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BEN FOLDS
 
Blindes Vertrauen
Ben Folds
Die richtigen Worte für Emotionen oder Sachverhalte zu finden, ist eine Kunst, die nicht jeder mit Leichtigkeit beherrscht. Als Songwriter muss man dieses gewisse Fingerspitzengefühl jedoch besitzen, um seiner Musik den nötigen Ausdruck zu verleihen. Ben Folds hat dieses Hindernis in der Vergangenheit mit Bravour genommen, doch auf seinem neuen Album "Lonely Avenue" räumte er aber den Platz am Notizblock und ließ sich beim Texten vom englischen Pop-Literat Nick Hornby unter die Arme greifen. Dass dieser in seinen eigenen Büchern immer wieder den Kontakt zur Musik sucht, ist längst kein Geheimnis mehr und so lieferte er Folds die Vorlage für elf neue Songs, in denen sich dieser mit viel Eifer allein auf das Komponieren stürzen konnte. Unter vier Augen verrät uns Folds, wie man sich die Zusammenarbeit mit Hornby vorstellen muss und warum genau er in seinen Augen für diese Aufgabe den idealen Kandidaten darstellte.
GL.de: Du bist in erster Linie ein Musiker, der Texte begleitend zu seinen Songs schreibt. Nick Hornby, hingegen, ist Schriftsteller, aber auch ein großer Musik-Fan. Ist die Schnittstelle davon die ideale Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit gewesen?

Ich vermute ja, immerhin hat es sehr gut geklappt und es war darüber hinaus auch ein sehr einfacher Prozess. Normalerweise habe ich immer mit meinen Songtexten zu kämpfen, aber dieses Mal konnte ich mein Augenmerk besonders auf die Musik richten und habe hoffentlich das Beste daraus gemacht. Nick hat mir seine Texte einfach per eMail geschickt und ich habe dann einen Song darum gebaut und diesen wieder zurück geschickt. Es lief alles ganz unkompliziert ab.

GL.de: Wäre euer Arbeitsverhältnis vielleicht ein anderes gewesen, wenn ihr im jeweiligen Spezialgebiet des Anderen mehr Erfahrung gehabt hättet?

Ja, vielleicht. Ich war aber genau daran interessiert die existierende Grundvoraussetzung zu haben, denn ich schreibe Songs und damit auch Texte immer aus einem sehr musikalischen Umfeld heraus. Nick, jedoch, hat mir Texte geliefert, die an ganz anderen Perspektiven ansetzen, auf die ich nicht einmal gekommen wäre. Bei mir müssen immer Kadenzen vorhanden sein. Es muss eine Zeile geben, die sehr bedeutend ist und dann eine, die weniger wichtig ist. Bei Nick waren aber alle Zeilen bedeutsam und ich musste da auch musikalisch ansetzen. Ich wusste vorher gar nicht, dass das bei mir normalerweise nicht der Fall ist! (lacht) Ich baue ab und zu gerne solche Zeilen und Momente ein, die im Vergleich eher zum Wegwerfen gedacht sind. Manchmal ist das sogar sinnvoll, weil es einem erlaubt andere Stellen im Song bewusster wahrzunehmen. Bei der Zusammenarbeit mit Nick gab es keine solcher Momente und ich musste mir diese sonst für mich natürlichen Kadenzen erst erarbeiten, was eine kleine Herausforderung war.

GL.de: Ihr habt, zurückblickend betrachtet, nicht das erste Mal miteinander gearbeitet, sondern auch schon auf William Shattners Album "Has Been" kollaboriert. Wann ist dir bewusst geworden, dass dies nicht die einzige Zusammenarbeit zwischen euch bleiben würde?

Mit Shattner zu arbeiten war mitunter sehr skurril. Ich mag ihn wirklich gerne, aber das Songwriting mit ihm war vergleichsweise anstrengend. Mit Nick, hingegen, hat es so mühelos gewirkt und es war ziemlich einfach, obwohl wir auf "Has Been" an nur einem Song zusammen gearbeitet haben. Wir haben sehr schnell den gemeinsamen Punkt getroffen und mussten nicht einmal viel miteinander reden, während ich mit Shattner manchmal recht lange Gespräche geführt habe, bevor wir ans Ziel gekommen sind. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass Nick und ich gleichaltrig sind (lacht). Mir würde auch niemand anderes einfallen, dem ich so viel Vertrauen schenken würde, damit er Texte zu meinen Songs schreibt.

