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Interview-Archiv

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JEB LOY NICHOLS
 
Zwischen Vergangenheit und Gegenwart
Jeb Loy Nichols
"Now Then" heißt das neue Album des ehemaligen Fellow Travellers Jeb Loy Nichols, das dieser mit dem Lambchop-Spezi Mark Nevers in Nashville einspielte. Das Covermotiv zeigt - wie üblich in Form eines seiner Holzschnitte - einen Kopf mit zwei Gesichtern, die sich in entgegengesetzte Richtungen wenden; eines mit geöffneten Augen und Mund und eines mit geschlossenen. Nach welcher Symbolik trachtete es den mit Jack Johnson zur Zeit wohl entspanntesten US-Troubadour (der momentan mit seiner Frau, Loraine Morley, in Wales lebt)? "Nun der Titel ist der Versuch, das Album in zwei Worten zusammenzufassen. Ein Album, das zwar zurückblickt aber dennoch keine Retro-Scheibe sein will, sondern vielmehr eine moderne. Als ich also meine Holzschnitte fertige, wollte ich das auch ausdrücken. Das ist etwas, was die alten Meister ja auch machten. Als z.B. Dan Penn, der ja auf meiner Scheibe mitsingt, die alten Muscle Shoals Aufnahmen in Memphis einspielte, war er zu Recht auch der Meinung, moderne Musik in der Tradition alter Meister zu machen, auch wenn heute viele meinen, dass die Soul Musik 1974 aufgehört habe zu existieren."
Warum entstand die Scheibe denn in Nashville - einer Stadt, in der Jeb nach eigener Aussage gar nicht leben möchte? "Nun, ich denke, dass ich eine Scheibe machen wollte, die eine Art Zusammenfassung der letzten zwei oder drei Alben wäre, die ich eingespielt habe. Ich wollte eine Country-Soul-Scheibe machen. Wichtig war es mir dabei, mich außerhalb meines üblichen Zirkels an Freunden und Familie zu bewegen. Einfach um mich selbst zu bewegen, die Sache so gut wie möglich zu machen und nicht etwa in alte Gewohnheiten zurückzufallen. Ein weiterer Grund war Mark Nevers. Ich kenne ihn schon seit Jahren und wir wollten immer schon mal zusammenarbeiten. Jetzt hat es endlich mal geklappt. Mir war klar, dass etwas sehr Spezielles dabei herauskommen würde, wenn ich mit ihm zusammenarbeitete." Auf der Scheibe tummeln sich dennoch einige von Jebs Freunden - Loraine Morley z.B., Dennis Bovell, natürlich die halbe Lambchop-Belegschaft aber auch Gäste wie eben Dan Penn, den Soul Veteranen aus den alten Tagen. "Nun ich kannte Dan schon und habe auch bereits mit ihm zusammengehalten", erzählt Jeb, "natürlich war ich immer schon ein großer Fan von ihm und habe ihn als Sänger bewundert. Als ich mich mit Mark traf, zeigte er mir sein altes Mischpult, auf dem wir aufnehmen wollten. Ich habe ihn gefragt, woher er das habe und er meinte, dass es aus Memphis stamme und aus dem Studio stammte, in dem Dan Penn und Spooner Oldham ihre Produktionsfirma hatten. Es passte also alles irgendwie zusammen. Wir hatten gerade sechs oder sieben Songs eingespielt und sind dann zum Essen zu Dan Penn gegangen. Dort haben wir das vorgespielt und Dan fand sie ziemlich cool. Und er meinte dann, dass er 'Ever Feel Like Leaving' am besten fände, weil das so eine Art Eddie Hinton / Bobby Womack-Groove habe. Das hat mich natürlich sehr gefreut und ich habe ihn gebeten, darauf mitzusingen. Das ist ja das Schöne, dass man in Nashville die Möglichkeit zu solchen Sachen hat." Das musste ungefähr zu der Zeit gewesen sein, in der Dan Penn und Spooner zusammen mit Frank Black dessen letzte Scheibe eingespielt haben, nicht wahr? "Ehrlich gesagt, ich wusste gar nicht, wer Frank Black ist, als Dan sich gerade auf diese Sessions vorbereitete", räumt Jeb zu, "Dan hat mich nach ihm gefragt aber ich wusste genausowenig über Frank wie Dan selber. Aber wie ich von Dan nachher gehört habe, haben die Sessions ganz gut geklappt. Es ist interessant, dass sich auf diese Weise die alten Musiker mit den jüngeren zusammentun - die so den älteren ihre Ehrerbietung erweisen. Es ist ja nicht so, dass man irgend jemanden fragt, für einen zu arbeiten. Man geht ja zu diesen Leuten, weil man deren Arbeit schätzt und verehrt."
