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FOALS
 
Musik ist kein Wettkampf mit Goldmedaillen
Foals
Mit "Antidotes" haben Foals vor rund zwei Jahren ihren energischen Willen und ihr musikalisches Können in Songs verwandelt, deren spannungsgeladener und ruheloser Charakter für Aufruhr und ein dynamisches Fest sorgte. Nun ist die Band mit ihrem zweiten Album "Total Life Forever" auf dem besten Weg, nahtlos an die entstandene Euphorie anzuknüpfen und diese sogar noch um ein paar Meter zu erweitern, was die klangliche Struktur angeht. Nadel und Faden brauchte es nicht, dafür aber eine wohl durchdachte Besinnung auf die eigenen Fähigkeiten und ein couragiertes Auftreten, um die neu gewonnenen Ideen entschlossen in die Tat umzusetzen. Warum die Zuflucht ins Niemandsland für die Inspiration förderlich und für das Selbstvertrauen von immenser Bedeutung war, verriet uns Sänger und einer von fünf "verlorenen Jungen" der Foals, Yannis Philippakis, pünktlich zur Veröffentlichung der neuen Platte.
GL.de: Nun, da der Winter vorbei ist, scheint alles wieder zum Leben erwacht worden zu sein. Es ist Frühling und ihr kommt auch mit eurem neuen Album "Total Life Forever" um die Ecke. War der Zeitpunkt Zufall oder geplant?

Yannis: Eigentlich sollte die Platte schon etwas eher rauskommen, aber da wir als Band noch die einen oder anderen Sachen daran geändert haben, hat es sich nach hinten verschoben. Ich freue mich aber darauf im Frühling auf Tour zu gehen und dem Winter aus dem Weg zu gehen.

GL.de: Die meisten Menschen haben in der kalten Jahreszeit wohl die Sonne vermisst. Was hat dir während der Studioarbeit am meisten gefehlt, als ihr euch ein wenig von der Aussenwelt distanziert habt?

Yannis: Am meisten hat mir gefehlt, dass ich nicht genug Zeit und Raum für mich selbst hatte, weil so eine Situation wie bei den Aufnahmen es eben erfordert, dass man sich selbst etwas zurücknimmt. Bevor das alles mit der Band anfing, habe ich viel Zeit alleine verbracht und jetzt bin ich ständig von Menschen umgeben, was aber sehr schön ist. Ich bin durch die Band viel geselliger geworden. Vorher war ich eher ein Einzelgänger. Meine Mutter ist auch glücklich, dass sich das geändert hat (lacht). Der ganze Prozess um das Album herum hat sich sehr lange hingezogen. Es fing in Oxford an und das Schreiben der Songs war ebenfalls eine Angelegenheit, bei der man sich etwas isoliert gefühlt hat. Es war fast sowas wie ein Winterschlaf, aber auf eine schöne Art und Weise. Als wir dann in Schweden waren, war auf einmal alles viel intensiver für uns.

GL.de: Ist das Gefühl der Isolation ein wichtiger Bestandteil für dich, wenn du kreativ werden willst?

Yannis: Ja, das ist sie. Ich muss mich nicht von allen Dingen um mich herum fern halten, aber wenn wir ein Album aufnehmen, dann ist das so etwas wie eine Mission oder eine Reise, die physisch und psychisch ein Abenteuer an sich darstellt. Auch die Tatsache, dass wir alle in Oxford leben, wo das Leben selbst nicht so trendy und aufregend ist, trägt zu dieser Isolation bei. In Oxford gibt es nicht so viele Verlockungen, denen man widerstehen muss. Vor allem aber ist es wichtig, dass die Zutaten stimmen, damit der kreative Prozess einsetzen kann. Ich weiß nicht genau, ob diese bewusste Isolation Auslöser oder nur ein Teil des Ganzen ist, der es mir ermöglicht kreativ zu sein. Ich weiß nur, dass die Musik so etwas wie ein Zwang für mich ist, ich kann nicht ohne sie leben und verspüre ständig den Drang etwas zu tun.

GL.de: Was hat euch bewegt, für die Arbeit am neuen Album Oxford zu verlassen und nach Schweden zu gehen?