GL.de: Wann hast du damit angefangen, ihm überhaupt so viel Vertrauen bezüglich solcher Aufgaben zu schenken?

Ich kannte sein Buch "31 Songs", indem er Essays über verschiedene Künstler und bestimmte Songs veröffentlich hat. Einer davon handelte von einem meiner Songs. Das fand ich sehr schmeichelhaft. Lustigerweise schrieb Nick im Essay fast ausschließlich über den Text meines Songs, den ich aber gar nicht selbst verfasst hatte! (lacht) Ich dachte mir, es wäre doch nett, wenn der eigentliche Urheber des Songtextes all das Lob dafür bekommen würde und so schrieb ich ihm schließlich, auch um ihn wegen Shattners Album um eine Zusammenarbeit zu bitten. Die ganze Situation hat mich aber auch darüber nachdenken lassen, ob meine Musik und seine Texte nicht zusammen passen könnten, wenn er schon etwas so hoch lobt, was ich mit einem anderen Texter geschaffen hatte. Ich glaube vor ein paar Jahren gab es diesen Punkt, an dem wir einfach anfingen uns wirklich Gedanken um eine mögliche Umsetzung eines Projektes dieses Art zu machen.

GL.de: Wenn man mit jemanden zusammen arbeitet, läuft das meistens auf den einen oder anderen Kompromiss hinaus. Wie seid ihr als Team damit umgegangen? Musstet ihr überhaupt Kompromisse schließen?

Es gab bei unserer Zusammenarbeit gar keinen Platz für Kompromisse, wenn ich ehrlich bin. Es war eher so, als ob zwei Diktatoren am Werk sind, aber jeder seinen ganz eigenen Bereich hat, indem er sich austoben kann. Als Nick mir die fertigen Songtexte geschickt hat, hatte ich gar nicht das Bedürfnis, etwas daran zu verändern. Für mich war es viel spannender die Texte einfach zu nehmen und sie irgendwie mit Musik zu unterlegen, so dass am Ende trotzdem alles einen Sinn ergibt. Hätte ich einen Refrain von zweieinhalb Minuten schreiben müssen, weil es nicht anders gegangen wäre, dann hätte ich das eben hinbekommen. Für mich stand wirklich die Umsetzung des Textes im Vordergrund. Ich habe Nick während all der Zeit, die wir am Album gearbeitet haben, nie angerufen, damit er irgendwelche Änderungen an seinen Texten vornimmt. Als ich die Musik fertig geschrieben hatte, hat er mich auch nicht kontaktiert, um mir Verbesserungsvorschläge zu machen. Wir haben unsere Entscheidungen sehr respektiert und darüber hinaus mochten wir das Ergebnis auch so wie es schließlich war. Es gab zu keiner Zeit einen Moment, an dem wir die Arbeit des Anderen in Frage gestellt haben.

GL.de: Wenn ihr ab dem eigentlichen Arbeitsbeginn so gut miteinander harmoniert habt und es keinen Grund für Diskussionen um kreative Entscheidungen gab, blieb eventuell im Vorfeld Raum für Anmerkungen oder Vorschläge, damit die letztendliche Zusammenarbeit überhaupt so reibungslos ablaufen konnte?

Ja, den gab es. Sonst wären wir zwischendurch wahrscheinlich öfter in die Situation geraten, dass wir über ein paar Aspekte länger die Köpfe zusammen gesteckt hätten. Ich wollte zum Beispiel, dass er bei einem der Songs auf dem Album eine Thematik aufgreift, die er normalerweise nicht berühren würde. Er sollte einfach über etwas schreiben, was er sonst überhaupt nicht lyrisch erfasst. Ich fand, dass wir auch Themen anschneiden sollten, die oberflächlich betrachtet vielleicht etwas zwanglos oder gar beiläufig erscheinen. Genau so etwas wollte ich auch auf dem Album haben und nicht nur die umfassenden und tiefer gehenden Themen. Nick reagierte sehr schnell auf diese Idee und lieferte mir den Text zum Song "Doc Pomus", der sich um einen Songwriter und nicht um ein Beziehungsende oder Leben und Tod drehte. Ein anderes Beispiel dafür ist der Song "Saskia Hamilton", indem ein Junge sich in eine Dichterin verliebt, nur weil ihm ihr Name so gefällt. Ich habe gar nicht so viel verlangt, aber am Ende wahnsinnig viel von ihm bekommen. Vielleicht geht es ihm umgedreht genauso. Er hat zumindest gesagt, dass ihm die Musik gefällt (lacht).

