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CARIBOU
 
Mathematiker sind die wahren Exzentriker
Caribou
Mit "Odessa" hat Daniel Snaith alias Caribou bereits eine erste kleine Kostprobe seines neuen Albums "Swim" vorgelegt, bei der das Sättigungsgefühl selbst nach unzähligen Durchläufen nicht einsetzen will. Im Plauderton bringt Daniel Snaith dann in unserem Gespräch Licht ins Dunkel, was Fragen nach seinen mathematischen und musikalischen Fähigkeiten, aber auch seinem Können auf der Tanzfläche angeht. Des Weiteren haben wir erfahren, warum es von Vorteil ist, nicht auf alles eine Antwort zu haben und was "Swim"nicht nur seinem Namen nach, sondern vor allem was seinen Klang angeht, so flüssig macht.
GL.de: Ganz grob gesehen basiert die Mathematik auf einer logischen Basis und die Musik ist eher von Emotionen geleitet, wobei sich beide Künste in ihrem Wesen doch im ersten Augenblick sehr unterscheiden. Du bist Doktor der Mathematik und praktizierender Musiker zugleich, gibt es für dich auch diese strenge Trennung oder harmonieren beide gut miteinander?

Daniel: Meiner Meinung nach haben viele Menschen eine völlig falsche Vorstellung von der Mathematik. Sie hören das Wort und denken sofort an trockene Zahlen und Steuerberater in Anzügen, dabei ist vieles auf diesem Gebiet viel kreativer als man denkt. Von Musikern wird oft angenommen, dass die exzentrische und zugleich interessante Persönlichkeiten sind, während Mathematiker langweilige Charaktere darstellen. Das ist überhaupt nicht so. Mathematiker sind so exzentrische Typen! Die sind total von der Mathematik besessen und zum Teil echt verschroben. Es stimmt schon, die Mathematik beruht auf logischen Erkenntnissen und ist sehr wohl eine Wissenschaft, aber sie ist, ebenso wie die Musik, auch ein sehr kreatives Fach. Das ist es, was mich am meisten daran fasziniert.

GL.de: Waren deine Kenntnisse und deine Erfahrungen in einem der beiden Gebiete dir jemals beim anderen von Nutzen?

Daniel: Nein, nicht wirklich. Wenn die Leute hören, dass ich Mathematik studiert habe, dann denken sie oft, dass ich deswegen auch für meine Musik eine bestimmte Formel im Kopf habe, aber so ist das nicht. Wie du schon gesagt hast, Musik beruht viel mehr auf emotionalen Prozessen, zumindest für mich. Das einzige, was dank meines wissenschaftlichen Hintergrunds vielleicht von Vorteil sein könnte ist, dass ich mich durch all die Technik, die in der Musik vorherrscht, nicht einschüchtern lasse. Wenn mir also jemand versucht, ein bestimmtes Gerät oder eine technische Vorgehensweise zu erklären, dann schreckt mich das nicht automatisch ab, auch wenn ich zugeben muss, dass ich solche Sachen nicht sonderlich interessant finde. Ich weiß nicht, aber es kann schon sein, dass ich mich ohne meine mathematischen Kenntnisse in solchen Situationen unwohl fühlen würde.

GL.de: Vielleicht liege ich da falsch, aber es scheint mir so, als ob es nicht unbedingt gängig ist, dass jemand wie du, sowohl in der Musik als auch in der Wissenschaft so bewandert ist und beides ziemlich gut beherrscht. Meistens gibt es doch eine Tendenz, die stärker ausgeprägt ist.

Daniel: Oh wirklich? Mir kommt das gar nicht so ungewöhnlich vor. Ich kenne so viele Mathematiker, die leidenschaftliche Musikfans oder sogar ausgebildete Konzertpianisten sind. Daher ist diese Verbindung für mich noch nie überraschend gewesen. Der Betreuer meiner Doktorarbeit an der Uni war zum Beispiel ein totaler Fan von Acid House Musik! Er ist damals nach Glastonbury oder Reading zu Festivals oder Raves gefahren und hat dabei eine Menge Drogen eingeschmissen... Jetzt macht er das natürlich nicht mehr, weil er ja einige Jahre älter ist, als ich es jetzt bin. Das war so in den späten Achtzigern und Anfang der Neunziger. Für mich war diese Kombination schon immer etwas ganz normales.

