A - AUSLAND
Jan: Das ist etwas, was uns sehr interessiert. Einmal, dort zu spielen, aber auch generell, einfach zu sehen, wie es in anderen Ländern so ist. Wir haben jetzt ein paar Auftritte in Amerika gemacht. Dann waren wir noch in Dänemark, Holland und Belgien. Belgien ist ein wahnsinnig tolles Land.
GÄSTELISTE: Dort habt ihr ja mit To Rococo Rot gespielt - hat das gepaßt?
Dirk: Die Schnittmenge war größer, als man gedacht hatte. Musikalisch natürlich nicht unbedingt, aber allein optisch. Als die nachher auf der Bühne standen, sahen sie uns, was Kleidung und Frisuren anging, doch sehr ähnlich. Außerdem haben wir uns persönlich sehr gut verstanden.
GÄSTELISTE: Ist das schwierig, vor Leuten zu spielen, die euch überhaupt nicht kennen?
Arne: Nee, schwierig ist das überhaupt nicht. Wenn du viel in Deutschland spielst, wird das ja auch zur Routine und ich fand das sehr erfrischend zu sehen, wie wir ankommen, wenn die Leute die Texte nicht verstehen. Reaktionen kommen dann eben nur über die Musik.
B - BRÜCHE
D: Es war uns schon wichtig, mit bestimmten Dingen zu brechen, musikalisch, wie auch textlich, insgesamt, wie auch in jedem einzelnen Stück.
J: Dieses Mal haben wir es zum ersten Mal gezielt darauf angelegt. Bei den letzten Platten war es so, daß wir das selbst ein bißchen abgelehnt haben, weil es einem doch schon ein bißchen eitel vorkommt, von sich selbst zu sagen: Wir machen jetzt was ganz Neues. Das bedeutet ja auch ein bißchen, daß das Alte keine Gültigkeit mehr hat. Das wollten wir jetzt auch vermeiden.
D: Diese Platte war die erste, wo wir schon bevor das erste Stück überhaupt geschrieben war, uns überlegt hatten, daß sich da was ändern muß, auch wenn diese Überlegungen damals noch nicht sehr konkret waren.
C - CAROL VON RAUTENKRANZ [Produzent und Lado-Label-Chef]
J: Es ist sehr schön, auf Lado zu sein, weil es mehr ist als eine reine Geschäftsbeziehung, weil man freundschaftliche Bezeihungen zu den einzelnen Mitarbeitern hat und auch die Freizeit miteinander verbringt. Gerade im Bezug auf Carol hat sich das ja noch einmal ausgeweitet, weil wir lange überlegt haben, wer denn die neue Platte produzieren könnte, weil wir's nicht ganz alleine machen wollten. Auf Carol kamen wir dann, weil's halt persönlich gut funktioniert.
GÄSTELISTE: Ist das auch eine Art Verbindung zur Vergangenheit. Die letzte Platte ["Es Ist Egal, Aber"] war ja die erste, die ihr weder in Hamburg, noch mit den alten Bekannten im Studio produziert habt. Absicht oder Zufall?
A: Das ist eine Sache, die sich wahrscheinlich einfach ergibt, wenn man noch einmal eine Art Anker werfen will.
D - DEUTUNG
J: Das ist immer schwierig, weil man in Interviews immer aufgefordert wird, die eigenen Stücke zu deuten und ich finde das sehr entmystifizierend.
GÄSTELISTE: Glaubt ihr, daß man sich - als Zuhörer - mehr Gedanken machen soll und muß, da die Formulierungen ja nicht mehr so direkt wie früher sind?
D: Das würden wir nicht als Forderung in den Raum stellen, das würde uns doch zu vermessen vorkommen. Grundsätzlich war es schon angedacht, daß man ein bißchen länger an der Platte hat.
J: Man hat auch mehr Raum, darin Sachen zu sehen. Bei den letzten Platten war das ja aufgrund ihrer Direktheit sehr begrenzt.
E - EHRGEIZ
J: Haben wir bei dieser Platte sehr stark entwickelt. (lacht)
GÄSTELISTE: Ich finde, ihr habt einerseits den Ehrgeiz entwickelt, etwas komplett Neues zu machen, andererseits aber auch eigensinnig auf die Eingängigkeit der letzten Platten zu verzichten.
J: Das sind ja gleich zwei E's: Ehrgeiz und Eigensinn... (lacht)
D: Ehrgeiz ist eben sehr negativ besetzt. Wir waren eher, ähm, bienenfleißig (lacht).
J: Ich find Fleiß noch negativer als Ehrgeiz. Fleißig setzt immer eine gewisse Routine voraus. Ehrgeiz, da schwingt ja auch der Wille mit, etwas Neues erschaffen zu wollen.