Yannis: Das hatte gar nicht so viel damit zu tun, dass wir unbedingt aus England weg wollten, sondern eher damit, dass die Voraussetzungen in Schweden für unsere Bedürfnisse viel besser geeignet schienen. Die vielen technologischen Fortschritte in der Studiotechnik haben dazu geführt, dass eine Menge Studios in England schließen mussten, weil sie nicht mehr damit mithalten konnten. Aus diesem Grund hat man bei vielen von ihnen das Gefühl, dass sie leer und wenig inspirierend sind. Darum haben wir uns dazu entschieden, in Schweden aufzunehmen. Das Studio, in dem wir aufgenommen haben, wurde von Musikern gebaut und hat dadurch eine ganz andere Atmosphäre ausgestrahlt. Man konnte sogar die Dimension des Raumes verändern, was großartig war und es gab eine Menge sehr alter und rarer Instrumente, die uns dort zur Verfügung standen. Außerdem konnten wir auch in dem Studio wohnen, was mir besonders gut gefallen hat. Überhaupt finde ich die Tatsache schön, dass die Arbeit mit der Band und das Aufnehmen in solchen Studios eine so große Erfüllung ist. Es fühlt sich wie ein Zufluchtsort an, so ähnlich wie das Niemandsland. In dieser Zeit kann man einer der "verlorenen Jungs" sein. Schweden war in jeglicher Hinsicht perfekt für uns, weil wir dort praktisch niemanden kannten. Wir haben erst ein Konzert dort gegeben und konnten uns sehr frei bewegen.

GL.de: War Schweden auch gleichzeitig ein Neuanfang, der euch die Gelegenheit gegeben hat, euch nach dem ersten Album neu zu orientieren?

Yannis: Ja, das kann ich mit Sicherheit bestätigen. Für "Antidotes" sind wir damals nach New York gegangen und da war es ähnlich. Ich war vorher noch nie dort gewesen und fand diesen Ort unheimlich inspirierend und aufregend. Das hat sich dann auch beim Schreiben der Songs widergespiegelt und sich insgesamt positiv auf das Album ausgewirkt. Eine neue Umgebung kann definitiv sehr hilfreich sein. Göteborg war, was seine Wirkung auf uns betrifft, aber ganz anders gestrickt. Es ist ein eigenartiger Ort, wenn ich ehrlich bin. Wir waren ja auch nicht mitten im Stadtzentrum, sondern etwas außerhalb. Das war keine Umgebung, die mich für einen Urlaub reizen würde (lacht). Aber für unser Vorhaben, dort musikalisch aktiv zu sein und etwas zu erreichen, war es genau der richtige Ort. Es war eine sehr intensive Zeit für uns, da wir sehr viel an den Songs gearbeitet haben. Wir haben langsam angefangen, aber haben uns in unserem Arbeitspensum sehr schnell gesteigert. Das mussten wir auch, denn es war ein gewisser Druck da, weil ab diesem Zeitpunkt auch das Label involviert war. Vor den Aufnahmen in Schweden haben wir als Band ungefähr ein Jahr lang unser Ding gemacht. Ich hatte in dieser Zeit keinen Kontakt zum Label und nur sporadischen Kontakt zu unserem Management, weil wir ganz ohne Limit unseren musikalischen Ideen nachgegangen sind. Im Studio ging das natürlich nicht mehr so einfach, weil einem da andauernd gesagt wird, was als nächstes gemacht werden soll. Produziert! Macht den Song fertig...!

GL.de: Inwiefern war diese Erfahrung denn von Nutzen für euch, oder habt ihr euch dadurch zu sehr unter Druck gesetzt gefühlt?

