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Interview-Archiv

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JACKIE LEVEN
 
Der furchtlose Songwriter
Jackie Leven
Nein, Jackie Leven macht nicht plötzlich Country-Musik. Der Titeltrack der neuen CD ist zwar dem großen "Man in Black" gewidmet, hat jedoch eine vielschichtigere Bedeutung: Letztes Jahr starben Jackies Eltern. Sein Vater nach langer Krankheit ungefähr zu der Zeit, als auch Johnny Cash starb. Das veranlasste den keltischen Barden, sich mit dem Thema Tod und Würde auseinanderzusetzen und damit sowohl seinem Vater, wie auch Johnny Cash, zu dessen Musik er erst durch den Tod des Vaters kam, ein Denkmal zu setzen. Das geschah, so Jackie, ganz von selbst: "Es ist tatsächlich so, dass sich der Song 'Elegy For Johnny Cash' mehr oder minder selber von selber schrieb", erinnert sich Jackie, "ich kann mich zum Beispiel gar nicht erinnern, bewusst irgendwelche Entscheidungen getroffen zu haben, sondern ich bin einfach nur dem Song gefolgt."
Wie verhält es sich denn mit Jackie und der Country-Musik generell? "Nun", zögert Jackie doch recht deutlich, "ich verdanke es meinem guten Freund Michael Weston King mir auf viele Weise gezeigt zu haben, worauf es in der Country-Musik ankommt. Ich mochte zwar immer mal wieder den einen oder anderen Song; was aber mein Problem mit der Country-Musik gewesen ist, ist der Umstand, dass es gerade in meiner Jugend ziemlich viele Scheiß-Country-Musik gegeben hat. Und vor allen Dingen mochte ich nicht die Leute, die sich diese Musik angehört haben. In Schottland waren dies nämlich unausstehliche Rednecks. Das hat die Sache für mich verkompliziert. Aber die Situation hat sich ja zum Glück verändert. Heute sehe ich diese Welt ganz anders. Ich bewundere diese ruhige Ehrlichkeit, die von dieser Musik ausgeht - im Gegensatz zu der Plastik-Ehrlichkeit von Pop-Country - was reines Business ist." Okay, lassen wir das mit der Country-Musik einmal. Es scheint so, als singe Jackie auf dieser Scheibe mehr über andere Leute, als über sich selbst - wie zum Beispiel den "King Of The Barley" (eine spezifisch grüblerische Art von schottischem Kneipengänger, von dem ein wenig in jedem von uns steckt, wie Jackie meint). "Ich glaube, ich stecke irgendwo schon in alle den Songs", überlegt Jackie, "vielleicht habe ich dieses Mal aber ein klein wenig besser über all die universellen Dinge, die ja jeden Einzelnen von uns betreffen, geschrieben. Ich schreibe heutzutage deutlicher - anhand von konkreten Beispielen. Wie im Falle von 'Vibration White Finger'. Das Stück handelt von einem Mann, der aufgrund einer Berufserkrankung seine Finger nicht mehr spüren kann. Auf gewisse Weise können viele von uns ihre Finger nicht mehr spüren. Es geht mir also weniger darum, über mich zu reden, sondern Warnungen diesbezüglich auszusprechen, wie schnell dein Leben vorbei sein kann - selbst wenn du nicht einmal dreißig bist. Das ist auch ein wenig das Thema der Scheibe."
Musikalisch klingt Jackies neue Scheibe vergleichsweise modern. Verstärkt arbeitet er hier mit Drumcomputern, Loops und Samples - natürlich ohne seine bisherige Identität aufzugeben. "Ich wusste, dass ich einige sehr gute Songs für diese Scheibe geschrieben hatte und entschied mich - zusammen mit David Wrench, meinem Tontechniker - dafür mit libanesischen Musikern zusammenzuarbeiten, die ich kurz zuvor auf diesem Festival getroffen hatte, auf dem ich aufgetreten war", erzählt Jackie, "ich fragte diesen Drummer, Reesa, ob er zu den neuen Tracks spielen könne. Er hörte sich das an und schlug dann aber doch vor, stattdessen mit Drum-Computern zu arbeiten, damit ich mehr Freiheiten habe. Das deckte sich mit meinen eigenen Überlegungen. Denn den Vorwurf, den man meiner letzten Scheibe machen konnte, war der, dass man die Gitarren nicht hören konnte, obwohl ich zehn Spuren mit Gitarren belegt hatte. Ich brauchte also bei der neuen Scheibe mehr Raum für meine Gitarrenarbeit. Dieser Vorschlag von Reesa passte - zusammen mit der sehr elaborierten Bass-Arbeit des phantastischen Bassisten Mohammed - genau zu meinem Sound-Design." Das also dahin führte, anstatt die Gitarren etwa lauter zu drehen, die Produktion