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BEN HARPER
 
Kein Sinn macht Sinn
Ben Harper
Bereits zu Zeiten seiner "Diamonds On The Inside"-CD erzählte Ben Harper von der Idee, gleich im Anschluss an eine Tournee mit seiner Live-Band, den Innocent Criminals, ins Studio zu gehen und mit dem so gewonnenen Schwung eine ganze CD aufzunehmen. Doch zunächst spielte er dann doch eine weitere "konventionelle" CD ein, das Konzept-Werk "Both Sides Of The Gun" - auf dem er u.a. zusammen mit M. Ward arbeitete, der seither auch zu den Innocent Criminals gehört. Es folgte eine Kollaboration mit Jack Johnson ("Sing-A-Longs and Lullabies") - was Sinn macht, denn während Jack seine Fans unter den Surfern Kaliforniens fand, kamen Bens erste Apostel aus dem Skater-Dunstkreis. Erst jetzt, mit "Lifeline", konnte sich Ben den Traum erfüllen, sein Projekt mit der Band zu verwirklichen.
Und fand dabei auch noch Zeit, einen Gastauftritt auf G. Loves letzter CD "Lemonade" zu absolvieren. "G. Love kenne ich schon sehr viel länger als Jack - so seit 10, 12 Jahren", erklärt Ben und erzählt dann auch gleich noch, was er ansonsten zwischenzeitlich gemacht hat, "wir hatten immer schon angedroht, etwas zusammen machen zu wollen, aber erst jetzt hat sich eine Gelegenheit ergeben. Ich habe auch noch eine eine Cover-Version von John Lennons 'Beautiful Boy' für das Darfur-Benefit-Album 'Instant Karma' gemacht, und ich produziere gerade einen Musiker namens Tom Freund, einen Singer-Songwriter aus Kalifornien." Die Geschichte von Ben Harper und den Innocent Criminals - deren ältestes Mitglied Bassist Juan Nelson ist und zu der - außer M. Ward - momentan Drummer Oliver Charles, Perkussionist Leon Mobley und Keyboarder Jason Yates gehören - reicht ja schon mehr als zehn Jahre zurück. Warum kam es erst jetzt zu einer Scheibe wie "Lifeline", bei der die Innocent Criminals nicht nur Musiker, sondern auch gleichberechtigte Partner sind, was das Songwriting betrifft? "'Lifeline' ist die Scheibe, die wir zu diesem Moment machen wollten", erklärt Ben, "geplant hatte ich das schon seit langer Zeit, aber die Gelegenheit präsentierte sich nie. Jetzt, in Paris, klappte es endlich." Zu "Diamonds On The Inside-Zeiten" meinte Ben, dass diese Scheibe für ihn die Blaupause für die nächsten Scheiben werden würde. Vertritt er diesen Standpunkt noch immer und was hat sich seither geändert? "Wenn man zusammen im Studio spielt, erwacht alles sofort zum Leben und spricht zu dir. Ich kann dann die Musik in meinem Herzen und in meinem Kopf hören und das Studio ermöglicht es uns dann, diese Energie aus uns herauszuziehen. Wir haben sehr hart an diesem Album gearbeitet und ich bin sehr stolz auf meine Band und das, was wir erreicht haben. Wir haben es innerhalb einer Woche erschaffen, aufgenommen und gemischt. Ich hatte nämlich vorher nur 'Lifeline' gespielt. Alles andere haben wir auf Soundchecks auf der Tour entwickelt."