GL.de: Worin liegt denn für dich das Geheimnis der Mathematik, was sie für dich zu etwas Besonderem macht? Kannst du das Fach den Mathematikmuffeln da draußen schmackhaft und interessant machen?

Daniel: Ich kann verstehen, warum viele Menschen überhaupt keinen Bezug zu diesem Fach haben. Es gibt zwei Arten, wie man diesen wissenschaftlichen Zweig unterrichten kann. Leider ist es in der Schule oft der Fall, dass nur das langweilige Material behandelt wird und der Unterricht jeden Reiz verliert. Es ist oft so, dass damit genau das Ziel verfehlt wird, denn Mathematik soll doch Spaß machen und soll aufregend sein. Es ist wie eine Art Mauer, wobei der uninteressante Teil davor und das wirklich Spannende dahinter verborgen ist. Es ist schade, dass in der Schule gar nicht erst der Punkt erreicht wird, an dem man hinter diese Mauer blicken kann und einem das alles verwehrt bleibt. Zumindest sollte man als Schüler doch spüren können und eine kleine Ahnung davon bekommen, warum es Menschen gibt, die so fasziniert von der Mathematik sind. Auch wenn man vielleicht selbst andere Interessen hat, wird einem meistens nicht einmal die Möglichkeit gegeben zu erfahren, warum dieses Fach eine gewisse Faszination ausübt. Es kommt nur sehr selten vor, dass Lehrer imstande sind diesen Funken auf ihre Schüler zu übertragen und deshalb scheitern viele von ihnen schon im Vorfeld.

GL.de: Wann kamst du denn an den Punkt, an dem du das erste Mal hinter diese Mauer blicken konntest und dieses gewisse Etwas für dich entdeckt hast, was dein Interesse geweckt hat?

Daniel: Ich bin in einem Haushalt aufgewachsen, der schon immer sehr voreingenommen war, was die Mathematik anging. Mein Vater ist Professor der Mathematik, meine Schwester ebenso... überall in meinem Umfeld gab es Mathematiker. Das hat sicherlich einen Teil dazu beigetragen, dass mein Interesse daran geweckt wurde. Dennoch wollte ich zuerst etwas völlig Anderes machen, eben weil meine ganze Familie diesen Weg eingeschlagen hatte. Natürlich will man gegen seinen Eltern rebellieren und nicht unbedingt in ihre Fußstapfen treten, In der Schule ist mir die Mathematik aber immer sehr leicht gefallen, aber ich habe mich zu diesem Zeitpunkt noch nicht besonders dafür interessiert. Das kam erst, als ich auf der Uni war und verschiedene Kurse belegt habe, die ich unglaublich spannend fand. Der große Bruch kam also erst nach der Schulzeit. Nun bin ich Doktor der Mathematik... dabei wollte ich doch nie wie mein Vater werden! (lacht)

GL.de: Obwohl du einen Doktortitel hast, spielt die Musik momentan die Hauptrolle in deinem Leben. Liegt die Wissenschaft für dich nun erst einmal auf Eis?

Daniel: Mir wäre es ganz lieb, wenn ich für den Rest meines Lebens Musik machen könnte. Die Wissenschaft wird so lange auf Eis liegen, bis die Leute genug von meiner Musik haben (lacht). 2005 habe ich meinen Doktortitel bekommen und das war auch das letzte Mal, dass ich etwas mit Mathematik am Hut hatte. Seitdem habe ich mich ganz der Musik gewidmet. So langsam habe ich wieder ein natürliches Interesse daran, wenn zum Beispiel jemand in der Öffentlichkeit einen Vortrag über irgendein mathematisches Thema hält, aber ansonsten habe ich damit nichts zu tun und bin nicht mehr Teil dieser Welt. Ich hatte auch kein Verlangen mir in diesem Bereich einen Job zu suchen.

