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MIDNIGHT MOVIES
 
Babies auf der Wäscheleine
Midnight Movies
Midnight Movies sind zunächst mal eine neue Band aus Los Angeles. Midnight Movies ist aber vor allen Dingen ein Name, der eine nahezu beliebig definierbare Flut an Assoziationen auslöst (geht es um Film Noir? Horrorfilme? Thriller? Oder gar weißes Rauschen?), der neugierig macht und letztlich dann auch sehr treffend gewählt scheint. Denn während das Trio in der eigenartigen Besetzung Drums / Gesang (Gena Olivier), Gitarre (Larry Schemel) und Keyboards (Jason Hammons) aufgrund eines sehr eigenwilligen Stilmixes musikalisch gar nicht mal so leicht zu packen ist, ist allen Songs des überzeugenden, selbst betitelten Debüt Albums eines gemeinsam: Sie sind grundsätzlich düster - ergo geeignet für die Zeit "round about midgnight", womit wir wieder beim Titel der ganzen Chose wäre. Wie angedeutet, haben es Midnight Movies geschafft, mittels eines wagemutigen Stil-Mischmasches, der eigentlich nur von Gene Oliviers klagend-tragendem Gesang (und ihrem erkennbar eigenwilligen Drumming) zusammengehalten wird, sich eine ganz eigene musikalische Nische in der Alternative-Ecke herauszuschälen.
Eher - so scheint es - liegt das sicherlich eher an den entsprechenden Vorbildern und Vorlieben der Bandmitglieder, als etwa an deren Herkunft, denn irgendwie sonnig hört sich ihre Musik ja eben nicht an. "Wir kommen aus Los Angeles", beschreibt das Trio seine Entstehungsgeschichte, "Gena und Larry haben sich tatsächlich durch Anzeigen in Musikzeitschriften gefunden, während Jason durch einen gemeinsamen Freund hinzu kam. Gena singt zwar, seit sie ein kleines Mädchen ist, aber sie spielt erst seit zwei Jahren Drums. Das ist ihre erste Band. Für Jason trifft das auch zu, aber er hat schon für ein paar Jahre Keyboards und Gitarre gespielt - Larry spielte schon Gitarre für ein paar andere Bands in seiner Heimatstadt Seattle. Unsere musikalischen Vorbilder sind wie folgt: Larry mag 60s Psychedelia, 70s Punk, Bowie, Iggy Pop, Spacemen 3 und Mercury Rev. Gena steht auf Leonard Cohen, Astrud Gilberto, Björk und auch Bowie, während Jason Blonde Redhead, Brian Eno, die Silver Apples und Radiohead bevorzugt." Ehrlich gesagt, klingt die Musik von Midnight Movies auch ungefähr so - mit noch einem Schuss Velvet Underground als Topping. (Auf die Frage, was VU für MM bedeuten kommt die schlichte Antwort "Inspiration".) Daneben mögen die MM noch Raumschiffe. Und wie gesagt: Das hat so gar nichts erkennbares mit Los Angeles zu tun. Wie positionieren sich MM denn da selber? "L.A. ist eine Stadt der Extreme. Es kann sehr aufregend sein, da zu leben - aber es gibt auch eine düstere Seite. Ich denke, dass uns unsere Umgebung durchaus auf gewisse Art beeinflusst. Es stimmt, wir klingen nicht 'sonnig', aber wir fühlen uns zu Bands aus L.A. hingezogen. Bands wie Opal, Dream Syndicate, X, The Byrds, Mamas & Papas und Love. Und die hatten ja auch alle irgendwie eine düstere Seite." Wie entstand denn der eigentümliche MM-Sound? "Nun, die Notwendigkeit hat unseren Sound geformt. Weil wir keinen richtigen Bassisten haben, musste Jason die Bass-Parts auf der Orgel übernehmen. Dass Gena - unsere Sängerin - Drums spielt, liegt daran, dass wir einfach keinen Drummer finden konnten, der zu uns passt. Letztlich wurden die Bass-Orgel und Genas minimalistischer Drum-Stil (der dadurch entstand, dass sie lernte Drums zu spielen, während wir die Songs schrieben) aber lebensnotwendige Bestandteile unseres Sounds. Dazu kommt noch, dass das Songwriting bei uns um Team geschieht und so jeder quasi seine eigenen Parts schrieb. Unser Masterplan war schlicht, Musik zu machen - und der hat ja bislang funktioniert."
