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CRACKER
 
Was hätte Andy Kaufman gemacht?
Cracker
David Lowery ist allerbestens gelaunt. Dazu hat er auch allen Grund. Soeben ist nämlich das neue Cracker-Album "Greenland" fertig geworden. Nun sind neue Scheiben für David Lowery keine Besonderheit - aber nach diversen "Nebenprojekten" wie einem Live-Album, einer Country-Scheibe, Cover-Aufnahmen, einer neuen Camper Van Beethoven-Tour, einem Split-Album mit der Bluegrass Kapelle Leftover Salmon und einem eiligst eingespielten Greatest Hits-Album ist "Greenland" der erste Cracker-Tonträger mit neuem Material seit "Forever" von 2001. Aber lassen wir David doch mal selber erzählen.
"Also wir haben mit dem neuen Album 'Greenland' tatsächlich schon begonnen, kurz nachdem wir 'Forever' aufgenommen hatten. Es war nur so, dass ich mit den Leuten von Camper Van Beethoven begann, Songs zu schreiben und wir dann beschlossen, erst mal ein neues Album aufzunehmen und eine Camper-Tour zu machen. Also wurden die Aufnahmen zu 'Greenland' unterbrochen. Wir haben aber zwischendurch immer mal wieder dran weitergearbeitet. Als wir mit den Aufnahmen fast fertig waren, fanden wir heraus, dass EMI plante, ein 'Best Of'-Album herauszubringen. Das war seltsam, weil sie uns nie kontaktiert hatten und wir doch schon selber ein 'Greatest Hits'-Album namens 'Garage d'Or' rausgebracht hatten. Außerdem sollte unser Album 'Greenland' zur selben Zeit herauskommen. Wir haben dann EMI angerufen und versucht, mit denen einen Kompromiss auszuhandeln. Aber die sagten uns im Prinzip, dass sie tun könnten, was immer sie wollten. Da haben wir uns gefragt, was sich eigentlich jede Band in einer solchen Situation fragen sollte: 'Was hätte Andy Kaufman gemacht'?" Andy Kaufman? Der verstorbene amerikanische Komiker, dem R.E.M. mit "Man In The Moon" ein musikalisches Denkmal setzten? "Genau der Andy Kaufman", führt David aus, "Kaufman hat immer seltsame Dinge gemacht. Man hat seinen Witz manchmal erst sehr viel später verstanden. Verrücktes Zeug. Er hat zum Beispiel während seiner ganzen Karriere seinen Job als Kellner in einem Restaurant weiter ausgeführt. Er hat mit Frauen im Wrestling gekämpft, er hatte ein Pseudonym, Clifton Webb, von dem jeder wusste, dass er es war, während er Zeitungen verklagte, wenn sie eben dies behaupteten. Weisst du, die Sache mit Andy Kaufman ist so ähnlich, wie mit der politischen religiösen Rechten in unserem Land - von der ich nicht glaube, dass sie religiös ist. Die fragen nämlich immer: Was würde Jesus tun? Wenn ich also frage, was Andy Kaufman getan hätte, dann ist das ein bewusster Affront. Also Andy Kaufmann hätte vermutlich das gemacht, was wir dann taten: Wir beschlossen unsere 'Greatest Hits' selber noch mal einzuspielen und am selben Tag rauszubringen wie EMI. Martin, der Chef von Cooking Vinyl, fand, dass das eine gute Idee sei und gab uns grünes Licht. Wir hatten aber nur zwei Monate Zeit für die ganze Sache - weil ja die CD auch hergestellt und ausgeliefert werden musste. Wir haben also jeden Tag außer Weihnachten gearbeitet. Das Ergebnis war, dass unsere Version die EMI-Scheibe verkaufsmäßig 10:1 überholt hat. Wir haben ja auch von der Promotion von EMI profitiert. Ich muss aber sagen, dass wir nicht wirklich zornig über diese Sache waren. Wir haben einfach EMI mit ihren eigenen Mitteln geschlagen. Die Leute mögen das vielleicht anstößig finden, aber wir müssen ja auch Geld verdienen."
Nun ja, auch Künstler müssen leben und die Fans wurden ja nicht über den Tisch gezogen, sondern bekamen ja - anders als bei EMI - neue Versionen der alten Stücke geboten. "Ja, das ist wichtig, denn wenn du die Stücke 12 oder 14 Jahre spielst, dann verändern sie sich ja auch", meint David, "als wir dann dieses Projekt unter Dach und Fach hatten, konnten wir also an 'Greenland' weiter arbeiten. So kam es, dass sich hier Material ansammelte, das über einen längeren Zeitraum entstanden ist. Z.B. sind einige der Songs wie 'Night Falls' oder 'Fluffy Lucy' mit Mark Linkus von Sparklehorse vor der Camper-Scheibe entstanden. Die Sachen, die wie Pink Floyd klingen - 'Sidi Ifni' z.B. - sind nach der Camper-Scheibe entstanden." Die andere Besonderheit sind die Orgel- und Keyboard-Sounds, die sich wie ein roter Faden durch die neuen Songs ziehen. Was war denn der Masterplan? "Nun, wir haben ja immer einen gewissen Freundeskreis, wenn wir mit Cracker musizieren", erläutert David, "dazu gehören auch drei Keyboard-Spieler, die auch alle auf der neuen Schiebe mitmachen. Einer davon ist Craig Harmon, unser Anwalt - was recht eigenartig ist. Dann gibt es Kenny Margolis, der in der Live Band spielt und Matt Durante, ein jüngerer Produzent aus der Band Rona, die ich gerade produziere. Manchmal spielen sogar alle drei auf ein Mal. Und ich und Mark Linkus spiele auch hin und wieder Keyboards. Man kann also schon sagen, dass das unsere Keyboard-Scheibe geworden ist. Ich denke aber dennoch, dass es eine Rock-Scheibe geworden ist. Wenn ich sagen müsste, welche Musik es ist, dann würde ich sagen Southern Rock trifft englische Psychedelia." Woher kommt denn das? Eigentlich erwartete man solche Elemente ja weniger bei Cracker als vielmehr bei Camper Van Beethoven? "Ich glaube, das hat sich ein wenig vermischt", gesteht David, "ich habe das zwar nicht geplant, aber die Bands haben sich gegenseitig beeinflusst. Z.B. gibt es auf der Camper-Scheibe ein Stück, das ich mit Johnny Hickman geschrieben habe, was aber nicht zu Cracker passte."
Cracker
Wie hält David denn die beiden Projekte für sich auseinander? "Nun, es sind die unterschiedlichen Leute, die an beiden Projekten beteiligt sind, die den Unterschied ausmachen", meint David, "und das Songwriting. Manchmal schreibe ich aber auch Songs für mich alleine, und dann muss ich sehen oder entscheiden, für welche Band die Stücke geeignet sind." Wenn David sagt, die Songs auf der neuen Scheibe seien persönlicher als sonst üblich, bedeutet dies, dass die Charaktere, über die er singt, auf realen Personen basieren? "Manchmal", schmunzelt er, "in der Vergangenheit waren es fast immer fiktionale Charaktere, die manchmal bloß aus einer Phrasierung heraus entstanden, die ich aufgeschnappt habe. Nun hat ja jemand Kluges einmal gesagt, dass alle Fiktion immer einen autobiographischen Kern hat. Die Grenzen verwischen sich da. Dieses Mal habe ich aber bewusst mehr reale Charaktere verwendet. Ich weiß gar nicht, ob ich das sagen soll, aber 'Fluffy Lucy' handelt von meinem verstorbenen Hund. Das mag vielleicht die Magie des Songs zerstören, es funktionierte aber für mich. 'Maggie' könnten z.B. meine Ex-Frau sein, als sie jünger war. So etwas in der Richtung. Oder nimm den Song 'Sidi Ifni'. Ifni ist ein Ort in Marokko - eine ehemalige spanische Kolonie. Es ist ein sehr schöner Ort und dort war ich mit meiner Frau, als ich sie gerade kennengelernt habe. Es erinnerte mich an Gabriel Garcia Marquez, weil es halb verlassen war. Eine Art Fegefeuer für verlorene Seelen. Darüber musste ich einfach einen Song schreiben." Das heißt: Das Reisen ist eine wichtige Inspirationsquelle? "Es geht gar nicht anders", meint David, "Jonathan von Camper z.B. ist in Frankreich geboren und hat europäische Wurzeln, Johnny Hickmans Vater war in der Air Force und er lebte praktisch fast überall auf der Welt. Ich bin selbst der Sohn eines Army-Angehörigen und meine Mutter kommt aus England. Ich habe immer versucht, durch mein Songwriting meine Wurzeln zu finden. Ist es Flamenco, den ich in meiner Jugend hörte? Ist es die deutsche Musik, die ich als Baby in Texas gehört habe? Ist es die Folk-Musik aus den Ozarks, die meine Eltern gehört haben oder der Rock'n'Roll, den meine Cousins gehört haben? Ich weiß nicht. Meine musikalischen Wurzeln erschließen sich aus verschiedenen Richtungen, die sich nur durch Reisen erfahren lassen."

