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ZOOT WOMAN
 
Past, Present and Future
Zoot Woman
Der künstlerische Prozess als solcher und dessen Ergebnis werden regelmäßig und meist ohne Umschweife in Beziehung zu allem Vergangenen gesetzt oder müssen sich inmitten jetziger Standards behaupten. Zeitlich gesehen hat man es also nicht gerade einfach, wenn man sich kreativ betätigt. Zoot Woman sind sich dieser Herausfoderung bewusst, verschließen sich keineswegs vor eventuellen Zeitsprüngen vor- oder rückwärts auf der Zeitleiste und schenken uns mit ihrem neuen Album "Things Are What They Used To Be" eine Kostprobe davon, wie man all das am Besten miteinander kombiniert. Wir haben Adam Blake und Jasmin O'Meara vor ihrem Auftritt beim Berlin Festival auf den Zahn gefühlt und dabei festgestellt, dass sie sich des Zeitgeists durchaus bewusst sind. Dass dieser für sie nicht nur akustisch gesehen von Bedeutung ist, das vertrauten sie uns beim nachmittäglichen Gedankenaustausch an.
GL.de: Wir befinden uns gerade auf dem Gelände des Flughafen Tempelhofs. Einem Ort mit sehr viel geschichtlichem Hintergrund. Wie fühlt es sich für euch an hier zu spielen?

Adam: Wir wissen von der großen Bedeutung, die der Flughafen in der Geschichte Berlins besitzt. Jedem, dem wir von unserem Auftritt hier erzählt haben, war sehr daran interessiert und reagierte mit "Wow!". Wir sehen es als Privileg an, hier spielen zu dürfen. Es ist einfach spannender für uns, als zum Beispiel bei einem riesigen Festival wie Rock am Ring zu spielen. Wir waren schon vor ein paar Jahren beim Berlin Festival, als es noch nicht hier stattfand. Es ist schön, wieder ein Teil dessen zu sein und jetzt, ein paar Jahre später, sogar an so einem besonderen Ort aufzutreten.

GL.de: Um gleich beim Geschichtlichen zu bleiben, schaut ihr gerne in die Vergangenheit zurück oder richtet ihr euren Blick lieber auf die Zukunft und was da kommen mag?

Jasmin: Damals, als ich aufgewachsen bin, war ich immer sehr an Geschichte im Allgemeinen interessiert. Vielleicht war das wie eine gute Lebensgrundlage für mich. Jetzt befinde ich mich aber an einem Punkt, wo ich mehr und mehr in die Zukunft blicke und versuche optimistisch zu sein, als mich auf das zu konzentrieren, was in der Vergangenheit liegt.

Adam: Ja, ich denke auch, dass es wichtig ist, von Vergangenem zu lernen und zu wissen, was sich vor deiner Zeit abgespielt hat, damit man all das auf das Jetzt und die Zukunft anwenden kann. Es wäre doch stumpfsinnig sich nicht mit Geschichte zu beschäftigen. Manchmal glaube ich, dass ich sogar ein wenig zu oft zurückblicke...

Jasmin: Es fällt einem dann unter Umständen schwer, gewisse Dinge einfach so sein zu lassen wie sie sind und man fängt vielleicht an manches zu bedauern. Das hört sich jetzt nach einer ziemlich erwachsenen Sichtweise an (lacht).

GL.de: Oftmals wird eure Musik auch mit Vergleichen aus den 80ern belegt und "Altem" zugeordnet. Eure Songs haben aber dennoch etwas Vorausschauendes und sind zukunftsorientiert...

Adam: Ja, das stimmt schon. Wir sind doch alle in den 80ern groß geworden und natürlich haftet diese Tatsache auch an unserer Art Musik zu machen. Als wir anfingen Songs zu schreiben, war uns gar nicht mal so bewusst, wie sehr wir eigentlich von dieser Zeit beeinflusst wurden. Damit meine ich nicht nur das Musikalische, sondern auch die Mode, Fernsehen und so viele andere Sachen. Trotzdem bin ich der Meinung, dass wir diese Zeit nicht einfach nur so referenzieren. Das wäre ja ein reiner Blick zurück in die Vergangenheit. Weisst du, Musik hat so viele Zweigstellen, alles hat irgendwo seinen Ursprung, aber wir versuchen nicht auf einen spezifischen Ast zu klettern oder uns zu sehr auf eine Richtung zu konzentrieren. Natürlich kann man das in der Praxis nicht so leicht kontrollieren. Eigentlich finde ich nicht, dass wir jetzt unbedingt ein 80s Revival Act sind, was uns manchmal unterstellt wird. Es ist schon lustig, denn sobald man Synthesizer benutzt, wirst du als 80s eingestuft. Wenn du eine Gitarre im Song hast, bist du also automatisch 60s oder 70s usw. Das ist doch alles ganz schön engstirnig. Der wirkliche Test besteht für uns darin, ob man unsere Songs auch noch in ein paar Jahren hören wird. Es könnte ja immerhin sein, dass man nur Teil eines Trends ist und sich das später herausstellt. Wenn unsere Songs aber Bestand haben, dann wäre das ein Bonus.

