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SARA WATKINS
 
Der große Blob
Sara Watkins
Als Tochter eines Bluegrass spielenden Ehepaares hatte Sara Watkins - zusammen mit ihrem Bruder Sean und als ein Drittel des Trios Nickel Creek - bereits eine solide musikalische Laufbahn hinter sich, als sie 2009 - ermutigt und unterstützt von Led Zeppelin-Bassist John Paul Jones - ihre Solo-Karriere begann. Nicht, dass sie sich gelangweilt hatte, denn neben Nickel Creek und auch nach dem Ende des Projektes 2007 spielte Sara mit Künstlern wie Richard Thompson, Ben Lee, Ray La Montagne oder zuletzt den Decemberists zusammen - denn Bedarf an einer attraktiven Geigerin gibt es in den Americana-Kreisen, in denen sich Sara bewegt, ja eigentlich immer. Zur Zeit tourt sie - unter anderem in Begleitung von Emmylou Harris - mit dem "Prairie Home Companion", einer klassischen "Sideshow" im Stile alter Radio-Sendungen, die auch Thema des letzten Robert Altman-Filmes waren, durch die USA und mit ihrem Bruder Sean inszeniert sie seit Jahren die informelle "Watkins Family Hour" im Largo in Los Angeles, bei der befreundete Musiker zusammenkommen um im kleinen Rahmen zu jammen und zu musizieren.
Dieses Hootenanny entpuppte sich auch als der kreative Pool, aus dem Sara die beeindruckende Reihe ihrer musikalischen Gäste rekrutiert. Gillian Welch und Dave Rawlings, Benmont Tench oder auf der neuen Scheibe Fiona Apple und Blake Mills kamen alle irgendwann ein Mal bei der Watkins Family Hour zusammen. Mills ist dabei der jüngste Zuwachs: Der junge Musiker ist Gründungsmitglied der Band Simon Dawes, die heutzutage - enorm erfolgreich - als Dawes in den USA als neue Hoffnung der ganzen Americana Szene gehandelt wird (und deren Sänger, Taylor Goldsmith selbstredend auch bei Sara mitmacht). Man kann auf diesem Album Dinge hören, die es in dieser Kombination noch nicht gegeben hat. War das Teil des Plans? "Nun, die Gitarren mit den Effekten wurden alle von Blake Mills gespielt", erklärt Sara, "und er hat einen sehr eigenen Stil. Und was die Drums betrifft, wollte ich einen Sound, der sich nicht anhört wie ein typisches Drumkit. Da haben wir also ausprobiert und Blake, der diese Parts auch spielte, hat einige schöne Ideen gehabt. Ich mag das sehr, weil sich das alles sehr instinktiv anhört. Wir haben die Drums auch erst nach dem Rest aufgenommen."
Vor allen Dingen hört es sich überhaupt nicht mehr nach Bluegrass an - jener Richtung, der Sara nun mal entstammt. Auf der neuen Scheibe gibt es auch wieder zwei Instrumentals. Anders als bei Musikern, die ursprünglich aus dem Bluegrass-Umfeld kommen, geht es hier aber offensichtlich nicht darum, Virtuosität zu demonstrieren, sondern um etwas anderes - oder? "Da hast du wohl recht", bestätigt Sara, "normalerweise geht es dabei ja um kapriziöse, schnelle Noten. Und dort, wo ich musikalisch herkomme, ist das ja auch durchaus üblich. Das hätte aber nicht zum Rest der Scheibe gepasst und so haben wir die Instrumentals entschleunigt und sie dem Flow der Scheibe angepasst." Neben eigenen Stücken gibt es bei Sara Watkins auch immer Cover-Versionen im Repertoire - kein offensichtliches Zeug, sondern Songs, die sie selbst für sich entdeckte. Wie werden die ausgewählt? "Mein Bruder und ich haben diese Show 'Watkins Family Hour', bei der wir jeden Monat neue Sachen spielen wollen, weil wir uns schließlich nicht einfach immer wiederholen wollen. Da geht einem schnell das Material aus und so suchen wir immer Cover-Songs, die wir gerne mal spielen möchten. Und die Songs auf der Scheibe kommen auch daher. 'Memory' von Willie Nelson oder 'You're The One I Love' von den Everly Brothers, das ich ausgesucht habe, weil ich dachte, dass Fiona Apple gut dazu passen würde, die öfter mit uns bei der Family-Hour spielt." Kommen alle Bekanntschaften Saras aus diesem Umfeld? "Ja, entweder das oder ich kenne sie von meinen Touren her. Fiona ist zum Beispiel des Öfteren mit Nickel Creek getourt."

Was ist für Sara Watkins - im Vergleich zu ihrer Arbeit mit Nickel Creek - der größte Unterschied als Solo-Künstlerin aufzutreten? Gus Black, auf dessen Album "Autumn Days" Sara auch gastierte, sagte damals etwa, dass Sara nicht gerne im Rampenlicht stehe. Das muss sich ja nun geändert haben. "Es gibt viele Unterschiede", erklärt Sara, "aber der größte Aufwand bestand darin, alles etwas kleiner zu machen, von Neuem zu beginnen und die Sachen wie Logistik und Tourplanung selbst in die Hand zu nehmen. Es ist nun schon so lange her, dass wir mit Nickel Creek gespielt haben, dass ich mich kaum noch erinnern kann; aber woran ich mich erinnere ist, dass ich anfangs ein wenig eingeschüchtert war, weil ich meine Team-Mates verloren hatte. Aber ich habe ja auch viele neue Bekanntschaften und Freunde gefunden. Was ich schließlich mag, ist, dass die Sachen heutzutage mir gehören und mich darstellen, so wie ich bin." Was hat es mit dem Titel des Albums "Sun Midnight Sun" auf sich? Deutet sich da thematisch ein Zirkelschluss an? "Die Mitternachtssonne kommt in einem der Songs - 'Impossible' - vor. Es gibt eine Menge Referenzen über die Vergänglichkeit der Zeit auf der Scheibe. Es machte also als Titel Sinn - aber die Mitternachtssonne alleine wollten wir nicht als Titel nehmen, weil das ein wenig komisch klingt. Also nannten wir das Album 'Sun Midnight Sun'."