Was macht David momentan als Produzent? "Nun, da Cracker rund Camper momentan parallel laufen, habe ich gar nicht mehr so viel Zeit für andere Projekte", muss er einräumen, "aber ich arbeite gerade mit der Band Rona zusammen, die ich produziere. Und dann gibt es noch eine Band namens Lucero aus Memphis, die ich produziere. Es ist eine junge Band mit Punk-, Americana- und Rock-Einflüssen. Ein bisschen so wie die Drive-By Truckers." Da es nun von Cracker bereits alles Mögliche gibt - eine Live-Scheibe, drei Greatest Hits-Alben, eine Country-Scheibe, eine mit Cover-Versionen, eine Bluegrass und Akustik-Scheibe - was bleibt denn da als Ziel noch offen? "Ich glaube, dass Camper mal eine Chill-Out-Dance-Scheibe machen sollten. Weil Jonathan und ich uns dauernd elektronische Ideen zuschicken und ich denke, da könnten wir tatsächlich was draus machen - aber erst, wenn es bis zu unserem Herzen vorgedrungen ist, was momentan noch nicht der Fall ist. Und mit Cracker möchte ich mal eine richtig schöne Soul-Scheibe machen. Ich denke, das hätten wir drauf. Wir haben schon ein paar neue Ideen gesammelt und das ist schon in unsere Herzen vorgedrungen..."

Weitere Infos:
www.crackersoul.com
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Cracker
Aktueller Tonträger:
Greenland
(Cooking Vinyl/Indigo)
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