GL.de: Kann man sagen, dass bei eurer getrennten Arbeitsweise ein Teil unter Umständen mehr Gewichtung erhalten hat oder haben sich sowohl die musikalische Umsetzung, als auch das Schreiben der Texte die Waage gehalten?

Oh doch, der Schwerpunkt lag ganz klar auf der Musik. Allein schon, was die Aufnahmen anging. Natürlich hat Nick viel Zeit beim Schreiben der Texte benötigt, aber schon aus praktischen Gründen lag die Gewichtung im Vergleich eher auf der Musik. Es dauert viel länger von der Idee zum eigentlichen Resultat zu gelangen. Die Texte sind da nicht ganz so aufwendig und kommen auf viel direkterem Weg an ihr Ziel. Außerdem hat sich die Musik auch an Nicks Worten orientiert und um diesen wirklich gerecht zu werden, musste ebenfalls mehr Zeit aufgebracht werden. Ich wollte aber von vornherein, dass die Hörer sich verstärkt auf die Lyrics konzentrieren und ihnen die größte Beachtung schenken. Als Musiker verbringt man oft so viel Zeit damit, die Leute mit seiner Musik in den Bann zu ziehen, aber mir ging es bei diesem Projekt darum, dass die Menschen den Worten die meiste Beachtung schenken und vielleicht hinterher sagen, dass ihnen die Musik zwar gefallen hat, aber ihnen die Worte mehr im Gedächtnis geblieben sind. Es ging allein darum, Nicks Texte hervorzuheben und nicht darum, dass ich sie mit meiner Musik zu etwas Nebensächlichem mache.

GL.de: Warst du froh darüber, die Verantwortung für die Songtexte voll und ganz Nick überlassen zu können und dich auf die Musik zu konzentrieren oder fiel es dir schwerer als gedacht?

Ganz und gar nicht. Ich fand es sogar wunderbar! (lacht) Nein wirklich, ich habe es sehr genossen mir keine Gedanken um das Schreiben von Texten machen zu müssen.. Ich kann wohl behaupten, dass ich noch nie gerne Songtexte geschrieben habe. Ich habe immer zuerst Melodien im Kopf. Manchmal denke ich, dass das ein Geschenk ist, denn es gibt selten Momente am Tag, in denen mein Kopf völlig frei davon ist. Egal, ob ich aufwache oder der Tag zur Hälfte rum ist, ich habe ständig Melodien im Kopf. Manchmal macht mich das aber ganz verrückt und ich wünschte, es wäre nicht so. Natürlich ist nicht alles davon wertvoll. Wenn ich aber eine Melodie als bedeutsam empfinde, dann brauche ich unter Umständen sehr lange, um diese auch zu entziffern und herauszufinden, was sie eigentlich bedeutet. Es kann also mitunter ein halbes oder ein ganzes Jahr dauern, bis ich mir im Klaren darüber bin, was sie bedeutet und wie ich das wiederum lyrisch ausdrücken kann. Es ist also insgesamt ein sehr langwieriger Prozess, indem ich unzählige Versuche starte, genau das in Worte zu fassen, was die Melodie mich fühlen lässt. Ich denke nicht, dass ich ein schlechter Texte bin, ich brauche nur immer meine Zeit (lacht).

GL.de: Daran ist prinzipiell ja nichts auszusetzen. Viele gute Dinge brauchen ihre Zeit, um zu reifen.