GL.de: Kannst du dir vorstellen, dass diese Verlangen irgendwann einmal wieder kommt?

Daniel: Ja, vielleicht. Ich kann mir schon vorstellen, als Professor zu arbeiten und Studenten zu unterrichten, denn das habe ich auch während meiner Unilaufbahn gemacht. Das hat mir viel Spaß gemacht. Ich kann mich aber nicht in der Forschung sehen, wo ich vielleicht geendet wäre, wenn ich nicht Musik gemacht hätte. Du musst dir das wie als Wettrennen vorstellen. Wenn du erst einmal fünf Jahre nichts gemacht hast, dann ist es fast unmöglich wieder Anschluss zu finden. So würde es mir jetzt gehen, wenn ich wieder damit anfangen würde. In der Forschung wird viel zu sehr miteinander konkurriert, was mir noch nie gefallen hat. Das Unterrichten, hingegen, würde mir bestimmt immer noch Spaß machen.

GL.de: Ab wann hast du denn darüber nachgedacht, dass die Musik und nicht die Universitätskarriere deinen Lebensinhalt bestimmen sollte?

Daniel: Wenn ich ehrlich bin, wollte ich schon immer mit Musik mein Geld verdienen. Es war aber so, dass es mir zunächst fast unmöglich schien das auch in die Tat umzusetzen. Es ist schwer, mich wieder in diese Zeit zurück zu versetzen, in der ich mich gedanklich damit beschäftigt habe... Ich dachte damals, dass es doch nur in Filmen vorkommt, dass man sein Demotape an eine Plattenfirma schickt und dann den großen Durchbruch schafft. Das erschien mir einfach viel zu unwirklich. Bei mir hat alles viel langsamer seine Form angenommen. Ein sehr kleines Label hat angefangen meine Musik zu veröffentlichen und selbst das hat sich gar nicht richtig echt angefühlt. Auch jetzt ist es noch ein unglaubliches Gefühl, dass es überhaupt geschieht. Ich hatte gerade mit meiner Doktorarbeit angefangen, als die Dinge ins Rollen kamen. Ich dachte mir, ich bringe vielleicht nebenbei ein oder zwei Alben raus und wenn ich ein alter Professor bin, dann gucke ich auf diese Zeit zurück und erinnere mich an all den Spaß, den ich hatte. Irgendwann lief es aber so gut mit der Musik, dass der Gedanke daran immer stärker wurde. Es kam eine Anfrage rein, ob ich nicht mit Stereolab touren wollte. Ich hätte zu diesem Zeitpunkt eigentlich an der Uni sein sollen, aber natürlich konnte ich das Angebot nicht ausschlagen! (lacht) Alles ging also ganz natürlich seinen Weg und als ich meine Doktorarbeit fertig hatte, war die Musik bereits mein Lebensinhalt.

Caribou
GL.de: Das Lösen von mathematischen Rätseln ist dir ja bekannt, aber bist du auch im normalen Leben jemand, der immer nach einer Antwort auf eine Frage oder ein Problem sucht?

Daniel: Oh nein, das bin ich nicht. Aber auch in der Mathematik war ich vielmehr an Thematiken interessiert, die nicht auf die Wissenschaft selbst oder irgendetwas in dieser Richtung anwendbar waren. Ich war viel mehr von der Abstraktheit fasziniert und mir wurde bewusst, dass sich zum Beispiel die Suche nach Lösungen nicht auf die reale Welt übertragen lässt. Es gibt aber Wissenschaftler, die unter Umständen autistisch sind und soziale Probleme haben. Sie versuchen die Logik der Mathematik auf ihr eigenes und auf das Leben anderer zu übertragen und scheitern daran, denn die Welt da draußen funktioniert einfach nicht auf diese Weise. Die Welt ist nunmal chaotisch und kompliziert. Ich habe mich immer von solchen Methoden ferngehalten, aber es gibt diese Tendenz durchaus. Es ist aber nicht besonders sinnvoll, diesen Schritt zu wagen und mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu versuchen das Leben zu erklären. Je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr wird mir bewusst, dass es nichts bringt. Außerdem bluffen die meisten doch nur, wenn sie vorgeben, einem Rätsel auf die Spur gekommen zu sein. In Wahrheit haben sie trotzdem keinen blassen Schimmer, warum manche Dinge eben so sind wie sie sind (lacht).