Yannis: Wenn ich ehrlich bin, war diese Erfahrung von Vorteil für uns und vor allem für das Album. Hätte uns nicht andauernd jemand im Nacken gesessen und uns angetrieben, dann wären wir wahrscheinlich heute noch nicht fertig. Das liegt daran, dass wir immer so lange an den Songs arbeiten, unsere Ideen umschmeißen, noch mehr Sachen ausprobieren und eventuell am Ende sogar alles über den Haufen werfen, weil wir plötzlich Zweifel bekommen. Aus diesem Grund war der Druck vom Label eher hilfreich für uns, da wir durch die bestimmten Fristen, die wir einhalten mussten, effektiver gearbeitet haben. Es gibt ja verschiedene Arten von Druck und alle sind garantiert nicht unbedingt fruchtbar für uns, aber mit diesem speziellen Druck konnten wir recht gut leben und er hat uns weiter gebracht. Jack und ich waren damals auch schon in einer Band. Ich erinnere mich, dass wir da ein ähnliches Problem hatten. Wir haben Songs aufgenommen, uns an einem Tag wie Könige gefühlt, weil wir so davon überzeugt waren und dann hat am nächsten Tag plötzlich alles ganz anders ausgesehen. Wir waren unzufrieden mit dem Resultat und das Blatt hatte sich komplett gewendet, so dass wir alles gelöscht haben. Von daher ist es nützlich, diesen Druck von außen zu spüren, weil er der ganzen Angelegenheit eine gewisse Struktur gibt und du automatisch einen Endpunkt finden musst. Der Druck, der innerhalb der Band herrscht, ist da wiederum ganz anders. Wie schon gesagt, ich verspüre diesen Drang in mir, immerzu Musik zu machen und dadurch verschieben sich die eigenen Bahnen mit der Zeit. Du willst jedes Mal die Latte noch ein Stück höher legen und musst dich mehr anstrengen, um am Ende die nötige Balance oder das Gefühl von Zufriedenheit zu finden. Es ist wie eine Art Hunger, den man eigentlich kaum stillen kann, der dich aber kontinuierlich antreibt.

Foals
GL.de: Wenn eine musikalische Idee dich so lange und so sehr einnehmen kann, dass es dir schwer fällt, dich von ihr zu lösen, wie du es eben beschrieben hast, legst du dir dann manchmal selbst Grenzen auf oder gibst du prinzipiell jeder Idee eine Chance und es gibt nichts, was du nicht ausprobieren würdest?

Yannis: Alles, was sich natürlich für mich anfühlt, ist es wert ausprobiert zu werden. Wenn ich mit wohl fühle, dann gibt es keinerlei Grund, gegen etwas Abneigung zu empfinden und ich stehe den Dingen offen gegenüber. Generell probieren wir während den Album-Sessions sehr viel aus, da gibt es eigentlich keine Grenzen für uns. Auf dem neuen Album sind 11 Songs gelandet, die unsere Vorstellungen am besten zum Ausdruck bringen. Wir hatten noch viel mehr Material, aber der Großteil davon tendierte in Richtungen, denen wir bereits auf unserem Debüt nachgegangen sind. Während der Aufnahmen haben wir aber schnell gemerkt, dass wir viel lieber neue und frische Sachen machen wollten. Es war ein ganz natürlicher Prozess, in dem wir letztendlich nicht die sichere, sondern die aufregende Route einschlagen wollten. Kreativ zu sein, macht um einiges mehr Freude, wenn dir neue Möglichkeiten und nicht immer die alten Gesichter begegnen. Ich sehe das als gute Prognose für die Band, weil das bedeutet, dass wir nicht auf der Stelle treten und uns ständig vorwärts bewegen wollen. Wir werden ganz bestimmt aufhören, sobald sich das jemals ändern sollte.

GL.de: Mit welchem Gefühl hast du das Studio anfänglich betreten und mit welchem Gefühl bist du schließlich wieder hinausgegangen?