Da stimme ich dir zu. Doch andererseits sind es oft auch die spontanen Einfälle, die wirklich gut sind. Ich schätze, ich mache von beiden Dingen Gebrauch. Die Musik schießt mir meistens sehr schnell in den Kopf und die Texte dauern eben etwas länger. Ich hoffe, dass ich das Beste aus beiden Welten miteinander vereinen kann und nicht das Schlechteste zusammen trage. Ich bin sehr froh, dass ich mir bei "Lonely Avenue" keine Sorgen um all das machen musste, da Nick ja das Texten übernommen hat. Wenn ich so darüber nachdenke, will ich eigentlich nie wieder Songtexte schreiben (lacht). Vielleicht sollte ich Nick auch in Zukunft ab und an anrufen, wenn ich mal keine Lust habe... Bei mir ist es so, dass ich direkt, nachdem ein Album fertig ist, immer ein Stück weit unzufrieden mit meinen Texten bin. Es kann aber Jahre später vorkommen, dass ich einen Song live spiele und ich erst dann seinen wahren Wert, auch was den Text angeht, erkenne. Bei diesem Album haben mir die Texte aber auf Anhieb gefallen. Es ist sozusagen eine Premiere!

GL.de: Hat es dich nachhaltig beeinflusst, dass du all deine Zeit und Energie allein für das Komponieren von Musik verwenden konntest?

Ja, ich würde sagen, dass genau das der Fall ist. Dadurch, dass Nick mir die textliche Vorlage geliefert hat und ich mich nur um die Musik kümmern konnte, habe ich Melodien in meinem Kopf entstehen lassen, die wahrscheinlich sonst niemals ans Licht gekommen wären. Ich könnte jetzt kitschig daher kommen und sagen, dass ich bei der Interpretation der Worte einfach ihrem Geist gefolgt bin, der mich an die jeweiligen Orte geführt hat, aber das wäre nur zum Teil richtig... und auch erträglich (lacht). Ich fand es wunderbar, Musik zu schaffen, die ich auf anderem Wege wohl niemals zustande gebracht hätte, gerade weil sich alles so natürlich angefühlt hat. Ich habe versucht, den Herzschlag des Songtextes zu finden und diesen in meine Melodie mit einfließen zu lassen. Es ist, als ob man frische Luft in sich aufsaugt und am Ende ist ein neuer Song fertig und du wunderst dich, wo genau dieser eigentlich herkommt. Eine andere Sache ist die, dass ich all meine Energie, die ich ansonsten auch zum Schreiben von Texten verwenden muss, dazu benutzen konnte, mich auf produktionstechnische Aspekte zu stürzen. Normalerweise bleibt dafür nur sehr wenig Zeit. Dieses Mal konnte ich verstärkt auch Produzent sein. Produzenten können die Künstler manchmal hereinlegen, aber in diesem Fall habe ich mich höchstens selbst hereingelegt (lacht).

Einmal bin ich aus dem Raum gegangen und habe der zweiten Tontechnikerin gesagt, dass sie doch bitte das Beste aus den drei vorliegenden Takes nehmen und zu einem Take zusammen legen sollte. Ich wusste als Künstler, dass ich bei jedem dieser drei Takes gute Arbeit geleistet hatte, aber gleichzeitig schlich sich dadurch auch eine Art Routine ein. Als Produzent konnte ich beobachten, wie sich genau dieses Fenster immer schneller zu schließen schien, hätten wir noch weiter aufgenommen. Ich brauchte in diesem Moment jemanden, der mir von außerhalb sagen konnte, was für den Song am Besten war. Genau in solchen Augenblicken ist es hilfreich, wenn man nicht gleichzeitig Künstler und Produzent spielt, sondern jemand anderes diese Entscheidung treffen kann. Ich hatte aber auch viel Freude daran, mir genau um solche Aspekte den Kopf zu zerbrechen und verschiedene Dinge auszuprobieren. Das ist ein klarer Vorteil gewesen, den ich bei meinen anderen Alben in dieser Form nie gehabt habe.

Ben Folds
GL.de: Hast du das Gefühl, dass du dich als Künstler selbst besser kennen lernst, wenn du alleine arbeitest oder im gegensätzlichen Fall, wenn dir, wie bei dem jetzigen Projekt mit Nick Hornby, jemand zur Seite steht und sich vielleicht dadurch auch für dich neue Perspektiven eröffnen?