Was war das Hauptziel bei den Aufnahmen zur neuen Scheibe? Es hätte ja auch eine Art Live-Scheibe im Studio mit langen Instrumental-Passagen und Soli werden können. Stattdessen erwartet den Hörer ein überraschend zurückhaltendes, subtiles, vielschichtiges Werk mit feinsinnigen, großteils akustisch angelegten Songs. "Unser Ziel war eine modern klingende, akustische Soul-Musik, die auf eine sehr traditionelle - und nach meiner Meinung auf die bestmögliche - Art aufgenommen wurde; und das ist analog." Ben erzählte uns ja einmal, dass er großen Wert darauf lege, möglichst viele verschiedene Stile auf einer CD miteinander zu verquicken - unter anderem inspiriert von den Beatles, die dieses ja als erste gemacht hatten. Seit einiger Zeit scheint dies für Ben indes weniger wichtig geworden zu sein. "Es sollte dieses Mal einfach eine einzigartige Soul-Musik sein", erklärt Ben, "es sollte die erste amerikanische Scheibe sein, die die verschiedenen Bereiche des Soul miteinander verwebt. Von Motown über Neil Young bis Blind Willie Johnson. Das ist für mich nämlich alles Soul Musik. Und ich wollte sie unter meinen Bedingungen verweben. Früher wollte ich immer alle möglichen Stile mischen, was immer noch wichtig ist, aber dieses Mal habe ich erstmals das Gefühl, dass ich mehrere Scheiben in der Art wie 'Lifeline' machen könnte. Das ist für mich eine interessante Haltestelle, weil ich ja bis auf das Blind Boys Gospel-Album immer alles gemischt habe." Heißt das, dass es für Ben nicht mehr so wichtig ist, laute Musik zu spielen? "Nein, um Himmels Willen!", verneint er nachdrücklich, "ich habe immer noch Spaß an dem Rausch, der laute Musik verursacht. Akustische Musik kann auch laut sein. Ich will das auf keinen Fall für mich ausschließen. Ich habe gerade eine Show in Tennessee auf dem Bonnaroo-Festival gespielt mit John Paul Jones von Led Zeppelin und Questlove (Ahmir Khalib Thompson) von den Roots. Das war fantastisch und so etwas möchte ich noch mal machen. Ich schließe also nichts aus, sondern ich nehme diese neue Scheibe mit dazu, was den Stilmix angeht. Ich werde die Sache auch noch weiter ausloten." Was war denn das Wichtigste, als es darum ging, die neuen Songs zu arrangieren? "Das wichtigste bei einem Arrangement ist für mich die Seele eines Songs zu erwecken. Es muss auch ein gewisses Element der Überraschung haben. Und jedermann mag ein gutes Intro und ein gutes Outro. Man muss dabei variabel sein und alles mischen. Manchmal muss man über Bord gehen und sich dann zurücknehmen, manchmal muss man sich einfach auf das Wesentliche konzentrieren. Und dann ist da noch die Technik. Ich habe sowohl digital wie auch analog gearbeitet und bin am Ende zu dem Schluss gekommen, dass ich analog bevorzuge."

Wie ist Ben dieses Mal die Texte angegangen? Er ist ja bekannt dafür, sich politisch zurückzuhalten und lieber persönlich gefärbte Texte zu schreiben. "Ein Thema gab es nicht notwendigerweise", überlegt er, "ich habe einfach geschrieben, was ich gerade fühlte und habe mich auch nicht auf bestimmte Themen konzentriert, sondern mich bemüht, dem jeweiligen Song zu dienen. Die Themen habe ich interessanterweise bei Gesprächen, die ich mit meiner Band geführt habe, gefunden." Woher kommen dann die Charaktere in den Songs? "Oh, es ging dabei nur um die Gespräche und die Interpretation des Lebens als solche. Ich schreibe nicht über mich selber - das wäre ja langweilig - ich schreibe nur über das, was ich sehe und fühle. Manchmal findet sich dabei ein kleines Stück von mir - das ist aber wirklich eher selten." Kommen wir zur Musik des neuen Albums. Auf der Scheibe gibt es ein akustisches Slide-Gitarren-Instrumental namens "Paris Sunrise #7". Was hat es damit auf sich? "Es war eine nette Weise, das Album ein wenig abzurunden", erklärt Ben. Was war denn die musikalische Inspiration hierfür? Ein wenig ist es ja so etwas wie eine musikalische, impressionistische Skizze. "Es ist fair, das so zu sagen", pflichtet Ben bei, "jede einzelne Note ist improvisiert. Wir haben das in einem Take aufgenommen und es geht dann auch gleich in 'Lifeline' über. Wir haben die Scheibe jeweils von ein Uhr nachmittags bis fünf Uhr morgens aufgenommen. Und es war so, dass wir jeden Morgen, wenn wir aus dem Studio kamen, konnten wir den Sonnenaufgang beobachten. Wir haben also sieben Sonnenaufgänge gesehen. Ich habe dann meine Jungs angeschaut und sie gefragt: 'Habt ihr schon mal sieben Sonnenaufgänge nacheinander gesehen?' Und ich denke, das war dann doch einen Songtitel wert." Worum geht es dann bei den angesprochenen Lebenslinien in dem gleichnamigen Stück, das ja auch der Scheibe seinen Namen gibt? "Die Lebenslinie, von der ich singe, ist etwas, was ich mir selbst noch auseinanderklamüsern muss, wenn ich ehrlich bin", gesteht er, "ich weiß nicht genau, ob ich selber nach einer greife oder jemand anderem eine reiche - ich bin mir noch nicht ganz sicher. Technisch gesehen, wäre es fair zu sagen, dass ich über eine Lebenslinie singe, wie sie bei einem Wahrsager, der aus deiner Hand liest, zu finden ist. Das überlasse ich aber der Interpretation jedes Einzelnen." Ja, gut, aber was war der Grund, dies als Titel des Albums zu verwenden? "Dieses Album ist in seinen besten Momenten wie eine Unterhaltung. Wenn man sich die Instrumente anhört und die Art, in der es produziert wurde, ist es so, dass nicht das zählt, was da ist, sondern eher, was nicht da ist. Es gibt keine Bläser, keine Streicher, keine Effekte, sondern jede einzelne Note ist essentiell und hat somit sehr viel mehr Gewicht als üblich. Wenn man sich also auf diese Weise die Instrumente anhört, dann scheinen sie eine Unterhaltung miteinander zu führen. Die Texte kommen ja des Weiteren, wie gesagt, von Gesprächen, die ich mit der Band hatte und ich habe die Hoffnung, dass sich das auf den Zuhörer überträgt. Dass sich das anfühlt, als tippe ich den Zuhörer auf die Schulter und dass sich das so in eine Unterhaltung mit der Öffentlichkeit ausweitet. Das erhoffe ich mir zumindest."