GL.de: Für viele Menschen ist es eben unzureichend, wenn sie keine Antwort auf ihre Frage finden. Das liegt wohl in ihrer Natur. Selbst die Wissenschaft kann nun einmal nicht für alles eine Erklärung oder Beweise bereit halten.

Daniel: Das sehe ich genauso. Es fällt manchen nur schwer, das so zu akzeptieren. Genau aus dem Grund, weil die Menschheit bereits so vielen Dingen auf die Spur gekommen ist und wir so viel erreicht haben. Man muss sich vor Leuten vorsehen, die glauben immer auf alles eine Antwort zu haben.

GL.de: Ist es nicht generell viel spannender, wenn es keine absolute Antwort auf eine Frage gibt und man tief drinnen bereits weiß, dass man noch so lange suchen kann, aber sich der Sinn einer bestimmten Sache vielleicht nie ergeben wird?

Daniel: Das ist genau der Grund, warum ich so an der Musik und der Mathematik interessiert bin. Beide sind für mich seit jeher immer wie eine Art Nebel gewesen, in dem ich vielleicht allerhöchstens mal einen kurzen Blick auf etwas erhaschen, aber niemals zu einem abgeschlossenen Ergebnis kommen konnte. Es hat sich immer so etwas wie eine Kontur herausgebildet, der ich gefolgt bin, aber das große Ganze ist unfassbar geblieben. Gerade in der Musik ist das unglaublich aufregend. Ich würde es eher langweilig finden, wenn ich die Idee in meinem Kopf ohne Schwierigkeiten und haargenau von meiner Vorstellung aus in die Praxis umsetzen könnte. Natürlich wäre das auf eine gewisse Weise zufrieden stellend, aber letztendlich doch etwas frustrierend, weil der besondere Funken verloren gehen würde. Ich mag den Gedanken, dass ich etwas schaffe, was sich in ähnlicher Form in meinem Kopf abgespielt hat, aber als Ergebnis doch Abweichungen aufweist, aber dennoch interessant klingt. Das ist es doch, was den Reiz ausmacht, sich einer Sache auch weiterhin zu widmen anstatt jedes Mal zu einer vollkommenen Antwort zu gelangen. Wenn mir jemand sagen würde "Setz dich hin und schreibe einen guten Popsong", dann würde ich mit Sicherheit dumm aus der Wäsche gucken... Ermmm (macht ein ratloses Gesicht und gibt einen dumpfen Ton von sich). Ich könnte es einfach nicht! (lacht) Aber genau das ist es ja, was mich voran treibt. Die Musik, wie viele andere Dinge auch, sind eben manchmal geheimnisvoll und können nicht vollständig ergründet werden. Es gibt einfach Dinge, die immer im Dunkeln bleiben werden...

GL.de: Vor allem, wenn man sich anguckt, was in den Charts so alles als erfolgreich gilt. Da fragt man sich doch schon ab und zu schon, warum manche Songs diese Anziehungskraft auf Menschen ausüben, wobei sie einem selbst völlig unerklärlich bleibt.

Daniel: Oh ja, das stimmt... besonders, wenn man eine Kopie nach der anderen hört und sich die Muster wiederholen, aber die Songs trotzdem erfolgreich sind. Ich habe da zum Glück andere Kriterien für meine Musik. Man müsste sich daher mal die Ausnahmen genauer ansehen und versuchen zu ergründen, warum es trotzdem Songs gibt, die trotz ihres offensichtlich anderen Wesens dennoch erfolgreich sind. Genau diese Ausnahmen sind für mich interessant und es wäre spannend einmal zu analysieren, warum sie trotzdem funktionieren.

GL.de: Apropos Ausnahmen, dein neues Album "Swim" ist im Hinblick auf deine bisherigen Veröffentlichungen auch bemerkenswert anders und einzigartig. Was hat denn diese Veränderung verursacht?