Yannis: Ich war sehr enthusiastisch als ich ins Studio gegangen bin, aber wenn ich mich an die Zeit danach erinnere, dann war ich ziemlich ausgebrannt. Wenn du dich so lange intensiv auf etwas vorbereitest, dann schleicht sich so ein Gefühl von Unwirklichkeit ein, wenn du plötzlich im Studio bist und deine ganze Aufmerksamkeit nur dieser einen Sache widmest. Jetzt blicke ich auf diese Zeit zurück und bin sehr glücklich, aber wenn du mittendrin steckst oder all die Anspannung von dir abfällt, weil das Album fertig ist, dann kannst du dich manchmal schon etwas leer fühlen. Wir Musiker sind ja keine Goldmedaillen-Gewinner, die nach der Siegerehrung sofort der nächsten Medaille nachlaufen (lacht). Es liegt in der Natur des Menschen, dass es eben Momente gibt, an denen deine Batterie leer ist. Die Aufnahmen waren zum Teil stressig und einige Dinge hätten wir bestimmt besser machen können, aber die Tatsache, dass wir uns manchmal platt gefühlt haben, spiegelt sich zum Glück nicht in den Songs auf dem Album wider. Mit ein wenig Abstand zu all dem bin ich jetzt richtig glücklich mit der Platte. So glücklich wie noch nie zuvor. Das liegt auch daran, dass das Album nun seinen Weg raus in die Welt geht und ich keinen Einfluss mehr darauf habe und nichts kontrollieren kann. Im Studio ist das anders, da liegt alles noch in deinen Händen und du machst dir über Kleinigkeiten Gedanken. Solange ich noch Kontrolle über etwas habe, können Probleme entstehen. Sobald ich die Songs loslasse, mache ich mir keine Sorgen mehr.

GL.de: Ist euer Selbstbewusstsein und euer Vertrauen in eure Fähigkeiten gewachsen, nun da ihr euer zweites Album erfolgreich aufgenommen habt?

Yannis: Ja, es fühlt sich an, als ob wir uns jetzt ein Stück mehr etabliert haben. Vorher hatten wir manchmal Bedenken, dass wir für immer und ewig in diese Schublade einer britischen Hype-Band gesteckt werden würden. Machen wir uns nichts vor, das Musikbusiness ist sehr unsicher und es kann von einem auf den anderen Tag schon wieder alles vorbei sein. Bisher waren die Reaktionen der Leute auf unsere neuen Songs sehr positiv und das gibt dir weiteres Selbstvertrauen. Wir sind auch selbstsicherer geworden, weil wir als Band gewachsen sind, was unsere musikalischen Fähigkeiten angeht. Ich würde daher sagen, dass wir auf vielen Ebenen souveräner geworden sind.

GL.de: Wie kann man sich die Entwicklung hinsichtlich eurer musikalischen Fähigkeiten in einer Band mit fünf kreativen Köpfen vorstellen - führt sie mit der Zeit zu bereichernden Diskussionen untereinander oder bauen sich eventuell auch ab und zu ungeahnte Mauern auf?

Yannis: Bei uns ist dieser Prozess sehr ausbalanciert. Jack, unser Drummer, ist eine ziemlich starke Persönlichkeit und Jimmy hat auf dem neuen Album sehr viel mitgeschrieben. Natürlich kommt es manchmal zu Streitereien, aber genauso oft sind wir uns auf der anderen Seite wiederum einig, was die Musik angeht. Genau dieses Mittelmaß ermöglicht es uns als Band voranzukommen und zu wachsen. Wir sehen es als Teil eines ganzen Prozesses an. Ich finde, dass man es absolut heraushören kann, wenn zum Beispiel mehrere kreative Köpfe zusammengearbeitet haben oder beispielsweise nur eine Person alles kontrolliert hat. Du kannst es meist ganz deutlich wahrnehmen und meiner Meinung nach wirkt es sich positiv auf das Ergebnis aus, wenn mehrere Geister daran beteiligt waren. Dennoch glaube ich, dass Bands in der Zukunft eine immer unbedeutendere Rolle spielen werden. Wenn ich noch einmal 13 Jahre alt wäre und Musik machen wollen würde, würde es wahrscheinlich darauf hinauslaufen, dass ich mir einen Laptop mit "Logic" nehmen und alleine mein Ding machen würde.

