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BARBARA MORGENSTERN
 
Warum in die Ferne schweifen?
Barbara Morgenstern
Der Titel des neuen Albums von Barbara Morgenstern bezieht sich auf ein Sprichwort, das es in unserem Sprachgebrauch exakt in dieser Form nicht gibt: "The Grass Is Always Greener On The Other Side Of The Fence." Was das meint, ist, dass man zu oft glaubt, anderswo sei es schöner oder besser. Ein Trugschluss, wie Barbara findet, nachdem sie für sich entdeckt hat, dass es nicht wichtig ist, wo man sich befindet, sondern mit wem und unter welchen Umständen. Das führt dann zu der (dann wieder tyisch deutschen) Frage: Warum in der Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Das schließt das Einbringen von Erfahrungen, die man auf Reisen gemacht hat zwar nicht aus (siehe auch das Covermotiv), aber es bedingt sie nicht.
Musikalisch umgesetzt hat Barbara diese Erkenntnis mit viel Verve und frischen Ideen. So spielte sie dieses Mal sehr viel Piano und lud ihren Live Drummer, Arne Gosh, in's Studio, um der Sache ein wenig mehr Drive und Dynamik zu verleihen. Und es gibt mehr kompakte, knackige Popsongs mit Gesang als noch auf der letzten Scheibe. Wie immer, so bieten auch dieses Mal Barbaras Texte dabei alle Möglichkeiten zur Interpretation. Das sollen sie aber auch tun, denn eine bestimmte Definition möchte die Autorin gar nicht erst vorgeben. Im Prinzip muss man einfach manchmal anders denken (als man es normalerweise tut), damit sich die Texte erschließen. "Jeder Text hat seine eigene Bedeutung - eine Funktion habe ich dabei nicht im Kopf", erklärt Barbara ihr Prinzip, "mir ist es immer ein Anliegen, sie so offen wie möglich zu gestalten, d.h. ich vermeide klar abgesteckte eindeutige Aussagen - damit man eben anders denken muss und jeder sich seine eigene Deutung heraushören kann." Wobei gewisse Dinge aber natürlich schon eine bestimmte Bedeutung haben. "Unser Mann aus Hollywood" zum Beispiel: "'Unser Mann aus Hollywood' ist das Abziehbild des perfekten Glücks, dem man immer vergeblich nachläuft", beschreibt Barbara ihre Interpretation, "mich beschäftigt die Tatsache, dass sich das amerikanische Vorbild in unsere Köpfe einschleicht; wie und wo das geschieht - und mit welchen Mitteln."
Das ist also eines jener Beispiele, bei dem die oben angedachte Taktik eventuell funktionieren könnte, während das an anderer Stelle nicht unbedingt notwendig ist. "'Die japanische Schranke' findet sich in Tokio", erklärt Barbara, "alle Schranken dort machen diese Piep-Geräusche, die sich durch das ganze Stück ziehen." Insofern erfüllen Barbaras Songs - obwohl die musikalische Umsetzung damit nicht unbedingt einhergeht - dieselbe Funktion wie die von Stücken klassischer Singer / Songwriter, die vielleicht eher mit der Gitarre durch die Lande ziehen: Die Beobachtungen, Erfahrungen und Vorstellungen des Protagonisten / Autors bilden den Ausgangspunkt für eine individuell auslegbare Gedankenwelt, in der manchmal sogar eine Art Geschichte lauert. Die musikalischen Inspirationen für die Umsetzung dieser Inhalte kommen dabei aus Ecken, an die man angesichts ihres einzigartigen Stiles gar nicht mal denken würde: "Meine Inspirationen sind auf jeden Fall Antony & The Johnsons", führt sie aus, "und wie seit Jahren immer wieder Joni Mitchells Album 'Blue'." Was vielleicht ein wenig die Jazz-Ästhetik auf dem neuen Werk erklären könnte. "Außerdem habe ich ein paar wunderbare afrikanische Platten von einem Freund bekommen. Reste aus dieser Richtung findet man noch in 'Quality Time' und 'Initials B.M.'. Auch wenn man es gar nicht mehr raushören kann, war Ovals 'Commers' eine Inspiration, ich habe die Platte allerdings nie ganz angehört, weil ich immer gleich angefangen habe, eigene Musik zu machen, wenn sie lief. Die Groove-Stücke (wie z.B. die "Japanische Schranke") entstehen aus dem Gefühl von Live-Konzerten heraus, es macht einfach Spaß, sie zu spielen." Was ist das Element, das die Notwendigkeit für Barbara auslöst, einen Song schreiben zu müssen bzw. wollen? "Die Notwendigkeit besteht manchmal in einer bestimmten Stimmung. Oder auch in der Lust sich zurückzuziehen oder in der Lust rumzuspielen", erklärt Barbara den Prozess, "Musik ist für mich ein Ort, an dem ich machen kann was ich will und an dem ich mich wohl fühle. Ich beginne oft mit einem harmonischen Gerüst, wozu dann Gesang kommt (oder eben auch nicht) und dann arrangiere ich das Ganze am Computer. Manchmal gibt es auch ein Loop, aus dem dann ein Stück entsteht - z.B. 'Quality Time'." Und wie entscheidet sich, ob ein Stück einen Text bekommt oder als Instrumental weiter bestehen darf? "Welches Stück ein Gesangsstück und welches ein Instrumental ist, ergibt sich beim Komponieren", erklärt Barbara, "manchmal drängt sich eine Gesangsmelodie auf und manchmal ist sie überflüssig oder sogar zuviel in einem Stück. Wenn das der Fall ist, wird das Stück ein Instrumental." Welche Funktion haben dann also die Instrumentals? "Das sind kleine Pausen, in denen man sich nicht auf einen Text konzentrieren muss." Das eingedenk: Was ist ein guter Song für Barbara Morgenstern - bzw. was muss er enthalten und was nicht? "Ein guter Song muss einen emotionalen Moment enthalten", meint sie, "etwas, das mich berührt und mitnimmt - sowohl in der Musik als auch im Text. Was gar nicht geht, ist das Gefühl von Leere und Langeweile."
Barbara Morgenstern
Das Covermotiv zeigt Barbara, wie sie mit deinem Koffer in der Hand der großen Stadt den Rücken kehrt und frohen Mutes in die Zukunft zieht. Wohin denn wohl? "Also im Booklet gibt's zumindest eine optische Antwort darauf (...ahhhh Überraschung!)", lacht Barbara, "und im Koffer sind geheime Dokumente, über die ich natürlich nicht reden kann. Und was die musikalische Zukunft betrifft, kann ich bislang nur sagen, dass es mir das Klavier angetan hat. Es wird sicher eine neue Platte von Robert Lippok und mir und eine mit dem September Collective geben. Außerdem freue ich mich auf die Touren, die im April anfangen. Ein unverwirklichter Traum ist eine Platte mit Dendemann und mit Robert Wyatt - aber dieser Traum hängt sehr, sehr hoch." Mit "The Grass Is Always Greener" festigt Barbara Morgenstern ihre Position als ungekrönte Königin des deutschsprachigen Elektro-Pops und zeigt eindrucksvoll, dass man tatsächlich nicht in die Ferne schweifen braucht, um das Nahe liegende Gute ausfindig machen zu können. Auch wenn es nicht unbedingt schadet, wie man hört.
Weitere Infos:
www.barbaramorgenstern.de
de.wikipedia.org/wiki/Barbara_Morgenstern
www.monika-enterprise.de/morgenstern.html
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Barbara Morgenstern
Aktueller Tonträger:
The Grass Is Always Greener
(Monika Enterprise/Indigo)
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