transparenter zu gestalten? "Das ist eine gute Art es zu beschreiben", stimmt Jackie zu, "diese neue Scheibe hat weniger Textur. Dafür gibt es mehr Spielraum für die Virtuosität der Musiker. Es hat auch mehr Spaß gemacht." Natürlich flechtet Jackie auch dieses Mal wieder Gedichte in seine Songs ein. Eines davon, "Why Log Truck Drivers Rise Earlier Than The Students Of Zen" von Gary Snider wird z.B. von Willard Grant Conspiracy-Sänger Robert Fisher vorgetragen (der auch den Song "The Law Of Tide" singt). Das erstaunlichste Ergebnis ist dabei aber sicherlich der Song "All The Rage", der einen waschechten Rap-Teil enthält - was eigentlich im Rückblick vollkommen logisch erscheint. Warum brauchte es so lange, bis Jackie auf diese Idee kam? "Das liegt an dem einfachen Umstand, dass ich hier mal mit jemand zusammenarbeitete, der Drums programmieren konnte", meint Jackie, "ich habe diesen Rap-Song den Libanesen vorgespielt und sie haben daraus diese tolle rhythmische Sache entwickelt. Nachdem es nun mal passiert ist, finde ich auch, dass es sehr lohnend ist, in diese Richtung zu arbeiten. Den Rap-Teil habe ich übrigens selber geschrieben." Während die anderen Gedichte natürlich wieder von "richtigen" Poeten stammen. "Genau", pflichtet Jackie bei, "das Gedicht 'In Memory Of My Mother' stammt zum Beispiel von dem irischen Poeten Patrick Cavanagh. Meine eigene Mutter ist letzten Oktober gestorben und ich nutzte die Gelegenheit, hier etwas zu machen, das sich an alle Leute richtete, deren Mutter gestorben ist."
Die neue Transparenz der aktuellen Scheibe ist - zusammen mit den elektronischen Elementen - ja auch geradezu wie gemacht dafür, live von Jackie und seinem Partner Michael Cosgrave vorgetragen zu werden, nicht wahr? "Ja, klar, wir achten natürlich auch irgendwo darauf, dass wir die Sachen auch gut live spielen können", räumt Jackie ein, "ich überlege aber noch, vielleicht noch den griechischen Viola-Spieler Mikaelis mit auf Tour zu nehmen, der auch auf der Scheibe spielt. Und vielleicht noch einen sehr guten norwegischen Perkussionisten, den ich kürzlich in Oslo getroffen habe. Michael ist ja sowieso unverzichtbar und unvergleichbar. Er ist ja auch ein Multiinstrumentalist. Wir sind uns ja auch sehr nahe. Michael hat einen tollen Geschmack und seine Entscheidungen, wie etwas klingen sollte, sind immer sehr gut." Es ist interessant, dass Jackie hier scheinbar mit einem ganzen Weltmusik-Orchester aufwartet - ohne dass sein neues Album deswegen wie eine Weltmusik-Scheibe klingt. Wie hat er das denn gemacht? "Es gibt eine Sache, die ich jedem Musiker sage - und das ist: Dient dem Song! Der Song muss immer an erster Stelle stehen und der Song hat Bedürfnisse, denen man sich unterordnen muss. Ein guter Musiker wird das auch immer akzeptieren. Dennoch war ich überrascht, wie sehr sich die griechischen und libanesischen Musiker in Richtung eines westlichen Sounds bewegt haben. Ich habe dann aber verstanden, dass es daran lag, dass sie einfach meine Bitte befolgt haben und die richtigen Entscheidungen für die Songs getroffen haben. Wenn man das tut und auf den Song hört, dann braucht man auch nichts mehr zu ändern." Wenn Jackie nun auf seine gewiss eindrucksvolle Karriere als Songwriter zurückblickt: Was hat sich für ihn denn im Laufe der Zeit verändert? "Ich glaube, dass ich heute weniger Angst habe", gibt Jackie zu Protokoll, "wenn du jünger bist, tendierst du dazu, mehr Angst zu haben, weil man sich darum sorgt, sich in der Welt beweisen zu müssen und ein guter Songwriter zu werden. Man denkt auch daran, Scheiben verkaufen zu müssen. Nun, da zum Beispiel meine Eltern beide gestorben sind, befinde ich mich plötzlich in einer Welt, die weniger Furcht für mich bereit hält und die ich besser kontrollieren kann. Das ermöglicht mir, kraftvoller zu schreiben. Ich mag vielleicht immer noch über dieselben Dinge schreiben wie früher, tue dies heute aber mit mehr Selbstbewusstsein und innerer Stärker."
Weitere Infos:
www.jackieleven.com
www.indigo.de/unser_programm/529/
Interview: -Ullrich Maurer-
Foto: -Pressefreigabe-
Jackie Leven
Aktueller Tonträger:
Elegy For Johnny Cash
(Cooking Vinyl/Indigo)
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