D: Hmmm, ja klar... (lacht) Nächster Buchstabe in der Buchstabensuppe!!! (lacht)
J: F wie Fleiß. (lacht)
F - FRISUREN
D: Ich war neulich seit langem zum ersten Mal wieder beim Friseur. Sonst hat mir immer meine Freundin die Haare geschnitten. Aber jetzt war ich bei meinen Eltern in Offenburg und da hat mich meine Mutter zum Friseur geschickt. Da kann ich jetzt mal aus dem Nähkästchen plaudern: Daß einen Eltern zum Friseur schicken, hört nie auf! War aber eigentlich ganz angenehm.
A: Und was hast du dann angegeben, was du gerne für einen Haarschnitt hättest?
D: Naja, ich bin mit dem Auto zum Friseur gefahren und hab mir überlegt, daß es wahnsinnig schwierig ist... Ich hab dann einfach gesagt: So wie's ist, nur anders... Das ist echt schlimmer als beim Plattenproduzieren zu sagen, wie man den Sound haben will. Ich hab gesagt, es soll nicht zu Major-mäßig aussehen. (allgemeines Gelächter)
J: Ich geh immer zur gleichen Friseurein und ich liebe das!
D: Bei mir wär's natürlich ein bißchen schwierig, immer zum Haareschneiden nach Offenburg zu fahren.
G - GEWÖHNUNG
J: Im Sinne von: Die Platte ist gewöhnungsbedürftig?!
GÄSTELISTE: Ja, seht ihr die Platte auch selbst als etwas eckig und schwierig an?
J: Ja, das war aber ganz bewußt, denn Sachen, die gewöhnungsbedürftig sind, sind interessanter als die, die sich sofort erschließen. Wenn man sich daran gewöhnt hat, sind sie dann aber um so schöner. So war das schon gedacht...
D: ...erhofft!
H - HALBWERTZEIT
J: Die wollten wir verlängern!
I - INTERNET
A: Ich bin der einzige in der Band, der einen Internet-Anschluß hat, über ein Modem verfügt. Das ist eine tolle Technologie. Das beste daran sind die eMails, weil man sich damit diese lästigen Telefonate erspart. Ich telefoniere sehr ungern und werde auch nicht gerne angerufen. Mit eMails kann man das wahnsinnig gut kontrolliert beantworten. Mitten in der Nacht jemanden eine Notiz schreiben, gerade, wenn man in der Laune ist. Man wird auch nicht aus dem Schlaf geholt.
J: Vor 15.00 Uhr darf man ja bei Arne nicht anrufen...
GÄSTELISTE: Ihr habt auch eure eigene Homepage [www.tocotronic.de], inwieweit seid ihr dort selbst eingebunden?
A: Wir haben sie jetzt zur neuen Platte gerade neu gestaltet, weil wir sie mißlicherweise sehr lange nicht aktualisiert haben. Das soll jetzt ein bißchen anders werden.
J: Die Seite wird von Freunden, Zechkumpanen von uns gestaltet.
J - JUGEND
J: Hab ich nur eine ganz, ganz dunkle Erinnerung dran... Nee, im Ernst: Jugend ist mein Ding! Heute kann man ja bis Ende 40 jugendlich sein.
GÄSTELISTE: Auch wirklich, oder nur als Berufsjugendlicher?
A: Manchmal freut man sich schon auf den Feierabend, wenn man dann vor'm Kamin sitzen kann, mit 'nem Rotwein. (grinst)
K - KOMMERZ
J: Das ist etwas, was uns sehr fern ist, was uns nicht interessiert.
GÄSTELISTE: Würdet ihr die neue Platte trotzdem als unkommerzieller als ihre Vorgänger bezeichnen?
D: Naja, die früheren Platten waren ja nicht gerade sehr kommerziell produziert. Nach diesen Maßstäben ist die neue Platte fast...ich finde das sowieso ein sehr schwieriges Wort.
A: Das ist so wertend. Es gibt halt gute Sachen und schlechte.
L - LEBENSEINSTELLUNG
A: Ich forsche noch, was das bei mir eigentlich ist.
J: Das erzeugt bei mir auch eher Ratlosigkeit. Ich stehe halt auf und falle irgendwann wieder ins Bett.
M - MID-TEMPO
A: Das haben wir uns für diese Platte als "klassisches Format" ausgesucht. Das hat sich einfach durchgesetzt, weil wir extreme Tempi vermeiden wollten, da wir's halt in der Vergangenheit so viel gemacht haben.
N - NACHAHMER
J: Man verschätzt sich dabei oft. Man denkt, daß sind Nachahmer, aber in Wirklichkeit haben die ganz andere Vorbilder.
D: Insofern ist das aber auch sehr ambivalent, weil wir ja als Band auch Nachahmer sind.
O - OLDIES
D: Wir können ja alle unsere Lieblingsoldies nennen!!!
A: Simon & Garfunkel, "Old Friends".
J: Zur Zeit: Alphaville: "Forever Young".
D: CCR, "Have You Ever Seen The Rain".
P - PERSPEKTIVE