Es ist doch so, dass es für Bands am Anfang immer sehr schwer ist genügend Geld für Equipment oder Proberäume aufzutreiben und dann muss man alle immer zusammentrommeln, was einen viel Kraft und Nerven kosten kann. Wenn du hingegen alleine loslegst, sieht vieles erst einmal einfacher aus. Daher könnte ich mir vorstellen, dass mehr Musiker den Schritt wagen, auf eigene Faust kreativ zu sein und sich von der Bandstruktur abwenden. Auch wenn das seine Vorteile hat, finde ich, dass bei all dem etwas verloren ginge, wenn niemand mehr einen Sinn in der Band als kreatives Gefüge sehen würde... Entschuldige, jetzt bin ich völlig abgeschweift (lacht). Mal zu deiner Frage zurück, ich mag es, dass jeder von uns in der Band seine Meinung äußern und dadurch etwas beitragen kann. Jede einzelne Meinung ist wichtig. Wir haben zwar alle sehr verschiedene Persönlichkeiten, unterschiedliche Hintergründe und Ansichten über bestimmte Dinge, aber genau diese Abwechslung wirkt sich positiv auf unsere Musik aus. Bei vielen Soloalben habe ich zum Beispiel immer das Gefühl, dass der Künstler unbeirrt in seiner eigenen Blase schwebt und alle versucht davon zu überzeugen, dass er es alleine schaffen kann, aber die Musik klingt oftmals auch genau so angestrengt. In einer Band zu sein, ist dagegen viel erfüllender.

GL.de: Fällt es dir bei musikalischen Differenzen leichter, Kritik auszuüben und oder selbst Kritik einzustecken?

Yannis: Mir fällt es auf alle Fälle leichter, selbst Kritik auszuüben! (lacht)

GL.de: Nicht jeder kann seine Meinung bei Differenzen unbedingt klar und offen zum Ausdruck bringen. Gerade wenn es um kreative Entscheidungen geht, haben viele Personen Hemmungen ihre Ansichten zu vertreten.

Yannis: Oh, ich weiß, was du meinst! Ich habe damit aber kein Problem, mir macht es sogar Spaß und ich mache das gerne (lacht). Was die Band angeht, denke ich, dass ich da keine Hemmungen habe, weil wir uns alle schon so ewig kennen und zusammen aufgewachsen sind. Wir können uns in riesige Streitereien verzetteln, aber dann ist kurze Zeit danach wieder alles in bester Ordnung. Mit der Zeit weiß man natürlich, welche Knöpfe man besser nicht drücken sollte, damit es nicht zu Streit kommt, aber die Vorstellung, dass wir durch einen Streit auseinander gehen oder ähnliches, ist mir völlig fremd und erscheint mir surreal. Wir sind ja nicht gehässig untereinander oder zicken uns ohne Grund an. Wenn es ein Problem gibt, dann ist es gut, dass wir innerhalb der Band so direkt miteinander kommunizieren können. Das macht die Dinge oft einfacher und für uns auch angenehmer, weil wir alle im selben Haus leben. Wäre das nicht der Fall, würde das gar nicht funktionieren.

GL.de: Wovor hattest du am meisten Respekt, als es an die Aufnahmen zum neuen Album ging? Gab es für dich in dieser Situation Momente, denen du ehrfürchtig gegenüber standest?

Yannis: Den größten Respekt habe ich immer noch vor den Aufnahmen an sich. Die Tatsache, dass du in ein Studio gehst und Songs aufnimmst, ist etwas Großes und erfüllt dich ein wenig mit Ehrfurcht. Es ist schon etwas eigenartig, wenn zuzüglich deiner Band auch noch ein Produzent mit dabei ist, den du nunmal nicht so genau kennst, wie deine eigenen Freunde, mit denen du seit Jahren zusammenspielst. Du musst lernen, die Meinung eines Außenstehenden zu respektieren. Auch was die technische Seite angeht, hatte ich Respekt, da wir analog aufgenommen haben und nicht wie zuvor vieles digital bearbeitet haben. Viele Takes sind beim Live-Spielen entstanden und das macht einen großen Unterschied aus. Unser Produzent hat uns die Songs immer und immer wieder spielen lassen und dadurch haben wir uns vollkommen auf unser Spiel konzentrieren können. Man bekommt plötzlich ein ganz anderes Gefühl für das, was man macht und das Bewusstsein ändert sich. Heutzutage ist doch das Problem, dass man als Band ins Studio geht und mit dem Gedanken im Hinterkopf spielt, dass jegliche Fehler hinterher einfach glatt gebügelt werden können. Dementsprechend klingen dann auch die Aufnahmen. Damals war das nicht möglich und wir hatten Spaß daran, diese Herausforderung anzunehmen. Du musst deine Chance eben sofort nutzen und kannst dich nicht auf den technischen Möglichkeiten ausruhen oder dich selbst betrügen, wenn du einen Fehler machst. Das kann sehr schwierig sein.