Daniel: Dafür ist eine Vielzahl von Dingen verantwortlich. Beim Vorgänger war es ganz bewusst so, dass ich mich von den Sachen habe beeinflussen lassen, die ich selbst gehört habe. Das war viel 60s und Psychedelic Zeugs und das hat man dann auch auf dem Album gehört, auch wenn es zusätzlich viele andere Einflüsse gab. Bei "Swim" wollte ich mich bewusst davon freimachen, dass man als Hörer sofort eine Vorstellung davon hat, was mich beeinflusst haben könnte. Die Songs sollten nicht unmittelbar hergeben, dass ich mich für dieses Genre oder diese Zeit in der Musikgeschichte besonders interessiere. Das wollte ich unbedingt vermeiden. Der Impuls für mich war, dass ich ein Album schaffen wollte, bei dem die Musik nach mir klingen sollte. Natürlich wird man immer von bestimmten Dingen beeinflusst, aber das sollte nicht so offensichtlich im Vordergrund stehen. Vielmehr sollte sich die Platte nach mir anhören, anfühlen und damit auch aufregend für mich selbst sein. Darauf lag mein Hauptaugenmerk bei der Arbeit an "Swim". Die Musik ist ohne Frage etwas mehr an Dance Musik angelehnt als das vorher der Fall war, was damit zu tun hat, dass ich mehr ausgegangen und zu Shows gegangen bin oder selbst in Clubs aufgelegt habe als noch vor ein paar Jahren. Dance Musik hat mich schon immer interessiert, aber ich sehe es zumindest für meine Arbeit als freies Genre an. Viele Menschen haben oft eine sehr genaue Vorstellung davon, was Dance Musik ist, aber ich gehe da mit einem etwas freieren Kopf an die ganze Sache heran. Der Rhythmus kann zum Beispiel diesen Dance Charakter haben, aber alle anderen Elemente im Song können dabei in ihrem Ausdruck schräg und völlig seltsam sein.

GL.de: Wie jede Art von Musik muss man auch Dance Musik fühlen können. Hast du dich neben dem Auflegen in Clubs auch mal auf die Tanzfläche gewagt?

Daniel: Ja, das habe ich, aber meine Fähigkeiten auf der Tanzfläche sind wohl eher begrenzt (lacht). Es gibt da diesen einen Club in London namens "Plastic People", den ich sehr mag. Der ist in so einer Art Keller, wo es echt dunkel ist. Er ist auch winzig und hat eine sehr tiefe Decke. Diese Art von Club passt zu mir. Nicht, dass ich unsicher oder gehemmt auf der Tanzfläche bin. Tanzen bedeutet nicht für mich, dass ich wie ein ausgebildeter Tänzer alle meine gelernten Bewegungen und Schritte zur Schau trage, sondern dass ich mich einfach meinem Gefühl und der Musik hingeben kann. Dabei sehe ich vielleicht wie ein Idiot aus, aber das macht nichts... ich gehe doch nicht extra üben, um abends ein wenig Spaß beim Tanzen zu haben! (lacht) Es doch darum, dass man natürlich auf die Musik reagiert, diese in sich aufnimmt und wieder zum Ausdruck bringt. Wenn ich dabei tollpatschig aussehen sollte, dann ist mir das immer noch mehr Wert, als wenn ich diese Typen sehe, die ihr Tanzgesicht aufsetzen, um cool auszusehen und dabei vielleicht keinen so großen Spaß haben wie ich. Für mich ist es am Schönsten, wenn ich Menschen sehe, die sich total zur Musik gehen lassen können, auch wenn die dann öfters irgendwelche Drogen eingeworfen haben und komische Sachen machen...

GL.de: Wie zum Beispiel einfach ihre Schuhe auszuziehen und barfuß durch die Gegend zu tanzen.