Es stimmt, dass ich gerade bei dieser Zusammenarbeit viele neue Aspekte entdeckt habe und sich unbekannte Perspektiven eröffnet haben, aber gleichzeitig hoffe ich, dass das jedes Mal der Fall ist, wenn ich ein Studio betrete. Es sollte sich immer so anfühlen, als ob noch etwas Mysteriöses im Raum ist, egal ob ich alleine oder mit anderen Künstlern zusammen arbeite. Es gibt Menschen, die sagen, dass meine Alben sehr ähnlich sind, andere sagen, dass sie immer etwas Neues entdecken. Je nachdem, wie man meine Platten hört, wird man zu der einen oder der anderen Entscheidung kommen. Für mich ist bei all dem wichtig, dass ich jedes Mal das Gefühl habe, dass ich Neuland betrete, wenn ich ein Album aufnehme. Mit "Lonely Avenue" ist es offensichtlich, da ich vorher noch nie musikalisch Texte in dieser Form umgesetzt habe und nur dafür zuständig war. Ich möchte bei meiner Arbeit nie routiniert vorgehen. Natürlich hatte sich am Ende der Zusammenarbeit mit Nick doch eine kleine Routine eingeschlichen, aber das ist auch der Grund, warum ich mich auf dem nächsten Album weiter vorwärts bewegen möchte. Ich will nicht an den Punkt gelangen, an dem die Dinge automatisch ablaufen oder kein Platz mehr dafür bleibt völlig neue Erfahrungen zu machen.

GL.de: Was genau magst du an Nicks Schreibstil eigentlich am meisten?

Ich glaube die Tatsache, dass er sich so gut in die Köpfe anderer Menschen hinein versetzen kann und die Art und Weise, wie er mit Hilfe von Worten im Leser so unglaublich viel Mitgefühl auslösen kann. Er bezieht als Autor eine sehr solide und doch offensichtliche Stellung, die jedoch niemals die der Charaktere überschattet oder ihnen im Weg steht. Das mag vielleicht komisch klingen, aber es ist die Wahrheit. Mir gefällt auch sein Humor sehr. Die Art, wie seine Charaktere jedes Mal Niederlagen erleiden und wie er dieses Versagen lyrisch umsetzt, ist sehr eigen und sehr typisch für Nick. Der ganze Ansatz dessen ist sehr gut. Es gibt kaum etwas, was mir nicht an seinem Stil gefällt. Mich fragt zum Beispiel nie irgendjemand, was mir nicht gefällt...

Gl.de: Apropos, was gefällt dir eigentlich nicht an Nicks Schreibstil?

Das ist eine faire Frage! (lacht) Vielleicht würde ich mich zu einer Aussage hinreißen lassen, wenn Nick auch im Raum wäre, aber selbst dann müsste ich wahrscheinlich lange darüber nachdenken, denn mir fällt gerade wirklich nichts ein... (Denkpause)... Nein, da muss ich passen. Nick ist so unverfälscht, was seinen Stil angeht. Ich glaube, entweder mag man ihn oder man tut es eben nicht. Ich kann mir schon vorstellen, dass es Menschen gibt, die sagen, dass seine Charaktere eventuell zu viel über sich selbst nachdenken und sich beobachten... und Nick sie in gewissen Situationen mehr ruhen lassen sollte, aber mir persönlich gefällt das. Man muss es aber mögen. Ich habe einige sehr harte Kritiken gelesen, was seine Art zu Schreiben betrifft, mit denen ich aber keineswegs überein stimme.

GL.de: Was die sehr in sich geschlossenen Thematiken der einzelnen Songs angeht, warst du bemüht, diese Kohäsion auch jeweils musikalisch anzustreben?

Nein, das war nicht unbedingt der Punkt, an dem ich angesetzt habe. Ich habe vor allem versucht, die Songtexte so gut wie möglich zu interpretieren und dabei nicht vornehmlich darauf geachtet, ob die Musik sich ebenfalls in einem eher geschlossenen Rahmen bewegt. Ich war kurzzeitig besorgt, weil jeder einzelne Song so unterschiedlich klang, aber dennoch hätte ich mir niemals erlaubt, deswegen Änderungen vorzunehmen, weil ich finde, dass der natürliche Lauf der Dinge respektiert werden sollte. Nachdem das Album fertig war, ist diese Sorge aber schnell wieder verschwunden, denn ich konnte einen bestimmten Klang ausmachen, der eigen genug war, auch wenn die Thematiken unterschiedlich waren. Die Sachen, die ich wenig später aufgenommen habe als ich wieder im Studio war, hatten nicht diese Eigenheit, daher kann ich guten Gewissens sagen, dass "Lonely Avenue" in diesem Punkt ein gelungenes Ergebnis für mich darstellt.