GL.de: Ihr habt bereits mögliche Inspirationsquellen für eure Musik angedeutet. Bedeutet das, dass euer Umfeld während des kreativen Prozesses eine wichtige Rolle spielt oder führt euch der Weg manchmal doch in eine Art Isolationszustand, in dem ihr produktiv sein könnt?

AB: Ich habe schon immer versucht, andere Musik zu hören. Zur Zeit finde ich es aber schwierig, wenn ich selbst aktiv Musik schreibe. Ich denke oft "Warum mache ich das jetzt so und so? Es gibt doch schon andere Musiker, die das Gleiche machen...". Man befindet sich plötzlich in einer Situation wieder, in der man sich andauernd mit anderen Künstlern vergleicht. Als Band haben wir uns nie als Teil eines Trends verstanden, aber dennoch fragt man sich, wenn diese Elektro-Clash-Phase vielleicht mal zu Ende ist, sind wir dann auch weg vom Fenster? Das beschäftigt mich und macht mir auch ein wenig Sorgen.

GL.de: Apropos Sorgen, die müsst ihr euch um die anstehende Tour zumindest nicht machen, denn es stehen eine Menge Shows zunächst in Europa an. Über Publikumszuspruch werdet ihr wohl nicht klagen können, aber nachdem ihr schon mit dem zweiten Album so lange auf Tour wart, habt ihr da Bedenken, dass sich so langes Touren negativ auswirken könnte?

AB: Ja, wenn man so lange unterwegs ist, kann sich das schon bemerkbar machen. Wir werden erst einmal bis Ende des Jahres damit beschäftigt sein, mit "Things Are What They Used To Be" umher zu touren und Promo für das Album zu machen. Ich finde nicht, dass es ein Fehler ist, viel zu touren, wenn eine neue Platte draußen ist. Für uns ist es eigentlich nur wichtig, dass das Spielen und das Arbeiten an neuer Musik zusammen eine Art Kreis bilden und die Gewichtung stimmt.

GL.de: Kann man es sich angesichts der Umstände heutzutage überhaupt noch leisten, als Musiker nicht exzessiv auf Tour zu gehen, weil man Gefahr laufen muss, dass das Album dann vielleicht nicht genügend Beachtung bekommt?

AB: Naja, es ist ja nicht so, als ob man unbedingt zum Touren gezwungen wird, aber ich bin der Meinung, dass man dumm wäre, diese Möglichkeit nicht wahrzunehmen oder gar abzulehnen. Wir haben uns eine Weile davon zurückgezogen, weil wir uns lieber der Musik selbst widmen wollten. Dadurch hat sich alles verzögert. Es sind sowieso zwei sehr verschiedene Dinge... kreativ im Studio oder auf Tour zu sein, das sind zwei unterschiedliche Welten. Wenn du live spielst, dann ähnelt das eher einer Trainigsphase für ein Leichtathletik Event (lacht) und man muss ständig am Ball bleiben.

GL.de: Und wie steht es mit eurer eigenen Ausdauer auf Tour?

AB: Oh, man wird schon manchmal sehr müde und Langeweile kommt auf... Nach ein paar langen Fahrten merkst du sehr genau, wie es mit deiner Ausdauer steht.

GL.de: Auf dem neuen Album werden die ansgesprochenen Sehnsüchte und Wünsche in vielerlei Hinsicht sehr direkt in den Songs offenbart. Bei euch wird also nicht viel um den heißen Brei herumgeredet?

AB: Als Individuen sind wir da nicht so direkt, aber in den Songs funktioniert das sehr gut... vielleicht gerade, weil wir sonst nicht so sind. Irgendwo muss es ja raus (lacht)! Wir verarbeiten einfach alles in der Musik. Direkt sein, hat schon etwas Gutes. Wir müssen ja schließlich auch Entscheidungen innerhalb der Band treffen und da kommt man nicht umher sich deutlich zu positionieren. Es wäre auch schlimm, wenn das nicht der Fall wäre. Diskutieren gehört ebenfalls dazu und ist sehr wichtig. Bei uns wird wirklich alles besprochen und das dauert manchmal seine Zeit. Hinterher fragt man sich teilweise, ob man wirklich so lange an einer passablen Lösung gebastelt hat, aber letztendlich ist es schon notwendig, dass man auch diese Stationen durchläuft...

JO: Und dann kommt am Ende dabei heraus, dass man es doch lieber bei der ursprünglichen Idee belassen sollte, nachdem man Wochen darüber diskutiert hat (lacht).