Das zahlt sich offensichtlich aus: Der Sound von Jebs neuer Scheibe ist typisch Nashville - allerdings das unbequeme, alternative Nashville. Die von Lloyd Barry arrangierten Streicher und Bläser verleihen der Sache dabei den typischen Lambchop-Touch. Das eingedenk: Was tat Jeb denn, diesen Sound zu seinem eigenen zu machen? "Nun, zunächst einmal hat man eine bestimmte Vorstellung von den Songs, die man aufnehmen möchte. Ich hatte zum Beispiel vor, bestimmte Songs zu Country-Nummern zu machen - mit Banjos und Pedal Steel -, die indes nachher ganz anders klangen, etwa indem andere ihre Ideen beisteuerten. Man kann so etwas gar nicht so genau steuern und das ist auch gut so. Und was den Lambchop-Sound betrifft: Zum Glück kannte ich den vorher gar nicht. Ich hatte nämlich vorher nie eine Lambchop-Scheibe gehört. Ich kannte zwar Mark aber ich muss einräumen, dass ich eine ganze Menge verpasst habe. Zum Beispiel die ganze 'Alt-Country'-Schiene und speziell Lambchop. Nicht weil es mir gefiel, sondern weil das ganz einfach nicht meine Sache war. Erst nachdem wir alle Songs aufgenommen hatten, spielte mir Mark 'Nixon' vor und ich mochte die Strings sehr gerne. Erst da erzählte er mir, dass wir mit Lloyd Barry zusammenarbeiten würden, der diese Streicher auch arrangiert hatte. Ich denke, dass dieser Umstand, dass ich Lambchop nämlich gar nicht kannte, dazu beigetragen hat, dass es nach wie vor mein Ding ist." Die Liner Notes des neuen Albums bestehen aus zwei Briefen zwischen Jeb und einem Freund, Rob Ryan, in dem sich die beiden über Themen wie zu Hause und das ständige Aufbrechen eines Musikers auf Achse unterhalten. Was bedeutet denn "zu Hause" für jemanden wie Jeb Loy Nichols und warum bricht dieser eigentlich ständig auf? "Das ist eine interessante Frage", überlegt Jeb, "es ist nämlich so, dass ich unglaublich gerne zu Hause bin und es eigentlich nicht mag, herumzureisen. Aber es ist so, dass ich gerade in Wales lebe - auf einer kleinen Farm, die ich sehr liebe. Ich lebe dort mit jemandem - Loraine Morley -, mit der ich seit 20 Jahren zusammenlebe. Aber ist das zu Hause? Ich weiß es gar nicht, obwohl ich dazu tendiere es anzunehmen. Aber dennoch bin ich keiner jener Menschen, die das Gefühl haben, an ihrem Ziel angekommen zu sein. Ich habe Freunde, die sagen, dass sie ihre Heimat gefunden haben und dort nicht mehr wegziehen möchten. Mein Vater zum Beispiel, der in Süd-Missouri lebt oder auch Den Penn, der in Nashville sein zu Hause gefunden hat. Ich bin selber aber noch nicht so weit." Was gehört denn für jemanden wie Jeb zu einem "zu Hause"? "Also das erste, was mir einfiele, wäre Loraine - denn sie ist die wichtigste Person in meinem Leben. Das zweite wäre ein Gefühl, sich außerhalb des allgemeinen Verkehrsstromes zu befinden. Es ist nämlich so, dass ich es hasse, im Zentrum von irgendetwas zu stehen. Das ist auch der Grund, warum ich immer am Rande wohne und nicht im Zentrum, auf der