GL.de: Ist es notwendig, dass die Musik und die Texte immer solch eine Einheit ergeben oder müssen beide Elemente, oberflächlich gesehen, für dich nicht unbedingt zusammenpassen?

Ich bin überzeugt davon, dass beide Wege, egal welchen man einschlägt, ihre Berechtigung haben und wertvoll sind. Ich tendiere mit meinen Songs oft dahin, Musik und Texte so zu balancieren, dass kein Ungleichgewicht zwischen ihnen entsteht. Ich persönlich mag es, wenn eine traurige Melodie auf der anderen Seite durch einen etwas zuversichtlicheren Text ausgeglichen wird oder ein heiteres Stück Musik durch ein paar ernsthaftere Worte mehr Gewicht bekommt und der Hörer bemerkt, dass bei all dem Spaß auch ein gewisser Ernst in der Sache selbst verborgen ist. Auf der anderen Seite gibt es aber auch genügend Situationen, in denen ich die in der Musik zum Ausdruck gebrachten Emotionen auch textlich auf ähnliche Art und Weise wiedergeben möchte. Dadurch kann es passieren, dass man hier und da einmal etwas zu dick aufträgt, aber das erfüllt dann meistens auch einen bestimmten Zweck. Es ist gut, wenn man sich als Künstler beide dieser Techniken zunutze machen kann.

GL.de: Die Kommunikation zwischen dir und Nick fand zum größten Teil nur auf dem elektronischen Postweg statt. Hatte das rein organisatorische und zeitliche Gründe oder gehört das im Jahre 2010 einfach dazu?

Wir haben wirklich fast ausschließlich nur per eMail miteinander kommuniziert. Ganz selten haben wir auch telefoniert, aber das kam so gut wie nie vor. Es ist einfach so, dass wir generell einen sehr ähnlichen Sinn für Humor haben und uns auch schriftlich sehr gut verständigen konnten, ohne, dass wir diese oder jene Aussage vielleicht falsch ausgelegt hätten. Wenn man uns nicht kennen und all die Briefwechsel lesen würde, könnte eventuell der Eindruck entstehen, dass wir miteinander diskutiert und gestritten hätten, aber das war absolut nicht der Fall. Alles lief sehr reibungslos ab. Manche eMails waren auch völlig banal und hatten gar nichts mit unserem Projekt zu tun. Sowas wie, "Oh, heute habe ich nichts Besonderes angestellt... Übrigens, mein Knie tut weh... und hier ist ein Ausschnitt aus dem Song!" usw. (lacht)

GL.de: So banal dir diese ausgetauschten Nachrichten vielleicht erscheinen mögen, für Außenstehende, die dann auch das Album hören, könnte eure Kommunikation während des ganzen Arbeitsprozess recht interessant sein.

Du wirst gleich lachen, aber wir haben für einen kurzen Moment überlegt, ob wir nicht etwas davon veröffentlichen sollten... Dann ist uns aber sofort wieder eingefallen, dass es viel zu langweilig wäre! (lacht) Um korrekt zu sein, eine eMail ist doch in die Öffentlichkeit gelangt und wurde im Artwork abgedruckt. Darin habe ich Nick geschrieben, dass ich den Song "Belinda" fertig gestellt habe und wie schwer das für mich war. Das muss reichen und wird jegliches Interesse womöglich auch sogleich im Boden begraben (lacht).

Weitere Infos:
www.benfolds.com
de.wikipedia.org/wiki/Ben_Folds
www.myspace.com/benfolds
de.wikipedia.org/wiki/Nick_Hornby
www.nicksbooks.com
Interview: -Annett Bonkowski-
Fotos: -Pressefreigaben-
Ben Folds
Aktueller Tonträger:
Lonely Avenue
(Nonesuch Records/Warner Music)
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