Daniel: (lacht) Echt? Das würde ich gerne mal sehen. Ich bin im Normalfall nüchtern, wenn ich ausgehe und tanze, aber selbst wenn ich auf Drogen wäre, würde ich mir das sehr wahrscheinlich verkneifen, weil doch immer so viel Glas auf dem Boden liegt! Das erinnert mich aber an einige Shows in den Staaten, die ich gespielt habe. Es gibt da ein paar Regionen, wo das Hippie sein noch sehr in Mode ist. Da siehst du dann zum Beispiel bei Konzerten diese Mädchen, die ohne Schuhe oder Socken durch die Bars tanzen, was mich immer ein wenig erschreckt, weil es nicht gerade ungefährlich ist. Bei Animal Collective Shows habe ich das auch öfters gesehen. Oder du kommst in einen Club und siehst auf dem Boden blutige Fußabdrücke vom Abend davor. Die Leute haben das wahrscheinlich noch nicht einmal bemerkt als sie mit Blut an den Fußsohlen umher getanzt sind (lacht).

GL.de: Aber zu deinen neuem Album zurück. Du wolltest den Songs statt eines metallischen eher einen flüssigen Klang geben, was ein sehr interessanter Ansatz für ein Album ist. Zumal Dance Musik oder elektronische Musik im Allgemeinen eher mit härteren, metallischen Klängen und nicht mit weichen, flüssig klingenden Elementen in Verbindung gebracht wird.

Daniel: Ein paar verschiedene Dinge haben dazu beigetragen, dass ich diesen Ansatz verfolgt habe. Als ich "Andorra" gemacht habe, habe ich mich viel mit der Musik von James Holden beschäftigt. Das ist ein englischer Produzent und DJ, dessen Musik die einzelnen Elemente darin zum Teil einfach so auseinander fallen lässt, was bei elektronischer Musik sonst nicht in dieser Art geschieht. Das hat mir sehr gefallen. Auch diese Ungewissheit, was als nächstes passieren wird und man nie genau weiß, wo der Song hingehen wird. Es kann plötzlich alles in sich zusammen fallen. Das alles hat mich sehr gereizt. Obwohl ich nicht wusste, wie er es technisch gesehen geschafft hat, all diesen Maschinen dieses Gefühl einzuhauchen, wollte ich unbedingt selbst so etwas ausprobieren. Also habe ich viel mit dieser Idee herum gespielt. Dance Musik hat oft diesen rhythmischen Puls, der die anderen Klänge und Instrumente in gewisser Weise zusammen hält. Der Puls bleibt bestehen, aber alle anderen Klänge darum sind völlig frei und können sich ausleben. Sie können ineinander übergehen, sich von einander entfernen oder sich annähern. Das ist, als ob sich alle Klänge wie in einer Flüssigkeit bewegen und ganz natürliche Veränderungen stattfinden. Dieser Aspekt hat mich sehr fasziniert.

GL.de: Neben deiner eigenen Musik hast du auch schon einige Remixe für andere Künstler gemacht. Wie gehst du an Songs heran, die nicht aus deiner Feder stammen?

Daniel: Ich weiß nicht, ob ich besonders gut darin bin, um ehrlich zu sein... Ich mache eigentlich auch nur Remixe, wenn mich jemand darum bittet und das sind dann meistens auch befreundete Bands von mir. Zuallererst einmal muss ich die Musik mögen, um überhaupt damit zu arbeiten. Ich muss einfach eine persönliche Verbindung zu der Musik haben, um mich weitergehend darauf einzulassen. Das ist mein einziger Beweggrund. Ich könnte es nicht wegen des Geldes machen oder um einen Song radiotauglicher oder clubfreundlicher zu machen. Das würde nicht funktionieren. Was ich so am Remixen mag, ist die Tatsache, dass du dich einfach mitten in einen Song wirfst und nicht nur an der Oberfläche kratzt, sondern aus dem Inneren heraus alle Bestandteile auseinander reissen kannst, wenn dir danach ist. So oft habe ich aber nicht die Gelegenheit dazu, weil ich immer noch lieber selbst an meiner eigenen Musik arbeite (lacht).

Weitere Infos:
www.myspace.com/cariboumanitoba
Interview: -Annett Bonkowski-
Fotos: -Pressefreigaben-
Caribou
Aktueller Tonträger:
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(CitySlang/Universal)
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