AB: Man glaubt auch gerne, dass man überall Mitsprachrecht hat, wenn ein neues Album herauskommt, aber man muss schon lernen, auch etwas Verantwortung abzugeben. Nach dem dritten Album weißt du als Künstler natürlich eher, was du musikalisch gesehen willst, aber je mehr Leute involviert sind, desto mehr muss man sich auch mit anderen Meinungen auseinandersetzen. Alles andere wäre sehr arrogant. Trotzdem muss ich sagen, dass einem dieses Loslassen manchmal nicht so leicht fällt, wie man es sich wünschen würde. Schließlich hat man Monate oder mitunter Jahre damit verbracht an etwas zu arbeiten und dann kommt jemand anderes daher und macht plötzlich Vorschläge.

GL.de: Fast jedes Mal, wenn der name Zoot Woman in der Presse auftaucht, dreht sich die Berichterstattung, neben der Musik, auch über euren Sinn für Mode und euer Stilbewusstsein. Wie geht ihr damit um, dass ihr als Band so viel Aufmerksamkeit für eure äussere Erscheinung bekommt?

AB: Also mich stört das nicht im Geringsten. Ich finde es eigentlich gut. Sieh die Sache mal so, als Musiker wird deine Musik doch fast immer auch mit anderen Dingen assoziiert. Musikalisch kreativ zu sein und dabei nicht nur akustisch, sondern auch visuell gesehen gewisse Reize hervorzurufen, ist doch schön. Das alles verschwimmt doch immer mehr...

JO: Man will natürlich seiner Musik auch zusätzlich durch einen bestimmten Kleidungsstil Ausdruck verleihen und auf der Bühne repräsentieren unsere Outfits einen Teil unseres Sounds.

Zoot Woman
AB: Es hat auch nichts mit Aufgeblasenheit zu tun, wenn man sich auf der Bühne gut kleidet. Klar, es gibt Leute, die immer behaupten, dass sich alles rein um die Musik drehen sollte. Ich denke aber, dass nichts Falsches daran ist, wenn du vielleicht auch anhand deiner Kleidung den einen oder anderen Blick auf dich ziehst und damit gleichzeitig erreichst, dass die Leute dann vielleicht sogar Interesse an deiner Musik zeigen.

GL.de: Vieles im Musikbereich funktioniert eben über die nicht unwichtige, visuelle Ebene, das stimmt. Aber stört es nicht auch, wenn in Reviews mehr über euren Look, als über eure Musik diskutiert wird?

AB: Ja doch, wir hatten viele Reviews, die sich ausgiebig mit unseren Klamotten auseinandersetzten, aber dagegen kann man nun einmal nichts tun. In dieser Hinsicht sind wir machtlos. Natürlich wäre es schöner, wenn der Musik mehr Beachtung geschenkt werden würde, aber es ist immer noch besser so, als gar nicht erwähnt zu werden. Wir sitzen manchmal schon da und grübeln darüber nach, warum wir so lange an den Songs arbeiten, wenn am Ende doch nur wieder über das eine geredet wird...

GL.de: Wie zum Beispiel Johnnys Schuhe?

AB: (lacht) Ja! Warte ab bis du seine Schuhe heute Abend siehst! Lustig, dass du das sagst, denn es gibt ja nun sogar ein Buch und eine Ausstellung namens "Dancing Shoes", die sich mit dem Schuhwerk von Musikern auseinandersetzt.

GL.de: Wie findet ihr denn die Idee?

AB: Wir haben die Ausstellung noch nicht gesehen, aber wollen das unbeding noch machen. Ich finde das Projekt großartig. Wenn Leute unsere Musik völlig ignorieren und nur noch über Mode sprechen würden, dann wäre der Zeitpunkt gekommen aufzuhören (lacht). Wir sind ja noch dabei, es ist also alles noch im Rahmen.

JO: Wir haben schon oft über die Assoziation von Musik und Mode innerhalb der Band gesprochen. Ich war schon in Bands, die einfach in Jeans und T-Shirt auf die Bühne gegangen sind, aber dann war die Spielweise auch ähnlich schlampig...

AB: Das kann natürlich optimal zum Sound der Band passen, vor allem, wenn du genau so rüberkommen willst und diesen Charakter verkörperst. Auf der Bühne zu stehen, heißt auch, jedes Mal eine kleine Rolle zu spielen, je nachdem, was du ausdrücken möchtest.

JO: In der Minute, wo du das schöne Kleid anziehst und weißt, es sind nur noch ein paar Momente bis zum Auftritt, fühlst du dich auch automatisch auf die Show vorbereitet.

AB: Wir denken jetzt nicht ständig darüber nach, was wir anziehen werden, oder lassen unsere Gedanken von Modefragen dominieren, aber wir geben zu, dass wir das alles keineswegs ignorieren.

Weitere Infos:
www.zootwoman.com
www.myspace.com/zootwoman
Interview: -Annett Bonkowski-
Fotos: -Pressefreigaben-
Zoot Woman
Aktueller Tonträger:
Things Are What They Used To Be
(Snowhite/Universal)
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