Sara Watkins
Obwohl sie immer wieder Coverversionen in ihr Oeuvre einfließen lässt, ist Sara selbst durchaus eine gewiefte Songwriterin. Wie geht sie selbst vor, wenn es darum geht, einen Song zu schreiben? "Manchmal kommt alles auf ein Mal als großer Blob, den man nur noch zurechtformen muss. Oft genug ist es aber so, dass man den ursprünglichen Gedanken des Songs am Ende kaum noch erkennen kann. Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. 'You And Me' entstand etwa auf Tour und hier geht es um Beziehungen und wie diese den Menschen verändern. Während 'Be There', der traurigste Song der Scheibe, nach einer Tour entstand und da fühlte ich mich traurig und der ganze Song entstand in einem Rutsch." Hilft es, sich in einer bestimmten Stimmung zu finden, wenn man einen Song schreiben möchte? "Ich brauche nicht in einer bestimmten Stimmung zu sein, wenn ich einen Song schreibe", überlegt Sara, "aber es ist schwer zu schreiben, wenn ich viel zu tun habe. Es hilft schon, wenn ich einfach zu Hause bin uns Zeit für mich habe." Was ist dabei die größte Herausforderung? "Neue Themen zu finden", erwidert Sara, "momentan habe ich z.B. einen Writer's Block, weil ich denke, dass ich nichts zu sagen habe. Und wenn ich nichts zu sagen habe, dann bedeutet dass, dass ich nicht genug aufnehme. Ich lese nicht genug, ich gebe mir nicht genug Zeit, über Dinge nachzudenken und zu philosophieren. Die Herausforderung momentan ist also, überhaupt zu schreiben." Und was macht auf der anderen Seite am meisten Spaß? "Man darf nicht darüber nachdenken, was man tut", überlegt Sara, "denn das Schlimmste, was man machen kann, ist sich auf die Schulter zu klopfen und sich selbst zu einem guten Song oder einer guten Zeile zu gratulieren. Am besten ist einfach das Gefühl, wenn man einen Song fertig gestellt hat."

Welche Art von Songs mag Sara selbst? "Da gibt es eine Menge Dinge, die ich anziehend finde. Ich mag zum Beispiel Songs mit drei oder vier Strophen, wobei jede Strophe das Original-Thema variiert und neue Aspekte offenlegt. Ich liebe Storytelling-Songwrting und das ist eine Herausforderung für mich. Ich selbst mag selbst gut gelaunte Fleetwood Mac-artige Sachen. Zum Beispiel die neue Scheibe von Father John Misty, dem Projekt von Josh Tillman." Wo sieht sich Sara musikalisch in der Zukunft? Hat sie eine bestimmte Vision? "Ich habe in den letzten Jahren viele Möglichkeiten gehabt, mit anderen Musikern zusammenzuarbeiten. Das waren Gelegenheiten, die ich auch für nichts in der Welt missen möchte. Es füllt mich als Musikerin einfach mehr aus. Deswegen habe ich auch kein ultimatives Ziel." Auch nicht in Bezug auf mögliche Kollaborationspartner? "Nein, auch diesbezüglich nicht. Es hat in der Vergangenheit nämlich so viele nette Überraschungen gegeben, die ich gar nicht hätte planen können und von denen ich niemals zu Träumen gewagt hätte. Zum Beispiel mit Kris Kristoffersen zu arbeiten oder mit den Decemberists zu touren. Und wenn ich mal einen ultimativen Traum habe, dann behalte ich den sowieso lieber für mich." Was ja sicher ein gutes Rezept ist. Wie werden sich Saras Songs denn in der Zukunft verändern? "Das ist eine gute Frage", zögert sie, "momentan sind mein Bruder und ich mit Dawes auf Tour. Und hier verändern wir die Stücke schon sehr stark, weil wir ja nun mal nur zu zweit sind. Die Songs klingen so also nicht wie auf der Scheibe, sondern so, wie sie ursprünglich geschrieben wurden. Wenn dann gegen Ende des Sets die Dawes-Jungs dazu kommen, dann klingen sie wieder anders als auf der Scheibe. Was ich versuche, ist die Begeisterung, die ich selbst für einen Song verspüre, dem Publikum zu vermitteln." Nun, darauf werden wir noch einige Zeit warten müssen. Acts aus dem Americana-Sektor, die in ihrer Heimat gut gelitten und ergo erfolgreich sind - wie etwa Dawes und Sara Watkins -, haben es ja per se nicht notwendig, in Europa zu touren. Als möglichen Zeitpunkt für einen solchen Abstecher gibt Sara Watkins deswegen unverbindlich das nächste Frühjahr an - und bis dahin kann ja noch viel passieren. Besonders für eine so umtriebige Person wie Sara Watkins.

Weitere Infos:
www.sarawatkins.com
www.facebook.com/SaraWatkins
Interview: -Ullrich Maurer-
Fotos: -Pressefreigaben-
Sara Watkins
Aktueller Tonträger:
Sun Midnight Sun
(Nonesuch Records/Warner Music)
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