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LUNIK
 
Teilzeit-Elfen-Dasein
Lunik
Die Schweiz und die Musik. Es gibt erschreckend geschmacklose Beispiele, die an dieser Stelle besser nicht erwähnt werden wollen, aber es gibt natürlich auch gute Musik. Man denke nur an Saalschutz, Favez, die Aeronauten, Honey For Petzi. Das Trio Lunik zählt auch zu den Guten, und das nicht erst seit gestern. In ihrer Heimat sind sie schon so etwas wie Superstars, entstammen musikalisch ursprünglich der Trip-Hop-Ecke, doch davon ist auf ihrem mittlerweile dritten Album "Weather" - das jetzt auch in Deutschland auf dem neuen Label Silversonic veröffentlicht wurde - nur noch ein Hauch übrig. Stattdessen reden wir hier von feiner Pop-Musik, schönen Melodien und einer wundervollen Stimme.
Lunik sind Luk Zimmermann an der Gitarre, Mats Marti am Schlagzeug und die o.g. bezaubernde Stimme gehört Sängerin Jaël. Auf der Bühne werden sie von zwei Menschen an Bass und Keyboard unterstützt, das aktuelle Album "Weather" wurde mit Hilfe von Tore Johansson (Cardigans) eingespielt - wahrlich keine schlechte Voraussetzungen, um mit Pop-Musik zu glänzen. Etwas seltsam mutet es dennoch an, dass Lunik in ihrer Heimat und teilweise auch in Amerika (durch Remix-Arbeiten) sehr erfolgreich sind, aber hierzulande noch nicht besonders viel passiert ist. "Unser zweites Album ist zwar in Deutschland auf EMI vor zwei / drei Jahren herausgekommen, aber da merkte man eben, wie der Unterscheid zwischen so einem Major und einem kleineren Label ist", erzählt Jaël. "Bei einem kleineren Label steckt sehr viel mehr Herzblut drin, es ist alles viel persönlicher und man fühlt sich richtig wohl. Wenn wir als 'kleine' Band aus der Schweiz dann bei so einem Label wie EMI landen und die aber ihr Budget lieber für Robbie Williams oder Kylie Minogue verplanen, dann bleibt für uns eben nicht mehr so viel übrig und unsere Platten verstauben in den Regalen. Und damit ist letztendlich niemandem geholfen." Die klassische Möglichkeit, um auf sich als Band aufmerksam zu machen, ist natürlich das Live-Spiel. Aber so etwas kostet eben auch neben der obligatorischen Masse an Nerven auch entsprechend viel Geld. "Es ist natürlich auch eine finanzielle Sache, denn wir spielen mittlerweile mit so einer großen Produktion im Rücken - die man natürlich auch etwas kürzen könnte -, aber alleine schon von den Spesen her, die Anfahrt, die Übernachtungen, und das einfach mal so in's Blaue raus, nur damit man mal sagen kann, dass wir in Deutschland gespielt haben, und du gehst das Risiko ein, dass dich niemand kennt und du vor leeren Sälen spielst, das ist für die Musiker wenig spaßig und es ist auch moralisch wenig erstrebenswert, von daher haben wir uns gesagt, dass wir erst dann woanders - im Ausland - spielen, wenn die Nachfrage da ist", erklärt Jaël. Im November wird es einige wenige Showcases in Deutschland geben, aber es wird sicherlich in naher Zukunft einen Nachschlag geben.
Lunik
Wenn man sich das Platten-Cover ansieht und dort dann die Band in der typischen Schweizer Landschaft sieht, stellt sich die Frage, was es denn sonst noch typisch schweizerisch an Lunik zu entdecken gibt? Jaël: "Das passiert automatisch, denn wenn du selber Musik machst oder Texte schreibst, hat das natürlich immer sehr viel mit dir als Mensch zu tun, und ich wohne jetzt seit 25 Jahren in der Schweiz, ich denke schweizerisch, meine Mentalität ist schweizerisch, ich glaube, man kommt gar nicht drum herum, wenn man Musik macht, dass da die eigene Mentalität und Nationalität mit einfließt. Was es jetzt genau ist, kann ich selbst gar nicht sagen. In Bezug auf die Produktion könnte es vielleicht zutreffen, dass Musik aus der Schweiz immer sehr sauber produziert ist, sehr perfektionistisch. Von den Texten her beschäftigen mich jetzt andere Dinge, die ich in dem Song thematisiere, als jemand, der in England auf der Straße lebt." Die Texte von Jaël werden größtenteils aus der ersten Person heraus erzählt, beschäftigen sich mit Gefühlen, Situationen, Menschen - ist das Schreiben der Songtexte ein Ventil, um die täglichen Erlebnisse verarbeiten zu können? Jaël: "Ja, es ist definitiv eine Art Ventil für mich. Ich kann mich auch nicht hinsetzen und auf Kommando einen Text verfassen, sondern es sind oft so Momente, wenn ich z.B. um drei Uhr morgens nicht einschlafen kann. Es baut sich oft über Wochen auf, dass ich etwas erlebe oder sehe, was mich beschäftigt, und ich schreibe manchmal kurze Phrasen in meinen Notizblock - früher hatte ich auch noch ein kleines Aufnahmegerät, aber dann dachte ich mir, wenn ich mir eine neue Melodie bis zuhause nicht merken kann, dann ist sie wahrscheinlich einfach zu schlecht... Bei den Texten sammelt es sich halt mit der Zeit an, und irgendwann kommt