Ben Harper
Das ist auch der Grund, warum sich Ben in seinen neuen Texten oft an jemanden wendet, nicht wahr? "Ja, genau", bestätigt er, "und vielleicht können ja die Leute auch ihre eigenen Erfahrung aus Unterhaltungen dort hinein projizieren." Dabei verwendet Ben anschauliche Bilder und Metaphern. Ist das eine Technik, um die Sache für den Zuhörer ansprechender zu gestalten? "Nun, es ist nicht meine Absicht, aber natürlich sollte es für den Zuhörer ansprechend klingen. Jeder Schreiber sollte seine Arbeit so gestalten, dass sie für den Zuhörer ansprechend wirkt." Gab es dabei ein bestimmtes Thema für jeden Song? Z.B. der Opener, "Fight Outta You", ist das ein Song, in dem es darum geht, sich zusammenzureißen? "Nein, eher einer, in dem es darum geht, nicht zurückzustecken und dem treu zu bleiben, was du fühlst." Manchmal sind die Bilder aber auch ambivalenter. "In dem Song 'Fool A Lonesome Train' kann es um alles Mögliche gehen. Ein Zug kann schließlich in jede Richtung fahren, nicht? Es kann um Einsamkeit gehen, um eine Reise oder es kann einfach um das Geräusch der Pfeife sein, zu der der Zug den Bahnhof verlässt. Oder es ist jetzt ganz einfach ein Sprichwort, das ich geprägt habe." Was ist dann das wichtigste an einem Song? "Ein guter Song muss sich einfach gut anfühlen", meint Ben, "er muss musikalisch und inhaltlich Sinn machen. Oder wenn er keinen Sinn macht, muss das wiederum Sinn machen. Verschiedene Musik hat verschiedene Zwecke. Wenn man über Hip Hop oder Rap spricht, hat das eine andere Bedeutung als Soul." Für wen macht Ben eigentlich seine Musik? Bens Kollege John Butler erklärte uns letztlich ja z.B., dass er Musik eigentlich zunächst für sich mache. "Ich kenne John, er ist ein großartiger Typ", meint Ben, "und wenn er das sagt, hat er damit natürlich irgendwo recht. Man muss damit beginnen, sich selbst zufrieden zu stellen und seine kreativen Instinkte zu bedienen, um etwas zu erschaffen, das man selber hören möchte. Von da aus reflektiert man das auf die Welt und wenn das gelingt, kann man sich wirklich glücklich schätzen." Dabei ist Ben Harper immer offen für Kollaborationen - was unter Songwritern durchaus nicht selbstverständlich ist. Was gibt ihm das eigentlich? "Wenn ich mit einem anderen Musiker zusammen arbeite, dann gewinne ich dadurch immer etwas, was ich vorher noch nicht hatte. Deswegen mache ich das gerne." Welche Projekte hat Ben Harper denn noch in der Pipeline. Gibt es Sachen, die er unbedingt machen möchte? "Es gibt immer noch das Projekt, das ich mit meiner Mutter machen möchte", erzählt er, "sie hat mittlerweile so viele großartige Songs geschrieben, dass wir uns da wohl mit diesen beschäftigen werden. Dann würde ich gerne noch mal etwas mit John Paul Jones und Quest Love machen. Und ich würde gerne mal ein Reggae-Album in Jamaika aufnehmen. Ach ja: Dann habe ich letztlich damit begonnen, als Hobby zu fotografieren. Das macht mir auch viel Spaß. Es gibt eine Menge Dinge, die ich in der Zukunft machen werde. Es gibt viele Sachen, die ich noch ausprobieren möchte, aber ich habe jetzt auch einen Ort gefunden, an dem ich mich musikalisch für eine Weile aufhalten möchte." Was ist dann - abschließend - die größte Herausforderung für den Songwriter Ben Harper? "Ich versuche immer noch den besten Song zu schreiben, den ich je geschrieben habe. Immer, wenn ich eine Idee habe, finde ich es aufregend, das Potential auszuloten um zu sehen, wohin mich die Sache führen könnte. Da sehe ich absolut keine Limits."
Weitere Infos:
www.benharper.net
de.wikipedia.org/wiki/Ben_Harper
www.ben-harper.com
en.wikipedia.org/wiki/Ben_Harper
www.myspace.com/benharper
www.emimusic.de/3250781
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Ben Harper
Aktueller Tonträger:
Lifeline
(Virgin/EMI)
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