Überholspur." Das alles passt ja ganz gut zum Typus des amerikanischen Musikers, der ständig über Fernweh klagt, sich immer in Bewegung befindet, sucht und sehnt und darüber schreibt - während seine englischen Kollegen über Heimweh klagen und das zu Hause als solches kontemplieren und die Heimat besingen. "Das ist auch sehr interessant", reflektiert Jeb, "denn kurz nachdem ich nach England gekommen war, habe ich begonnen Songs zu schreiben - und es waren immer Country-Songs. Melancholische Reise-Berichte in etwa. Das wollte ich aber eigentlich nie. Ich wollte lieber Songs schreiben, die eher der englischen Tradition entsprechen. Das gelang mir aber nie. Ich schrieb immer 'entwurzelte' Songs, wenn du so willst. Die Frage, warum das so ist, ist sehr interessant. Ich weiß aber keine Antwort darauf. Es ist eben so." Wie wichtig ist denn heutzutage der Reggae-Rhythmus für Jeb? Zwar machen einige seiner Reggae-Kumpels auf der neuen Scheibe mit, aber es ist doch die am wenigsten Reggae-lastige seiner bisherigen Karriere geworden. "Nun Reggae ist immer noch wichtig für mich", bestätigt Jeb, "ich höre mir auch immer noch viel Reggae an. Aber auf dieser Scheibe ging es mir eben um die Zusammenführung von Country und Soul. Wenn es ein wenig Reggae gibt - 'Really Together' - ist ja schließlich ein alter Reggae-Song, spielte das hier keine große Rolle."
Jeb Loy Nichols
Was inspiriert Jeb denn heutzutage musikalisch? "Nun das wird durch den Titel des Albums 'Now Then' gut ausgedrückt", meint er, "es ist ein Mix aus alten und neuen Sachen. Ich finde, es ist eine großartige Sache, dass du immer wieder sowohl alte, wie auch neue Sachen für dich entdecken kannst. Ich finde es immer befremdlich, wenn ich diese Leute treffen, die sagen, dass früher alles besser gewesen sei. Ich höre mir zwar auch gerne alte Sachen an aber auch neue Sachen. Neue Reggae-Musik zum Beispiel oder auch Hip Hop. Mir gehen zwar diese frauenverachtenden und homophobischen Texte auf den Keks, die mich zuweilen wütend machen, aber musikalisch und besonders von den Rhythmen her ist das sehr inspirierend." Welche musikalischen Träume hat Jeb Loy Nichols denn noch für die Zukunft? "Ja, da gibt es immer neue Sachen, die mich reizen", überlegt Jeb, "ich denke, es sind immer die unerwarteten Sachen, von denen ich selber nicht weiß, was es ist, an denen ich interessiert bin. Zum Beispiel: Wenn ich in einem Monat jemand treffe, der in einer Jazz Band spielt und mich bittet, dort zu singen - was ich nie getan habe - so etwas wäre aufregend. Du weißt nie, was passieren wird, und das finde ich spannend. Wenn dein musikalischer Freundeskreis groß genug ist, wird immer etwas in dieser Art möglich sein. Da brauche ich mir also keine Sorgen zu machen..."
Weitere Infos:
www.jebloynichols.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Jeb Loy Nichols
Aktueller Tonträger:
Now Then
(Tuition/Alive)
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