dann der Moment, wo alles raus muss. Es ist in einem gewissen Sinne auch ein egoistischer Vorgang, denn ich überlege dabei nicht, ob ein bestimmter Text beim Publikum gut ankommen würde oder nicht, sondern mir selbst muss der Text gefallen und mir etwas sagen können. Deswegen klingt die Musik vielleicht auch nicht besonders fröhlich, denn wenn es mir gut geht, gehe ich raus und habe meinen Spaß und im anderen Fall schreibe ich Musik." Im Gästebuch auf der Lunik-Homepage meinte jemand, der wohl auf die vierzig zuging, dass ihn die Musik von Lunik wieder wie zwanzig, melancholisch und verliebt fühlen lasse. Hat es ähnliche Rückmeldungen aus den verschiedensten Altersklassen gegeben? "Hm, ich bin 25, melancholisch, manchmal verliebt. (lacht) Aber diese Rückmeldungen sind ganz verschieden - ich bekomme sowohl von zwölfjährigen Mädchen als auch von vierzigjährigen Männern Zuschriften, wo ich merke, die fühlen sich angesprochen, die mir sagen, dass ein bestimmter Song genau auf ihre Geschichte passt. Das finde ich natürlich toll, weil ich dann merke, dass ich da etwas in dem Menschen berührt habe und dass es ankommt." Die Cardigans, Lene Marlin und Herbert Grönemeyer liegen ihr als Texte-Schreiber sehr nahe. Fühlt man sich denn nicht ein wenig angreifbar, wenn man Texte auf eine sehr persönliche Art und Weise verfasst? Jaël: "Es kommt schon manchmal vor, wenn ich einen bestimmten Text mir nochmal bewusst anhöre, dass ich dann denke, 'Mein Güte! Was habe ich denn da geschrieben? Das ist ja kompletter Seelenstriptease!' Es ist natürlich nicht jeder Song autobiografisch, insofern ist der Trick dabei, dass ich einfach nicht sage, welche die autobiografischen Songs sind und welche nicht. Ich beobachte auch gerne Menschen, und es gibt auch schon Songs, bei denen ich mich in andere Personen hineinversetze - das liegt mir sehr und darüber schreibe ich dann gerne auch in der ersten Person, und das könnte dann auch ich sein."
Lunik
Auch wenn noch soviel Persönliches in der Musik steckt, letztendlich muss diese auch vermarktet werden, um die Leute zu erreichen. Wir reden hier also ganz trocken von einem zu verkaufenden Produkt. Kommen da schonmal Zweifel auf, ob das alles so richtig ist? Jaël: "Anfangs, so vor fünf Jahren, hatte ich schon Mühe damit, weil es auch nicht so mein Ding war, mich öffentlich hinzustellen und unsere Musik anzupreisen. Aber irgendwann habe ich mir gesagt, dass ich Musikerin werden will, und dieser Teil der Vermarktung gehört dazu. Wenn ich Musikerin werden will, dann will ich Konzerte spielen, und zwar nicht vor leeren Hallen, sondern ich möchte, dass die Leute kommen und sich das anhören wollen, und ich möchte natürlich, dass die Leute meine Platte kaufen, sonst kann ich nicht weiter Musikerin sein, weil ich ja auch irgendwie mein Geld verdienen muss. Von daher habe ich dann irgendwann begonnen, umzudenken, dass das alles dazugehört und dass ich das alles lerne. Heute bin ich soweit, dass ich das ganz klar als Teil meiner Arbeit ansehe, und solange ich das so vermarkten oder präsentieren kann, dass ich eben nicht das Gefühl habe, ich werde da irgendwie in eine Rolle reingedrückt, die mir nicht passt, ist es für mich eigentlich ganz angenehm. Solange es meine Texte sind und mir nicht irgendetwas übergestülpt wird, was bei gewissen Produktionen bestimmt der Fall ist - dass ich als Mensch da Platz habe, ist natürlich eine Erleichterung für mich, dass ich nicht auf einen Schlag mich als Rockgöre oder Sexvamp zusammenschrumpfen und mich selbst irgendwo zurückziehen muss, sondern ich kann ich sein, Mensch sein." Und ist Jaël denn mit dem bisherigen Verlauf, der bisherigen Darstellung in den Medien zufrieden, oder ist es teilweise doch etwas schiefgelaufen? "Nein, eigentlich ist nichts schiefgegangen. Da ich selbst das Image bestimme, ist es toll, dass mich die Leute so nehmen können wie ich bin. Ganz am Anfang, wir kamen ja so aus der Trip-Hop-Ecke heraus, hieß es da 'Björk in den Alpen' oder sowas, und dieses etwas entrückte Wesen zu sein, und Fee zu sein, das ist ein Teil von mir, den ich vor allem auf der Bühne auslebe. Ich möchte den jetzt nicht z.B. in einem Interview ausleben müssen. Das ist aber das einzige, was man mir bisher angehängt hat, dieses Elfen- und Feen-hafte Wesen. Aber das ist ja nichts schlechtes - für jemanden, der mich so sehen will, bin ich gerne eine Elfe."


Wer eines von drei Exemplaren der "Weather"-CD gewinnen möchte, der schreibe einfach eine Mail an info@gaesteliste.de mit dem Stichwort "Lunik"...


Weitere Infos:
www.lunik.com
www.lunik-fans.com
www.lunik-board.com
Interview: -David Bluhm-
Fotos: -Alexander Benz-
Lunik
Aktueller Tonträger:
Weather
(Silversonic/Phoenix Music Group/H'art)

 
 

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