Was ist denn der Antrieb, der MM bewegt das zu tun, was sie tun? "Also, wir mögen die Spannung in unseren Songs und natürlich diese zu erzeugen. Das ergibt dann Songs, die dich auf einen Trip mitnehmen. Musik zu spielen ist für uns ein sehr erhebendes und intensives Erlebnis." Warum gibt es denn eigentlich keinen richtigen Bassisten? "Wie gesagt, die Umstände brachten uns dazu - aber die Band funktioniert ja auch gut als Trio und wir denken, dass der Orgel-Bass unseren Sound entsprechend abrundet." Und eine andere Band aus L.A. - die Doors - hatten ja auch keinen richtigen Bassisten, wenn man mal drüber nachdenkt. Wie beschreiben denn MM selber ihren Sound? "Ehrlich gesagt ist das alles nichts neues. Wir sind eine Rockband, die Elektronik und traditionelle Rock-Instrumente mischt. Wir versuchen bloß, ein paar Songs zu schreiben, auf die wir stolz sein können und wir mögen es, uns selbst zu fordern." Welche "Midnight Movies" repräsentierten die Band MM denn am besten? In der Info zur CD ist von David Lynch die Rede - aber dessen Filme sind ja irgendwie langsamer als die Musik von MM. Obwohl - das scheint nicht das Ausschlaggebende zu sein, oder? "Nein - für uns wären das 'Stranger Than Paradise' von Jim Jarmush, 'The Holy Mountain' von Alejandro Jodorowsky und 'Betty Blue' von Jean-Jacques Beneix - weil dies allesamt seltsame, surreale und romantische Filme sind." Ach ja: Romantik ist ein weiteres Thema, das die Songs von MM zusammenhält. Die blumigern, metaphernreichen Texte schreibt Gena: "Ich denke, dass die Texte die buchstäbliche Stimme des jeweiligen Songs sind. Sie sind abhängig von der Melodie und den Rhythmen. Da alles zusammen geschrieben wird, beeinflusst sich auch alles gegenseitig. Ein Beispiel wäre der Song 'Blue Babies'. Der Text basiert auf einer Phrase, die ich immer vor mich hin wiederholte, als ich an der Melodie arbeitete. Ich sagte immer 'Blue Babies on the line - happens from time to time'. Das interessierte mich irgendwie und so fragte ich andere Leute, was sie davon hielten, was es bedeuten könnte, was sie dachten. Das, was dabei herauskam, war: Babies auf der Wäscheleine. Das wiederum hat ein ganzes Gemälde in meinem Kopf ausgelöst, woraus dann der Song entstand." Und wie entsteht die Musik dazu? "Auf ganz verschiedene Art: Entweder, es gibt zuerst eine Melodie - oder einen Gitarrenpart oder einen Drumbeat. Meistens ist es eine kleine Idee, die dann wächst und wächst und wächst. Bis wir dann den ganzen Song finden. Wir versuchen immer, neue Sounds und Gefühle in unsere Songs einzubringen. So entstehen dann fast kleine Reisen, auf die wir uns begeben. Das macht Spaß." Okay, aber woher weiß man dann, wann man fertig ist? "Das wissen wir erst, wenn wir all die verschiedenen Teile zusammen anhören und sie dann selber auf die richtige Weise wahrnehmen. Wenn das passiert sind wir ganz aufgeregt und dann wissen wir auch, dass es fertig ist." Und wodurch definiert sich dann letztlich die Band Midnight Movies? "Wahrscheinlich ist das mehr als alles andere die Balance, die sich aus unseren verschiedenen Persönlichkeiten ergibt." Oder aber: Die Mischung macht's. Mit den Midnight Movies ergibt sich tatsächlich die Möglichkeit, einen schönen Filmabend zu erleben, ohne das Haus zu verlassen oder den Fernseher einzuschalten. Das hat man doch wirklich nicht alle Tage!
Weitere Infos:
www.midnightmovies.net
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Pressefreigabe-
Midnight Movies
Aktueller Tonträger:
Midnight Movies
(Emperor Norton/Rough Trade)

 
 

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