GL.de: "Spanish Sahara" spannt den Hörer ungemein auf die Folter und er spielt mit dessen Erwartungshaltung, da der suggerierte musikalische Ausbruch sich minutenlang hinauszögert bis er schließlich eintritt. Das ist recht überraschend, wenn man den Song mit älteren Stücken von euch vergleicht, die meist sehr schnell auf den Punkt kommen.

Yannis: Danke, genau das haben wir damit beabsichtigt. Es war einer der ersten Songs, die fertig waren. Jimmy und ich haben ihn geschrieben und wir hatten von vornherein die Idee, diese unglaubliche Spannung zu erzeugen. Ich habe eine Weile gebraucht, um Jimmy zu erklären, warum er seinen Einsatz so lange heraus zögern und vier Minuten damit warten sollte. Ich denke aber, es hat sich gelohnt. Nun wissen wir, dass wir unserer Musik eine bestimmte Disziplin abverlangen können, was vorher nicht so stark der Fall war. Damals haben wir nicht über solche Dinge wie diese Verzögerung oder Raum im Allgemeinen nachgedacht, wir sind einfach mitten in den Song gesprungen. Jetzt wissen wir, dass es auch anders geht und es hat uns Spaß gemacht, damit zu experimentieren. Beim ersten Album hatten wir diese, sagen wir mal, naive Energie, die viele Leute sehr gemocht haben, aber wir wollten das nicht wiederholen. Das ist wie ein Witz, den du hundert Mal erzählst und irgendwann ist er nicht mehr lustig. Jetzt ist es an der Zeit, neue Witze zu erzählen... nicht, dass du denkst, "Spanish Sahara" ist ein Witz! (lacht) Ich mag es, den Songs nun mehr Raum zur Entfaltung zu geben und hoffe, dass unsere Fans das nicht als langweilig empfinden.

Es ist so einfach, den Leuten genau das zu geben, was sie wollen. Es ist doch so, dass man es gewöhnt ist, dass die eigenen Erwartungen immer in Erfüllung gehen und man in der westlichen Welt so ziemlich alles haben kann, was man möchte. Gerade die Kunst ist, in der Lage mit dieser Erwartungshaltung zu spielen und sie ins Ungleichgewicht zu bringen, so dass wieder mehr Spannung hinein kommt. Unser Album versucht genau das zu erreichen, indem wir uns die Zeit nehmen, unsere Ideen auszuleben. Dann kann es eben ein paar Minuten länger dauern bis der Hörer befriedigt wird oder die Songs sind im Allgemeinen länger als gewöhnlich. Ich bin beeindruckt und stolz, dass unsere Plattenfirma damit einverstanden war, "Spanish Sahara" als erstes Lied zu veröffentlichen. Dazu gehört sehr viel Mut und sie haben erkannt, dass das unser persönliches Statement war. Es gibt immerhin noch genügend Popsongs auf unserem Album, die weniger aus der Rolle fallen. Das, was man normalerweise im Radio vorgesetzt bekommt, ist vielleicht schneller annehmbar, aber muss einen nicht unbedingt zufriedener stellen. Wenn man nicht gerade in der Lage ist, den besten Popsong aller Zeiten zu schreiben, aber trotzdem etwas besonderes schaffen will, dann muss man einfach ein wenig gegen die vorhanden Strukturen rebellieren und etwas neues ausprobieren.

Weitere Infos:
www.foals.co.uk
www.myspace.com/foals
Interview: -Annett Bonkowski-
Fotos: -Pressefreigaben-
Foals
Aktueller Tonträger:
Total Life Forever
(Warner Music)
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