstande sind. Also schneiden wir die schlechten Teile einfach raus. Uns ist die Länge eines Songs auch überhaupt nicht wichtig. Uns interessiert auch nicht, ob er in die Form passt, die bestimmt, wie sich ein Song anhören sollte. Viele Leute meinen, dass ein Song eine Enleitung, Strophe, Refrain, Brücke etc. haben müsste. Wir sind aber damit zufrieden, wenn ein Song einen Refrain hat und dann zu Ende ist." Nun könnte man ja auf die Idee kommen, die Songs so lange zu proben, bis sie in Gänze ordentlich gerieten, nicht wahr? So aber denken Fuck eben nicht. "Wir erfreuen uns immer alle an der kreativen Initialzündung", erklärt Tim, "viele unserer Songs schreiben wir und nehmen sie gleichzeitig auf. Wir gehen davon aus, dass diese Initialzündung sich in der Aufnahme niederschlägt. Wenn wir zu lange an einem Song herumlaborieren, dann klingt er nämlich meist ziemlich schal und steril." Es scheint also so, dass das Überraschungsmoment ziemlich wichtig ist für Fuck, gelle? "Oh jaaaa", bestätigt Tim, "es ist ein bisschen so wie jeden Tag Weihnachten. Das hoffen wir jedenfalls."
Fuck
Da man so was ja nicht so richtig kontrollieren kann: Was ist denn das Schwierigste in diesem Prozess? "Das schwieeeeerigste?", schindet Tim Zeit, "ich würde sagen, dass es die Texte sind. Es braucht immer eine sehr lange Zeit, bis ich damit zufrieden bin. Aber andererseits ist das auch immer das, woran ich am liebsten arbeite - diese Herausforderung." Was ist denn in dem Zusammenhang die Funktion der Fuck-Instrumentals, die auf dieser Scheibe ja eine gewichtige Rolle spielen? "Das sind für uns immer Momente der Entspanntheit", erläutert Tim, "sowohl für uns, wie auch für den Hörer. Wir haben uns in diese Richtung entwickelt, wo wir mehr Instrumentals haben, die eben nicht mit textlichen Konzepten überfrachtet sind und wo die Emotionen eben von den Instrumenten ausgedrückt werden." Es fällt auf, dass auf der neuen Scheibe nicht nur einige Instrumentals sind, sondern auch viele ruhige, sparsam arrangierte Stücke. Wie bringt man denn so was im Live Kontext unter? "Wir haben immer Teile, in denen wir ruhige Stücke spielen", berichtet Tim, "wir sind nicht so sehr daran interessiert, wie eine normale Rock-Band zu klingen. Ganz im Gegenteil, es geht uns darum, anders zu klingen wie eine durchschnittliche Band. Wir bemühen uns mit Kontrasten zu arbeiten. Ein Song mag totaler Unsinn sein, ein anderer total ernst gemeint. Kontrast ist uns wichtig. Es gibt aber viele Bands, die keinen Kontrast haben. Die meisten Bands haben ein Problem mit Abwechslung, denke ich mir - weil es einfacher ist. Viele Bands werden ja geradezu dazu ermutigt, so zu denken. Das wollen wir aber nicht. Wir sind alle sehr offen, wenn es darum geht, etwas auszuprobieren und niemand hat irgendeine Abneigung gegen irgendeine Art von Musik. Da gibt es nichts, vor dem wir halt machen würden. Kannst du dir vorstellen, dass ich vor irgendetwas halt machen würde? Das gilt auch für die Live Shows. Diese sind in den letzten Jahren gewachsen. Letzte Nacht hatten wir z.B. eine halbstündige Zauber-Show im Set - mit Feuer, Schals, unsichtbaren Leuten etc. Das war sehr aufregend. Wir bemühen uns darum, den Leuten mehr Unterhaltung für ihr Geld zu bieten." Warum touren Fuck eigentlich dauernd in Europa und nicht in den USA? "Nun, unglücklicherweise haben wir ja in den USA gerade eine neue Diktatur, und das hindert uns daran, dort zu touren. Die USA sind momentan ein recht trauriger Ort. Jedenfalls fühle ich mich so. Es ist für uns sehr viel angenehmer hier zu spielen. Das geht sicher auch anderen Bands aus den USA so." Damit, so scheint es, stehen die Chancen für eine Fuck-Tour in unseren Breiten also gar nicht mal so schlecht. Ins Auge gefasst ist diese für den Frühling...
Weitere Infos:
www.fuck.addr.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Fuck
Aktueller Tonträger:
Those Are Not My Bongos
(Homesleep/Cargo)
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